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Einladungswettbewerb | 06/2022

The HUB - Neugestaltung eines Gewerbecampus in Berlin-Spandau

1. Preis

Preisgeld: 40.000

E2A Piet Eckert und Wim Eckert Architekten ETH BSA BDA SIA AG

Stadtplanung / Städtebau

Rehwaldt Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Interlink GmbH

Verkehrsplanung

hhpberlin - Ingenieure für Brandschutz GmbH

Brandschutzplanung

bloomimages

Visualisierung

Erläuterungstext

Vernetzte Stadtlandschaft im Grünen Ring
Das Entwicklungsgebiet des «Hubs» ist Teil eines übergeordneten Grüngürtels, welcher landschaftlich von der Spandauer Zitadelle, über die Freilichtbühnen, dem Krienicke Park, über das Stadium Haselhorst nach Süden bis zum Spreepark im Kontext des Hubs reicht. Der kontinuierliche «Grüne Ring» ist dabei nicht nur Kontext besonderer Erholungs- und Freizeiträume, sondern geht auch auf die innovative Wasserregulierung Spandaus zurück. Er ist Teil eines Gesamtsystems.
Der Entwicklungsraum Hub steht im Kontext von Technik, Innovation und Stadtraum. Die Entwicklung kann auch mit einem übergeordneten, öffentlichen Interesse verbunden werden, das Potential der Spreelandschaft mit der Campuslandschaft des Hubs zu vernetzen.
The Hub wird «Grenzraum»: Von Strasse zu Flusspark entsteht ein neuer, intensiv vernetzter Stadt- und Landschaftsraum, dessen Wesenszug sich nicht mehr auf das Regime von Strasse und Block reduzieren lässt, sondern sich als Filter und Verbinder versteht.
Seine Zwischenräume fusionieren den infrastrukturellen, industriellen und urbanen Charakter der nördlichen Grenze mit der sinnlichen, vegetativen Seite der Flusslandschaft.

Stadtmosaik mit grünen Zwischenräumen
The Hub wird in Form eines städtebaulichen Mosaiks entwickelt. Unterschiedliche grosse und hohe Häuser werden frei gruppiert und ermöglichen, trotz ihrer Grösse und der stadträumlichen Tiefe des Grundstückes eine sehr hohe Durchlässigkeit. Diese wird in Form von Raum-Nischen erleb- und nutzbar.
Sie sind in alle Richtungen miteinander verbunden und schaffen eine «Nachbarschaft», einen «inneren», urbanen Raum, der durch seine Vis-à-vis aus einer Vielfalt unterschiedlicher Raumkanten der begrenzenden Bauten gebildet wird. Die hohe Durchlässigkeit erlaubt es, nicht nur die Raumvernetzung zu maximieren, sondern auch dem Wärmeinseleffekt entgegenzuwirken (Kaltluftströme, Licht und Schattenbildung sowie intensive Vegetation). Es entsteht ein grüner Campus mit atmungsaktiven Zwischenräumen und attraktiven Orten, welche die klimatischen Grundbedingungen zur Enthitzung von Stadträumen proaktiv in die «Urbanisierung» des Hubs eindenkt.
The Hub kombiniert grosse und kleine Bebauungsstrukturen: Dabei spielen im Besonderen die Kleinen eine Schlüsselrolle bei der Nutzung und Aneignung von «öffentlichen» Räumen. Wir nennen sie «little dreams». Ihre Rolle ist es, den Grossen eine informelle, fast pavillonartige Struktur zu entgegnen und auf der Ebenen der Nutzungen und der Infrastruktur kleine und neue Formate, Testanordnungen oder Startversuche niederschwellig zu integrieren. Das oben beschriebene Mosaik kann durch seine frei gewählte Ordnung einer Vielzahl unterschiedlicher Grossbauten einen Kontext bilden.

