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Award / Auszeichnung | 04/2022

Otto-Borst-Preis 2022

Umbau Marienplatz 22

DE-80331 München

Anerkennung / Kategorie "Einzelgebäude im Ensemble"

Goergens Miklautz Part GmbB Architekten

Architektur

Bayerische Hausbau GmbH & Co. KG

Projektentwicklung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Groß- und Einzelhandel

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 01/2017

Beurteilung durch das Preisgericht

Das vorgestellte Geschäftshaus, das 1958 mit Nachbargebäuden in der Wiederaufbauzeit nach dem Zweiten Weltkrieg als modernes Kaufhaus mit Gastronomie und Kino errichtet wurde, steht als Eckgebäude an dem zentralen, historischen und seit der Einrichtung einer Fußgängerzone auch prominenten Ort in der Mitte von München, gegenüber dem mächtigen neugotischen Rathaus. Es war ursprünglich ein kompakter Kasten mit stehend-quadratischer Lochrasterfassade, deren Öffnungen im Dachgeschoss galerieartig vergrößert waren und im Erdgeschoss als doppelgeschossige Arkaden mit Ausbauerkern im ersten Obergeschoss in Erscheinung traten. Die Schlichtheit der flächenbündigen Fassade war durch eine Struktur aufgemalter marmorierter RenaissanceKassettenbänder aufgelockert. 


Die Nutzungskonzeption war erfolgreich über die vielen Jahre. Nach einem Besitzerwechsel im Jahr 1979 erfolgte bis 1997 eine umfassende Mängelbehebung und Modernisierung. Bei der Überarbeitung und Neufassung der Fassade entstand ein auffällig spätmodern-funktionalistisches, überwiegend als detailüberfrachtet angesehenes unruhiges Äußeres, das auch in der Öffentlichkeit wegen des Kontrastes gegenüber den zurückhaltenden Fassaden der Nachbargebäude zunehmend kritisch gesehen wurde. Die disproportionierte, in der Straßenabwicklung asymmetrische und unrhythmische Fassadengliederung bestimmte sich nach den vertikalen Glasfugen zweier gläserner Panoramaaufzüge…


Nur 15 Jahre nach dieser ersten Modernisierung und mit dieser so bewerteten äußeren Form wie auch aufgrund des Baualters insgesamt wurden von der Bauherrschaft Überlegungen angestellt, was mit dem Gebäude, das auch zwischenzeitlich ensemblegeschützt wurde, geschehen sollte. Die bauliche und strukturelle Qualität sowie bewahrende Momente der Nutzung und deren Eignung an dieser Stelle förderten die Entscheidung zum Erhalt und zur Revitalisierung des bedeutenden Gebäudes. Einer durchgreifenden Sanierung und Ertüchtigung eines 60 Jahre alten Gebäudes ging ein mutiger und für die Erhaltung eines Kulturgutes verantwortungsvoller Entscheidungsprozess voraus, der in Folge auch mit erheblichen Erschwernissen bei der Realisierung an diesem sensiblen Ort zu rechnen hatte und deshalb eine schwierige Entscheidung war.


Mit diesem baulichen Maßnahmenpaket, das 2017 umgesetzt wurde, konnte mit baulichen, nutzungsbezogenen Veränderungen (Flexibilität) auch die Erhaltung von Nutzungen, die dem gegenwärtigen Lageanspruch wieder gerecht werden, gesichert werden. Damit einher gingen auch Überlegungen zu einer Veränderung der Fassade, der Außenwirkung. Der Baukörper selbst erhielt klare hierarchische Strukturen in der Vertikalen aus haushohen Kalksteineckpfeilern und Putzpfeilern und ein darauf abgestimmtes Loggia-Geschoss im Dach sowie doppelgeschossige Arkaden mit Kalksteinpfeilern als Basis. Hier wurde das Motto „Integration statt Extravaganz“ zur Leitlinie, um am architektonisch überbordenden Marienplatz beruhigend zu wirken. Mit den auch hierzu beauftragten Architekten und unter Einbeziehung von Denkmalbehörde und einer, die Stadt München stellvertretenden Gestaltungskommission tendierte man zu einer sehr zurückhaltenden, der Nachbarschaft angepassten Fassade, die sich in den oberen Geschossen mit einem gesamtheitlich verständlichen Rückgriff auf den Duktus der auch beim Nachbargebäude vorherrschenden Architektur der 1950er Jahre orientierte. In gewisser Weise kann man dann dennoch die in dezente Erscheinung tretende Ornamentik der Diamanti – nach italienischem Vorbild, und einen Palazzo zitierend – auch als Reminiszenz an die Ursprungsfassade mit der Renaissancemalerei bezeichnen. Mit den zurückhaltenden hochwertigen Materialien heller Kalkstein für die Diamanti und sehr glatten Putzstrukturen verschiedener dezenter „Wolkigkeit“ wird mit Farbe und Textur ein Bezug zur in der Seitengasse anschließenden Kirche St. Peter geschaffen, und damit die Kirche aus der zweiten Reihe des Marienplatzes „herbeizitiert“.


Das hier vorgestellte, und mit der Nachkriegszeit verwurzelte, wichtige Gebäude in der Mitte der Stadt München hat mit der Beibehaltung der Bauform, der Revitalisierung des Gebäudes an prominenter Stelle und mit einer vornehmen Rücksichtnahme und neuer Bezüglichkeit in der Gestaltung die Wahrnehmung des Marienplatzes enorm beruhigt, eine beachtliche städtebauliche Qualität erzielt, die beispielhaft ist und beispielgebend sein kann. Nach unruhigen gestalterischen Ausschläge in den letzten Jahrzehnten scheint der Bau nun seine angemessene Form gefunden zu haben, die sich im Anklang der 1950er Jahre entpuppt.