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Workshopverfahren | 07/2016

Wohnungsbau am Hörgensweg in Hamburg-Eidelstedt

Blick auf den gruenen Spielanger

Blick auf den gruenen Spielanger

Teilnahme

Kunst + Herbert Architekten

Architektur

RABE LANDSCHAFTEN | ARGE STUDIO URBANE LANDSCHAFTEN

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Wohnungsbau am Hörgensweg

Quartier
Das Grundstück wird im Norden von der BAB 23 flankiert. Hier sind große Lärm- und Feinstaubemissionen zu beachten. Durch einen 40m breiten Abstandsstreifen von der Autobahn getrennt, bilden die acht Zeilen der Expressbauten den nördlichen Rand des Plangebiets. Der östliche Rand des Gebiets wird von den Bahngleisen der AKN gefasst, was eine natürliche Barriere in die östlichen Quartiere darstellt und ebenfalls Lärm verursacht.

Das Grundstück liegt nordöstlich des Hörgenswegs, von dem aus die Erschließung erfolgt.
Südwestlich liegen Wohnquartiere mit unterschiedlichen Eigentumsstrukturen, in der Mehrzahl genossenschaftlicher bzw. öffentlich geförderter Wohnungsbau (SAGA), aber auch Reihenhäuser und Eigentumsanlagen.

Auf dem Grundstück befinden sich verschiedene bauliche Reste der ehemaligen Anzuchtgärtnerei. Bis auf die Süptitzvilla sind die  Gebäude in einem nicht erhaltenswerten baulichen Zustand, oder wie der Schornstein, aufgrund seiner Lage in der zukünftigen Erschließungsstraße gelegen nicht integrierbar. Es gibt auch eine erhaltenswerte Baumreihe, die den Zugang von Südwesten markiert, die eine wichtige Funktion für den zukünftigen Quartierseingang übernimmt. Die Villa kann in der ersten Phase erhalten bleiben.

Konzept
Die Analyse der nächsten Umgebung zeigt zwei sehr verschiedene Strukturen, die bei gleicher Dichte sehr extreme Außenräume erzeugt – Analyse-Konzept | Typologien und ihre Freiräume werden verknüpft
A_Reihenhausstruktur – absolut private Freiräume, keine gemeinschaftlichen Flächen
B_Großsiedlung – absolut gemeinschaftliche Freiräume, keine privaten Rückzugsräume

Beides sind extreme Pole im Spiel zwischen privater Verschlossenheit und öffentlicher Anonymität. Das neue Quartier am Hörgensweg soll eine gesunde Mischung kennzeichnen - dörfliche Kleinmaßstäblichkeit verlinkt  mit dem Angebot gemeinschaftlich nutzbarer Frei- und Spielflächen!

Städtebau
Vier Baufelder bilden das neue Quartier. Über ein Shared Space, das zwischen Heidacker und Rebenacker in den Hörgensweg eingehängt ist, wird das Gelände für Pkws erschlossen und mit dem 1. BA verzahnt.
Fußläufig (von der S-Bahn-Station) wird das Gelände über einen vielfältigen grünen Park erschlossen. Die Bestandsreihe an Bäumen gibt dabei die notwendige Orientierung und Leitlinie vor.
Drei Blockstrukturen lagern sich um das kleinteilige, niedrige Zentrum an. Dieses Quartier ist für alle Bewohner frei durchwegbar und bildet die dörfliche Identität, Die Hotspots werden durch Plätze zum 1.BA (Dreiecksplatz) und zum Bestandsquartier im Süden (Marktplatz) mit unterschiedlichen Schwerpunkten (Spielflächen/ Treffpunkte/ Marktstände) besetzt. Siehe Piktogramm: 4 Inseln und 3 Hotspots & Wegenetz.
Alle Blockinnenbereiche sind über ein dichtes Netz von Fußwegeverbindungen verschiedener Ausprägung miteinander verbunden, sodass für den Ortskundigen ein inneres, grünes Erschließungssystem nutzbar ist. Es fügt sich selbstverständlich über den 1.BA in die Sport- und Bewegungsbereiche nördlich der Expressbauten ein.

Grünraum/ Bewegungsraum
Im Quartier finden sich Freiräume unterschiedlicher Funktionen und offener Aneignung. Das Thema Sport, Spiel und Gärtnern hat einen starken Fokus im Gebiet. Durch ein dichtes Wegenetz als Bewegungsraum werden die unterschiedlichen Raumtypen miteinander verbunden.

