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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2022

Neubau Kombibad Rastatt

2. Preis

Preisgeld: 54.000

Lehmann Architekten GmbH

Architektur

AO Landschaftsarchitekten Stadtplaner + Ingenieure Mainz GmbH

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext

Konzeption und Grundkomposition
Mit dem Neubau zum Kombibad besteht die Chance am Freibad mit langer Geschichte ein Zusammenspiel aus historischem Ort und neuer Badelandschaft zu entwickeln. Das EingangsgebĂ€ude und insbesondere die vorhandene GrĂŒnstruktur mit großem Baumbestand bilden eine reizvolle Grundlage fĂŒr die neue Badelandschaft, einer Synthese aus Architektur und Landschaft.

Folgende Punkte sind fĂŒr die Erarbeitung der Komposition von besonderer Bedeutung:

‱ Gesamtensemble aus neuer Badelandschaft und historischem Ort mit denkmalgeschĂŒtzter GebĂ€udesubstanz
‱ Integration der GebĂ€udevolumen in die Landschaft.
‱ Gestaltung eines modernen Kombibades mit nachhaltiger Architektur.
‱ Synthese von Architektur und Natur, von gewachsenen Strukturen und neu gestalteter Landschaft.

Umgang mit der Bausubstanz - Das Neue mit dem Gewohnten verbinden

Vor ĂŒber 80 Jahren wurde das Freibad im Jahr 1938 am Standort eröffnet. Eine bewegte Baugeschichte hat insbesondere das prĂ€gnante EingangsgebĂ€ude erlebt. In seinem heutigen Zustand erscheint es wenig einladend und unzeitgemĂ€ĂŸ.

Das GebĂ€ude soll zum einen auf seine prĂ€gnante Architektur zurĂŒckgefĂŒhrt und zum anderen zu einem einladenden und offenen ZugangsgebĂ€ude werden. Hierzu wird der NordflĂŒgel in seiner ursprĂŒnglichen GebĂ€udekubatur wiederaufgebaut. Somit wird der Zugangsbereich in GebĂ€udemitte wieder selbstverstĂ€ndlich und gestĂ€rkt. Als moderner Eingriff werden die Fensteröffnungen im BrĂŒstungsbereich erweitert, so entsteht ein offener Charakter und das GebĂ€ude wirkt prĂ€gnant und einladend. Es bildet den Auftakt der Gesamtanlage.

Der Erhalt der vorhandenen Bausubstanz mit konsequenter Einbindung in das Gesamtkonzept ist ein zeitgemĂ€ĂŸer und nicht zuletzt ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit des Gesamtprojektes.

Neubau Hallenbad – Konsequent Weiterbauen
Über den historischen Eingang und Vorplatz wird das neue Hallenbad erschlossen. Als offene GebĂ€udestruktur mit prĂ€gnantem Dach und freier Grundrissform, bildet der Neubau ein spannungsvolles gegenĂŒber zum historischen, pavillonartigen Charakter des FreibadgebĂ€udes. Der polygonale GebĂ€ude Körper wendet sich mit einladender Geste zur Landschaft. Das Dach entwickelt sich von der Umkleide in die Landschaft und legt sich offen in das FreibadgelĂ€nde.

Durch die Setzung des Neubaus im sĂŒdlichen Teil des GelĂ€ndes spannt sich das Freibad mit dem Baumbestand nach Norden und Osten auf und bildet einen wohltuenden Gesamtraum.

Freiraumkonzept und Freianlagen
Die FreirĂ€ume des neuen KombibadgelĂ€ndes leiten sich aus den bestehenden LandschaftsrĂ€umen und -charakteristika ab. Der bestehende Landschaftsraum ist geprĂ€gt durch die unmittelbare NĂ€he zum FlĂ¶ĂŸerbach, der Murg und dem zahlreichen Baumbestand. Die Liegewiese, VorplĂ€tze und Badplatten samt Hallenbad, werden in die bestehende Topographie sowie die vorhandenen Baumhaine eingebunden und formal in das Motiv „Landschaft“ formuliert. Hierdurch entsteht eine fließende Gesamtskulptur, in der sich die Landschaft mit den neuen sowie bestehenden baulichen QualitĂ€ten verzahnt und zu einem identitĂ€tsstiftenden Gesamtensemble inszeniert.

Der dicht bepflanzte bestehende Gehölzsaum wird erhalten, ergĂ€nzt und in die durchgĂ€ngige Formsprache des neuen KombibadgelĂ€ndes ausformuliert. Hierdurch wird der Saum als rĂ€umlich-vegetatives Element in das geplante Freiraumensemble integriert und bestehende GrĂŒnverbindungen bleiben erhalten.

