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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2022

Neubau Gesamtschule Nord+ in Kassel

2. Preis / Realisierungsteil

Preisgeld: 48.892 EUR

AFF Architekten

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

TOPOTEK 1

Landschaftsarchitektur, Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Machleidt GmbH

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Gesamtschule Nord+
Das neue Schulgrundstück entfaltet seine Ambivalenz vor allem durch seine Lage zwischen gründerzeitlicher Wohnstruktur der Henkelstrasse, angrenzender neuer Stadtstruktur und dem Landschaftspark entlang der Ahne. Ziel des Entwurfs ist es mit einem kompakten Gebäudeensemble als Schulneubau das heterogene bestehende Quartier zu ergänzen, und die Qualität zwischen Natur und Urbanität mit neuen Schuladressen zu definieren. Somit platziert sich der Schulneubau als eigenständiger Baukörper entlang des Landschaftraumes der Ahne. Durch die Positionierung und Ausformulierung des Bauvolumens wird die Geometrie und Topografie des Grundstückes optimal genutzt, die dabei entstehenden schulischen Freiflächen fungieren bewusst als neue Adressen der Gemeinschaftsschule Nord+ und des angrenzenden Wohnquartieres. Der neue gemeinsame zentrale Quartiersplatz bildet die Adresse der Sekundarstufe. Ein eigenständigen solitärer Stadtbaustein auf dem Platz als Abschluss zur Fiedlerstrasse verortet alle Bibliotheksfunktionen. Damit folgt diese Leitidee dem innovativen pädagogischen Konzept als Teil der öffentlichen Infrastruktur. Eine Bibliothek als Dritter Ort mit eigener Adresse entsteht. Als Pendant formuliert sich zum Kindergarten und Nordpark ein orientierender Außenbereich für die Grundstufe als eigenständige Adresse für die jungen Jahrgangsstufen.
GEBÄUDE & GEBAUTE LANDSCHAFT
Die Ausformulierung des Baukörpers sieht die Schule als gebauten Organismus, dessen Teile eng miteinander kommunizieren, Übergänge zwischen Aktivität und Rückzug, öffentlichem und geschützten Orten schaffen , ein dynamischer Schulalltag kann entstehen. Alle Gemeinschaftsfunktionen bilden somit einen offenen und transparenten Sockel, ein zu bespielendes Plateau für die Lerncluster der Gemeinschaftsschule. Kleine Schulhäuser der Primar- und Sekundarstufe bilden eine gebaute Landschaft, die sich über 2-3 Geschosse erstreckt und sich mit dazwischen liegenden Freibereichen abwechselt. Diese ermöglichen eine gute Belichtung der Foren und ergeben ergänzende Lernorte unter freiem Himmel. Durch Freitreppen werden die Lerncluster direkt mit den Freiflächen verbunden. Die innere Struktur des gemeinschaftlichen Erdgeschosses folgt der benötigten Erschließungsmatrix mit einer durchlaufenden Schulstraße, welche alle Lerncluster an die Gemeinschaftsfunktionen des Sockels und die Freibereiche anbindet. Somit werden die Lerncluster durch drei zentrale Treppen- und Funktionskerne effektiv erschlossen. Die gewünschte Trennung von Sekundarstufe und Grundstufe ist nicht nur durch zwei verschiedene Eingangsbereiche mit den zugehörigen Außenbereichen ablesbar. Auch im Inneren werden die Funktionen logisch den jeweiligen Foren zugeordnet. Das große Forum als ein, mit Mensa und Bühne, zusammenschaltbarer Veranstaltungsraum bildet das Herz der Schule. Auf kurzem Weg lassen sich von dort die jeweiligen Lern- und Fachcluster über zwei zentrale Treppen erschließen. Als visueller Mittelpunkt und Grünraum fungiert der zentrale Lichthof. Als Außenraum, nutzbar für die angrenzenden Lernküchen und Musikräume, trennt dieser auch das große vom kleinen Forum. So erhält die Grundstufe im südlichen Teil der Schule ein kleines Forum mit den geforderten angrenzenden Funktionen. Auch hier lassen sich die angrenzenden Lerncluster der Grundstufe direkt über einen Treppenkern erschließen.
LERNCLUSTER
