modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Award / Auszeichnung | 07/2022

Badischer Architekturpreis 2022

Historischer Rundofen Zell a.H.

DE-77736 Zell a.H., Fabrikstrasse 5a

GEWINNER | Bauen im Bestand

wwg - architekten

Architektur

Stadt Zell am Harmersbach

Bauherren

Isenmann Ingenieur GmbH

Tragwerksplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Museen, Ausstellungsbauten

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2019
    Fertigstellung: 01/2022

Projektbeschreibung

Verborgen im Randbereich der innerstädtischen Kernzone der Stadt Zell a.H., befindet sich der Alte Rundofen der Zeller Keramikfabrik als historische Marke einer früheren, bedeutenden industriellen Nutzung des Areals.
Um das Alleinstellungsmerkmal des markanten, historischen Baukörpers zu stärken, wurde die Erscheinung des Rundofengebäudes weitgehend in seiner Außenwirkung als Solitär mit Museumsnutzung erhalten. Die bauliche Erweiterung wurde in Flucht des Baukörpers um eine Service- und Erschließungseinheit unter Beibehaltung des Gebäudeprofils verlängert. Durch die Transparenz des neuen südlichen Fassadenbereichs der Erweiterung, erschließt sich das Gebäudeinnere dem Betrachter nun bereits bei erster Annäherung einem „Puppenhaus“ gleich. In der äußeren, als auch der inneren Erscheinung, wird Wert darauf gelegt, dass nicht durch ablenkende Details die Ausdruckskraft und Bedeutung des Rundofens geschmälert wird. Dieser soll, bislang im Verborgenen nahezu versteckt, nun als Herzstück des Ensembles inszeniert und als Hauptdarsteller aus den unterschiedlichsten Perspektiven neu erfahrbar sein.

Erschließung und Raumfolge

Beim Annähern an das Gebäude erfasst der Besucher den Rundofen bereits in seiner gesamten Gestalt, da die zum Rundofen hin leicht einknickende Fassade in der Haupterschließungsachse gebäudehoch großzügig verglast wird. Hinter der Fassade spannt sich über dem Foyer ein großzügiger Luftraum über alle Ebenen auf. Durch die Kombination dieser beiden Elemente wird der Rundofen bereits in der Annäherung und beim Betreten des Gebäudes umfassend erfahrbar. Der Besucher betritt das Gebäudeinnere über eine stufenlos an den Vorplatz anschließende Zwischenebene.
Eine breite, museale Differenztreppe erschließt vom Eingangsfoyer aus die erste Ebene des historischen Rundofengebäudes, wobei diese Ebene im Anbau weitergeführt wird. Hier befindet sich zur Rechten der Museumsempfang mit Information und evtl. Museumsshop. Auch aus dieser Perspektive lässt sich der Backsteinkorpus aufgrund der großzügigen Lufträume erfahren und aus einem neuen Blickwinkel erfassen. Dieses Konzept, den eigentlichen Rundofen als Hauptakteur in seiner schlichten und beeindruckenden Größe und Gestalt für sich wirken zu lassen und immer wieder neu zu inszenieren, setzt sich im weiteren Begehen des Museums fort. Beim Umschreiten des Erschließungskernes wird der Blick auf den Rundofen bewusst unterbunden, um beim Wiederaustritt entlang des Luftraumes der nächsten Geschossebene neu inszeniert zu werden. Somit bleibt ein und dasselbe Objekt im Zentrum der Wahrnehmung immer spannend und interessant. Der Besucher bewegt sich auf der neuen Ebene zum Rundofen hin, um- und beschreitet diesen, um sich sodann wieder über den Brückenschlag zurück zum Anbau zu bewegen und die Aufwärtsbewegung über den Erschließungskern erneut vorzunehmen. Dieses Spiel des „sich Näherns und Entfernens“ gepaart mit unterschiedlichen Blickwinkeln in Höhe und Weite machen den Rundofen zum eigentlichen „Star“ des Gebäudes.
Im obersten Geschoss erfolgt eine Anbindung an das Niveau des Stadtparkt. Über eine breite Verglasung, welche hier einen Blick auf den Rundofen freigibt, erschließt sich eine Plattform, von welcher aus über eine flache neue Rampe, das Wegenetz des Stadtparks barrierefrei erschlossen werden kann.

Struktur und Material

Die einfache Grundriss- und Raumstruktur ermöglicht eine gute Übersicht über den Gesamtbau. Im Bestand werden die vorhandenen, baufälligen Zwischendecken durch neue, tragfähige und nachhaltige Betondecken mit Bauteilaktivierung ersetzt. Hierbei wird der archaische Charakter der Industriearchitektur aufgenommen und weiterinterpretiert, um die Atmosphäre und Ausstrahlung des Rundofens nicht zu schmälern.
Die Außenwände, welche sich nach oben hin geschossweise verjüngen, wurden durch eine innenseitig vorgesetzte, farblich den Ziegelwänden angepasste durchgefärbte Sichtbtonschale ertüchtigt und energetisch aufgewertet.
Das statisch problematische Dachtragwerk wurde erneuert, so wurde es möglich, die Untersicht durch diskrete Schallschutzmaßnahmen aufzuwerten. Die schlichte Dachuntersichtsgestaltung überhöht die Wirkung des Rundofens in Materialität und Proportion.
Die Außenfassade des Anbaus und die neuen Wandteile, sind von außen auch als solche „neu“ ablesbar. Dennoch ordnet sich der Sichtbetonanbau durch die Einfärbung in eine backsteinfarbene Schattierung dem Bestandsbau unter und erzeugt eine neue Homogenität, ohne sich als „fremd“ abzugrenzen. Der durchgefärbte Sichtbeton, als homogenes schichtloses und somit industriearchaisches Material, behält seine Färbung auch im Innenraum bei. Durch eine entsprechende Beleuchtung, wird eine dem Thema „Rundofen“ passende Atmosphäre geschaffen- weit entfernt von klinisch weißer und beliebiger Museumsarchitektur. Das Gebäude leuchtet nun auch in den Abendstunden, bei Dämmerung und Dunkelheit von Innen heraus verheißungsvoll, einladend und warm.

Das Objekt erhielt mit der Bronzeplakette des Landes Baden-Württemberg die höchste Auszeichnung für herausragende Projekte der Stadterneuerung.

Das Objekt wurde von der Denkmalstiftung Baden Württemberg im Mai 2022 mit der Auszeichnung "Denkmal des Monats" gewürdigt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Denk-mal-neu !
Eine denkmalgeschützte Architektur und ein Archetypus einer vergangenen Industrieepoche wird in seiner Grundsubstanz erhalten und bleibt Zeitzeuge. Neue Elemente werden behutsam eingefügt, der museale Charakter bleibt erhalten, wird aber in die Moderne geführt. Es entsteht eine beispielhafte Symbiose zwischen alter und neuer Zeit. Bestechend der Umgang mit wenigen Materialien und Farben.