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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2022

Neubau 6-zügige Grundschule in Kissing

Außenraumperspektive

Außenraumperspektive

1. Preis

Preisgeld: 38.200 EUR

Hess / Talhof / Kusmierz Architekten und Stadtplaner

Architektur

Burger Landschaftsarchitekten Susanne Burger und Peter Kühn Partnerschaft

Landschaftsarchitektur

Thomas Egger Modellbau | Frässervice

Modellbau

Beurteilung durch das Preisgericht

Eine Arbeit, die fast alles richtig macht. 
Der aufgelöste quadratische Baukörper fügt sich harmonisch in das heterogene Umfeld ein und vermag es gleichzeitig durch seine außergewöhnliche Gestalt dem Ort eine neue Qualität zu verleihen. Seine Bestimmung als Grundschule verkörpert das Gebäude schon auf den ersten Blick. In der Höhenstaffelung von ein- bis dreigeschossig und dem differenzierten Erscheinungsbild nach außen mit unterschiedlichen Einschnitten zeigt sich das Gebäude maßstäblich im Umfeld und für die Nutzung angemessen. 
Es entsteht eine Schule, die vielfältige Situationen und Orte schafft, die Identitäten für die Kinder entwickelt und die es ermöglicht Heimat für die Kinder zu werden. Die Schule wird zum Kinderdorf mit vielfältigen Wegen, Plätzen und Räumen, die Lernen und Entwicklung Raum geben und pädagogisch vielfältige Möglichkeiten eröffnen. 
Äußerst geschickt wird dabei die Verbindung zwischen Innen und Außen gesucht. Die seitlich eingeschnittenen Hofsituationen sind gut gesetzt und bilden immer einen Mehrwert für die Innenräume und schaffen die Verbindung mit dem Umfeld. So wird dem Lehrerbereich ein Außenbereich zugeordnet, der Ganztagesbereich und der Werk- und Musikbereich erhalten zugeordnete geschützte und sehr gut nutzbare Freibereiche.

Ergänzt wird dieses Angebot an individuell gestaltbaren kleinen Freiräumen durch den erhaltenen Bolzplatz im Norden und den großen zusammenhängenden Platz im Süden mit seinem, dem Schulprinzip folgenden, großformatigen Plattenbelag und integrierten Grüninseln im Süden, der das alte und neue Schulgebäude miteinander verbindet: hier ist bewegungsintensives und raumgreifendes Spiel möglich. Die Qualität des bestehenden Erlebnispausenhofs findet sich in der Planung allerdings nicht wieder. 
Leider bleiben einige funktionale Fragen offen: die Unterbringung von Fahrrädern und Müll ist im Plan nicht ablesbar. 
Die fußläufige Erschließung über die Bahnhofstraße, der möglichen Kiss-and-Ride-Plätze ist bislang nicht behandelt. Die Vermeidung von Hol- und Bringverkehr oder sogar Durchgangsverkehr über die Pestalozzistraße wurde nicht versucht. Dieser Fehler ist unbedingt zu beheben. 
Ob die Anlage eines weiteren Allwetterplatzes im Süden bei gleichzeitiger Beibehaltung des bestehenden Bolzplatzes im Norden notwendig ist, ist fraglich. 
Die Verwendung von bestehendem Baumaterial, der Umgang mit dem Regenwasser und die Neupflanzung von Großgrün zur Beschattung zeigen eine klimabewusste Planung. Allerdings scheinen die an den Grundstücksrändern allseits verdichteten Baumpflanzungen mit Unterpflanzung leider auch an den Stellen abzuschirmen und somit zu trennen, wo eine Verbindung gewünscht wäre, wie zum Beispiel bei den benachbarten Kitas.
Insgesamt stellt der Beitrag eine innovatives, demokratisches Schulkonzept dar, das die Gemeinde um einen prägnanten, identitätsstiftenden Bau bereichert, dem man auch eine außerschulische Nutzung zumindest im Bereich der Mensa wünschen würde.

