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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2022

Neubau Bürgerhaus in Wellen

Ansicht SO

Ansicht SO

1. Anerkennung

Preisgeld: 3.000 EUR

fischerarchitekten Partnerschaft

Architektur

silvia beretta kastner landscape architect

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Mehr:Wert
Der generelle Entwurfsansatz versucht, die am Ort vorhandenen räumlichen und baulichen Qualitäten nachhaltig zu nutzen, um mit den vorhandenen Strukturen mehr Werte zu schaffen. Hierzu soll das vorhandene, historische Schulhaus als Merk- und Identitätszeichen erhalten und nachgenutzt werden sowie die heute südlich vom Schulhaus gelegene qualitätsvolle Freifläche des „Schulhausgarten“ in Wert gesetzt werden. Ergänzt wird das Konzept durch einen nachhaltigen Neubau, der versucht mit wenig Technik und einfachen baulichen Mitteln auszukommen.

Städtebau
Das Grundkonzept basiert auf einer funktionalen und atmosphärischen Neugliederung der vorhandenen Freiräume. Während der heutige Dorfplatz vor dem Schulhaus, sowohl im Alltag, als auch bei Veranstaltungen im Bürgerhaus überwiegend als gestalteter Park:platz fungieren muss, soll der ehemalige Schulgarten hinter dem Schulhaus künftig als qualitätsvolle Außenflächen, sowohl für das Bürgerhaus, als auch für das Schulhaus und den Kindergarten zur Verfügung stehen. Die grundsätzliche Trennung zwischen den Parkverkehren und den alltäglichen Aufenthaltsqualitäten sorgt für eine autofreie, grüne und von allen Bauteilen gut bespielbare Außenfläche. Die beiden unterschiedlichen Raumqualitäten werden über eine breite Freitreppe verbunden und über eine Landschaftstreppe an die tiefer liegende Weinbergstraße mit seiner ÖPNV_Haltestelle angeschlossen. Die Stufenanlage zwischen den beiden künftigen Platzflächen kann als Freilichtbühne des Dorffestes genutzt werden. Der heute verwaiste Schulgarten wird so als Teil einer neuen Platzfolge in Wert gesetzt. Neben diesen beiden öffentlichen Flächen versucht der Entwurf dem Kindergarten eine eigene „private“ – und insbesondere vom Dorf- und Parkplatz abgetrennte - Freifläche zuzuordnen. Eine mit Wein berankte Pergola schafft, unter Beibehaltung von Transparenz die nötige Privatheit zum Park:platz und bietet zudem einen baulichen Sonnenschutz für die Freiflächen der Kita.

Bürgerhaus
Entsprechend der funktionalen Gliederung des Ensembles richtet sich der Neubau des Bürgerhauses zum neuen Schulgarten. Durch die Anordnung und Gliederung des Gebäudes lässt sich der Saal des Bürgerhauses zum Schulgarten hin komplett öffnen. Hochzeiten und Veranstaltungen können so über die Zwischenzone des Foyers den Schulgarten mit bespielen und zur Außengastronomie nutzen. Der Schulgarten selbst bietet durch den vorhandenen Baumbestand einen grünen und beschatteten Freiraum. Die barrierefreie Haupterschließung des Bürgerhauses erfolgt daher auch über den neuen Schulgarten. Eine zusätzliche Erschließung bzw. die technische Anlieferung erfolgt dagegen barrierefrei über die Straße ‚Im Bungert‘. Vom Dorfplatz kann das Bürgerhaus über die Freitreppe oder über einen zusätzlichen Nebeneingang erschlossen werden. Auf Wunsch lässt sich im Treppenauge dieser Anbindung ein Aufzug zusätzlich nachrüsten. Während das Obergeschoss des Bürgerhauses die Hauptfunktionen des Gebäudes enthält, werden auf Platzniveau im Untergeschoss alle dienenden Funktionen untergebracht. Das Gebäude verfügt zum Dorfplatz hin über eine Stadtloggia, von der aus Festreden gehalten oder Veranstaltungen eröffnet werden können. Das Gebäude ist ortstypisch als Putzbau konzipiert. Es ist als Massivbau aus einem ca. 50cm starken einschaligen Mauerwerk aus Keramikhochlochziegeln geplant und benötigt durch diesen Aufbau keine zusätzlich Außendämmung. Die Putz-Außenhülle kann daher robust direkt auf dem Mauerwerk aufgebracht werden. Das Dach erhält eine Messingblech-Eindeckung auf der Ostseite und eine flächige Photovoltaikanlage auf der Westseite. Das Gebäude wird über eine Luft-Wasser-Wärmepumpe und Flächenheizelementen beheizt. Die Anlage kann bis zu 85% durch den selbst erzeugten Strom der Photovoltaikanlage (inkl. Akkupufferung) betrieben werden.

