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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2022

Neubau Emil-von-Behring-Gymnasium in Spardorf

Visualisierung Willkommensplatz

Visualisierung Willkommensplatz

3. Preis

Preisgeld: 41.800 EUR

MOSAIK architekt:innen bda

Architektur

SIMA | BREER GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Leitidee
Das Entwurfsgebiet am Rande der dörflichen Strukturen des Stadtteils Spardorf zeichnet sich vor allem durch seine großmaßstäblichen Schulbauten und die hohen Geschossigkeiten aus. Es bildet hiermit kontrastierende Raumkanten zur gegenüberliegenden kleinteiligen Wohnbebauung an der Buckenhofer Straße aus. Der vorliegende Entwurf fügt sich in Maßstäblichkeit und Orthogonalität in die bestehenden Schulbauten ein und zeigt doch gegenüber dem Bestand eine selbstbewusste Eigenständigkeit. Im Zuge einer sinnhaften Bauabschnittsbildung gemäß. der Auslobung wird eine kompakte und dennoch aufgelockerte städtebauliche Form entwickelt. Sie besteht aus zwei ineinander gesteckten Rechtecken, greift städtebauliche Raumkanten auf und erhält die schützenswerten sowie ortsbildprägenden Baumstrukturen (3 Eichen im nördlichen Entwurfsgebiet).

Lagegunst und Topographie
Durch den Abbruch des terrassenartig zwischen Eingangsniveau und bestehendem Schulhof gelegenen Altbaus entsteht ein nicht unwesentlicher Geländeunterschied zum Erschließungsniveau der Straße. Ebenfalls verfügt das Entwurfsgelände über eine von Süd- nach Nord ansteigende Hanglage. Diese Geländeenergie und Lagegunst zu nutzen, ist erklärtes Ziel des Entwurfs. Über ein barrierefreies Gefälle von der Straße kommend erreicht man den neuen Willkommensplatz. Von dieser Ebene werden die Gebäudekörper - um ein Geschoss nach unten versetzt - an der Hangkante platziert. Die Haupterschließung der neuen Schule erfolgt über die +1-Ebene. Das gesamte Geschoss wird dabei als belebte, gläserne Fuge ausgebildet und formuliert eine einladende Geste zum oberen Niveau des Schulhofs und zum Willkommensplatz und bezieht durch die Transparente Gestaltung den prägenden Wald mit ein. Der Abbruch des bestehenden Schulgebäudes ermöglicht eine wirtschaftlich sinnvolle, ohne Auskofferung durchführbare Absenkung der neu zu planenden Dreifachturnhalle gegenüber dem Platzniveau. Gemeinsam mit den Bestandbaukörpern der Mensa und Bibliothek sowie dem Neubau der Schule und der Sporthalle entsteht eine wohlproportionierter Eingangsplatz, der sowohl Durchblicke in den Wald und auf den Schulhof erlaubt sowie alle wichtigen Nutzungen zentral anbindet. Durch das Absenken der Turnhalle gelingt es, sowohl Altbau als auch Neubau unterhalb des Platzniveaus zu verbinden.

Fließende Räume, transistorische Zonen und Übergänge
Der neue Baukörper des Gymnasiums unterteilt sich in zwei, zueinander versetzte Gebäudevolumen. Die jeweils östlichen und westlichen Bereiche der Baukörper enthalten die zukünftigen Lernlandschaften und Cluster. Zusammengebunden werden diese durch multicodierte Gemeinschaftsflächen. Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss zieht sich ein offenes Forum von Süd nach Nord und verbindet über großzügige Treppenanlagen und Galerien die verspringenden Niveaus des Außenraumes miteinander. Der zentral gelegene Aufzug gewährleistet eine inklusive, barrierefreie Erschließung aller Ebenen – sowohl des Gebäudes als auch des Außenraumes. Eine über alle Geschosse reichende Eingangshalle verbindet die unterschiedlichen Fachcluster miteinander. Wohlproportionierte Galerien mit freien Lernzonen lassen kommunikative Bereiche und informelle Treffpunkte mit differenzierten Aufenthaltsqualitäten entstehen. Eine großzügige Sitztreppe bildet das Herzstück der Halle.

