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Grundstücksvergabe mit Planung als einphasiger offener Investorenwettbewerb | 01/2022

Konzeptvergabe Grundstücke Hauptstraße 4 in Hemmingen

Perspektive

Perspektive

ein 3. Preis

Preisgeld: 2.500

Paulus Wohnbau GmbH

Projektsteuerung

SCHILLING ESCHER STEINHILBER ARCHITEKTEN

Architektur

Croissant und Ivancic Architekten PartGmbB

Architektur

Architekturmodelle Boris Degen Modellbau

Modellbau

Erläuterungstext

Leitidee und Städtebau
Zwei Baukörper, die sich in Form und Rhythmus in die Stadtstruktur von Hemmingen einfügen, bilden zusammen mit den benachbarten Gebäuden am Alten Schulplatz den Stadtkern von Hemmingen. Der zentrale Erschließungskern fasst zwei giebelständige Häuser zu einem Gebäude zusammen. Durch die daraus resultierende Kleinteiligkeit fügen sich die Baukörper selbstverständlich in die benachbarte Umgebung ein. Zum Platz der Gemeindebibliothek, bzw. der Süd-Westlichen Freiräume hin, orientiert sich das neue Gebäude nun als Baustein, welcher den öffentlichen Raum bereichert, ergänzt und einfasst.

Grundriss und Funktionen
Durch die Verschiebung der beiden Baukörper zueinander, profitieren alle Wohnungen von einer West- bzw. Südausrichtung.  Der zentrale Treppenkern erschließt gleichwertig alle Wohnungen miteinander.

Erdgeschoss: Im Erdgeschoss ist ein Restaurant geplant, welches sich mit seiner Bestuhlung hin zum Platz orientiert und diesen belebt. Der Eingangsbereich zu den Wohnungen befindet sich auf der Ostseite des Hauses, um eine von der Gastronomie gänzlich abgelöste und für die Bewohner diskrete Erschließung zu ermöglichen.

Obergeschosse: In den beiden Obergeschossen befinden sich insgesamt 8 Wohnungen. Die Dachgeschosswohnungen nutzen als Maisonettewohnungen den Dachraum.

Untergeschoss: Die Tiefgarage mit insgesamt 18 Stellplätzen, wovon 6 öffentliche Stellplätze vorgesehen sind, wird über eine Rampe und Zufahrt von der Pfarrgasse aus erschlossen.
Im Untergeschoss sind Lager- und Technikräume angeordnet.

Freiraumgestaltung
Der Vorplatz wird durch das Zurückschieben eines Gebäudeteils vergrößert. Der Platz selbst wird durch die Außenbestuhlung der Gastronomie erweitert. Dies und belebt den Platz und schafft einen Filter zwischen fußläufigem Verkehr zum alten Schulplatz und dem Verkehr auf der Münchinger Straße. Der Innenhof auf der Nordseite dient der privaten Nutzung aller Bewohner.  Hier sind neben einem Kinderspielplatz, üppige Grünanlagen geplant. Der westliche Parkplatz wird mit der Tiefgarage unterbaut und im Zuge der Freianlagenplanung neu angelegt.

Materialität
Die Formensprache des Gebäudekomplexes wird unterstrichen durch die eine Materialkomposition aus Holz, Putz und Glas. Der Gastronomiebereiche erhält einen geschliffene Estrichboden. Holz-Alu-Fenster mit zwischengelagerten Holzpaneelen schaffen eine wohltuende Atmosphäre. Das Akkurat gestaltete Dach verfügt über keine wesentlichen Dachüberstände und unterstreicht somit die Klarheit der Gebäudeform.