Campus – Landschaft
The Hub ist ein wichtiges Freiraumglied des Grünrings rund um die Zitadelle Spandau, dessen Charakter es zu erhalten gilt. Durch das erweiterte Spreeradnetz wird dieser noch erfahrbarer werden.
Die Nebenfläche zur Spree hin, ist keine ausgewiesene Grünfläche und derzeit von Spontanvegetation übersäht.
Ideenteil: Die teils schon vorhandenen Trampelpfade werden als Wege herausgearbeitet, die Vegetation wird zu Gruppeninseln ausgelichtet, welche Sichtbeziehungen zwischen HUB und der Spree möglich machen. Es entsteht ein Landschaftspark, dessen Kulissen, das urbane verwilderte Grün bildet. Insektenfreundliche Wiesen, im Wechsel gemäht und begehbar gemacht, ersetzen klassischen Landschaftsrasen. Sitzstufen an der Spree machen den Rad- und Spazierweg besonders erfahrbar.
Die Wildinseln, welche auch typische Waldrandvegetationen des Grunewalds aufweisen, verweben sich schließlich mit dem HUB-Areal und machen ein Arbeiten mitten im Grünen möglich. Die Inseln fungieren gleichzeitig als Regenwasserversickerungsmulden und Baumrigolenspeicher. Wo es nötig ist, bieten Wassersäulen mit Ranksystemen eine Bewässerung für Rankpflanzen.
Der wasserdurchlässige Oberflächenbelag aus Stabilizer ist gegen Erhitzung hell und durchgehend barrierefrei gestaltet. Stadtklimabäume wie Fraxinus ornus, Gleditsia triacantos und Quercus cerris stehen inmitten dieser Fläche und bilden attraktive Räume zum Arbeiten im Freien. Aufgeständerte Sitzgelegenheiten mit Blick in die Vegetationsinseln bilden private Rückzugsräume und machen unterschiedliche Bilder von Landschafträumen erfahrbar.
Eine wichtige Rolle für das Mikroklima spielt zudem die aufgrund des Städtebaus günstige Windverteilung und Fächerung. Im Sommer strömt die Luft mit kühlendem Effekt entlang der Fassaden, im Winter etwas weniger, wenn die Bäume kein Laub tragen.
Die Dächer sind vielfältig genutzt: Teilweise sind sie mit einer PV Anklage bestückt, teilweise als Aktivzonen zum Sportmachen und Aufenthalt auf Terrassen zwischen Hochbeeten und Bienenfreundlichen Verdunstungsstauden genutzt.
Die Feuerwehrflächen sind nachgewiesen. Die Anlieferung zur HUB Station soll den Straßenverkehr so wenig wie möglich unterbrechen. Ein Radweg durchs Quartier schließt direkt an den Spreeradweg an.

Garage: The workspace of the future
Wenn man über die Zukunft des Arbeitsplatzes nachdenkt, folgt bald die Frage, wer eigentlich noch ein Programm braucht. Letztlich bleibt die Gewissheit, dass gerade Programme geschrieben werden, um sie dann anschliessend wieder zu überschreiben.
Räumliche Innovation bedeutet, sich von Programmen loszusagen, sich ihnen nicht auszuliefern, sondern Strukturen zu schaffen, die sich zur Entwicklung von Ideen und Konzepten aneignen lassen.
Wie geht man demnach mit Nutzungsvorstellungen um? Hier das Gewerbe, dort das Engineering, daneben die Produktion? – Nur schon bei der Frage, wie man denn mit den Parkplätzen umgehen soll, zeigt sich die Verletzlichkeit einer räumlichen Zuweisung. Unterirdisch und damit kaum mehr umnutzbar oder oberirdisch und somit einer Verdrängung ausgesetzt? Funktionstrennungen erscheinen kaum mehr tragfähig und in Konsequenz dessen, werden Räume stark, die im wörtlichen Sinne als Garage funktionieren. Sie wirken als Katalysatoren und nehmen Parkplätze, Forschung oder Produktion in sich auf. Typologien verlieren damit ihre Eindeutigkeit. Sie werden kombiniert und erlangen so eine neue Kombinationsfähigkeit. Warehouse wird Techno, oder Garage Labor, Parkplatz Produktion und der Platz dazwischen Gewerbe und Sitzungsort. Aus industriell (industrial) wird Betriebsamkeit (industrious) und zeigt damit den Weg auf, den Ort der vormaligen industriellen Gewerblichkeit in einen Ort zu verwandeln, der durch seine Intensität längst die Begrifflichkeiten und Eindeutigkeiten spezifischer Nutzungsvorgänge hinter sich gelassen hat.

Resiliente Strukturen – Nachhaltigkeit
The Hub wird mit resilienten Strukturen entwickelt. Das heisst, dass Raumstrukturen eine hohe Widerstandskraft haben und damit mit unterschiedlichen Nutzungsanforderungen oder Anpassungsbegehren umgehen können. Die Strukturen werden hybrid. Das bedeutet, dass strukturelle Regime aufgrund performativer Kriterien kombiniert werden. Performative Kriterien stellen sicher, dass im Kontext der Nachhaltigkeit das Verständnis der Dauerhaftigkeit nicht «ideologisiert» wird. Materialien werden dort eingesetzt, wo sie Maximales leisten können. Damit liefern sie einen substanziellen Beitrag an die Nachhaltigkeit. Ihre Adaptationsfähigkeit, ihre Kombination von leichten und schweren Strukturen und ihre konsequente Systemtrennung erzielen eine leistungsfähige und dauerhafte Ausganglage «the Hub» langfristig zu entwickeln.