Lebendige Lernlandschaft – Multikodierung
Im Erdgeschoss werden die Cluster der 5. Und 6.Klassen angeordnet und erhalten einen direkten Zugang zum unteren Niveau des Schulhofes. So entsteht ein eigener, niedrigschwellig abgegrenzter und geschützter Bereich für die unteren Jahrgangsstufen. Auf der Eingangsebene im ersten Obergeschoss und in direkter Anbindung zum Willkommensplatz werden die gemeinschaftlichen Nutzungen wie Theater, Musiksäle, Forum und Verwaltungsbereich mit Sekretariat und Sprechzimmern angeordnet. In den Obergeschossen befinden sich die verschiedenen, gemäß dem pädagogischen Konzept aufeinander abgestimmten, Fachcluster. Großzügige Lichthöfe in der Mitte der Cluster sorgen als transformierte „Lichtungen“ an den Marktplätzen für clusterinterne sowie geschossübergreifende Kommunikation und Sichtbeziehungen. Flurflächen werden aufgeweitet und dienen als multifunktionale Aneignungsflächen. Eingestellte Möbel zonieren die Flächen und lassen Nischen und Rückzugsräume entstehen. Alle Fachcluster der Obergeschosse verfügen über eigene, clusterbezogene Freibereiche in Form eingeschnittener Loggien. Ergänzend hierzu entsteht eine gemeinschaftliche Dachterrasse auf dem Dach des süd-westlichen Baukörpers.

Nachhaltigkeit - Effizienter Umgang mit Energie
Durch seine räumliche Organisation und die klare Unterteilung in unterschiedliche Nutzungsbereiche bietet das Gebäude gute Voraussetzungen für ein optimiertes Energiekonzept. Nicht nur wegen der finanziellen Anreize soll der BEG 40 Standard angestrebt werden, der durch die Gebäudehülle, die Fensterqualitäten und die Lüftungsanlagen erreicht wird. Zur Erreichung des Qualitätssiegels „Nachhaltige Gebäude“ wird eine DGNB-Zertifizierung angestrebt. Die Wärmeversorgung für Heizung erfolgt über einen Fernwärmeanschluss aus der Steinbruchstraße, der Hausanschluss wird im Untergeschoss des Neubaus verortet. Zur Wärmeverteilung können sowohl Fußbodenheizung als auch Flächenheizkörper eingesetzt werden, ebenso ist ein Anschluss der RLT mit Quellluftauslässen möglich. Die geringe notwendige Warmwassererzeugung für Sanitär erfolgt über dezentrale Untertischgeräte.
Grundsätzlich ist für alle Nutzungsbereiche eine natürliche Be- und Entlüftung möglich, über die innenliegenden Lichthöfe ist Querlüftung gegeben. Hierfür sind in die Fensterbänder Lüftungsflügel integriert, die bei Bedarf auch elektromotorisch steuerbar ausgeführt werden.
Eine mechanische Be- und Entlüftung erfolgt mit dezentralen Lüftungsgeräten in den jeweiligen Räumen mit Wärmerückgewinnung und Luftreinigung. Dadurch entfallen störende Lüftungsanlagen auf den Dächern und die Dachflächen können für PV und Retention (Gründächer) genutzt werden. Die Luftmengensteuerung erfolgt bedarfsabhängig über CO²-Messung. Sanitärbereiche werden durch Überströmung in den Luftverbund eingebunden.
PV-Anlagen auf den Dachflächen werden für die Eigenversorgung genutzt, zur Reduzierung des Stromverbrauchs wird LED-Beleuchtung mit tageslichtabhängiger Steuerung eingesetzt. Alle Räume sind großzügig mit Tageslicht versorgt, zusätzlich auch über die innenliegenden Lichthöfe.
Beweglicher, außenliegender textiler Sonnenschutz (Fallarmmarkisen) sowie Sonnenschutzverglasung sorgen für einen ausreichenden sommerlichen Wärmeschutz. Photovoltaikanlagen und die kompakte Gebäudeform reduzieren den CO²-Bedarf im Betrieb.