Ökologie und Nachhaltigkeit
Die tragenden Außen- und Innenwände werden in Massivbauweise aus Kalksandstein gemauert. KS ist leicht zu recyceln und wirkt sich feuchtigkeitsregulierend auf die Raumluft aus.
Mineralische Wärmedämmung, sowie einer Mineralischen Putzdeckschicht tragen zu einer guten Ökobilanz des Gebäudes bei und erzeugen darüber hinaus eine werthaltige und zeitlose Optik.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit der Stellung von zwei parallel versetzt zueinander angeordneten Längsbauten mit Satteldach gelingt es den Verfassern, zwei neue Bausteine in Hemmingens Ortsmitte zu setzen, die sich in Körnung und Volumen maßstäblich in die Umgebung einfügen. Die Nord-Süd-Ausrichtung der Giebel schafft eine angemessene Präsenz nach Süden zum öffentlichen Raum und insbesondere der Gebäudeversatz bildet einen gut proportionierten Platzraum zum Alten Rathaus und zur Bücherei aus. Die Platzgestaltung wirkt in ihrer Ausgestaltung noch sehr skizzenhaft und erfordert eine stärkere atmosphärischen Aussage. Mit der Entscheidung, den Platz, Gastronomieeingang und auch den Zugang zu den Wohnungen nach Osten zu legen, wäre prinzipiell eine gute Adressierung der Nutzungen möglich. 
Kritisch bewertet wird jedoch, dass im EG zum Platz hin nach Süden nur Nebenräume der Gastronomie und keine den Platz belebenden Nutzungen angeordnet sind und der Hauszugang relativ weit zurück liegt, zumal er zuerst an Wasch- und Abstellraum entlang führt. Die Höhenlage der beiden Bauten schafft auf Platzseite im Osten eine notwendige barrierefreie Zugänglichkeit zu Gastronomie und Wohnungen, hat allerdings zur Folge, dass das Gebäude nach Westen zum Parkplatz hin mit der Erdgeschossfußbodenhöhe stark abgesenkt ist, was räumlich unbefriedigend ist und nicht überzeugt und auch durch das vorgelegte Abstandsgrün nicht kompensiert werden kann. 
Das Flächenangebot im EG umfasst die notwendigen gewerblichen Anforderungen. Die lichte Raumhöhe in der Erdgeschosszone ist für den Gastronomiebereich jedoch zu knapp bemessen. Das Wohnungsangebot wird sowohl in Anzahl als auch bezüglich Wohnungsmix positiv bewertet mit zumeist kompakten, ordentlich organisierten Grundrissen. Das innen liegende Treppenhaus zu den Wohnungen lässt Tageslichtversorgung vermissen. Der für Treppe und Aufzug notwendige Flach-Zwischenbau schwächt das klare Konzept der Giebelhäuser. Eine in diesem Bereich angebotene Dachterrasse wird hinterfragt, da sie mit allen Anforderungen an Umwehrungen und Entwässerung den Zwischenbau zusätzlich erschwert macht. Das Angebot der großen Anzahl von oberirdischen öffentlichen Stellplätzen im Westen wird grundsätzlich begrüßt, auch wenn hierdurch das Potential einer gestalterischen Aufwertung des öffentlichen Parkraums nicht ausgenutzt wird. Die Platzierung oberirdischer Stellplätze von der Karlstrasse aus wird allerdings kontrovers diskutiert, da sie einerseits einen nicht erwünschten Parksuchverkehr in der Karlstrasse generiert und auch durch die abgesenkte Höhenlage und die großflächige Versiegelung nicht überzeugen kann. Auch können hierdurch und mit der Ausbildung der Ver- und Entsorgungszone im Norden keine qualitätvollen, dem Wohnhaus zugeordneten Freiräume entstehen, zumal der vorgeschlagene Spielplatz großteils nicht auf dem eigenen Grundstück liegt. So könnte die optional angebotene Erweiterung der TG um zusätzliche öffentliche Stellplätze zugunsten größerer Freiraumqualitäten im Norden deutlich mehr Außenraumpotentiale mit Grünflächen für die Wohnungen bieten. 
Die Anmutung der steilen Giebelfassaden mit verputzen Lochfassaden in den Wohngeschossen und größeren Öffnungen in den Erdgeschoss-Sockelzonen erscheinen grundsätzlich angemessen. Die beiden traufseitigen Fassadengestaltungen wirken jedoch sehr fremd. Im Westen führt das Versinken im Gelände zu schwierigen Gesamtproportionen, das zweigeschossig auskragende Balkon-/Loggia-Bauwerk wird als zu massig und im Kontext der einfachen Baukörper als aufgesetzt und ortsuntypisch erachtet. Die großen Einschnitte der Loggien im Dach nach Osten zerschneiden und stören die sonst angenehm ruhigen Dachflächen ungünstig. 
Die Notwendigkeit der starken Symmetrie der Ostseite wird hinterfragt. Die in der Skizze noch sehr spröde anmutenden Erscheinung der beiden Bauten und in Details wie Rollladenkasten, Sockel EG Bereich Garderobe/Wäsche oder Putzblindflächen fast banal wirkende Gestaltung zeigt im Fassadendetail eine höhere Ausarbeitungsqualität mit Holz-Alu-Fenster, Holzpaneelen und akkurates Dachflächen, die insgesamt wünschenswert und an dieser örtlich wichtigen Stelle auch notwendig ist. Die sonst in Konstruktion und Materialität sehr konventionelle Bauweise lässt in die Zukunft gerichtete, nachhaltigere Ansätze vermissen. 
Die Arbeit liegt mit ihren Flächen- und Kennwerten im guten mittleren Bereich und findet ein angemessenes Maß der baulichen Nutzung. Insgesamt weiß die Arbeiten mit einem klaren städtebaulichen Ansatz zu überzeugen, zeigt jedoch in der Durcharbeitung und Anmutung noch deutliche Schwächen auf.