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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2022

Städtebauliche Entwicklung Großer Markt in Saarlouis

Lageplan M200

Lageplan M200

4. Preis

Preisgeld: 12.000 EUR

Bruun & Möllers GmbH & Co. KG

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

FORUM GROSSER MARKT
Stadtromantiker. Cafégenießer. Klimaretter

Ziel des Entwurfs ist es, den Großen Markt als neue Mitte und attraktiven lebendigen Fixpunkt der Innenstadt von Saarlouis zu stärken. - Was muss passieren damit dies wahr werden kann?

Der Große Markt bildet den Kern der Innenstadt und war stets ein Ort des städtischen Lebens. Als Paradeplatz entstanden, wurde er später stark vom Verkehr geprägt. Straßenbahnlinien haben ihn lange dominiert, heute der Autoverkehr. Täglich queren ihn tausende von Menschen, doch kaum einer hält an diesem Ort inne, verweilt ein Augenblick.

Gestern am Rande des Bewusstseins der Menschen - heute ein Ort des Lebens, der Kommunikation. Ein Forum: Treffpunkt, Bühne, und grüner Stadtplatz, an dem sich Menschen aufhalten und begegnen. Die Gestaltung ist dabei traditionsverbunden, aber mit dem Blick aufmerksam nach vorne gerichtet.

Als Stadt ist Saarlouis gekennzeichnet durch geometrisch geprägte Grünräume. Ob die Lisdorfer Auen mit ihren geometrischen Mustern oder der Stadtgarten mit alten Festungselementen und dem Ravelin V. In der Innenstadt sind es die geschnittene Platanenreihen und geometrische Formen, die den barocken Ursprung verraten. Mit seiner strukturellen Klarheit, der (zumindest ursprünglichen) einheitlichen Gebäudetraufe, den Platanenreihen und einer offenen großzügigen Mitte bildet der Große Markt keine Ausnahme.

Doch wie kann man an diesem Ort nicht nur der historischen Situation gerecht werden, sondern ebenso eine neue Mitte mit einer eigenen Identität entstehen. Was braucht und was genau ist der neue Große Markt in Saarlouis?

Vier wesentliche Schritte schaffen Klarheit und Platz:

I. Einheit: Der historische Grundriss des Platzes aus Vaubans Zeiten (17. Jhd.) wird gewahrt. Die vorhandene Raumkante mit der Platanenallee und den historischen Brunnen werden in die Dramaturgie der Innenstadt (Französischen und Deutschen Straße sowie Kleiner Markt) weiter gefestigt.

II. Mitte: Zum historischen Rahmen des Platzes wird respektvoll Abstand gehalten und eine klare, neue Mitte formuliert – ganz im Sinne des Erbauers Vauban. Der zentrale Platzbereich ist in Augenhöhe weiterhin offen gehalten, aber zukünftig durch die Bäume belebt, und als lebendige Stadtbühne, wandelbar und sich immer neu erfindend.

III. Vielfalt: Die Mitte versteht sich als Bühne und Emblem unseres heutigen Zeitalters (21. Jhd.). Auf Basis des Rasters des bestehenden Parkplatzes werden unterschiedlichste Baumarten verortet, die einerseits in Form und Farbe einen starken Kontrast zur Einheitlichkeit der Innenstadt bilden und dennoch verwandt erscheinen. Aufgezogen wie Perlen auf einer Kette bilden sie eine lockere Baumstruktur aus, die mit Offenheit und Dichte spielt.

IV. Forum: Unter dem lichtem Baumdach entwickelt sich eine neue, freigesetzte Stadt-Landschaft. Eine sanft geschwungene, steinerne Topografie bildet leise, aber eindrucksvoll einen deutlichen Kontrast zu der umgebenden, barocken Strenge. Freie Formen bestimmen diesen Raum wie beispielsweise die temporär mit Wasser gefüllten Senken (‚Hundertjährig‘ oder als kühlendes Wasserspiel). Zwischen den Bäumen entstehen unterschiedliche Räume für wechselnde, temporäre Bespielungen.

VAUBANS STADTRAHMEN
Der historische Rahmen des Platzes wird durch minimale Eingriffe in seiner Geometrie betont. Der bestehende Rahmen aus geschnittenen Platanen wird durch Neupflanzungen vervollständigt. Eine großzügige helle wassergebundene Wegedecke unter den Baumkronen wirkt entsiegelnd und verbessert den Standort für die Bäume. Die Oberfläche passt sich farblich nahtlos in das Belagskontinuum aus großen hellgrauen Platten ein, das sich teppichartig von Raumkante zu Raumkante spannt.
Schlichte elegante Holzbänke mit Rückenlehnen werden quer zur Platzkante aufgestellt und beleben nicht nur die Zone unter den Platanen, sondern leiten dadurch bewusst den Besucher in die Mitte des Raumes.

BUNTES BAUMDACH
Das neue, bunte Baumdach schafft mit seiner musikalischen Art eine starke, neue Mitte und bildet dabei einen attraktiven, grünen Rückzugsort mitten in der Stadt. Unten den lichten Baumkronen entstehen Orte der Offenheit und Dichte. Das Spiel aus Licht und Schatten und der langsame Wechsel der Jahreszeiten versprechen dabei ein hohes Maß an wechselnden Stimmungsbildern.
Durch die Vielzahl verschiedener, klimaresilienter Baumarten wird ein im Habitus und Erscheinung lebendiges Bild erzeugt und ein hohes Maß an Abwechslung erreicht. So findet man neben der Zerreiche mit dunkelgrünen länglicheren Blättern, besonderen Fruchtständen und der roten Herbstfärbung, fiedrige Blätter wie bei der Esche oder skulpturale Erscheinungen wie die Wald-Kiefer.
Durch ihre unterschiedlichen Höhen und Altersstand erzeugen die Bäume einen einmaligen Raum. Die Stellung in Reihen leitet den Blick in die Tiefe des Platzes und die Konzentration an den Rändern macht den Raum von außen ablesbar. Es entsteht so ein Raum von menschlichem Maßstab, gefasst durch das Grün der Bäume.