Entree: Der Ă€ußere Vorplatz ist geprĂ€gt durch den Baumbestand der in großzĂŒgigen GrĂŒninseln integriert wird. Durch das historische BadgebĂ€ude gelangen die Besucher auf den inneren Entreeplatz auf dem der historische Brunnen zentral neu verortet wird. GrĂŒninseln mit Sitzstufen bieten Verweilmöglichkeiten.

Freibad: Die Badelandschaft des Freibades treppt sich ĂŒber großzĂŒgige Rasenstufen zur Liegewiese und den Badeplatten ab. Diese umspĂŒlen das neue Hallenbad und stĂ€rken die Verzahnung der Landschaft mit der Badelandschaft und dem Hallenbad zu einer Einheit. Mittels Treppenanlagen werden die direkten Verbindungen zu den Becken, Umkleiden und dem Hallenbad geschaffen. Rampenanlagen gewĂ€hrleisten die Barrierefreiheit.
Das Kleinkinderbecken ist nahe zum Hallenbad verortet. Die angrenzende Rasenstufen bieten ausreichend Aufenthaltsmöglichkeiten zum Sitzen und Liegen. Gezielte Baumpflanzungen in BeckennĂ€he sorgen fĂŒr ausreichend Schatten.
Auf der große Badeplatte ist das Mehrzweckbecken mit 25m-Bahnen und Nichtschwimmerteil verortet. Eine RasentribĂŒne bietet Aufenthaltsmöglichkeiten in unmittelbarer NĂ€he zu den Becken und den Umkleiden. Holzpodeste mit Baumpflanzungen bieten zusĂ€tzliche Sitz- und Liegemöglichkeiten im Schatten. Die optionalen Bausteine 50m-Bahnen und Nichtschwimmerbecken sind mit geringem Aufwand in das Bedarfskonzept zu integrieren. Die Konzeption der Bedarfs-Badelandschaft wurde so angelegt, dass eine Erweiterung und ErgĂ€nzung, durch die Optionalen Bausteine und den angrenzenden BelagsflĂ€chen, mit geringen RĂŒckbaumaßnahmen möglich ist und sich in das Gesamtbild nahtlos einfĂŒgen kann. Durch die rĂ€umliche NĂ€he der Becken zueinander wird der Anteil an versiegelten FlĂ€chen gering gehalten.
Die Liegewiese bietet durch den erhaltenen Baumbestand schattige sowie sonnige Bereiche. Im sĂŒd-östlichen Bereich der Liegewiese ist der „Sporthain“ mit Sportangeboten wie Fußball, Basketball und Beachvolleyball verortet.

Erschließung: Der neu organisierte Parkplatz erhĂ€lt 250 StellplĂ€tze sowie 5 BehindertenstellplĂ€tze in unmittelbarer NĂ€he zum Haupteingang. Die StelllĂ€tze werden mittels Rasenliner in die grĂŒnen Inseln des Baumbestandes integriert.
Die Buswendeschleife wird in die achsiale Struktur des Parkplatzes integriert und unmittelbar an der Jahnallee verortet.
200 FahrradstellplÀtze sind im BestandsgebÀude vorgesehen.

Organisation und FunktionalitÀt
Über den Vorplatz zwischen BestandsgebĂ€ude und Neubau wird das Bad ideal und ĂŒbersichtlich erschlossen. An der Schnittstelle von Innen und Außen liegt der Kiosk mit der Möglichkeit, sĂ€mtliche Bereiche des Bades anzudienen.

Vom offenen Foyer sind sĂ€mtliche Nutzungsbereiche (Hallenbad, Freibad, Umkleiden) einsehbar und klar erschlossen. Nach SĂŒden werden Drehkreuzanlage und Umkleiden angeschlossenen und erschließen sich selbstverstĂ€ndlich.

Über die Duschen wird die offene und dennoch klar gegliederte Badehalle betreten. Das Lehrschwimmbecken kann rĂ€umlich und akustisch abgetrennt werden, der Kleinkinderbereich befindet sich am Kiosk in NĂ€he des Eingangs mit der Möglichkeit der Erschließung in den Außenbereich. Von der zentralen Badeaufsicht sind alle Raumbereiche (auch die optionalen Bausteine) gut einsehbar und zugĂ€nglich, Sitzmöglichkeiten, sowie Liegen entlang der Fassaden dienen dem Entspannen und Ausruhen wĂ€hrend der Badezeit.