Die Organisation der Cluster ist auf das Konstruktionsraster abgestimmt. Zentral ist die Erschließung mit WCBereich, Garderobenbereich und Teambereich angeordnet. Der freie Lernbereich diffundiert durch die verspringende Form, bildet Erschließungs- und Aufenthaltsflächen zugleich und wird von den Klassenräumen geformt. Vielseitige Lernorte und gut belichtete Flächen mit Ausblick entstehen. Je nach Ausrichtung sind unterschiedliche Raumsituationen des Forums möglich. Großzügige Verglasungen ermöglichen Einblicke in die Klassenräume und in die anderen Lerncluster, eine freie Lernlandschaft entsteht.
GESTALT & FASSADE
Mit Gestalt und Verkleidung soll bewusst der Charakter einer modularen Fertigung fortgeschrieben werden. So ist die Fassade, gleich der Fertigung des Tragwerkes, mit vorgefertigten Fassadenelementen in Holzverbundbauweise hochwärmegedämmt hergestellt. Aluminiumpanelle bilden ein langlebiges Wetterkleid und suchen durch Farbgebung eine Verbindung zu den historischen Nachbarschaften. Gleichfalls gewährleistet die Panelle eine gute Revisionierbarkeit und ermöglich flexible Ergänzungen. Die Fassade des Sockelgeschosses wird aus einer elementierten Beton-Vorsatzschale angedacht. Somit erhält der bodennahe Fassadenbereich eine beanspruchbare dauerhafte Materialisierung. Das vorgeschlagene Fassadenmaterial sichert niedrige Unterhaltskosten und eine dauerhafte und gut alternde Schönheit. Die vertikale Fassaden-Begrünung ist in seiner Art und Konstruktion einfach gehalten, handelt es sich doch um ein selbsttragendes System mit einem umlaufenden Blumenkasten aus Beton vor der Fassade, welcher konventionell bepflanzt und seitens des 1.OG unterhalten werden kann. Die sorgfältig kuratierte Kombination der Arten verspricht eine vielfältige und stabile Pflanzengesellschaft. Die Pflanzentroge werden einerseits durch das Regenwasser als auch gezielt durch die Dachentwässerung unterhalten, sodass sich die verschiedenen Pflanzen gemäß ihren ökologischen Ansprüchen und Ausrichtung im Kontext entwickeln können.
KONSTRUKTION
Das Tragwerk für die modularen Schulbaukörper ist in Skelettbauweise geplant. Durch eine stringente Gliederung des Gebäudes kann die tragende Struktur in konstanten Abständen und somit sehr effizient gebildet werden. Die Grundrissaufteilung lässt sich beliebig anpassen und bleibt langfristig flexibel nutzbar. Alle tragenden Bauteile sind als entwickelte Fertigteile vorgesehen, die im Werk vorproduziert und auf der Baustelle zusammengefügt werden. Der hohe Vorfertigungsgrad führt zu einer verkürzten Bauzeit, Terminsicherheit und zu hohen Ausführungsqualitäten der Elemente. Das Tragskelett wird durch Stahlbeton-Stützen und -Unterzüge in Kombination mit einer Holz-Verbund-Rippendecke (F90) gebildet. Die großen flächigen Bauteile werden dabei aus Holz hergestellt. So kann das Eigengewicht der Elemente, bei gleichzeitiger hoher Tragfähigkeit möglichst geringgehalten werden. Dies erleichtert zum einen Transport und Montage und wirkt sich darüber hinaus positiv auf die Bemessung der darunter liegenden lastabtragenden Konstruktionen aus. Die Stützen und Unterzüge werden als Stahlbeton-Fertigteile geplant, da sie besonders hoch beansprucht werden und eine höhere Robustheit aufweisen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit besticht durch den städtebaulichen Ansatz ein urbanes Quartier zu entwickeln, welches die industrielle Geschichte des Ortes reflektiert und in zeitgemäßer Form neu definiert. In selbstverständlicher Weise formen die Baukörper ein offenes, kommunikatives und zugleich grünes Zentrum, welches die gewünschte Vernetzung der benachbarten Quartiere und Landschaftsräume in spannungsreicher und sinnfälliger Weise herstellt. Die beiden Wohnhöfe im Norden fassen den Straßenraum der Eisenschmiede in angenehm rhythmisierter Art und bieten mit den Öffnungen nach Süden hervorragende Wohnqualiäten auch für geförderten Wohnungsbau. 

