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Einladungswettbewerb | 05/2022

„Premier Inn“ - Bürohochhaus und Hotel am Hauptbahnhof Dortmund

1. Preis / Nach Überarbeitung

Preisgeld: 20.000 EUR

kadawittfeldarchitektur

Architektur

mesh landschaftsarchitekten PartG mbB

Landschaftsarchitektur

wh-p Ingenieure

Tragwerksplanung, Bauingenieurwesen

Transsolar Energietechnik GmbH

TGA-Fachplanung

Gruner Deutschland GmbH

Brandschutzplanung

IVV Ingenieurgesellschaft für Verkehrsplanung und Verkehrssicherung GmbH

Verkehrsplanung

loomilux

Visualisierung

Erläuterungstext

„Stadt-Kontakt“

 

Der Neubau eines Büro- Hochhauses mit Hotel-Mantelbebauung (Premier Inn) unmittelbar östlich des Dortmunder Hauptbahnhofes bietet die Chance, ein elegantes Ensemble am Stadteingang mit Fernwirkung zu schaffen. Darüber hinaus verwandeln die neuen Häuser die verunklarte städtebauliche Fassung am Königswall und am Bahnhofsvorplatz in einen einladenden, lebendigen Ort hoher Aufenthaltsqualität.

 

1 Städtebauliche Einbettung und Erschließung:

Der Entwurf formuliert eine klare städtebauliche Haltung an diesem besonderen Ort: Der Hotel- Neubau und das Bürohochhaus wirken wie aus einem Guss. Weil beide Gebäude über die ersten beiden Etagen zusammenhängen, ist eine bauliche Trennung des aufsteigenden Hochhauses vom Hotel aus Lärmschutzgründen (Emissionen von den nördlich gelegenen Gleisanlagen in Richtung Stadt) nicht empfehlenswert. Vielmehr bilden beide Gebäudeteile einen zusammenhängenden „Rücken“ zu den Gleisen hin. Am Königswall, an der „Schauseite“ zur Stadt gestaltet sich das Ensemble differenzierter und bietet vor allem an der Kontaktfläche zur Stadt auf Fußgänger- Niveau durch ein „gestaffeltes Zurückweichen“ der Fassaden und lebendiger Nutzung über die gesamte Länge viel Raum für die Öffentlichkeit vor den bestehenden U-Bahn- Abgängen. Die Adressen und Eingänge von Büro und Hotel sind zudem schon von Weitem gut einsehbar. Der Bahnhofsvorplatz und das Vorfeld des Neubaus werden als zusammenhängender Stadtraum ohne Brüche wahrgenommen.

Das Büro- Hochhaus besitzt 16 Etagen mit einer Geschoßhöhe von ca. 3,70m. Darüber liegt ein Technik- Aufbau dessen Oberkante etwa 68m erreicht. Das Hotel erstreckt sich als L- förmiges Haus über einem zweigeschossigen Sockel mit insgesamt 8 Etagen (Regelgeschoßhöhe: 2,90m). So besitzt der Hotel- Neubau eine Höhe von etwa 26,5m. Im Westen schließt das Hotel direkt an den Büroturm an. Alle Hotelzimmer besitzen in dieser Riegel- Struktur im „L“ ungehinderten Ausblick in die Umgebung.

Die Anlieferung sowie die Ein- und Ausfahrten in die Garage (insgesamt 77 PKWs und zusätzlich Fahrräder) liegen am östlichen Rand des Grundstückes am Fuße des Hotels. Im Westen am Fußpunkt des Büroturmes liegt der gedeckte Haupteingang unter zweigeschossigen Arkaden. Vor diesem Eingang entsteht ein großzügiger Vorplatz, weil die Fassade des Hochhauses weit hinter der Arkade bündig in Verlängerung der westlichen Bahnhoffassade eingerückt ist. Der Haupteingang des Hotels streckt sich im Osten- von Weitem einsehbar- in Richtung Königswall. Passanten, die vom Bahnhof kommen, laufen direkt auf den Hoteleingang zu. Zwischen den beiden wesentlichen Eingängen im Westen und Osten ist Raum für einen Kiosk und ein Café, das an die Hotel-Lobby gekoppelt werden kann. Im Erdgeschoß ist die Schauseite des Ensembles über die gesamte Länge am Königswall mit einer lebendigen Nutzung versehen. Beide Häuser besitzen eine Taxi- Vorfahrt und Außenstellplätze für PKWs.

