modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Einladungswettbewerb | 06/2022

Neubau Fuß- und Radwegebrücke in Mühltal

1. Rang / Nach Überarbeitung

Preisgeld: 10.000 EUR

netzwerkarchitekten GmbH

Architektur

TRAGRAUM Ingenieure PartmbB

Bauingenieurwesen, Tragwerksplanung

gbm modellbau gmbh

Modellbau

Erläuterungstext

Gestaltungsidee und Integration in den Kontext
Die neue Brücke stellt das fehlende Bindeglied über die Bundesstraße B426A für eine direkte Verbindung zwischen der Rheinstraße in Mühltal und dem Standort der Firma Riese & Müller im Gewerbepark Ruckelshausen dar.
In der zentralen Achse des zukünftigen Parkplatzes bewegt man sich auf einen sich aufweitenden Treppenlauf zu. Dieser ist Teil einer Skulptur deren Elemente einem geometrischen Formbildungsprozess folgen, welcher unmittelbar aus den Anforderungen von Tragwerk und Verkehr abgeleitet ist. Der Querschnitt „atmet“ und schafft Raum und Flächen für Orientierung und eine mögliche Erweiterung als vollwertige Radwegebrücke. Die geometrischen Aufweitungen bilden zusätzlich Stauraum im Antrittsbereich der Schiebespuren.
Oben auf dem Brückendeck entsteht für den Nutzer ein weiträumiger Ausblick in die Landschaftsräume nach Norden und Süden.

Verkehr und Wegekonzept
Nach Erreichen des Brückenniveaus über drei Läufe von Norden und zwei Läufe von Süden mit angenehmem Steigungsverhältnis, folgt der Weg vom Treppenkörper auf das eigentliche Brückenelement. Jeweils über Schiebespuren können Fahrräder oder Kinderwägen geschoben werden. Beim nördlichen Treppenkörper ist die Spur nach innen versetzt, so dass die Schiebespur für Fahrräder beidseitig benutzt werden kann.
In direkter Verlängerung des öffentlichen Fuß-u. Radweges werden nun Wall und die Bundesstraße überquert. Auch in Brückenmitte wird die Mindestbreite von 3,0m im lichten zwischen den Handläufen gewährleistet und die Gradiente sichert für eine Erweiterung die mobilitätsgerechte Brückenneigung von ca. 4,8% Längsneigung.
Der Blick führt auch nach Lageanpassung an der östlichen Bauwerkskante des Neubaus der Riese & Müller in den südlichen Grünraum. Die Lageanpassung berücksichtigt den Wunsch, nur minimale Eingriffe in kartiertem Grün vorzunehmen. Hier, südlich der Bundesstraße, knickt der Brückenverlauf nach Westen ab und gewährleistet den wesentlichen und schützenwerten Erhalt des Baumbestandendes. Der Entwurf reduziert Fundamentarbeiten im sensiblen Böschungsflankenbereich in Norden und sichert dadurch die artenschutzfachlichen Funktionen.
Die Brücke kann zukünftig, durch Ergänzung zweier Rampenbauwerke, zu einer sinnfälligen Querung der „Barriere Bundesstraße“ für alle Nutzer ergänzt werden.
Die Wegeführung des 2. Bauabschnittes sieht vor, die vorhandene Topografie als Naturrampe zu nutzen, um mit möglichst wenig Entwicklungslänge für weitere Brückenbauwerke die Kosten zu minimieren.

Technische Ausstattung, Beleuchtungskonzept
Durch die Längsneigung der Brückengradiente fließt das Regenwasser auf dem Brückendeck (der Querneigung der B426A folgend) Richtung Norden. Durch minimales Quergefälle auf dem Brückendeck wird das Wasser im Brückenquerschnitt zur seitlichen Flanke geführt und dann über einen Speier in eine Rigole nach unten „entlassen“. An den Treppenantritten ist eine Schlitzrinne vorgesehen, die das restliche Regenwasser kontrolliert über die Entwässerung der befestigten Flächen in Nord und Süd abführt.
Die neue Brücke verfügt über beidseitige Edelstahlhandläufe an leicht nach innen geneigtem Füllstabgeländer. In den Handläufen sind abschnittsweise LED-Leuchten (dimmbar, Lichttemperatur 2700-3000 K) integriert, die eine Mindestbeleuchtung von Brückendeck und Treppenläufen gewährleisten und gleichzeitig Blendwirkungen und Reflektionen nach Außen verhindern. Für den Bereich des offenen Mittelsteges ist eine Effektbeleuchtung konzipiert, die die dreieckigen, offenen Rippen hinterleuchtet. Die Revision der Beleuchtungsmittel erfolgt über eingelassene Bodendosen im Belag.
Die Untersicht der Skulptur samt Stützen ist in einem edlen Grauton gehalten. Als Reminiszenz an die örtliche Gegebenheit des Verlaufes über dem Flutgraben wird vorgeschlagen, in einer spielerischen Abstraktion das Oberdeck der Brücke mit einem Blauton zu versehen.

