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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2022

Neuplanung Hagenmarkt Braunschweig

Blick übern Hagenmarkt

Blick übern Hagenmarkt

2. Preis

Preisgeld: 12.000 EUR

DÄRR LANDSCHAFTSARCHITEKTEN

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

DEIN HAGENPLATZ - Freianlagengestaltung
Die Leitidee zur Neugestaltung des Hagenmarkts Braunschweig basiert auf der Zielvorstellung eines grünen Platzes im urbanen Kontext. Ein angemessenes Verhältnis von Grünflächen und nutzbaren steinernen Strukturen prägt DEINEN HAGENPLATZ. Intensive Aufenthaltsbereiche um den Heinrichsbrunnen werden ganz dem Thema Hagen entsprechend durch Baum und Staudenpflanzungen eingefasst. Teile der vorhandenen Baumstrukturen werden erhalten und durch gezielte, klimagerechten Neupflanzungen ergänzt. Dabei spielt nicht nur der historische Bezug zwischen Kirche und Brunnen eine wesentliche Rolle, auch das Verweben der grünen Oase „Hagenmarkt“ mit der südlich angrenzenden Innenstadt Braunschweigs ist dabei von Bedeutung. Städtebauliche Bezüge und Bewegungslinien aus angrenzenden Wegeverbindungen und Bebauung werden aufgenommen und auf dem Platz um den historischen Brunnen vereint. In Richtung Süd öffnet sich der Platz und lädt die Besucher:innen der angrenzenden Gastronomien zum Speisen auf dem grünen Platz im Schatten zahlreicher Gehölze oder unter grazilen, 12eckigen Schattenelementen ein.
Trockenheitsverträgliche Stauden- und Gräsermischpflanzungen gliedern den Raum in Bewegungs- und Aufenthaltsstrukturen und bringen unterschiedliche Farbaspekte ein. Filigrane Pflanzenstrukturen in gelben, weißen und blauen Farbabstufungen, die sommerliche Leichtigkeit assoziieren, gepaart mit reichblühenden Bienenweidepflanzen auf hauptsächlich sonnigen, trockenen bis halbschattigen Standorten gestalten die Grünräume unter den Bäumen. Leitstauden in Sorten für den sonnigen Bereich sind Achillea, Agastache, Coreopsis, Echinacea, Gaillardia, Gaura, Lavendel, Liatris, Nepeta, Rudbeckia, Salvia, Verbena. Gräser, wie Molinia, Panicum und Stipa vervollständigen diese pflegeextensive Mischpflanzung. Im halbschattigen Bereich sind folgende Leitarten in Sorten angedacht: Alchemilla, Agastache, Amsonia, Anemone, Anthriscus sylvestris ´Ravenswing`, Aquilegia, Euphorbia, Geranium, Heuchera villosa var. Macrorrhizza, Hosta, Luzula nivea und Sesleria autumnalis.
Geophyten wie Narzissen, Tulpen, Allium und Eremurus unterstützen den ganzjährigen Blühaspekt und verwandeln den Hagenmarkt besonders im Frühjahr in ein Blütenmeer unter lichten Laubbäumen. Mit zunehmendem Wuchs und Alter der neu gepflanzten Bäume erfolgt die Umwandlung der Stauden- und Gräserpflanzung in einen halbschattigen bis schattigen Grünraum unter zusätzlicher Verwendung von Schattenstauden.
Die Auswahl, der neu zu pflanzenden Bäume orientiert sich an den aktuellen Forschungsergebnissen zum Klimawandel und setzt auf Vielfalt. Acer campestre, Acer monspessulanum, Celtis australis, Fraxinus ornus, Magnolia kobus, Ostrya carpinifolia, Parrotia persica und Sophora japonica `Regent` gehören zu den ausgewiesenen Klimabäumen und weisen bewusst einen unterschiedlichen Habitus, Höhe, Herbstfärbung und Austrieb im Frühjahr auf. Für Baumgruben und Baumquartiere wird wo möglich ein Volumen von bis zu 24 m³ angestrebt. Darüber hinaus werden die Teile des Platzes ohne Leitungstrassen mit einem durchwurzelbaren Retentionsraum unterbaut, der einerseits durch den Einsatz von Grobschlag Verkehrslasten ableitet und andererseits mit seinen großen, mit einem baumoptimierten Feinsubstrat gefüllten Hohlräumen, optimale Standortbedingungen bietet. Partiell im Plattenbelag vorgesehene breite Fugen ermöglichen die Wasserzuführung bei Regenereignissen und werden temporär überstaut.