 

2 Architektur und Nutzung:

Die Gestaltung und Gliederung der beiden Gebäude spiegelt den Nutzungsmix aus Büro, Allgemeinflächen und Hotel auf differenzierte, aber dennoch homogene Art wider. Das Ensemble wirkt auf den ersten Blick wie aus einem Guss. Die Büro- Hochhausscheibe kann baulich vom Hotelgebäude getrennt werden. Das Hotel öffnet sich in Form eines L- förmigen Riegels zum Königswall und ist direkt an das Hochhaus angebaut. Unter der Auskragung des Hotels (Arkaden) befindet sich ein zweigeschossiger „Sockel“ der sich nach Osten kontinuierlich nach vorne staffelt und dort den Haupteingang des Hotels mit Lobby bildet. Hinter einem Kiosk und einem Café verbergen sich 3 Park- Etagen für PKWs (insges. 77 Stellplätze) an der Gleisseite. Im ersten OG zwischen Hochhaus und Hotel befindet sich eine großzügige Terrasse, die sich wie eine Stadtloggia nach Süden in Richtung Innenstadt wendet. Die Terrasse bildet mit dem Hotelrestaurant im ersten Stock eine Bel- Etage, auf der Besucher (entkoppelt vom Straßenlärm) zB. beim Frühstück den Blick auf den Königswall genießen. Bereits auf Stadtniveau werden Passanten auf das sichtbare Treiben im ersten OG aufmerksam. Über der Bel- Etage liegen 6 Geschosse mit Hotelzimmern. Die Zimmer (insgesamt 192), die über der Terrasse nach Süden ausgerichtet sind, besitzen kleine Loggien für den Aufenthalt im Freien. Grundsätzlich weist das Hotel durch seine Riegel- Typologie mit einem Haupt-Treppenkern und Aufzügen sowie einem Fluchttreppenhaus ein sehr wirtschaftliches Layout bei gleicher Qualität aller Zimmer auf.

Das Büro- Hochhaus besitzt einen Erschließungskern, der zusammen mit Sanitäreinheiten am östlichen Rand des Gebäudes (an der Schnittstelle zum Hotel) sitzt. Dort liegt er auch so günstig, dass die Gründung im Untergeschoss neben der bestehenden U- Bahntrasse problemlos erfolgen kann. Die Büro- Etagen sind so gestaltet, dass alle zeitgemäßen Layouts moderner Arbeitswelten (von Zelle bis Großraum) zu realisieren sind. Für das mittlerweile populäre Arbeiten im Freien könnte man beispielsweise an den südöstlichen, oder südwestlichen Ecken der Bürogeschosse Loggien für Besprechungen unter freiem Himmel oder mobiles Arbeiten anbieten (siehe bitte auch Grundrisse).

 