Statisch-konstruktives Konzept
Alle Tragwerksteile des Überbaus und der beiden Treppenanlagen sind als verschweißte Stahlblechkonstruktion vorgesehen. Die offene Untersicht im Brückenbereich über der Bundesstraße reagiert bewusst auf die Querschnittsreduktion in Breite und konstruktiver Höhe. Die bewusste Steuerung der Querschnittshöhe und somit der Steifigkeiten hin zu den beiden Treppenanlagen und den Stützen, führt zu einer Minimierung der Beanspruchung in Feldmitte über der Fahrbahn. So kann dieser Bereich als tragender T-Querschnitt im Verbund zwischen Brückendeckblech und Mittelsteg sinnvoll minimiert werden. Die schrägen, offenen Rippen dienen dabei sowohl zum Anschluss des Deckblechs an den Steg, als auch zur Beulaussteifung des stehenden Stegblechs selbst. Die Treppenanlagen wirken als Hohlkasten mit mittig verlaufendem Grat in der Untersicht. Der variierende Querschnitt orientiert sich an den Spannweiten zwischen den Stützen, den Auflagern und dem sich daraus ergebenden Momentenbild. Die Lage der Pfeiler in Brückenlängsrichtung sichert durch ausreichende Konstruktionshöhe über den Stützungen eine relevante Überbausteifigkeit in Längsrichtung. In Verbindung mit der steifen Lagerung der Treppenfußpunkte dienen die Hohlkästen auch der Torsionssteifigkeit des offenen Brückenmittelteils.
Die ideelle Einzelstützweite des Überbaus zwischen den Podestbereichen mit Hohlkastenform beträgt etwa 15m. Die maximale Konstruktionshöhe des Überbaus beträgt im Scheitel über der Bundesstraße etwa 0,40m, im Bereich der Treppenzugänge ca. 60cm. In Längsrichtung erhalten beiden Hohlkästen der Treppenläufe zu beiden Seiten des Mittelgrats zwei zusätzliche Längssteifen. Sie geben die Elementierung für die Montage vor. In Querrichtung werden Rippen t=20mm im Abstand von etwa 1,40m angeordnet, die zur Abtragung und Zentrierung der Lasten hin zum Mittelgrat dienen. Die Gehwegbereiche auf der Brücke und den Treppen erhalten hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit und Dauerhaftigkeit keinen zusätzlichen Aufbau, sondern lediglich eine Beschichtung.
Der Unterbau wird aus zwei Stützbereichen mit je 3 baumartig nach oben hin aufgefächerten Ästen aus Rundrohren im Durchmesser von 32cm gebildet. Die Spreizung der Stützen unter den Überbau generiert eine konstruktive Einspannung des Überbaus und somit die erforderliche Versteifung.
Die Gründung der beiden Stützbereiche erfolgt als Tiefergründung über jeweils 2 gegeneinander geneigte Bohrpfähle in Verbindung mit einem verbindenden Pfahlkopfbalken. Die Bohrpfähle mit einer Länge von etwa 8m und einem Durchmesser von 75cm werden senkrecht zum Überbau mit einer Neigung von etwa 1:10 eingebaut um in Verbindung mit den Gründungskörpern der Treppen die Horizontalkomponenten der Auflagerlasten sicher in den Baugrund abtragen zu können. Im Bereich der Treppen werden ebenfalls Gründungskörper in Stahlbeton aber infolge der geringen Lasten ohne Tiefergründung vorgesehen. Verbau- und Sicherungsmaßnahmen der angrenzenden Bebauungen auf der Südseite werden nicht erforderlich.
Durch die Wahl der Spannweiten in Verbindung mit der räumlichen, versteifenden Tragwirkung der Hohlkästen liegen die ersten maßgebenden Eigenformen der Konstruktion außerhalb der als schwingungsanfällig geltenden Bereiche.
Durch die Teileinspannungen der Stützenachsen in die Gründung können Zwangskräfte aus Temperatur kontinuierlich ohne besondere Maßnahmen aufgenommen werden. Durch die gewählte integrale Lagerung kann auf aufwändige Lager- und Übergangskonstruktionen sowie Dehnfugenausbildungen im Fahrbahnbelag verzichtet werden.

