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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2022

Bildungscampus Gallus in Frankfurt am Main

Perspektive Campusplatz

Perspektive Campusplatz

ein 1. Preis / Zur Weiterbearbeitung empfohlen

Preisgeld: 144.600 EUR

HASCHER JEHLE Architektur

Architektur

Weidinger Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext

STÄDTEBAU UND ARCHITEKTUR
Das Wettbewerbsgebiet ist von sehr unterschiedlichen Bebauungsstrukturen umgeben: Die Zeilenbebauung der Hellerhofsiedlung im Westen, die neueren PunkthĂ€user des Europaviertels im Norden sowie die Blockrandbebauung der Altbaustruktur des Gallus im SĂŒden. Im Zentrum dieser verschiedenen Bebauungsstrukturen schlagen wir fĂŒr den neuen Bildungscampus eine offene Stadtlandschaft aus organisch geformten Kubaturen vor. Die architektonische Gestaltung unterstreicht die Bedeutung des Bildungscampus Gallus als neues Zentrum des Quartiers.

Der Bildungscampus prĂ€sentiert sich durchlĂ€ssig und offen zu allen Seiten und verbindet die umgebenden Stadtviertel miteinander. Die vielen unterschiedlichen Institutionen erhalten jeweils ein eigenes GebĂ€ude sowie eine eigene Adresse. Im Zentrum der Anlage werden die öffentlichen Funktionen, Campusherz, Bibliotheken und Sporthallen auf kurzem Wege fĂŒr alle umliegenden Institutionen gut erreichbar positioniert. Das Campusherz ist auch als Zentrum, Treffpunkt und Bindeglied fĂŒr unterschiedliche AktivitĂ€ten und Versammlungen der umliegenden Stadtquartiere konzipiert.

Im Sinne einer effektiven Nachverdichtung und zur Schaffung einer grĂ¶ĂŸeren Offenheit und DurchlĂ€ssigkeit sowie einer optimalen FunktionalitĂ€t des neuen Bildungscampus wurde vom Erhalt der meisten Bestandsbauten abgesehen. Der Altbau der Paul-Hindemith-Schule, die Kita 128 und das kleine CafĂ© im SĂŒdosten werden weiter genutzt. Der Altbau der Paul-Hindemith-Schule wird den funktionalen Erfordernissen entsprechend umgebaut und mit einem Erweiterungsbau versehen. Eine der beiden 1-Feld-Sporthallen verbleibt im Altbau der PHS. Die andere 1-Feld-Sporthalle wird mit der 2-Feld-Sporthalle kombiniert und mit der 3-Feldsporthalle zugunsten einer höheren FlexibilitĂ€t und FlĂ€chenwirtschaftlichkeit gestapelt.

FREIFLÄCHEN
Die FreiflĂ€chen sind klar gegliedert und werden durch die GebĂ€udekubaturen gefasst und durch topographische Elemente definiert. Eine großzĂŒgige öffentliche Erschließungsachse verbindet den Lotte-Specht-Park im Norden mit der Frankenallee im SĂŒden. Die öffentlichen Funktionen Campusherz, Bibliothek sowie die Sporthallen werden entlang der Erschließungsachse am zentralen Campusplatz positioniert.

RĂŒckwĂ€rtig im weniger öffentlichen Bereich liegen die beiden Schulhöfe sowie die gemeinsame SpielflĂ€che der Kitas. Auch diese privateren FreiflĂ€chen bewahren eine Offenheit gegenĂŒber den umliegenden Stadtbezirken. Die SportflĂ€chen werden in unmittelbarer NĂ€he zu den Sporthallen angeordnet. Auch das Kinderhaus und das Jugendhaus erhalten angrenzend ihre jeweiligen, gefassten Freibereiche.