Trotz der differenzierten Erscheinung des Gebäudes folgt die innere Organisation einer sehr einfachen Logik. Über einen gut gelegenen und proportionierten Eingangsbereich und Aula wird die Mitte des Gebäudes mit einer zentralen Treppe erreicht. Von dieser Mitte werden die drei Lerncluster in den beiden Obergeschossen erschlossen.
Die Cluster sind sehr sinnfällig organisiert. Der Raumzuschnitt bei Differenzierungsräumen und Lehrerstützpunkten, ebenso die Garderoben sind zu überprüfen. Über einen Vorbereich mit Garderobe und Sanitärzone wird der Marktplatz erreicht, an dem die Klassenräume angrenzen. Die zentralen Marktplätze sind dabei sehr simpel über die Fassade belichtet, auf enge und im Betrieb eher unwirtschaftliche Innenhöfe kann auf Grund der geschickten Anordnung verzichtet werden. Damit haben alle Räume immer eine visuelle Ausrichtung und Verbindung in das Umfeld. Die pixelartige Raumstruktur ermöglicht zudem unterschiedliche Belegungen von Klassenraumnutzung und Differenzierungsräumen.
Im Erdgeschoss werden alle Nutzungen äußerst geschickt und richtig angeordnet. Die Abfolge von öffentlicheren Räumen zu eher privateren Bereichen wird sensibel und immer mit der richtigen räumlichen Antwort und Atmosphäre umgesetzt. Dem zentralen Foyer und Aula-Bereich können der Speisebereich und die Musikräume für vielfältige Nutzungen direkt zugeschaltet werden.
Der Ganztagesbereich ist gut verortet, hat einen guten Außenbezug und eine funktionale Verbindung zu der Aula. Der Werk- und Musikbereich liegt richtig und wird durch den angrenzenden Außenbereich sehr sinnvoll ergänzt. Der Lehrer- und Verwaltungsbereich liegt richtig erdgeschossig in Nähe des Eingangsbereiches, lediglich die etwas komplizierte Verbindung vom Haupteingang wird kritisiert. Der zusätzliche Eingang von außen kann dieses Defizit jedoch etwas mindern.
Eine zusätzliche Qualität wird durch die Dachterrassen geschaffen. Über die Freitreppen wird ein zusätzlicher Rettungsweg vorgeschlagen, der die Entfluchtung sichert. Das Brandschutzkonzept muss im Weiteren noch geprüft werden. Gleichzeitig erweitern die nutzbaren Dachflächen das pädagogische Angebot mit einem grünen Klassenzimmer und weiteren für den Unterricht nutzbaren Flächen. Ein zusätzlicher Unterhaltsaufwand im Betrieb ist durch die Treppe allerdings gegeben, da die Dachflächen außerschulisch nicht zugänglich sein sollen.
Es ist faszinierend wie alle Anforderungen auf so eine selbstverständliche Weise umgesetzt werden. Das Raumprogramm wird sehr effizient erfüllt, große Flächenüberhänge werden vermieden. Die Bruttogeschossfläche, die Hüllfläche, sowie das Verhältnis BGF/NUF sind im Vergleich mit den anderen Arbeiten sehr günstig, allerdings wird das Raumprogramm an einigen Stellen untererfüllt.
Das trotz des sehr differenzierten Gebäudes einfache Tragsystem aus Holz, bzw. Holz-Beton-Hybridbauweise ermöglicht eine nachhaltige, wirtschaftliche und schnelle Umsetzung des Gebäudes. Die Fassaden mit großzügigen Verglasungen, in einem sehr angemessenen Verhältnis von offenen und geschlossenen Flächen, wird der Aufgabe auf außergewöhnlicher Weise gerecht. Es wird eine sehr wirtschaftliche Umsetzung erwartet.

Durch die Verwendung des Materials Holz in Konstruktion und Ausbau ist das Gebäude grundsätzlich sehr nachhaltig in Erstellung und Betrieb. Es wird eine dezentrale Lüftung vorgeschlagen, die durch natürliche Fensterlüftung ergänzt wird. Das ausgewogene Verhältnis von opaken und transparenten Flächen ermöglicht einen guten sommerlichen und winterlichen Wärmeschutz bei einer sehr guten Tageslichtausnutzung. Das Energiekonzept wird als sehr zukunftsträchtig betrachtet.

Insgesamt handelt es sich um eine überzeugende und sehr individuelle und eigenständige Lösung.
Die Arbeit wird in vielen Aspekten der Aufgabenstellung gerecht.
Die besondere Qualität steckt hier in dem Zusammenspiel von einem sehr guten Grundkonzept und der ungewöhnlichen feinfühligen Umsetzung bis in das Detail.
Die Arbeit hat das Potenzial ein Leuchtturmprojekt für Kissing und den Schulbau in der Region zu werden.
Innenraumperspektive

Innenraumperspektive

Lageplan

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