Materialien
Überbau und Treppen: Hohlkastenquerschnitt einschließlich Brückendeck: Stahl beschichtet nach ZTV-KOR S355, Überbau nur mit versteifenden Querrippen.
Unterbauten: Stahlrundrohre beschichtet nach ZTV-KOR S355.
Gründungsbauteile, Bauteile unter GOK, Pfahlkopfbalken: Stahlbeton bewehrt C35/45, Bewehrung B500.
Pfähle: Bohrpfähle, in den Pfeilerachsen teilweise in Neigung, Stahlbeton bewehrt C35/45, Bewehrung B500.
Wirtschaftlichkeit hinsichtlich Baukosten, Planungskosten und Folgekosten
Die Wahl der Querschnitte und die sinnvolle Staffelung der Materialien lässt ein wirtschaftliches Bauwerk erwarten. Durch die Wahl der robusten Materialien und der Verzicht auf Wartungsintensive Übergangs- und Lagerkonstruktionen sind auch die Folge- und Unterhaltskosten wirtschaftlich darstellbar. Alle Tragwerksteile sind zugänglich und können mit wirtschaftlichem Aufwand mittels Hubsteigereinsatz besichtigt und während der Nutzungszeit immer handnah kontrolliert werden. Alle Tragwerksteile des Bauwerks sind durch gängige, bewährte und genormte Bauweisen herstellbar und verfügbar. Der bewusste Verzicht auf Sonderkonstruktionen und des damit einhergehenden zu erwartenden breiten Bieterfeldes lässt einen sinnvollen Preiswettbewerb und eine kurzfristige Umsetzbarkeit erwarten.

Nachhaltigkeit der Konstruktion
Durch die bewusste Materialwahl des Überbaus als Stahlkonstruktion der sich durch gezielte Steuerung der Blechstärken an die Belastungen im Materialverbrauch optimieren lässt, kann eine ausgewogene Balance zwischen Energieaufwand in der Herstellung und Robustheit ohne Einsatz zementgebundener Materialien erreicht werden. Mit Blick auf eine zukünftige wasserstoffbasierte Stahlerzeugung wie z.B. in Produktionsstraßen der Salzgitter AG wird die Gesamtbilanz des Werkstoffes weiter erhöht. Die Vorkonfektionierung in der Werkstatt und der dadurch mögliche minimierte Zeitaufwand auf der Baustelle reduziert die Beeinflussung des Bauumfeldes maßgeblich.
Bauablauf und Eingriff in den Verkehr
Der Bau- und Montageablauf sieht vor, zunächst die Gründungskörper der beiden Stützenbereiche und der Treppenanlagen zu erstellen. Dabei kann die Pfahleinbringung im Bereich der Stützenachsen von der südlichen Straßenebene vor Kopf maschinell und ohne Verbaumaßnahmen erfolgen. Die Anordnung der Stützenachse im nördlichen Bereich wurde bewusst so gewählt, dass die Pfähle nur über eine minimal im Bauzustand aufgeschüttete Erdrampe vor Kopf erstellt werden kann. Nach Einbau der Gründungskörper werden die Stützen montiert und mit Hilfsunterstützungen temporär in der Lage gesichert. In diesen Bauphasen kann der Verkehr Bundesstraße nahezu uneingeschränkt aufrechterhalten werden. Die Treppenanlagen werden neben der Straße bzw. hinter der Wallanlage in Situ vormontiert. Der Überbau wird als segmentierte und in der Werkstatt vorgefertigter Stahlbau in 4 Schüssen zur Baustelle transportiert und auf einem temporären Vormontageplatz neben der Bundesstraße parallel zur Fahrtrichtung gelagert und zum Einhub auf Hilfsgerüste vorbereitet. Nach Fügung der Einzelsegmente wird der Überbau kraftschlüssig mit den Pfeilerscheiben verbunden. Für den Einhub des Überbaus wird eine temporäre kurzfristige Sperrung der Bundesstraße von maximal 2 Tagen notwendig. Durch dieses Bauablauf- und Montagekonzept kann die verkehrliche Einschränkung der Bundesstraße minimiert werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Bewertung nach Überarbeitung:
Die Anpassung an den B-Plan wurde bei einer minimalen Überschreitung der Geltungsbereichsgrenze an der Südostecke vorgenommen und der Brückenantritt nördlich der B 446 auf die Westseite verlegt und in die Flucht der Wegeachse gesetzt. Eine wirtschaftliche Optimierung durch Reduzierung der Gesamtlänge und Anpassung wurde nachgewiesen. Die Rampenführungen im Ideenteil wurden unter Berücksichtigung der Hinweise angepasst. Die Farbgebung des Brückenbelags wurde geändert. Die Verfasser erläutern, wie sie auf die geänderten Randbedingungen reagiert haben und wie sie die Brückenkonstruktion unter Beibehaltung der Entwurfsidee optimiert haben. Die fachwerkartige Auflösung der Brückenunterseite schafft eine differenzierte Brückenuntersicht und lässt die Brücke sehr schwebend und leicht erscheinen. Die Konstruktionsweise ist durchdacht und gewährleistet eine wirtschaftliche Realisierung. Der Unterhaltungsaufwand der offenen Konstruktion erscheint im Vergleich zu geschlossenen Systemen etwas höher zu sein. Dies sollte im Weiteren noch einmal überprüft werden. Ob eine Akzentuierung über eine spezifische Farbgebung des Brückenbelags notwendig ist, wird kontrovers diskutiert. Dies muss zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht abschließend beantwortet werden und ist Thema für eine Planungsfortschreibung. Eine spätere Ergänzung durch Rampenbauwerke ist sehr gut möglich und konstruktiv bereits vorausgedacht. Im Besonderen im südlichen Bereich wird eine gute Einbindung in die Topographie und den Landschaftsraum erreicht und es kann flexibel auf zukünftige (städtebauliche) Entwicklungen im Osten reagiert werden.