Nahezu alle erhaltenswerten BĂ€ume auf dem Wettbewerbsareal können bewahrt und behutsam in die neue Gestaltung eingebunden werden. Lediglich wenige, kleinere BĂ€ume mĂŒssen fĂŒr die neuen GebĂ€ude weichen. Der alte Baumbestand verbleibt auf dem Wettbewerbsareal wie ein Layer aus einer vergangenen Zeit. Der Erhalt der alten BĂ€ume trĂ€gt entscheidend zur AufenthaltsqualitĂ€t des neuen Quartierzentrums bei.

Die Platzierung der neuen GebÀude definiert eine Abfolge von differenzierten FreirÀumen, die gut miteinander verbunden sind. Ein wichtiges Ziel der Freiraumgestaltung besteht darin, einen klimafreundlichen Bildungscampus mit reichhaltigen Nutzungsangeboten und hoher BiodiversitÀt auf begrenzten Raum zu schaffen.

Zentrale Erschließungsachse und Campusplatz
Eine große Freitreppe mit Sitzstufen sowie begrĂŒnten Bereichen fĂŒhrt zum Haupteingang der Stadtteilbibliothek. Die Freitreppe sowie die obere Außenterrassen der Stadteil- und der Schulbibliothek bieten Ausblicke ĂŒber die Campusanlage und laden zum Verweilen ein.
Die Anordnung der Pflanzbereiche mit heimischer wiesenartiger Bepflanzung eröffnet vielfĂ€ltige Gehbeziehungen und Nutzungsmöglichkeiten fĂŒr Fest, Open-Air-Kino und Bildungsevents. An den RĂ€ndern der Pflanzbeete werden breite Natursteineinfassungen errichtet, die als Sitz- und Chill-FlĂ€che genutzt werden können. Die OberflĂ€chen des Platzes werden so geneigt, dass das Regenwasser, das auf die BelagsflĂ€chen fĂ€llt, in die sanft abgesenkten Wiesen zur Versickerung geleitet werden kann.

Schulhof Paul-Hindemith-Schule
Die Freianlagen der Paul-Hindemith-Schule sind in drei Bereiche gegliedert. Das Plateau mit dem Haupteingang zum SchulgebĂ€ude befindet sich 1,64 Meter ĂŒber dem Straßenniveau. Die Außenterrasse mit Sitzstufen, Treppenanlagen und barrierefreien Rampen ĂŒberwindet die Höhendifferenz. Die langen Sitzstufen bieten multifunktionale Aufenthaltsbereiche, wie Treffpunkte, Amphitheater und „GrĂŒnes Klassenzimmer“. Über die Außenterrasse gelangt man auf die tiefer gelegene RasenflĂ€che, die fĂŒr Entspannung, Bewegung, Spielen oder kleine Veranstaltungen zur VerfĂŒgung steht. Sitzelemente und kleine Spiel- und SportgerĂ€te werden im gesamten GelĂ€nde verteilt.

Schulhof Toni-Sender-Oberstufe und Jugendhaus
Der Schulhof der gymnasialen Oberstufe und der Außenraum des Jugendhauses werden als eine zusammenhĂ€ngende offene FreiflĂ€che mit grĂŒnem Charakter gestaltet. Am SchulgebĂ€ude ergibt sich Raum fĂŒr Pausen, Lernen und Bewegung. Die bepflanzten Bereiche bieten zusĂ€tzliche RĂ€ume zum RĂŒckzug in naturnahe AtmosphĂ€re. Dem Jugendhaus wird ein ruhiger beschatteter Platz als Treffpunkte und NischenrĂ€ume zugeordnet. SchĂŒlerinnen und Jugendliche haben direkte Verbindung zu den Außensportanlagen.

Kinderzentren
Der Außenspielbereich der Kinderzentren befindet sich im Norden des vorhandenen Spielplatzes. Die benachbarte Lage ermöglicht die problemlose Mitnutzung des öffentlichen Spielplatze fĂŒr die Kinderzentren. Durch die Baumpflanzung und die Einfriedung ist die SpielflĂ€che fĂŒr die Kinder sehr gut geschĂŒtzt und auch beschattet. Die Außenanlagen bieten verschiedene altersgerechte Spielbereiche, die von allen drei Kinderzentren gemeinsam genutzt werden können. Durch die Zusammenlegung der Außenbereiche der Kinderzentren erhalten alle Kinder einen deutlich grĂ¶ĂŸeren, geschĂŒtzten Freibereich.

