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Offener Wettbewerb | 11/2022

Umgestaltung Umfeld am Memorium Nürnberger Prozesse und Neubau BesucherInnenzentrum

2. Rundgang

Benedikt Buchmüller

Architektur

YEWO LANDSCAPES

Landschaftsarchitektur

Artemi Rashba

Architektur

Erläuterungstext

Die Aufgabenstellung ermöglicht es, ein Exempel für den ökologischen Museumsbau zu
statuieren. Mit Blick auf die Zukunft war Einfachheit und Nachhaltigkeit durch
Rückbesinnung auf Vergessenes das Ziel des Wettbewerbsentwurfs. Der Beitrag zeigt
dass ein multifunktionales, museales Zentrum von weltkultureller Bedeutung und
komplexem Programm sowohl funktional als auch ästhetisch und zugleich hochgradig
klimagerecht konzipiert sein kann. Der Slogan „easy building“ ist dabei ein Hinweis darauf
dass sich die essenziellen Bedürfnisse der Menschen und der Umwelt seit jeher treu
geblieben sind und dass manchmal weniger tatsächlich mehr ist. Die Wettbewerbsaufgabe
bedingt den Dialog mit der Geschichte der Nürnberger Prozesse als Geburtsstunde des
Völkerstrafrechts. Ein näherer Blick in die Historie gibt nicht nur Aufschluss darüber, wie
unversiegelt das Baugrundstück einst war, sondern fordert ebenso zu einer
Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen und dem Pragmatismus des Wiederaufbaus
heraus. Die Suche nach Einfachheit und Nachhaltigkeit in der Geschichte führt
gleichermaßen zur Massivbauweise, der Verwendung von Lehm und Holz als auch zu
natürlichen Planungslösungen für die Belüftung, Belichtung und für den Brandschutz.
Wie aus Erde erbaut, greift die Stampflehmfassade die Dualität zwischen Dauerhaftigkeit
und Vergänglichkeit auf. Die Fensteröffnungen wenden sich von der Straße ab und
verleihen dem Bauwerk die monolithische Anmutung eines Bollwerks. Wie der „Saal 600“.
so ist auch das hölzerne Innenleben von massiven Wänden umhüllt. Es beherbergt alle
notwendigen Nutzungen mit maximal offenen, multifunktionalen Grundrissen, die eine
freie, jedoch geführte Bewegung im Raum fördern. Der Entwurf verkörpert die didaktische
Funktion des Lern- und Erinnerungsortes durch eine der Bauaufgabe gerecht werdende
sinnliche Erhabenheit und ordnet sich gleichzeitig dem historischen Bestandsgebäude in
Höhe und Gestalt unter. Ein Highlight bildet die Dachterrasse, welche den Besucher*innen
am Ende des Rundgangs einen Blick auf Augenhöhe in Richtung des „Saal 600“ gewährt.
Durch ein Höchstmaß an Klimawirksamkeit knüpft der Entwurf an die aktuellsten
Entwicklungen der Klimaoffensive an. Das Gebäude wird nach einem smarten Lowtech-
Konzept konstruiert, klimatisiert und betrieben. Die Baukonstruktion und Materialwahl
verbunden mit dem hohen Besucheraufkommen und -frequenz, erlauben den Verzicht auf
eine Heizung und Kühlung. Programmgesteuerte Lüftungsflügel sorgen für ein
angenehmes Luft- und Raumklima und werden von einer mechanischen Lüftung
unterstützt, die auf ein notwendiges Minimum reduziert ist. Die tiefen und
sonnenabgewandten Fenster machen einen baulichen Sonnenschutz obsolet. Die
Treppenhäuser werden entkoppelt und Flure durch einen Laubengang ersetzt. Die
verbauten feuerbeständigen oder nicht brennbaren Materialien sind sowohl tragend
wirksam als auch haptisch und visuell als Endoberflächen erfahrbar.
Der Baukörper ist in Verlängerung des Mittelbaus des Bestandsbaukörpers positioniert
orthogonal auf den „Saal 600“ und die Hauptstraße hin ausgerichtet und schließt somit die
bestehende Blockrandbebauung. Das Gebäude fügt sich als solitäres Element sowohl in
den bestehenden Justizkomplex als auch als Blockbestandteil in die Straßenflucht der
Fürther Str. ein. Die skulpturale Landschaft als Zeichen der Gerechtigkeit und der
aufgerissene Bodenbelag als Symbol der Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen den
Frieden und gegen die Menschlichkeit bieten Boden für Pflanzen mit ruderalem
Hintergrund, die den Widrigkeiten ihres Lebensumfelds trotzen. Sie symbolisieren die
Hoffnung und die Geburt des Völkerstrafrechts. Sie durchbrechen scheinbar den Belag und
vitalisieren das Umfeld. Durch die Entsiegelung wird das Mikroklima verbessert, durch die
Artenwahl ein ökologischer Wert geschaffen und durch die Muldenbildung ein
Regenrückhalt erzeugt.