Nachhaltigkeit - Planerische und technische Maßnahmen zur Innovation und Vorbildfunktion
Als Beitrag zur Klimagerechtigkeit wird das Gebäude als Holz-Hybridbau erstellt. Die Bodenplatte, die Wände und die Decke des Untergeschosses werden in Stahlbeton ausgeführt. Alle oberirdischen Bauteile werden weitestgehend in Holzrahmen-, bzw. Holzmassivbauweise errichtet, die Decken aus schalltechnischen Aspekten als Holz-Beton-Verbunddecken. Die Lagerung der Decken erfolgt über Wände und punktuell durch Stützen.
Das nachhaltige Material Holz kann hier seine Stärken besonders gut ausspielen, die serielle Vorfertigung ganzer Wandelemente garantiert die bauliche Qualität und Montagezeiten vor Ort können reduziert werden. Die Ausführung der Außenwände in Holz-Rahmen-Bauweise verringert zudem den Platzbedarf, aufgrund der Verlagerung der Dämmebene in die Tragebene der Konstruktion. Durch diese Bauweise wird der Einsatz CO²-intensiver (GWP), mineralischer Baustoffe auf ein Minimum reduziert. Die leicht geneigten Flachdächer werden auch unter dem Aspekt der Regenwasserretention optimiert extensiv begrünt. Die Fassade wird als vorgehängte, hinterlüftete Konstruktion mit vertikalen Holzlamellen aus vorvergrauter Douglasie bekleidet. Fensterbänder als Holz-Alu-Konstruktion sowie großformatige Pfosten-Riegel-Fassaden sorgen tagsüber für ausreichende natürliche Belichtung und Belüftung in allen Räumen. Im Innenbereich bleibt der Werkstoff Holz in seiner haptischen Qualität in den Dach- und Deckenkonstruktionen und teilweise auch in den Wänden sichtbar und erlebbar und schafft damit eine freundliche und offene Atmosphäre. Diese wird auch durch die großflächigen Verglasungen im Inneren unterstützt. Durch die im Wesentlichen „unverklebte“, also rückbaufreundliche Konstruktion wird auch am Ende der Lebensdauer des Gebäudes eine klimagerechte Weiternutzung der Materialien ermöglicht („Cradle-to-cradle-Prinzip“). Im Sinne einer nachhaltigen Planung wird auf Langlebigkeit der Baustoffe, Berücksichtigung von Wertstoffkreisläufen und den Einsatz von Recyclingmaterialien zur Verringerung der CO²-Emissionen Wert gelegt. Die Pausenhöfe werden mit offenen Bodenbelägen und hoher Versickerungsleistung befestigt, um möglichst viel Regenwasser direkt vor Ort zu Versickern. Das darüber hinaus anfallende Oberflächenwasser wird in die Baumbeete und seitlichen Vegetationsflächen entwässert. Neben den hohen Anforderungen an die Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit stehen ein gesundes Raumklima und Raumlufthygiene im Vordergrund bei der Baustoff- und Materialauswahl. Es werden nur emissionsarme Produkte verbaut (zertifiziert nach DGNB, ENV 1.2, Qualitätsstufe 4).