Freianlagen
Die Außenflächen werden überwiegend vom weichen, landschaftlichen Material der wassergebundenen Wegedecke des Park:platzes bestimmt. Das gewählte Oberflächenmaterial lässt den Platz weniger als Parkplatz und mehr als Parkfläche oder Dorfplatz erscheinen und garantiert zudem eine fast vollständige Versickerung des Oberflächenwassers. Die Verbindung zwischen Weinbergstraße, Dorfplatz und Schulgarten wird durch regelmäßig eingelassene Trittstufen im Boden und in der Treppenanlage hergestellt. Im Bereich des Schulgarten sollen die Flächen dagegen maximal begrünt werden. Im Zentrum des Schulgarten steht der öffentliche Spielplatz mit dem vorhandenen alten Kirchbaum. Die im Bestand vorhandene Brunnenanlage wird in den Bereich des Schulgartens versetzt und bespielt nun die Außenfläche des Bürgerhaues.

Ideenteil Kindergarten / Schulhaus
Der Entwurf sieht eine Nachnutzung des alten Schulhauses durch öffentliche Nutzungen vor. Kern dieser Nachnutzungsstrategie ist die Nutzung wesentlicher Gebäudeflächen durch bereits heute benötigte Funktion wie die Kitaerweiterung bzw. der Seniorentreff. Diese Flächen werden im Sockelgeschoss bzw. auf dem Niveau des Schulgartens untergebracht. Das Obergeschoss stellt dagegen Verfügungsflächen für die Gemeinde zur Nutzung als Sitzungs- oder Fraktionssaal oder der Kita zur Nutzung als Büro oder zusätzlichen Gymnastikraum zur Verfügung. Alternativ können die Räume als Ausstellungsflächen oder Musik- und Proberäume genutzt werden. Kern dieser Nachnutzungsstrategie ist der Anbau eines Außenaufzuges auf der Ostseite des Gebäudes. Mit dem Aufzug können zum einen alle Geschosse des ehemaligen Schulbaus barrierefrei erschlossen werden und zum anderen auch der Bestand des Kitagebäudes barrierefrei zugänglich werden. Das Kitagebäude wird hierzu über einen Weg im Erdgeschoss bzw. einen offenen Steg im Obergeschoss mit dem Aufzug verbunden. Steg und Aufzug ergänzen so nicht nur den Schulbau sondern schaffen eine neue Zugänglichkeit auch für das Obergeschoss der Kita (Fluchtwege, barrierefreie Erschließung des Mehrzweckraumes der Kita). Zur Errichtung des Steges müssen die Außenflächen der Kita im Durchgang zwischen den Gebäuden begradigt werden. Durch die Veränderung des Geländes wird die erdgeschossige Außenfläche der Kita zu optimalen Nutzung maximiert. Die kleine Hügelanlage im hinteren Kitagarten dient als Untergrund für Rutsche und Wasserspiel.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Gestaltungskonzept basiert auf einer grundsätzlichen städtebaulichen Neugliederung. Dabei wird die Konzeption über die gesamte Eingriffsfläche konsequent angewendet und durchgearbeitet.

Die Anordnung des Bürgerhauses als solitäres Langhaus an der Straße Im Bungert bildet nicht nur eine städtebauliche Kante zum vorhandenen Dorfplatz aus, sondern schafft gleichzeitig einen neuen Freiraum auf dem südlichen Grundstück. Positiv ist hervorzuheben, dass sich durch diese Positionierung das Bürgerhaus nach allen Seiten zugänglich zeigt und öffnet. Es entstehen zwei eigenständige Freiräume, die unabhängig voneinander genutzt oder - verbunden durch die großzügige Freitreppe zwischen Alt- und Neubau – als Einheit bespielt werden können. Durch das Angebot des zusätzlichen „Schulgartens“ lässt sich die in der alltäglichen Nutzung konfliktbehaftete Multicodierung von Aufenthalt und Parkierung auflösen.