DIE NEUE STADTBÜHNE
Unter dem Baumdach entsteht eine landschaftliche Weitläufigkeit, die dank minimaler Erhöhungen und Vertiefungen einen abwechslungsreichen, vielfältigen Raum konstituiert. Begleitet wird diese sanft bewegte Topografie von großzügigen Sitzelementen, die ebenso weich geschwungen und in güldener Optik an die „Freudentränen Vaubans“ erinnern sollen.
Durch ihre richtungslose Gestalt wirken sie nicht als Barriere, sondern öffnen sich zu allen Seiten. Sitzmöbel, Kommunikator, Spielgerät, Kunstobjekt, Symbol und vieles mehr - Mitten auf dem Platz bilden die farbigen Tränen einen Anziehungspunkt. Ihre warme Oberfläche (Acryl) möchte man berühren, ihre Form öffnet sich dem Besucher und lädt zum Innehalten ein.

NACHHALTIGES STADTKLIMA
Besonderes Augenmerk wird bei der Baumauswahl auf die Klimaresilienz der ausgewählten Arten gelegt. Dazu wird auf verschiedene Eigenschaften wie Frucht und Blüte geachtet und dadurch ein vielfältiger Nahrungs- und Lebensraum für verschiedene Vögel und Insekten geschaffen. Die Vielfalt der Arten trägt zur Biodiversität aber auch zum verbesserten Mikroklima innerhalb der Innenstadt bei.
Das Wassermanagement des Platzes ist als Zyklus konzipiert. Das Regenwasser wird über Punktabläufe in unterirdische Speichervolumen geleitet. Von hier wird das Wasser in die Baumrigolen verteilt und dient damit auch der Bewässerung der Bäume. Bei Starkregenereignissen können die Vertiefungen der steinernen Topografie als zusätzliche Rückhaltevolumen eingesetzt werden und von dort über die Zisternen gedrosselt an die Kanäle abgegeben werden.
Um zusätzliche Kühlung auf dem Platz zu schaffen, werden fünf linsenförmige Wasserspiele um den bestehenden Marienbrunnen vorgesehen. Hier soll ein übergreifendes Brunnensystem geschaffen werden, das das bestehende System des Marienbrunnens integriert. Auch hier kann der Überlauf bei Starkregen aus der Brunnenkammer an das Regenwasserspeichervolumen angeschlossen sein und den Bäumen zur Verfügung gestellt werden. 

VERKEHRSWENDE UND MODULARITÄT
Der Große Markt wurde lange als Parkplatz monofunktional und optisch wenig attraktiv belegt. Der neue Große Markt soll ein Ort sein, an dem der Neuaufbruch in der Mobilität spürbar ist. Zukünftig sollen Fußgänger, Radfahrer hier Vorrang haben. Der motorisierte Verkehr der Anlieferung und Erschließung soll auf ein Minimum beschränkt werden.
Vorgeschlagen wird, die Parkplätze nach und nach zurückzubauen. Die Anordnung der Bäume in der Platz-Mitte lässt weiterhin eine Bespielung als Parkplatz zu. Mit einem Raster-Abstand von 9 m können zwischen den Parkplätzen die ersten Pflanzungen entstehen und der Parkplatz bestehen. Sobald der Parkplatz zurückgebaut werden kann, sind die Bäume angewachsen und können wiederum in dem dazugewonnenen Raum durch weitere Pflanzungen nachverdichtet werden.
Die Nord-Südgehende Stadt-Achse wird weitestgehend freigehalten, um der Blickbeziehung zwischen Deutscher Straße und Französischer Straße weiter sicherzustellen.


Beurteilung durch das Preisgericht

Der Planentwurf ist gut durchstrukturiert und bis 2040 in mehreren Schritten ausbaufähig. Die großkronigen Bäume werden von der Jury aus ökologischer Sicht positiv wahrgenommen, diese beeinflussen jedoch auch die Platzwahrnehmung. Durch die intensive Bepflanzung, die im Konzept vorgesehen ist, entsteht optisch eine Parkanlage auf dem Platz. Die Mischung der unterschiedlichen Baumarten kann zwar spannend sein, die Nutzungsflexibilität wird durch die Bäume jedoch etwas eingeschränkt. Die Achsen zwischen der Kirche und der Kommandantur ist nicht sehr deutlich herausgearbeitet. Die Wassersenken werden grundsätzlich als Mehrwert für die Aufenthaltsqualität gesehen, jedoch stellt sich die Jury die Frage nach der Hygiene. Auch die Wartung des vorgesehenen Kleinpflasters wird von der Jury kritisch hinterfragt. Sitzmöglichkeiten sowie die demographische Entwicklung wurden aus Sicht der Jury nicht bzw. nicht ausreichend berücksichtigt.
Lageplan M500

Lageplan M500

Schwarzplan

Schwarzplan

Schnitt M50

Schnitt M50

Isometrien Stadtbühne

Isometrien Stadtbühne

Konzept

Konzept