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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2022

Neubau Institutsgebäude Physik / Nanostrukturwissenschaften an der Universität Kassel

2. Preis

Preisgeld: 95.700 EUR

heinlewischer

Architektur

SÜSS Beratende Ingenieure GmbH & Co. KG

TGA-Fachplanung

Mayer-Vorfelder und Dinkelacker

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Der Entwurf sieht zwei prägnante Baukörper, das Institut für Physik (IfP) und das Nanostructure Technology Center (NTC) mit einer individualisierten, jedoch auch kontextualisierten Fassade vor, die sich sicht- und spürbar in das bestehende Ensemble stellen und als eine Erweiterung dessen gesehen werden kann. Die auf dem Campus geplanten Raumkanten werden aufgenommen und zu einem selbstverständlichen Bestandteil des Neubaus. Auf die Quartiersübergreifende Idee der Plätze und Gassen wird Bezug genommen und damit zu einem gesamtheitlichen Konzept auf dem Campus. Die neuen Bausteine passen sich auch in ihrer gestaffelten Höhe der bestehenden Topographie an. Von dem tiefsten Punkt an der Moritzstraße, staffeln sich die Gebäude, mit dem IfP als höchster dieser Bausteine, zum Plateau vor dem ASL hoch. Dabei bleibt die maximale Höhe ein Geschoss unter dem obersten Geschoss des ASL um diesem Gedanken treu zu bleiben.
Die Untergliederung in zwei Baukörper ergibt sich aus der jeweiligen Funktion. Der nördlich im Baufeld A gelegene Baukörper beinhaltet das Institut für Physik. Grundpfeiler des entwurfs sind drei Laborkerne. Bedarfsorientiert befinden sich alle empfindlichen Labore im UG. Labore die keine Unterbringung im UG erfordern sind entweder innenliegend oder am Flur gelegen, Tageslichtbeleuchtet und der Möglichkeit der kompletten Verdunklung.
Die drei Laborkerne werden durch drei Höfe erweitert. Die Höfe werden weiter differenziert. Ein „Hof“ als überdachte Foyer-Halle die als zentraler Verteiler dient, ein sich abtreppender Hof zum Aufenthalten und Verweilen und ein Hof als grüner lichtdurchfluteter Dschungel. Um diese Höfe befinden sich die hellen und offenen Mitarbeiter Büros und vervollständigen das Gebäude und erzeugen so eine Clusterarchitektur innerhalb dieses. Es entstehen kurze Wege zwischen den Labore und Büros aber auch zwischen den einzelnen Instituten. Eine flexibles umschichten der Arbeitsgruppen ist dadurch auch für zukünftige Verteilungsänderungen gewährleistet.
Das IfP schmiegt sich an die bestehende Campustreppe an, erweitert diese im Inneren und vermittelt gleichzeitig zwischen den unterschiedlichen Platzniveaus. Gleiches gilt für den Hörsaal, der auch als eine Erweiterung des Äußeren gesehen werden kann und als visuell prägnanter Körper gegenüber dem Campus sichtbar ist. 