Eingefasst werden die Pflanzflächen mit asymmetrischen Natursteinbändern, welche sich im Zentrum des Platzes zu Sitzelementen erheben, hingegen zu den Platzgrenzen auf Belagsniveau abfallen und sich dort mit der platzumlaufenden Bänderung vereinen. Der Belag auf dem Platz spannt sich wie ein großer Teppich von Südost nach Nordwest. Dabei nimmt die Ausrichtung der Kalksteinplatten Bezug auf den Kirchenbau St. Katharinen und bildet zusammen mit den sich in den Plattenbelag einschneidende Rasenfugen einen spannenden Wechsel aus befestigter Fläche und den angrenzenden Grünräumen. Sitzelemente südlich des Heinrichbrunnens folgen der Ausrichtung des Pflasters und bilden zusammen mit den runden Schattenelementen und individueller Einzelbestuhlung einen qualitativ hochwertigen Aufenthaltsraum für die Außengastronomie.
Die Platzfläche Hagenmarkt grenzt sich, dem Namen folgend, bewusste durch Raumbildung und Materialität von den umgebenden Verkehrsbeziehungen ab. Während die angrenzenden Rad- und Gehwege die Anbindung an die gesamtstädtischen Wegebeziehungen und den ÖPNV sicherstellen, wird der Platz zum Rückzugsraum.
Entlang der südlichen Platzkante ist die Berücksichtigung der Belange der Feuerwehr und der Anlieferung der Geschäfte zu sichern. Eine breite Plattenstruktur eingebettet in einen barrierearmen Pflasterbelag aus Naturstein setzt einen starken Akzent und unterstreicht die Funktion. Poller westlich der Anlieferzone vermeiden möglichen Schleichverkehr. Sie sind so positioniert, dass ein Halten und Ausliefern für einen Lieferdienst möglich sind. Der Poller mittig des Plattenbandes ist versenkbar und kann mittels Transponder oder App durch die Ladenbesitzer/Anlieger nach Anruf durch den Lieferanten heruntergefahren werden. Darüber hinaus können die beiden Poller daneben, durch die Feuerwehr mittels Vierkantschlüssel umgelegt werden. Mit der zunehmenden Überhitzung suchen Städte nach Entlastungsräumen für angrenzende Wohngebiete. Ziel ist es, in 5 Gehminuten einen solchen Cool Spot erreicht zu haben. Der Entwurf verfolgt mit seiner hohen Baumdichte und seinen Vegetationsflächen das Ziel, den Hagenmarkt zu einem solchen Entlastungsraum zu entwickeln. Da 5 Gehminuten einen Umkreis von ca. 350m abdecken, stellt der Hagenmarkt für die nördliche Innenstadt ein unverzichtbares Element des Klimaschutzes dar.
Zusammenfassend ist das Ziel der Freianlagengestaltung, einen attraktiven Grünraum im menschlichen Maßstab mit angenehmem Mikroklima und damit hoher Aufenthaltsqualität zu schaffen. Es werden nutzungsspezifische Räume und Raumqualitäten entwickelt, welche sich den angrenzenden Gebäudenutzungen anlagern. Dabei spielt der partielle Erhalt des Altbaumbestandes und die Sicherung eines hohen, ökologischen Wertes eine wesentliche Rolle. Zusammen mit klimaangepassten Baumneupflanzungen sowie Obst- und Wildfruchtgehölzen entsteht ein grüner, urbaner Begegnungsraum, der sowohl für die Braunschweiger:innen als auch für die Besucher:innen ein Ort der Erholung, des Treffens, Netzwerkens und Entspannens wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit 1003 hat als Leitidee, über drei größere Pflanzinseln einen grünen Rahmen um den Heinrichsbrunnen auszubilden. Diese Leitidee erscheint grundsätzlich gut geeignet und nachvollziehbar. Der Rahmen wird zur südlichen Platzseite weit geöffnet; mit dieser Geste sollen insbesondere Freisitznutzungen in den mittleren Platzraum Richtung Heinrichsbrunnen gezogen werden.

Kritisch wird angemerkt, dass die heute wichtige Diagonalbeziehung, aus der Casparistraße kommend, nicht aufgenommen wird.

Der mittlere, trapezförmige Platz wird von langen Sitzstufen gesäumt, die aufgrund ihrer Dimension und aufgrund fehlender Lehnen nur begrenzt Aufenthaltsqualität bieten können.

Der Heinrichsbrunnen erscheint in der Konzeption eher in einer Randlage befindlich und verliert etwas von seiner heutigen zentralen Bedeutung.

Die Arbeit leistet in ihrem konsequenten Entwurfsansatz einen guten Beitrag zum Wettbewerb. Gerade aber in der Perspektive wird deutlich, dass dem Entwurf eine Leichtigkeit und Vielfalt in der gestalterischen und funktionalen Ausarbeitung fehlt. Die Vorschläge zur vielfältigen und differenzierten Bepflanzung werden ausdrücklich gewürdigt.
Lageplan

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