Erschliessung und Mobilität
Die Erschließung des Gebiets für motorisierte Verkehre erfolgt über die Straße am Juliusturm. Um Gefahrensituationen zwischen (rechts) abbiegenden Kfz und dem Radverkehr auf der geplanten Radschnellverbindung zu minimieren, ist nur eine zentrale Zufahrt zum Gelände vorgesehen. Diese fungiert im Sinne einer Einbahnstraße nur als Zufahrt, die Ausfahrt erfolgt weiter östlich, dazwischen liegen direkt die zentralen Parkierungsanlagen, Mobilitäts- und Logistik-Hubs. Für die Belieferung des Datenzentrums wird die bereits bestehende Zufahrt am östlichen Rand des Gebiets genutzt. Hier finden ausschließlich Belieferungsfahrten im Zusammenhang mit dem Datenzentrum statt.
Ziel der Erschließung und der Anordnung der Parkierungsanlagen ist, die motorisierten Verkehre am Rande des Gebiets abzufangen und den gesamten südlichen Bereich Kfz-frei zu gestalten. So werden Logistik- und Mobilitätshubs vorgesehen. Über sie erfolgt die Belieferung: Güter werden dort zentral abgeladen und mit emissionsfreien Kleinfahrzeugen innerhalb des Gebiets feinverteilt. In Mobilitätshubs werden neben sicheren Fahrradabstellanlagen auch verschiedene Sharing-Fahrzeuge bereitgestellt, die den Unternehmen als Fahrzeugflotten wie auch der privaten Nutzung dienen. Hier finden sich auch Service- und Reparaturangebote, Schließfächer, aber auch kleine Shops wieder.

Nachhaltigkeit
Das Nachhaltigkeitskonzept beruht auf Langlebigkeit, dem Einsatz emissionsarmer Materialien und Ressourceneffizienz im Sinne der Kreislaufwirtschaft.
Langlebigkeit: Bei einer Gesamtenergiebilanz über die gesamte Lebensdauer wird ersichtlich, dass die Graue Energie der Erstellung für den Hauptteil der Umweltbelastung eines Gebäudes verantwortlich ist. Dabei spielt die Lebensdauer eines Gebäudes eine entscheidende Rolle. Die durchschnittliche Lebensdauer von Gebäuden beträgt rund 60 Jahre, wobei technische Lebensdauer vieler Bauteilen nicht erreicht wird. Als kritischer Punkt wird die innere Flexibilität des Gebäudes ermittelt. Damit sich das Gebäude ändernden Anforderungen anpassen kann, wurde eine 100% Systemtrennung vorgesehen. Einerseits können alle gebäudetechnischen Installationen und Anlagen ersetzt und allenfalls angepasst werden, andererseits kann die Fassade beschädigungsfrei entfernt werden sollte dies notwendig werden.
Emissionsarme Materialien: Die Immissionen auf die Nutzer sollen auf ein Minimum reduziert werden. Dabei werden Luftschadstoffe wie Lösemittel oder Formaldehyd gleichermassen betrachtet wie energetische Immissionen der nicht ionisierenden Strahlung oder Radon. Das Materialisierungskonzept wird so ausgelegt, dass alle luftschadstoffrelevanten Kriterien eingehalten werden können. Die Gebäudekonzepte sehen eine geradlinige Führung der Leitungen durch das Gebäude vor und minimale erdberührenden Hauptnutzungen, dadurch können energetische Immissionen ausgeschlossen werden.
Kreislaufwirtschaft: In den vergangenen Jahren hat die Kreislaufbetrachtung die klassische Materialbilanz weitestgehend abgelöst. Das Projekt setzt bewusst Materialien ein, welche eine gute Wiederverwendbarkeit aufweisen (Holzelemente, RC-Beton). Diese Materialien werden so verbaut, dass deren Verbindung problemlos getrennt werden kann. Eine Weiterverwendung ist möglich, die Rückführbarkeit in den Materialkreislauf gegeben.