Die Verwaltung liegt im ersten Obergeschoss ĂŒber dem Eingang, hat somit die erforderliche NĂ€he zum Foyer und gleichzeitig eine separierte Lage ohne Publikumsverkehr. Die Anlieferung befindet sich im SĂŒden des Bestandes und des Neubaus. Hier kann die Versorgung auch bzgl. des Hochwasserschutzes ideal erfolgen. Andienung in das Untergeschoss erfolgt ĂŒber einen Lastenaufzug.

Das Freibad kann ĂŒber die Kasse im Foyer mit Anbindung an die Außenfassade begangen werden. Es wird vorgeschlagen eine zweite Drehkreuzanlage am BestandgebĂ€ude zu realisieren. Hier könnte eine zweite Sommerkasse mit Kassenautomat realisiert werden oder ein Schaufester mit einem Blick auf die Historie des Freibades. Die Umkleiden fĂŒr das Freibad schließen sich im nördlichen Teil des BestandsgebĂ€udes an. Das BestandsgebĂ€ude wird so auch funktional in das Gesamtkonzept eingebunden.

Optionale Bausteine Hallenbad
Das Hallenbad funktioniert sowohl in der Basisvariante wie auch mit den optionalen Bausteinen. Die geneigte Dachlandschaft wĂŒrde sich bei einer Umsetzung selbstverstĂ€ndlich weiter nach Osten entwickeln. Wichtig ist auch, dass beide zusĂ€tzlichen Bausteine (Springerbecken, Wasserrutsche) auch unabhĂ€ngig voneinander als einzelne Bausteine umgesetzt werden könnten.

Architektur und MaterialitÀt, Konstruktion und Wirtschaftlichkeit
GebĂ€ude und Landschaft bilden eine gestalterische Einheit. FĂŒr die GebĂ€ude sind die jeweiligen Dachformen gestaltprĂ€gend. Das gewalmte Satteldach des Bestandes bildet ein gegenĂŒber mit dem flach geneigten Dach des Neubaus.

Das Dach entwickelt sich von den Umkleiden hin zur Halle, ein einheitliches Tragwerk bindet alle Raumbereiche gestalterisch zusammen. DachtrĂ€ger und DachflĂ€che werden in Holzbauweise vorgeschlagen, die DachflĂ€che akustisch wirksam. Die aufgelösten, schlanken StĂŒtzen sind in Stahlbauweise, Untergeschoss und aussteifende GebĂ€udeteile (Duschen) in Ortbeton, wo möglich als Recyclingbeton. Die hochgedĂ€mmten Glasfassaden mit integriertem Vogelanprallschutz sowie die hellen OberflĂ€chen der Badeplatte versprechen einen solaren Eintrag sowie in Verbindung mit den Oberlichtern einen hellen Raumcharakter mit reduziertem Beleuchtungsbedarf.

Dachlandschaft und Fassade sind als Freiformen konzipiert, dennoch liegt dem Entwurf und dem Tragwerk ein klares orthogonales Raster zugrunde, das GebĂ€ude eignet sich deshalb fĂŒr eine elementierte Bauweise. Die kompakte Gesamtanlage, die in Verbindung mit dem Bestand und der neugestalteten Badeplatte entsprechend entwickelt wurde, ergibt eine optimierte HĂŒllflĂ€che und somit eine gute Grundlage fĂŒr ein intelligentes Energiekonzept. Regenwassermanagement, Photovoltaik gepaart mit Solarthermie und extensiver DachbegrĂŒnung sind bereits im Hochbaukonzept vorgesehen und können durch weitere Bausteine ergĂ€nzt werden.

Brandschutz, Hochwasserschutz, Frischluftschneise und Bauablauf
Die Feuerwehrzufahrt kann ĂŒber die Anlieferung im SĂŒden des GelĂ€ndes erfolgen. HierĂŒber sind alle Be-reiche angebunden, die Hauptfunktionen sind alle ebenerdig und mit ausreichend NotausgĂ€nge ausgestattet. Lediglich die Verwaltung befindet sich im ersten Obergeschoss. Aufgrund der geringen FlĂ€che kann der zweite Rettungsweg der Nutzungseinheit ĂŒber ein Anleitern der Feuerwehr realisiert werden. Das GebĂ€udekonzept ist aufgrund der vorgesehenen Verwendung von nachhaltiger Holzbauweise anspruchsvoll und im frĂŒhen Stadium mit Brandschutz und der genehmigenden Behörde abzustimmen.