Die kleinteiligeren Bauten entlang der Fiedlerstraße stehen dazu in einem wohltuenden Kontrast und verbinden das urbane Zentrum mit dem Landschaftsraum der Ahna. Die Bibliothek wird als eigenständiger Baukörper selbstbewusst am Quartiersplatz in Bezug zur Henkelstraße positioniert und kann so als eigenständiger third place mit besonderem Bezug zum Quartier fungieren, allerdings wird aus pädagogischer Sicht eine Trennung vom Schulhaus sehr kritisch betrachtet. Das Schulhaus staffelt sich von Süden mit drei Geschossen nach Norden auf vier Geschosse hoch und vermittelt überzeugend zwischen Landschaftsraum und neuer Quartiersmitte. Die Funktionalität des Erdgeschosses ist plausibel. Die Zonierung mit Orientierung des Forums Grund-stufe nach Süden und zum Haarmannweg einerseits und des Forums SEK zum Quartiersplatz anderer-seits erzeugt eine klare Orientierung und weist mit dem großzügig dimensionierten Innenhof eine gemeinsame identitätsstiftende Mitte mit großem Potenzial aus. 

Der Mensabereich mit Ausrichtung zum Quartiersplatz zur Fiedlerstraße ist großzügig und funktional sinnvoll. Die Lage an der Fiedlerstraße ermöglicht eine unkomplizierte Andienung. Die Lerncluster erfüllen mit ihrer Struktur sowie der natürlichen Belichtung und Belüftung sowohl die pädagogischen Erwartungen als auch die Anforderungen des geforderten Low-Tech-Konzepts. Die Gebäudestruktur ermöglicht optimale pädagogische Möglichkeiten, die differenziert und identitätsstiftend wirkt. 

Die Erschließung ist über die drei Kerne übersichtlich gestaltet und funktional. Die großen Geschosse mit großzügigen Erschließungsflächen erlauben eine schöne Nutzungsvielfalt, führen aber auch zu einem relativ hohen Anteil an Verkehrsflächen. Die Fassaden sind hinsichtlich natürlicher Belichtung und Belüftung sowie der Vorschläge zum sommerlichen Wärmeschutz nachvollziehbar konstruiert. Sie sind gut durchgearbeitet und funktional, können mit ihrer Anmutung jedoch noch nicht ganz überzeugen. Alle Lernbereiche sowie Clusterflächen können natürlich belichtet und belüftet werden und erfüllen somit die Anforderungen des geforderten Low-Tech-Konzepts selbstverständlich. 

Die Konstruktion des Schulhauses weist einen ressourcenbewussten Ansatz mit einem hohen Anteil von Holz auf. Ebenso erfüllt sie mit dem hohen Vorfertigungsgrad die Anforderungen an eine wirtschaftliche Umsetzung. Die einfache Skellett Konstruktion ermöglicht eine flexible Adaptierbarkeit an zukünftig veränderte pädagogische Anforderungen. 

Die Freiflächengestaltung ist wohltuend differenziert und reagiert in sensibler Weise auf die unterschiedlichen Situationen im Übergang zu den angrenzenden Stadt- und Landschaftsräumen insbesondere im Übergangsbereich zur Kita im Süden.
Quartiersplatz

Quartiersplatz

Schulhaus Axonometrie Cluster

Schulhaus Axonometrie Cluster

Organisation Raumprogramm

Organisation Raumprogramm

Ansicht Südwest, Längsschnitt, Ansicht Nordost

Ansicht Südwest, Längsschnitt, Ansicht Nordost