Bewertung 1. Phase:

 Der vorgeschlagene Brückenschlag verbindet den zukünftigen Parkplatz mit dem südlich der Bundesstraße gelegenen Standort der Firma Riese & Müller, dem Gewerbegebiet und dem Naturraum mit einer aus den städtebaulichen Rahmenbedingungen sehr eigenständigen und konsequent entwickelten Wegeführung. Über eine perspektisch geweitete Treppenanlage wird der Nutzer über die Brücke geführt. Auf der südlichen Seite angekommen kann der Benutzer den Blick erst einmal vorbei am Gebäude in Richtung Natur schweifen lassen, anschließend wird der Lauf in Richtung Firmengelände um 90 Grad umgelenkt. 

Interessant und positiv bewertet wird das Spiel von Enge und Weite des Treppenlaufs und die mittige Einschnürung des Brückenteils, die einen interessanten räumlichen Eindruck mit doch sehr subtilen Mitteln hinterlassen.

Im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit wird die Notwendigkeit der Verlängerung der Brücke über den parallel zur Bundesstraße geführten landwirtschaftlichen Weg diskutiert. Ein wirtschaftliches Optimierungspotential wird bei Brückenlänge- und -breiten gesehen.

 Der Ideenteil schlägt zwei schleifenförmige Rampenanlagen vor, die sich auf sehr selbstverständliche Art und Weise an den vorhandenen Realisierungsteil andocken und ergänzen lassen und eine schlüssige Gesamtwegeverbindung vorschlagen. Der Leitidee „Brücke als Skulptur“ wird somit Rechnung getragen. Realisierungs- und Ideenteil stellen eine schlüssige Einheit dar. 

Das Brückenbauwerk wird als klassischer Stahlbau vorgeschlagen. Interessant zu erwähnen ist hier die unterschiedliche Behandlung der Brückenunterseite in geschlossene und geöffnete Hohlkastenprofile, die das Bauwerk auch von Straßenperspektive differenziert erscheinen lassen. Fragwürdig bleibt bei der Auflösung des Querschnitts oberhalb der Fahrbahn der B426 der Materialeinsatz, da der Brückenträger auf einen stehenden Flachstahl reduziert wird. Die wenigen gebündelten Brückenpfeiler verschwinden optisch und lassen die Brücke sehr schwebend und leicht erscheinen. Die Brücke schmiegt sich in die Landschaft ein und wird somit nicht als Fremdkörper empfunden.

Die grüne Farbgebung des Oberflächenbelags wurde kritisch diskutiert und an dieser Stelle hinterfragt. 

Durch den Verzicht von Sonderkonstruktionen und den Einsatz von vorgefertigten Elementen wird eine kurze Bauzeit ermöglicht. 

Insgesamt handelt es sich um eine sehr eigenständigen und poetischen Lösungsansatz, den man sich an diesem Ort sehr gut vorstellen kann. Über die Funktionalität hinaus stellt die Brücke eine einladende und wertvolle Wegeverbindung für Mitarbeiterschaft und Erholungssuchende dar.