FUNKTION
Das Campusherz im Zentrum der Anlage ist fĂŒr alle Nutzer gut erreichbar. Mensa und Cafeteria nutzen die gleiche KĂŒcheninfrastruktur. Die Cafeteria, die in Unmittelbarer NĂ€he zum Lotte-Specht-Parks positioniert wird, ergĂ€nzt das bereits bestehende Angebot an der Frankenallee. Mensa, Aula und Foyer sind zu einem großen zusammenhĂ€ngenden Veranstaltungsbereich zusammenschaltbar. Die Aula erhĂ€lt eine Sitztreppenanlage und verbindet Foyer-Ebene und Souterrain-Ebene. Hier befindet sich die BĂŒhne und der Backstagebereich sowie benachbart die RĂ€ume des Kreativhauses. Diese werden ĂŒber den großzĂŒgigen Schulhof der PHS gut mit Tageslicht versorgt.

Die Schulbibliothek ist ĂŒber das Foyer angebunden. Die Stadteilbibliothek erhĂ€lt einen attraktiven Außenzugang ĂŒber eine teilweise begrĂŒnte Freitreppenanlage mit Sitzstufen am sĂŒdlichen Campusplatz. Alternativ gibt es einen barrierefreien Zugang ĂŒber den Fahrstuhl, direkt am Campus-Boulevard gelegen. Die beiden Bibliotheken liegen benachbart und teilen sich gemeinsame Funktionsbereiche. Stadtteilbibliothek und Schulbibliothek sind auf je zwei Geschossebenen angeordnet. Die allermeisten Publikumsbereiche befinden sich jeweils auf der Eingangsebene. Die obere Galerie-Ebene ist ĂŒber eine Freitreppe sowie visuell ĂŒber den Luftraum angebunden.

Das Campusherz, die Bibliothek, die RÀume des Kreativhauses sowie die Sporthallen sind von der Paul-Hindemith-Schule aus erreichbar, ohne die öffentliche Durchwegung zu kreuzen. Eine mit Oberlichtern versehene Verbindung der Sporthallen von der Souterrainebene aus wird vorgeschlagen.

Die geometrisch klare und einfache Abwicklung der Fassaden sowie die kompakten Bauformen, die zu einer Minimierung der HĂŒllflĂ€chen mit einem gĂŒnstigen A/V-VerhĂ€ltnis fĂŒhren, stellen die Grundlage einer wirtschaftlichen Erstellung und Unterhaltung der Fassaden und GebĂ€uden dar.

Alle Bereiche der Neubauten sowie die neu gestalteten AußenrĂ€ume können ĂŒber FahrstĂŒhle und Rampen barrierefrei erreicht werden.

VERKEHR
Um möglichst viel AußenraumflĂ€che fĂŒr Schulhöfe und Spielbereiche zur VerfĂŒgung stellen zu können wurden die 37 PKW-StellplĂ€tzen im UG des Campusherzes als Tiefgarage geplant. Die StellplĂ€tze liegen im Zentrum des Campus gut erreichbar fĂŒr alle Institutionen. Die Zufahrt erfolgt wie bisher direkt von der Idsteiner Straße aus. Unmittelbar benachbart liegt die Anlieferung fĂŒr die Mensa und die Cafeteria. Die Bibliothek kann ĂŒber die Tiefgarage auf direktem Weg angeliefert werden. Die geforderten FahrradstellplĂ€tze werden vertrĂ€glich auf dem CampusgelĂ€nde verteilt und den jeweiligen Funktionen zugeordnet. Der Campus-Boulevard verbindet die Frankenallee mit dem Lotte-Specht-Park als attraktive FußgĂ€ngerverbindung fĂŒr die umliegenden Quartiere. Auch nach Westen wird der Campus fĂŒr FußgĂ€nger geöffnet.