Freiraum und Landschaft
Die Erschließung des Ensembles erfolgt über den gemeinsamen Willkommensplatz, der als durchgehende Hartbelagsfläche mit lockerer Baumpflanzung und einen zentralen Multikodierten Landschaftsinlay darstellt. Diese ist leicht vertieft und dient sowohl als Treffpunkt als auch als Wasserspeicher. Bei Starkregenereignissen wird dieser Bereich mit Wasser geflutet und gedrosselt sowie letztendlich in die großen Freiflächen die die Schulanlage im Westen Rahmen abgegeben. Der nachhaltige Umgang mit der Bodenversiegelung und der Materialwahl zieht sich durch das gesamte Areal. So wird der Parkplatz neu konzipiert und nicht befahrene Flächen entsiegelt. Der Mensaplatz bekommt ein zentrales „Stück Wald“. Durch die Reduktion der Erschließung des Willkommensplatzes auf das Nötigste wird nicht nur ein positiver Effekt auf das Mikroklima erzielt, sondern auch ein spannungsvoller Zugang zum Platz erzeugt der mit Spielangeboten begleitet wird. Der Übergang zwischen den Platzbereichen und dem Wald im Westen wird bewusst nicht verwässert, sondern ganz klar mit einer Stufenanlage markiert, die zudem als Klassenzimmer im Wald genutzt werden kann. Ein Weg zwischen Sporthalle und Schulhaus ermöglicht den barrierefreien Zugang zum Wald. Im Sinne des zirkulären Bauens, und somit eines nachhaltigen und verantwortungsvollen Umgangs mit dem Vorhandenen werden die Beläge im Außenraums aus dem Abbruch des Schulhauses gewonnen. Es entsteht ein Muster aus unterschiedlich formatigen Betonplatten. Sofern möglich sollen auch weitere Elemente wie Stufen oder Gelände als Sitzelemente oder Spielgeräte umgenutzt und wiederverwendet werden. Für die Neupflanzung werden einheimische Gehölze verwendet. In der Artenauswahl orientiert sich das Konzept an Arten, die im Wald wiedergefunden werden.


Beurteilung durch das Preisgericht

Der vorliegende Entwurf fügt sich in Maßstäblichkeit und Orthogonalität in die bestehende räumliche Struktur des vorhandenen Schulcampus ein. Es wird eine kompakte und dennoch aufgelockerte städtebauliche Form entwickelt, die aus zwei einander gesteckten Rechtecken besteht. Die erhaltenswerten und prägenden Eichen werden nicht tangiert. Durch den späteren Abbruch entsteht eine Topographie die durch den neuen Entwurf aufgenommen wird und durch einen barrierefrei erreichbaren Willkommensplatz gekennzeichnet ist. Die Erschließung erfolgt zentral am Schnittpunkt der beiden Baukörper.

Der neue Baukörper unterteilt sich in zwei versetzte Gebäudevolumen, die jeweils in eine eigene Lernlandschaft und Cluster aufgeteilt wird. Eine über alle Geschosse reichende Eingangshalle verbindet die unterschiedlichen Fachcluster, die pädagogisch aufeinander abgestimmt sind. Die Marktplätze sind direkt den Lichthöfen zugeordnet und so trotz Innenlage gut belichtet. Das Raumprogramm wurde stringent umgesetzt. Kritisch anzumerken sind die Positionierung der Musik an der Verwaltung und die geringe Breite des Flures vor den Verwaltungsbereichen. Hier sind Wartebereiche für Besucher und Schüler unerlässlich. Die Holzhybrid-Bauweise mit Holz-Alu-Fenstern in 3-fach-Verglasung und Holzfassade wird durch eine extensive Dachbegrünung mit PV-Anlage abgerundet. Das Energiekonzept ist durch die vorrangige Nutzung erneuerbarer Energien, die Solarenergienutzung, ökologische Baumaterialien und natürliche Belüftung, optimierte Tageslichtnutzung gekennzeichnet. Dadurch ist ein geringer Aufwand im Bauunterhalt zu erwarten.
Visualisierung Pausenhalle

Visualisierung Pausenhalle

Lageplan

Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Fassadenschnitt

Fassadenschnitt

Piktogramm Blicke und Beziehungen

Piktogramm Blicke und Beziehungen