3 Materialien und Fassade:

Um die gewünschte Homogenität in der Erscheinung des Gebäudeensembles aus Büroturm und Hotelgebäude zu erzielen, setzen wir auf ein sichtbares Raster, das in unterschiedlicher Ausprägung über beide Gebäude gelegt wird. Dieses „Grid“ ist je nach Anforderung und dahinterliegender Nutzung -wie ein Setzkasten- mit unterschiedlichen „Fillings“ also „Füllungen“ ausgestattet. Sowohl für das Grid als auch für die Fillings, die ein angemessenes energetisches Verhältnis zwischen transparenten und geschlossenen Paneelen herstellen, schlagen wir Keramik als Verkleidung vor. Keramik ist ein natürlicher Baustoff, der rezyklierfähig, robust und schön ist. Der rote Farbton korrespondiert mit der Fassade der gegenüberliegenden Bibliothek am Königswall und wirkt angenehm natürlich und warm. Die Fassade des Hotels besitzt beispielsweise neben den öffenbaren Fenstern in das Grid bündig eingelassene Paneele (zB. als Brüstungen) oder im Süden an der Stirnseite des Hauses Grünpaneele (zb. von Sempergreen). An der Südseite des Hotelriegels wiederum sitzen die Fassaden hinter das Raster (um Balkontiefe) eingerückt- Die Zimmer auf dieser Seite besitzen Loggien für den Aufenthalt im Freien. Durch das „Einrücken“ sind die Fassaden dort auch besser vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt. Das Raster des Büro- Hochhauses basiert auf einem sinnvollen Achs-Maß von 1,35m. Es ist etwas weiter gestrickt als am Hotelgebäude- Dies verleiht dem Gebäude eine gewisse Leichtigkeit und Eleganz. Auch innerhalb dieses Grids sind verschiedene Fillings auf spielerische Art bündig eingelassen. Neben der abwechslungsreichen Erscheinung erfüllen die Paneele auch an den Bürofassaden ihren Zweck: Sie garantieren den notwendigen Schutz vor Brandüberschlägen und reduzieren den sommerlichen Wärme- Eintrag. Das Bürohaus besitzt einen außenliegenden (in das Keramik- Raster formschön integrierten) Sonnenschutz aus Raffstoren oder Textilen.

 

4 Freiraumkonzept:

Das Vorfeld am Königswall vor dem Gebäudeensemble aus Neuem Hotel und Büro ist in die Platzfläche des Dortmunder Hauptbahnhofs integriert. Somit wird ein fließendes, räumliches Kontinuum als Entrée in die Innenstadt hergestellt. Großzügige Sitz- Decks heben die offene Platzfläche hervor und markieren den Eingang zum Hotel- und Bürogebäude. Die Fahrradabstellplätze befinden sich unter dem auskragenden Teil des Bürogebäudes. Die Zufahrt und die PKW-Stellplätze im östlichen Bereich sind durch die Begrünung der Pergola einladend und freundlich gestaltet. Die Gastronomie im 1. Obergeschoss verfügt über eine nach Süden exponierte Dachterrasse. Der Dachgarten des Bürogebäudes bietet Ausblicke auf die Stadt. Die extensiv begrünten Dachflächen auf dem Restaurant und Hotel dienen als kleiner- aber sinnvoller Beitrag zur Biodiversität- Lebensraum für Kleintiere und Insekten im Stadtzentrum.

 

5 Tragwerk:

Für das Bürohochhaus wird eine wirtschaftliche Stahlbetonskelett-Struktur gewählt. Punktgestützte Flachdecken spannen mit einer Dicke von ca. 28cm über ca. 8m in beiden Richtungen. Der aussteifende Stahlbetonkern wird so platziert, dass er im Untergeschoss neben dem bestehenden Tunnel auf die Sohle trifft und dort über Pfähle direkt gegründet werden kann. Die Stützen können ebenfalls im Wesentlichen bis zur Pfahlgründung ohne Versatz durchgeleitet werden. Einzig die Mittelstützenachse wird über einachsig spannende Balken unter der EG Bodenplatte über dem Tunnel abgefangen und zu den Randstützen weitergeführt. Die aussteifenden Kerne werden mit 25cm Wandstärke ausgeführt. Der Hotelneubau mit seinem Hotel-typischen Layout eignet sich für die Erstellung in Holz-massiv bzw. Holz-Hybridbauweise. Vorgefertigte Hotelzimmer mit zweischaligen Trennwänden und einer Decke aus Brettsperrholz mit einer Schüttung oder eine dünnen Stahlbetondecke stellen eine Möglichkeit für die Materialisierung der Struktur aus nachwachsenden Rohstoffen und im Falle einer Holz-massivbauweise sortenreiner Trennbarkeit im Sinne des Cradle2Cradle Prinzips dar.

Alternativ kann die tragende Struktur auch als Stahlbetonskelettbau ausgeführt werden. Die finale Wahl der Materialien kann im Planungsprozess mit dem Bauherrn bestimmt werden.