BAUABSCHNITTE
Es werden drei Bauabschnitte konzipiert. Zu Baubeginn werden die KindertagesstĂ€tten ausgelagert. Dadurch entstehen im Westen des Wettbewerbsgebietes großzĂŒgige FreirĂ€ume, die fĂŒr den Neubau von Sporthallen, Jugendhaus und Kinderhaus zur VerfĂŒgung stehen. Die untere Sporthallenebene des Neubaus könnte fĂŒr die temporĂ€re Nutzung der Bibliothek dienen
Nach Umzug in die Neubauten werden in einem zweiten Bauabschnitt die GebĂ€ude der Toni - Sender - Oberstufe, des Campusherzes mit den Bibliotheken sowie der KindertagesstĂ€tten errichtet. In der dritten Baustufe wird der Altbau der Paul-Hindemith-Schule umgebaut und erweitert. Die Toni-Sender-Oberstufe und das Kita-GebĂ€ude könnten wĂ€hrend der Bauphase fĂŒr temporĂ€re Auslagerungen der PSH dienen.

NACHHALTIGKEIT
Wesentlicher Aspekt der Entwicklung und Planung eines ganzheitlichen Quartierskonzepts ist es, bereits durch zahlreiche passive Maßnahmen den technischen Aufwand und damit verbunden auch den Energiebedarf fĂŒr Strom, Heizung, KĂŒhlung und LĂŒftung auf ein Minimum zu reduzieren bei einer Optimierung der AufenthaltsqualitĂ€t. Übergeordnetes Ziel dabei ist es, durch eine hohe QualitĂ€t an visuellem, akustischem und thermischen Komfort eine hohe AttraktivitĂ€t fĂŒr die zukĂŒnftigen Nutzer zu bieten. Angestrebt wird dieser Anspruch durch eine weitgehende Nutzung der natĂŒrlichen Ressourcen des Außenraums. Wesentliche Leitgedanken der Planung sind:
‱ ressourcenschonende Bauweise
‱ Einsatz umweltschonender Baustoffe
‱ Einsatz umweltvertrĂ€glicher Technologien
‱ niedrige Betriebs– und Unterhaltskosten

Die energetische QualitÀt der GebÀude soll dabei maximiert bzw. der gesamtprimÀrenergetische Bedarf minimiert werden. Es werden durch
‱ Maximierung der Nutzung vorhandener Strukturen
‱ hoher DĂ€mmstandard
‱ Kompaktheit der GebĂ€udevolumen
‱ Optimierte regenerative Energieerzeugung (Solarthermie, PV, Geothermie und WĂ€rmespeicher
‱ Nutzung KraftwĂ€rmekopplung BHKW oder Brennstoffzelle
‱ Einbindung MobilitĂ€tskonzept auch zur dezentralen Energiespeicherung bzw. Produktion
die Voraussetzungen fĂŒr einen Ressourcen schonenden GebĂ€udebetrieb gelegt.