Gebäudestruktur, Konstruktion und Materialisierung
Die Gebäude erfüllen hohen Nachhaltigkeitsanforderungen durch ihre kompakten Baukörper und durch ihre einfachen baulichen und technischen Strukturen. Als Grundsatz sollen Materialien nach dessen jeweiligen Stärken eingesetzt werden, wodurch stark lastabtragende Bauteile nicht in Holz materialisiert sind. Die Mehrheit der Grossbauten ist als Holz-Beton-Elementbau geplant. Die vorgefertigten Decken beinhalten auch gleich die akustischen Absorber. Durch die hohen Akustikanforderungen moderner Arbeitsplätze stehen die Decken oft nicht als Massespeicher zur Verfügung, daher wirkt sich ein Holzbau in diesem Fall nicht negativ auf dem sommerlichen Wärmeschutz aus. Die notwendige Speichermasse wird im Projekt grossmehrheitlich über den Fussboden und durch die mit höheren Lasten vorgesehen Betondecken sichergestellt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überrascht durch eine spielerische, kompositorisch schöne Setzung unterschiedlicher Baukörper zwischen der Straße Am Juliusturm und dem Park am Fluss. Unterschiedliche Geometrien, Richtungen und Dachformen wechseln sich spannend ab und lassen so ein offenes Quartier mit besonderer Identität entstehen. Wie von selbst entsteht ein mutiger, aber visionärer Entwurf mit einer guten Verzahnung zwischen dem gerichteten Stadtraum Am Juliusturm zum offenen Grünraum an der Spree. Ähnlich flexibel wie sie die Baukörper ausrichten und plastisch ausformulieren besetzen die Verfasserinnen die einzelnen Häuser mit verschiedenen Typologien. 

Diese Freiheit, die gleichzeitig aber auch die kompositorische Stärke des Entwurfs darstellt, müsste bei einer Konkretisierung des Raumprogramms unbedingt erhalten werden. In einer hochbaulichen Umsetzung des Entwurfs müsste die Beziehung der Solitäre zueinander weiterhin so spannend bleiben wie im Entwurf dargestellt. Die Ensemblebildung aus einzelnen Baukörpern zueinander sollte auch dann noch als Gestaltungsprinzip gelten, wenn der gesamte Entwurf nur abschnittsweise erstellt werden kann. Einzelne Baukörper werden vom Preisgericht bislang noch kritisch gesehen. So kann z.B. die Lage und vor allem die Höhe des südwestlichen Turmes an der Spree noch nicht überzeugen. Seine Setzung sollte noch einmal überprüft und seine Höhe reduziert werden. Auf die Ausbildung der Fassade des Rechenzentrums als ersten Baustein des Quartiers sollte besonderes Augenmerk gelegt werden. 
Die Abstandsflächen einzelner Häuser sollten auch noch einmal überprüft und ggf. angepasst werden, vor allem an den Stellen, wo sich die Baukörper durch ihre unterschiedliche Drehung mit den Ecken aufeinander zubewegen. Auch die vorgeschlagenen Geschosshöhen der über dem EG aufgehenden Geschosse entsprechen noch nicht dem vorgeschlagenen flexiblen Konzept unterschiedlicher Typologien und müssten dahingehend in den einzelnen Baukörpern bei einer architektonischen Umsetzung des Projekts überprüft und angepasst werden. 

Der aufgelockerte Städtebau entspricht den Vorstellungen der VerfasserInnen, das Projekt in einen Zusammenhang in den ‘Grünen Ring’ von Spandau einzubetten. Der Freiraum an der Spree “durchfließt” die heterogene, städtebauliche Grundfigur und macht ihn so auch vom ‘Am Juliusturm’ erlebbar. 

Die nur textlich beschriebene Öffnung zur Spree in Form von Sitzstufen ist ausdrücklich wünschenswert. 

Das Preisgericht diskutiert die Notwendigkeit eines zentralen, adressbildenden Quartiersplatzes. Der öffentliche Freiraum zwischen den frei positionierten Baukörpern ist bestimmt von spannungsvollen Raumkompositionen, die eine hohe Erlebnis- und Aufenthaltsqualität erwarten lassen. Diese Qualitäten sind jedoch im vorliegenden Entwurf noch nicht ausreichend abgebildet und müssten durch eine gründliche Durcharbeitung im Rahmen der Freiraumplanung differenziert und qualifiziert bearbeitet werden. 

Die Konzepte zur Nachhaltigkeit und Mobilität beinhalten eine Vielzahl von Maßnahmen, deren Zusammenhang gleichfalls in der weiteren Bearbeitung vertieft werden müssten. Insgesamt besticht der Entwurf durch seine überraschende und frische Haltung und erfüllt die Erwartungen an ein zukunftsorientiertes Stadtquartier.