Beurteilung durch das Preisgericht

Zwei eigenständige und prägnante Gebäude bilden räumlich gut gefasst die ersten Bausteine eines neuen Ensembles, die sich an die gestaffelten Höhen der Topografie anpassen und diese verstärken. Gassen und kleine Platzerweiterungen werden für die Zugänge und Durchwegung genutzt, die vorgegebene Polygonalität geschickt in den Bauteilen aufgenommen und zu einem interessanten Raumgefüge erweitert. Es wird ein die Höhenlagen verbindendes Erschließungsband um das Gebäude herum angeboten. Weitergehende Überlegungen und Verbindungen im Ideenteil in den Grünraum nach Osten werden als wenig realistisch eingeschätzt. Im Süden bildet das Physikgebäude mit einem schlanken, aber kraftvollen Auftritt Gesicht und Adresse.
Der Höhensprung wird im Gebäude über eine Sitztreppenanlage parallel zur großen Treppenanlage ausgebildet; so kann der südliche Eingang mit dem nördlichen Haupteingang verbunden werden. Es bildet sich auf den verschiedenen Platzniveaus ein lineares Foyer, das auch in den Außenraum hineinwirken und diesen beleben kann. Der räumlich klar ablesbare Hörsaal fungiert folgerichtig ebenfalls als Verbindung zwischen den Niveaus, genauso wie ein an den Saal angelagerter Innenhof, der als ‚Pausenhof‘ dem Gelände folgt und den Saal direkt nach außen öffnet. Auf der oberen Foyerebene werden über eine freie Treppe mit großem Luftraum die Obergeschosse erschlossen, räumlich attraktiv und einladend. Das darüber liegende große Glasdach allerdings erscheint überdimensioniert.
Drei Laborkerne strukturieren die tiefen und gut proportionierten Flächen auf den oberen Ebenen, die von einem Ring von Büroräumen nach außen abgeschlossen werden. Der große und tiefe Baukörper wird neben der großen Erschließungshalle gegliedert durch das Herausstanzen von zwei unterschiedlich gestalteten Innenhöfen; ein funktional gutes und weitgehend flexibles Konzept. Es wird ergänzt durch offene Arbeitsflächen an den Höfen und in den Randbereichen, womit die äußere Polygonalität im Inneren sehr gut zu der notwendigen Orthogonalität der Laborbereiche übergeleitet wird. Auf der unteren Eingangsebene und im Untergeschoss werden die empfindlichen Labor- und die Technikbereiche angeordnet. Das Raumprogramm ist mit kleineren Abweichungen recht gut erfüllt. Zwei Rettungswege führen nicht direkt ins Freie.
Auch die Haustechnik bewertet den Entwurf als sehr gutes und klares Konzept mit innenliegenden Laborräumen und außen an der Fassade angeordneten Büros, die natürlich zu be- und entlüften sind und eine gute Tageslichtversorgung aufweisen. Die Technikräume und die vertikalen Technikschächte sind gut angeordnet. Das NTC auf EG-Niveau mit darunter- und darüber liegender Technik ist weitgehend frei bespielbar und stellt eine gute Ausgangsbasis für eine Reinraumnutzung dar.
Die Fassade entspricht der Nutzung und wirkt sowohl funktional als auch ansprechend. Das Angebot eines hybriden Tragsystems aus Holz und Stahlbeton wird positiv gewürdigt, ebenso weitere Maßnahmen zur Nachhaltigkeit wie die Nutzung der Solarenergie oder die Verwendung recycelter Materialien.

Nachhaltigkeit & Energieeffizienz
Die hessischen Vorgaben zur Energieeffizienz, zur Erfüllung des geforderten Niedrigenergiestandards und zur Verwendung erneuerbarer Energien können im Rahmen des Entwurfs voraussichtlich eingehalten werden. Das vorgelegte Energiekonzept und die Ausführung der Gebäudehülle erlaubt den Schluss, dass der durch allgemeine Nutzungen und Büros belegte Teil der Gebäude zumindest in Teilbereichen im Sommer aktiv gekühlt werden muss. Die Relation von Investitionskosten zu Energieeinsparpotential darf als angemessen bewertet werden. Die Entwurfsverfasser sehen die Verwendung von Hölzern und Holzprodukten aus nachhaltiger Forstwirtschaft, sowie von weiteren ressourcenschonenden Baustoffen, wie zum Beispiel den Einsatz von Recyclingbeton und CO2-reduziertem Stahl, zumindest in Teilbereichen vor. Es ist eine extensive Dachbegrünung geplant. Die Berücksichtigung dieser Nachhaltigkeitsaspekte wird positiv bewertet.

Wirtschaftlichkeit & Kosten
Der Wettbewerbsbeitrag 1002 liegt - bezogen auf den vorgegebenen Kostenrahmen - in der vergleichenden Kostenbetrachtung nach Kostenflächenarten über dem Wert der Vorgabe aus dem "0"-Projekt und über dem Durchschnitt aller Wettbewerbsbeiträge. Der Bruttorauminhalt des Wettbewerbsbeitrags liegt in der vergleichenden Betrachtung über dem Durchschnitt aller Wettbewerbsbeiträge.

Insgesamt werden zwei attraktive und funktionale Gebäude konzipiert, die sich gut in den Campus der Universität Kassel einfügen und die einer zukunftsorientierten Forschung und Lehre sehr gut Raum bieten können.
Lageplan

Lageplan

1. Obergeschoss

1. Obergeschoss

Ansicht von Westen und Längsschnitt B-B

Ansicht von Westen und Längsschnitt B-B

differenziertes Hofkonzept

differenziertes Hofkonzept

Blick in das Foyer

Blick in das Foyer