BRANDSCHUTZ
Das Brandschutzkonzept wird entsprechend der Nutzung, der Organisation und Höhe der einzelnen GebĂ€ude nach Hessischer Bauordnung aufgestellt. Der Einsatz brandschutztechnischer Anlagentechnik wird dabei, wo möglich vermieden. Notwendige brandschutztechnische Abtrennungsmaßnahmen und die erforderliche Anordnung von notwendigen Fluren werden im bauordnungsrechtlich erforderlichen Umfang vorgesehen. Bei der Toni-Sender-Oberstufe wird von einer Bypass-Lösung ausgegangen. Alternativ wĂ€re auch eine Lösung mit umlaufenden Fluchtbalkonen vorstellbar.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Bildungscampus als offene Stadtlandschaft, diesem Bild folgen die Verfasser:innen konsequent. Die unterschiedlichen Nutzungsbereiche werden in organischen Formen organisiert und auf den ersten Blick locker auf dem GelĂ€nde verortet. Der Bildungscampus erhĂ€lt mit dieser eigenen Sprache einen unverwechselbaren und identitĂ€tsstiftenden Charakter. Gleichzeitig gelingt es dem Projekt in besonderer Weise, die angrenzenden Stadtteile miteinander zu verzahnen. Die ÜbergĂ€nge zum umgebenden Quartier werden durch interessante StadtrĂ€ume gestaltet, die die rĂ€umlichen QualitĂ€ten des Campus auch nach außen öffnen. Über die Formensprache soll die innovative und zukunftsgerichtete Bildungseinrichtung nach außen und innen sichtbar sein und die Bedeutung der Bildung im stĂ€dtischen Umfeld gefördert werden. Es entsteht ein eigenstĂ€ndiger und rĂ€umlich interessanter Stadtbaustein mit vielen NutzungsqualitĂ€ten, der das Potenzial hat, sich zu einem wirklichen attraktiven „Herz“ mit hoher gesellschaftlicher Akzeptanz im Gallus zu entwickeln. Die fließenden FreirĂ€ume werden durch die Baukörper gefasst und definiert. Wege und Aufweitungen entstehen durch geschwungenen Baukörper, die grundsĂ€tzlich die richtigen FreirĂ€ume an den richtigen Orten erzeugen. Besonders wird die sinnfĂ€llige Nutzungsverteilung gewĂŒrdigt, so bildet die neue Kita mit der bestehenden Kita einen gemeinsamen Bereich im SĂŒd-Osten, wĂ€hrend die Toni-Sender-Oberstufe mit dem Jugendhaus und den Sporthallen in Nachbarschaft im westlichen GrundstĂŒcksbereich organisiert ist. Das eingeschossige Kinderhaus, mitten in der öffentlichen Durchwegung, wird in Lage und Bedeutung jedoch kontrovers diskutiert.

Das Campusherz wird weniger als ein zentraler Freiraum definiert, sondern vielmehr als funktionale Mitte mit dem zentralen GebÀude der Bibliotheken, Mensa und Aula und den angrenzenden FreiflÀchen. Die Verfasser:innen vermögen geschickt, die Balance zwischen öffentlicher Durchwegung und Teilhabe sowie halböffentlichen schulischen FlÀchen zu finden.

Bei nÀherer Betrachtung ergeben sich verschiedene Fragen, die in einer weiteren rÀumlichen und funktionalen Durchgestaltung der einzelnen Bereiche zu beantworten wÀren.

Das Campusherz lebt von der Belegung mit gemeinschaftlichen Funktionen. Diese Herzfunktion noch mehr betont werden: Das GebĂ€ude sollte in der inneren wie Ă€ußeren Gestaltung und Organisation die Öffnung und Verbindung zwischen den NutzerInnen-Gruppen und angrenzenden CampusfreirĂ€umen noch weiter stĂ€rken. Funktional mĂŒsste die Schulbibliothek von der Stadtbibliothek getrennt werden. GewĂŒrdigt wird das rĂ€umliche Angebot der Aula wird mit absteigender TribĂŒne zu Ebene -1. Hier sind Ideen zu entwickeln, wie eine möglichst multifunktionale Nutzung des Raumes aussehen kann.


Die große Freitreppe zur Bibliothek in Ebene 1 mag rĂ€umlich spannend sein, die Barrierefreiheit kann aber nicht nachgewiesen werden. Trotz aller rĂ€umlicher PrĂ€gnanz bestehen auch Zweifel, ob eine Höhendifferenz zwischen Freitreppe Bibliothek und Pausenhof Paul-Hindemith-Schule in Ebene -1 von ca. 9 m angemessenen ist und tatsĂ€chlich einen Mehrwert bringt oder den fließenden RĂ€umen und Funktionen eher im Wege steht. Die trennenden und verbindenden QualitĂ€ten der Höhendifferenzierung sollten weiter ausbalanciert werden. Insgesamt ist bei einer Umsetzung der rĂ€umlich interessanten Zonierung durch landschaftliche Höhenstaffelungen darauf zu achten, dass allen Nutzer:innen ein inklusiver und gleichberechtigter Zugang zu allen Orten ermöglicht wird.