Der Neubau Bürgerhaus greift die architektonische Formsprache der Umgebung auf und setzt diese in einer zurückhaltenden Gestaltung um. Negativ wird bewertet, dass sich im Sockelgeschoss lediglich Technik und Funktionsräume zum Dorfplatz orientieren, der gewünschte Bezug zwischen Dorfplatz und neuem Bürgerhaus wird nicht hergestellt. Für den Veranstaltungssaal verfolgt die Arbeit mit Unterbringung im OG einen ungewöhnlichen Ansatz, der aber in Gesamtbetrachtung mit den angrenzenden Freiräumen in sich stimmig und konsequent ist. Somit orientiert sich der Saal zum neuen Schulgarten, wo sich durch großflächige Öffnung der Fassade das Innen und Außen verbinden lässt.

Die Gestaltung des Neubaus ist mit ortstypischer Putzfassade in Massivbauweise vorgesehen. Das ergänzende Materialkonzept aus Messingblech, Muschelkalk und Eichenholz unterstreicht die zurückhaltende Erscheinung.

Durch Etablierung einer „Landschaftstreppe“ findet der Dorfplatz eine großzügige Anbindung an die Weinbergstraße, die im Bestand abgrenzend wirkende Böschung wird aufgelöst und einer Funktion zugeführt. Ein Bestandbaum entfällt dabei, wird aber in der Baumreihe in der vorhandenen Lücke ergänzt. Die somit geschaffene, neue Platzöffnung wird über die Platzfläche hinweg mit der Freifläche verbunden und ordnet den ruhenden Verkehr damit gestalterisch unter, die wie im Bestand unter der Baumreihe untergebracht sind. Ansonsten wird der Dorfplatz ruhig und offen und damit flexibel für verschiedensten Nutzungen gehalten. Der neue „Schulgarten“ ist Terrasse des Saals und gleichzeitig Grünanlage, die als Spielplatz genutzt werden kann. Die Proportion ist für Veranstaltungen aber auch für die alltägliche Nutzung angemessen. Durch die Terrassierung des „Schulgartens“ erfolgt der Übergang zum Farsterweg über eine Treppenanlage, ist aber auch barrierefrei möglich.

Das Raumkonzept im Sinne der Auslobung wird durch den Wettbewerbsbeitrag erfüllt. Die die Lage des Bürgersaals in der plus-eins-Ebene zum Dorfplatz wird sehr kritisch im Hinblick auf Veranstaltungen und die Aufteilung der Freiräume gesehen. Darüber hinaus wird die Ausrichtung des Saales und seine neue Freifläche mit Blick auf die Geräuschentwicklung auf die angrenzende Wohnbebauung als deutlichen Nachteil erachtet.

Die Kita erhält eine Anbindung an den Altbau, wo die gewünschten Erweiterungsflächen im Sockelgeschoss untergebracht werden. Für die Nachnutzung des alten Bürgerhauses werden Vorschläge wie Repair-Cafe, Kultur-Werkstatt oder Co-Working gemacht, die auf ihre Realisierbarkeit am Standort überprüft werden müssen.

Der Wettbewerbsbeitrag setzt auf eine einfache, robuste Bauweise und nachhaltige Materialien. Als technische Komponenten sorgen die Photovoltaikanlage auf der Westseite sowie die Luft-Wasser-Wärmepumpe in Kombination mit Flächenheizelementen für einen wirtschaftlichen Betrieb des Gebäudes.

Insgesamt überzeugt der Entwurf durch seine städtebauliche Setzung. Die Lage des Bürgersaals zum Dorfplatz wird jedoch als nachteilig beurteilt.
Lageplan

Lageplan

Erdgeschoss

Erdgeschoss

1. Obergeschoss

1. Obergeschoss

2. Obergeschoss

2. Obergeschoss

Ansicht NO

Ansicht NO

Ansicht SW

Ansicht SW

Ansicht SW

Ansicht SW

Piktogramm Anbindung Freiflächen

Piktogramm Anbindung Freiflächen

Piktogramm Anbindung Gebäude

Piktogramm Anbindung Gebäude