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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2022

Neubau Gewerbehof Freiham

Lageplan (Gewerbehof Freiham)

Lageplan (Gewerbehof Freiham)

Anerkennung

Preisgeld: 9.000 EUR

LRO GmbH & Co. KG

Architektur

Planstatt Senner

Landschaftsarchitektur

Béla Berec Architektur-Modellbau-Gestaltung

Modellbau

Erläuterungstext

Die Lösung für die restriktiven Vorgaben zu Baugrenzen, Wandhöhen, Maß der baulichen Nutzung und Durchbegrünungszonen bietet das Konzept einer LKW-Umfahrt anstelle von Anlieferungshöfen: Eine Nord-Süd gerichtete Grünzäsur liegt mittig auf dem Grundstück und ist dem Fuß- und Radverkehr gewidmet. Jeweils rechts und links davon liegen die Zu- und Ausfahrten für Anlieferung und Tiefgarage. Fußgänger- und Lkw-Verkehr sind nahezu kreuzungsfrei und damit nutzungssicher geführt. Alle Gebäudeteile sind direkt mit LKW anfahrbar. 
Auf die gewünschte Höhenstaffelung antworten die Volumina in einer rhythmischen Folge von vier auf drei und dann zwei Geschosse.

Funktionalität
Jeder der vier Nord-Süd gerichteten Gebäuderiegel ist technisch und konstruktiv autark. In den Obergeschossen sind die Gebäude mit Zwischenbauwerken und eine Brücke miteinander verbunden. An dieser längsgerichteten Magistrale finden sich die wichtigsten vertikalen Erschließungselemente wie Haupttreppe, Personenaufzug und Lastenaufzüge.
Das Konstruktionsraster von 6 Metern und das Fassadenraster von 3 Metern erlaubt eine vielfältige Flächenaufteilung der Mietparzellen.
Jeder Parzelle ist eine jederzeit zugängliche und veränderbare Installationswand zugeordnet. So lässt es sich leicht auf unterschiedliche technische Anforderung wechselnder Nutzer jeweils innerhalb der einzelnen Mietflächen reagieren.
Das Raumprogramm wird um gemeinsam genutzte oder auch einzeln vermietbare Teeküchen und Abstellflächen mit Ladestationen für Elektro-Stapler ergänzt.

Gestalterische Qualität
Die äußere Gestaltung orientiert sich mit sichtbarer Tragstruktur aus Stahlbeton und Ausmauerungen aus normalformatigem roten Ziegelmauerwerk an klassischen Gewerbe- und Werkstattbauten. Jeweils identische Fassadenöffnungen erlauben die nachträgliche Anpassung geschlossener Wandbauteile, Fensterflächen und Tore mit geringem Aufwand.
Es werden robuste und reparierbare Materialien eingesetzt, die mit Anstand altern dürfen und deren Patina nicht als Mangel empfunden wird. Es entsteht ein unprätentiöser Werkstattcharakter.

Konstruktion / Materialien
Das konventionelle Stahlbeton-Tragwerk ist auf den größtmöglichen Einsatz von Fertigteilen und Halbfertigteilen hin optimiert.
Die vertikale Lastabtragung erfolgt in den Außenwänden und auch im Innern über tragende Flurwände und Installationsnischen und zusätzlich aussteifend wirkende Nasszellenboxen. 
Die inneren Bauteile aus Stahlbeton-Fertigteilen mit jeweils konstruktivem Anschluss in die Decken sichern die wirtschaftliche Bauweise bei gleichzeitig optimalen Sichtoberflächen.
Die dichte Setzung vertikaler Tragelemente ermöglicht kurze Deckenspannweiten und reduziert dadurch den Materialeinsatz und damit den ökologischen Fußabdruck des Gebäudes. Materialsparende Lösungen z.B. mit Rippen- oder Pi-Decken anstelle von stark dimensionierten Flachdecken bieten u.a. den Vorteil, für Haustechnik und Werkstatt-Technik jeweils getrennte Installationsebenen definieren zu können. 

Energetische Aspekte / Nachhaltigkeit / Wirtschaftlichkeit
Eine gut gedämmte Hülle, der Einsatz von regenerativen Energieerzeugern auf den Dachflächen, Lüftungsanlagen mit bester Wärmerückgewinnung, schwere unverkleidete Konstruktionen zur Aktivierung der Speichermassen zusammen mit einer materialoptimierten Konstruktion lassen eine ökologische und gleichzeitig auch ökonomische Errichtung und Nutzung des Gebäudes erwarten.
 