2 Plätze und 2 Parks
Das Gebiet ist durch einen Quartiersplatz, einen Grünen Platz, einen Spiel- und Sportboulevard als Entrée im Osten und einen Sportpark im Norden gegliedert.
Der sich über den Hörgensweg erstreckende Quartiersplatz vernetzt die bestehenden Wohngebiete mit dem neuen Quartier.  Auf dem Platz finden Wochenmarkt, Flohmärkte und Quartierfeste statt. Ein flexibel ausrichtbares Beleuchtungssystem kann auf unterschiedliche Veranstaltungen reagieren. Eine Cafénutzung mit Außengastronomie ist im Osten des Platzes vorgesehen. Den nördlichen Rand bildet ein Baumhain mit Sitzgelegenheiten und Spielsituationen.
Ein breiter, baumbestandener Fußweg, als Wohn- und Spielstraße ausgebildet, verbindet den Quartiersplatz mit dem Grünen Platz. Der Grüne Platz lädt mit seinen drei Inseln (Blumenwiese, Schaukelwiese, Liegewiese) zum Aufenthalt und Spielen ein.

Entrée Ost: Spiel- und Sportboulevard
Von der AKN kommend läuft man unter der alten Allee, einer natürlichen Leitlinie, über den breit angelegten Wohn- und Spielweg (Boule, „Straßentennis“, Sitzgelegenheiten...) in das Quartier. Die angrenzende Wiese ist als „Green Gym“ für alle Altersgruppen ausgebildet: Hier kann gegärtnert und gebolzt werden. Im Süden auf der „Brückenerwartungsfläche“ entstehen „Gärten auf Zeit“, die sich die Bewohner um den Hörgensweg aneignen können. Synergien mit der Kita oder angrenzenden Schulen sind denkbar.
Der grün geprägte und gut ausgeleuchtete Boulevard mit öffentlichen Freiraumnutzungen hat eine wichtige Knoten- und Verteilerfunktion. Hier befindet sich die Stadtradstation.

Sport- und Bewegungspark:
Nördlich des 1.BA befindet sich der Sport- und Bewegungspark. Berollbare Flächen rahmen unterschiedliche Sport- und Bewegungsfelder. Die Ränder sind topografisch überhöht und laden zum Skaten, Biken und Rollern ein. Eine Joggingstrecke durchläuft den Sportpark.
Die Bespielung der Flächen wird von den Jugendlichen und Anwohnern gemeinsam gestaltet. Hier können zum Beispiel Kletter-, Dirtbike-, Skate-, Parcours-Anlagen oder auch eine Werkstatt für Sportgeräte Raum finden. Ein  Urban Cricket Feld könnte hier entstehen. Das Sportband hat durch seine besonderen multikulturellen Sporteinrichtungen über das Quartier hinaus Ausstrahlungskraft.
Es sind Pflegekonzepte über Vereine (Sportvereine oder Nachbarschafts- und Kulturvereine) denkbar, die Nutzungszeiten, Parksportangebote organisieren, coachen und pflegen. Die Erlöse aus Beiträgen, Getränkeverkäufen / Flohmärkten fließen in die Flächenpflege. So wird die öffentliche Hand entlastet, und Verantwortung und Selbstbestimmung in das Quartier getragen.

Verkehr / Parkraum
Die Haupterschließungsstraße wird als Shared Space ausgeführt, d. h. alle Verkehrsteilnehmer nutzen die Oberfläche gleichwertig. Der fließende Verkehr wird in der Geschwindigkeit stark reduziert, um die notwendige Rücksichtnahme zu garantieren. Entlang des Shared Space wird einseitig ein Streifen Parkplätze positioniert, um den Besucherverkehr aufzunehmen.
Entlang des Hörgensweg werden ergänzend zwei Parkflächen angeboten, die durch die Einbindung von Bäumen als Grünfläche gestaltet sind.
Feuerwehr- / Müll- und Versorgungsfahrzeuge können darüber hinaus die Wohn- und Radwegeverbindungen nutzen, die nicht komplett für Pkw freigegeben sind. (Wohnstraße entlang des inneren Quartiers, im Bereich des südlichen Zugangs zur S-Bahn)
Die Feuerwehraufstellflächen werden gemäß der Grundrissfunktionen angeordnet. Die Innenflächen werden weitgehend freigehalten, um die versiegelte Fläche zu reduzieren.

Die privaten Stellplätze werden in drei Sammelgaragen unter den drei Blöcken am Quartiersrand organisiert. Im Bereich des 1.BA ist es denkbar, ergänzend zu der vorhandenen TG-Planung noch weitere Garagenflächen zwischen den Häusern als TG zu nutzen.

Wasserwirtschaft
Die neuen Gebäude werden soweit möglich mit Gründächern ausgestattet, um eine temporäre Regenrückhaltung zu ermöglichen und damit das Mikroklima zu verbessern. Das gesammelte Regenwasser soll zwischen den Häusern oberflächennah versickern. Dazu werden Retentionsmulden angelegt, in denen temporär Wasser anstauen kann. Durch die Einlagerung von Sand- und Großsteinen werden Anreize zum Wasserspielen gegeben.