 

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Konzept für die Gebäude des Hotels und des Bürohochhauses besticht durch die gute städtebauliche Setzung und den eigenständigen Auftritt des Ensembles. Die Differenzierung der Baukörper folgt geschickt dem städtebaulich sinnfälligen Nutzen. Das Hochhaus weicht in der Sockelzone zurück und gibt so eine überdeckte Vorzone für die Bürolobby frei. Gleichzeitig wird der Blick aus Richtung Bahnhof kommend auf den Hotelzugang freigegeben, der sich durch die winkelförmige Setzung des Hotelgebäudes ergibt. Die von Hotel und Bürohaus eingefasste zweigeschossige Zwischenzone vernäht die voluminösen Baukörper mit dem menschlichen Maßstab des Vorbereichs und lässt das Gebäude nahbar erscheinen. Im 1. Obergeschoss ist eine Dachterrasse vorgelagert, die sich zu einem äußerst attraktiven Ort in der Dortmunder Innenstadt entwickeln kann. Hierzu bedürfte es allerdings eines direkten Zugangs aus dem Erdgeschoss.

Während das Erdgeschoss grundsätzlich gut organisiert ist, weist das 1. Obergeschoss hinsichtlich der Andienung der Küche und der unmittelbar angrenzenden Hotelzimmer Schwächen auf. Die Hoteletagen sind effizient und übersichtlich gestaltet, die Stichflurlängen erscheinen jedoch kritisch. Ob die vorgeschlagene Aufzugslösung zur Andienung der Stellplätze handhabbar sein wird, diskutiert das Preisgericht kontrovers. Die Konzentration von Rampe, Aufzug und Anlieferungszone erscheint in jedem Fall konfliktträchtig zu sein.

Die Büroebenen weisen die erforderliche Flexibilität auf, um klassische Einzel- bzw. Doppelbüros sowie Teambüros, open space oder gänzlich offene Etagen anzubieten. Die Größe der Technikfläche im Erdgeschoss wird allerdings kritisch gesehen.

In der Gesamterscheinung zeigt der Entwurf ein auf einer klaren Struktur ruhendem Spiel von offenen und geschlossenen Fassadenflächen. So gelingt es geschickt, eine Differenziertheit in das Fassadenbild einzuweben, welche einerseits allen Aufenthaltsräumen eine angemessene natürliche Beleuchtung zuteilwerden lässt und andererseits dem Gebäudeensemble eine hohe Eigenständigkeit verleiht. Dies vor allem vor dem Hintergrund, mit den Gebäuden nicht nur das unmittelbare Umfeld mit einer klar lesbaren Adressierung zu prägen, sondern mit dem weithin sichtbaren Hochhaus die Stadtsilhouette neu zu formen. Dem kommt das ausgewogene und gleichzeitig lebendige Erscheinungsbild, welches zu allen Stadtseiten hin gleichmäßig ausgerichtet ist, sehr zu gute.

Die Effizienz und Grundstücksausnutzung muss jedoch noch gesteigert werden, um eine bessere Wirtschaftlichkeit zu erzielen. Man ist sich einig, dass im weiteren Planungsverlauf in Abstimmung mit den städtischen Vertretern auch unter Berücksichtigung von bauordnungsrechtlichen Themen Optimierungen erfolgen müssen.

Wenngleich in der Funktionalität nicht alle Aspekte durchgängig gut gelöst sind, weist der Entwurf insgesamt sehr hohe Qualitäten auf und hat die gestellte Aufgabe städtebaulich und architektonisch überzeugend gelöst. Für das Stadtbild sowie die Bauherren und Nutzer gleichermaßen zeigt das Konzept hohes Potential. 
Lageplan 1:500

Lageplan 1:500

Grundriss EG 1:200

Grundriss EG 1:200

Schnitt längs 1:200

Schnitt längs 1:200

Schnitt quer 1:200

Schnitt quer 1:200

Ansicht Königswall 1:200

Ansicht Königswall 1:200