Der Neubau wird auf einer Fußbodenhöhe von ĂŒber 118.50m erstellt. Somit ist zum einen ein stufenloser Zugang von den Außenanlagen möglich und das GebĂ€ude ĂŒber der Hochwasserquote des 100 jĂ€hrigen Hochwassers. Um das GebĂ€ude wird konsequent ein Sockel angebracht, der ĂŒber der Höhe von 118.90m liegt und somit ĂŒber dem Hochwasser extrem liegt. Die EingĂ€nge zum GebĂ€ude werden ĂŒber temporĂ€re Schotts geschĂŒtzt.

Mit Umsetzung der Bedarfsvariante kann ĂŒber die gesamte Bauzeit das Schwimmerbecken betrieben wer-den, vorbehaltlich der technischen Anforderungen des Betriebes, fĂŒr den optionalen Baustein Springerbecken mĂŒsste der Betrieb eingestellt werden.

Das GebĂ€ude entwickelt sich nach Osten und befindet sich im Bereich einer Frischluft-Teilschneise. Die weiteren Schneisen bleiben von Hochbaumaßnahmen unberĂŒhrt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf ist stĂ€dtebaulich an der sĂŒdlichen GrundstĂŒcksgrenze an der breitesten Stelle des GrundstĂŒckes gut gesetzt. Der polygonale kompakte Baukörper wurde mit Abstand zu dem denkmalgeschĂŒtzten BestandsgebĂ€ude angeordnet und rĂŒckt dadurch beim Ankommen den Bestand in den Fokus. Dies wird als QualitĂ€t, ebenso wie die Weiternutzung des Zugangs durch den bestehenden, mittig im BestandsgebĂ€ude angeordneten Eingang, gewertet. SchlĂŒssig ist auch der Umgang mit dem BestandsgebĂ€ude. Dieses wird in seiner symmetrischen Ursprungsform durch RĂŒckbau und ErgĂ€nzung wieder hergestellt. 
Die Terrassierung des GelĂ€ndes mit den integrierten Freibadbecken, ebenso wie der transparente Übergang von Innen- und Außenraum unterstĂŒtzen die Idee des Zusammendenkens von Architektur und Landschaft. Allerdings bedarf im Freiraum die exakte Lage der Terrassierungen in Hinblick auf deren Ausrichtung und GrĂ¶ĂŸe sowie die Abgrenzung des GelĂ€ndes von Freibereich und Hallenbad einer weitergehenden Betrachtung. 
Die Architektur des kompakten, polygonalen Baukörpers ist einladend und großzĂŒgig. Durch das in Richtung Murg hin aufsteigende geneigte Dach besitzt es eine eigene architektonische Sprache und Dynamik. Das GebĂ€ude ist funktional klar strukturiert, die gemeinsame Kasse von Freibad und Kombibad ist gut gelöst. Ebenso ist eine gute Orientierung zwischen den Bereichen im und außerhalb des GebĂ€udes gegeben. Der unregelmĂ€ĂŸigen GebĂ€udeform liegt ein klares Konstruktionsraster zu Grunde. Alle Funktionen befinden sich unter dem gemeinsamen geneigten Dach, dass den BedĂŒrfnissen folgend, bei den Umkleiden seinen niedrigsten und am großen Wasserbecken seinen höchsten Punkt erreicht. Funktional ist die angedeutete Abtrennung von Badbereichen sowie die separate Anlieferung von SĂŒden gut gelöst. Kritisch wird jedoch die Materialwahl fĂŒr die StahlstĂŒtzen gesehen. 
Die kompakte GebĂ€udeform lĂ€sst einen wirtschaftlichen Betrieb zu und liegt kostenmĂ€ĂŸig im Mittelfeld. Aus GrĂŒnden der Nachhaltigkeit ist das GrĂŒndach als zusĂ€tzliche RetentionsflĂ€che positiv zu bewerten. Allerdings ist die BegrĂŒnung, die Neigung und die Anzahl der BelichtungssheddĂ€cher im Dach auf die Optimierung mit PV-Modulen abzustimmen. Eine Optimierung der Fassade hinsichtlich der Reduzierung der GlasflĂ€chen insbesondere im Bereich der Umkleiden in West und SĂŒdrichtung ist zu empfehlen. 
Insgesamt ist der Entwurf gut gesetzt. Der Beitrag besticht durch den selbstverstĂ€ndlichen Umgang mit dem Bestand, der landschaftlichen Einbettung und den Übergangen von Innenund Außenraum Das GebĂ€ude weist eine entspannte und großzĂŒgige AtmosphĂ€re auf.