Materialien
Alle Oberflächen und Materialien sind robust und abnutzungsresistent, um lange Zeit ein gutes Erscheinungsbild zu erhalten und die Unterhaltskosten zu senken.
Die Gebäude sind als WDVS-Fassaden mit Keramikoberflächen vorstellbar; die Wegeflächen aus wassergebundenen Materialien. Die Plätze sind in großformatigen Betonflächen mit scharrierten Oberflächen gedacht, umgeben von kleinformatigen Pflasterflächen im Bereich der Straßen und Wege. Abgrenzungen, Spiel- und Parkflächen werden als Tartan-Oberflächen in die Grün- oder Straßenflächen eingelegt.

Vernetzung mit den Bestandsquartieren
Um eine optimale Vernetzung der Nachbarschaften zu erzeugen, wäre es wünschenswert die zur Straße orientierten Müllsammelstationen und Sammelgaragen im Bestand straffer zu gestalten und konzeptionell neu zu organisieren, um die Wegeverbindungen zu stärken. Das Wichmannhaus kann als Koppelstück zwischen dem Bestand und dem neuen Quartier eine wichtige Rolle übernehmen, wenn es für diese Aufgabe fit gemacht wird. Hier könnten auch weitere Sport- und Gemeinschaftsaktivitäten wie Mehrzweckhalle / Jugendtreff / Kiosk / Tagespflege für Senioren weiter ausgebaut und auch zum neuen Marktplatz hin orientiert werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf erzeugt durch die Aufnahme der Orthogonalität der 70er Jahre Strukturen aus dem Umfeld und der vorgeschlagene Spiegelung der Gebäude einen interessanten Ortsbezug, der stadträumlich aber zu graphisch erscheint und nicht vollständig überzeugen kann. Die sich aus den Richtungsbezügen ergebenden Winkelformen und spitzen Ecken der Gebäude lassen sich schlecht mit sinnvollen Wohnungsgrundrissen ausfüllen und eignen sich insbesondere überhaupt nicht für die Anwendung der vordefinierten Grundrisse. Der städtebauliche Entwurf verwendet zudem sehr unterschiedliche Strukturen und Körnungen, die nicht vollständig überzeugen. Der zentrale Bereich mit der reduzierten Geschossigkeit und hier im besonderen das zwei- bis dreigeschossige Gebäude im Zentrum können weder in seiner Lage und Ausrichtung noch in seiner städtebaulichen Prägnanz nachvollzogen werden. Die Freiraumstruktur wirkt unübersichtlich und hat negative Auswirkungen auf die Adresslage der Gebäude und die städtebauliche Kriminalprävention. Öffentliche, halböffentliche und private Freiräume sind nicht immer eindeutig getrennt. Die Trennung über den Einsatz einer Mauer herbeizuführen ist freiraumplanerisch nicht sinnvoll gelöst.

Die Kita, die städtebaulich von einem Wohngebäude eingerahmt wird ist in ihrer Randlage nicht optimal platziert. Auf den Wohnungsbau wirken dadurch von Nord-Osten die Lärmemissionen von Autobahn und Schienenverkehr und von Süd-Westen die Geräuschkulisse der Außenanlagen der Kita ein.

Positiv hervorzuheben ist der Vorschlag einer ringförmigen durchgehenden Erschließungsstraße, die ohne Sackgasse oder Wendeanlagen auskommt. Das Auswahlgremium würdigt auch in besonderem Maße die großzügige Fußwegeverbindung zur AKN-Station, die eine angemessene Eingangssituation ins Quartier schafft und möglicherweise durch Sondernutzungen in den benachbarten Erdgeschosslagen belebt werden kann. Hier wird ein Stadtraum geschaffen, der die Visitenkarte des ganzen Quartiers darstellt. Der optionale Erhalt der Villa wird ebenfalls positiv gesehen. Insgesamt bewertet das Auswahlgremium im Vergleich zu den anderen Beiträgen den Entwurf jedoch zu uneinheitliche und kann keine überzeugende städtebauliche Positionierung erkennen. Der Beitrag hat damit im Vergleich einen sehr weitreichenden Überarbeitungsbedarf und wird deshalb ausgeschieden.

Schwarzplan

Schwarzplan

Schematischer Erdgeschossgrundriss

Schematischer Erdgeschossgrundriss

Vogelflug Blick von Westen auf das Quartier

Vogelflug Blick von Westen auf das Quartier

Laengsschnitt Nord-Sued

Laengsschnitt Nord-Sued