Klimafolgenanpassung
Einen Beitrag zur Verbesserung des Ortsklimas (Luftqualität, Abwärme, Lärm, Albedo) sehen wir in der kompakten Bauweise des Ensembles und der damit einhergehenden, größtmöglichen Begrünungsfläche. Extensive, in Teilbereichen auch intensive Begrünung der Fassaden und der kompletten Dachlandschaft sind vorgesehen. Die Gebäude orientieren sich mit den Fensterflächen ausschließlich nach Ost und West. Die Nord- und Südseite der Gebäude sind nahezu geschlossen.

Freianlagen
Ziele sind die Eingliederung in die übergeordneten städtebaulichen Strukturen und Grünzüge und vielfältige, flexible Aufenthaltsqualitäten für die Nutzer. Der Freiraum gliedert sich in aktive, befestigte und ruhige, grüne Bereiche. Das verbindende Element ist die lineare Pflasterstruktur, die sich wie ein Teppich über das Areal legt und einen sanften Übergang zwischen den Bereichen schafft.
Im Westen bildet ein Obstgarten den Übergang vom Gewerbegebiet zur Landschaft, eine blau-grüne Mitte im zentralen Hof den zentralen Ruhepol. Ein Gräserband dient als Retentionsfläche für die angrenzenden Dachflächen.
Die befestigten Werkhöfe im Osten und Westen dienen der Erschließung und sind mit mobilem Grün ausgestattet. Die niedrigeren Dachflächen sind begrünt, auf den höheren liegen die PV-Anlagen. Schwalbenpfützen, Insektenhotels und verankertes Totholz fördern die Biodiversität auf den Dächern und schaffen Lebensräume für Vögel und Insekten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit löst die zentrale Frage der Anlieferung des Gewerbehofs anstelle von Ladehöfen mit Hilfe einer Lkw-Umfahrung. Die Funktionalität wird kontrovers diskutiert. In der strukturellen Konsequenz ergeben sich aus dieser Entscheidung vier Gebäuderiegel, von denen jeweils zwei mittels Brückenbauwerken miteinander verbunden sind. In der Mitte kann in dieser Struktur eine erlebbare Grünzäsur freigehalten werden. Die erforderliche Durchfahrtshöhe der Brückenbauwerke von 4,50 m wird jedoch nicht eingehalten. Die vier Gebäuderiegel treppen sich gemäß den Vorgaben des Bebauungsplanes zur westlich anschließenden Landschaft von vier auf zwei Geschoße ab und bilden zusammen eine gut proportionierte und überzeugende Gesamtstruktur.
Auch die Tiefgaragenerschließung ist klug und effizient gelöst. Die Verkehrsströme überschneiden sich nicht, die unterbauten Bereiche sind minimiert.
Die Arbeit versucht durch Öffnungen in der Fassade/Baukörpern die Landschaft zu verbinden, dies ist jedoch nur schwer ablesbar.

Es sind nur wenige Neupflanzungen vorgesehen, diese befinden sich alle in entsprechenden Pflanztrögen, dadurch werden sie mobil, sind aber nicht an das Erdreich angeschlossen. Die Grünzäsur wird als Gräserband ausgebildet, ist jedoch schwer ablesbar. Hier werden Bäume gänzlich vermisst, jedoch wird die Retentionsfläche sehr positiv gesehen.

Über einen zentralen Eingangsbereich von der Centa-Hafenbrädl-Straße erfolgt die Erschließung in die weiteren Gebäudeteile ganz selbstverständlich über eine gut gestaltete Erschließungszone. Die Grundrissstruktur ist insgesamt sehr effizient gelöst, bietet aber trotzdem eine hohe räumliche Qualität, wie z.B. das Treppenhaus im Eingangsfoyer, das auch als Begegnungsraum fungiert. Die Mieteinheiten sind gut proportioniert.

Insgesamt ist der Entwurf architektonisch sehr fein ausgearbeitet. Die Fassaden sind in Ziegelmauerwerk gedacht, was dem Komplex einen sehr wertigen Ausdruck verleiht. Verschiedene architektonische Sonderelemente wirken jedoch möglicherweise etwas überzogen und der Bauaufgabe eines funktionalen Gewerbehofs nicht angemessen. Negativ wird bewertet, dass sich die vier Gebäuderiegel zur Centa-Hafenbrädl-Straße mit komplett geschlossen Fassaden präsentieren. Die gesamte Baustruktur scheint sich vom restlichen Gewerbegebiet Freiham abzuschotten. Hier wäre mehr Interaktion mit dem Gebiet gewünscht gewesen.
Perspektive (Gewerbehof Freiham)

Perspektive (Gewerbehof Freiham)

Südansicht (Gewerbehof Freiham)

Südansicht (Gewerbehof Freiham)

Nordansicht (Gewerbehof Freiham)

Nordansicht (Gewerbehof Freiham)

Schnitt (Gewerbehof Freiham)

Schnitt (Gewerbehof Freiham)

Grundriss EG (Gewerbehof Freiham)

Grundriss EG (Gewerbehof Freiham)