Die Paul-Hindemith-Schule wird in dem BestandsgebĂ€ude verortet und durch einen kleinen Erweiterungsbau ergĂ€nzt, der auch den zukĂŒnftigen Haupteingang darstellt. Der vorgelagerte abgestaffelte Pausenbereich der Paul-Hindemith-Schule wirkt rĂ€umlich interessant, ist aber nur bedingt barrierefrei zu erschließen und erzeugt innerhalb der FlĂ€che und vor allem zu der Campus-Durchwegung eine Vielzahl von GelĂ€ndern, die den rĂ€umlichen Eindruck und die Nutzbarkeit einschrĂ€nken könnten. Die ĂŒber den abgesenkten Innenhof belichteten RĂ€ume im Untergeschoss können nicht ĂŒberzeugen. Die Belichtung in den langen innenliegenden Fluren und die Belange des Hochwasserschutzes scheinen nicht umfĂ€nglich gelöst. Geometrisch ergeben sich z.T. Zwangspunkte, so z.B. der Anschluss von Innenhof und Baukörper der Kita. Die Kita ist von der inneren Struktur sehr einfach, ohne besondere rĂ€umliche QualitĂ€ten. Die innenliegenden SchlafrĂ€ume sind so nicht umsetzbar.

Die Toni-Sender-Oberschule ist in einem geschwungenen Baukörper an der Nord-West-Ecke des GelÀndes gut situiert und organisiert. InnenrÀumlich werden hohe QualitÀten erwartet.

Architektonisch sind die GebÀude gut durchgearbeitet. Die Fassadengestaltung mit einer Holz-Glas-Konstruktion ist sehr ansprechend und wird der Aufgabenstellung gerecht. Der hohe Glasanteil ist in der weiteren Bearbeitung kritisch zu hinterfragen. Die Bibliotheken und die Sporthallen, sowie Teilbereiche des Kinderhauses erhalten ein Kleid aus senkrechten Holzlamellen, damit werden die GebÀude entlang der Durchwegung akzentuiert.

Die Umsetzung in Bauabschnitten ist gut möglich.

Durch die amorphen GebĂ€udeformen und deren Anordnung auf dem GelĂ€nde ergeben sich vielfĂ€ltige FreirĂ€ume mit unterschiedlichen AtmosphĂ€ren, innerhalb derer sich die Nutzer und Besucher mit inszenierten Blickbeziehungen bewegen können. Die Haupterschließungsachse, die den Lotte-Specht-Park mit der Frankenallee verbindet, bildet das ĂŒberzeugende RĂŒckgrat fĂŒr weitere Wegeverbindungen innerhalb der unterschiedlichen Nutzungen.

Die daran angrenzenden „topographischen Elemente“, in Form einer Freitreppe zur Bibliothek und eines tiefliegenden Pausenhofes der Paul-Hindemith-Schule, werden, was die AnsprĂŒche an eine barrierefreie Erschließung fĂŒr öffentliche GebĂ€uden angeht, sehr kritisch hinterfragt und beurteilt. Bei dem abgesenkten Pausenhof stellt sich zudem die Frage, welche Auswirkungen bei einem Starkregenereignis zu erwarten sind. Alarmierend sind zudem die Angaben zum hohen Grundwasserstand, der eine Versickerung des OberflĂ€chenwassers infrage stellt. Auch wird der Umgang mit den BestandsbĂ€umen in diesem Bereich hinterfragt, da sowohl das Abgraben als auch die Unterbauung des angrenzenden Weges einen Verlust des Baumbestandes bewirkt. Die Baumstandorte insgesamt betrachtet, beschrĂ€nken sich in erster Linie auf den Erhalt des Bestandes. Hier wird eine ErgĂ€nzung durch Neupflanzungen, zur Steigerung der individuellen rĂ€umlichen QualitĂ€ten vermisst. Insbesondere der Campusplatz, als das freirĂ€umliche „Herz der Anlage“, sollte, gemessen an seiner Bedeutung und Nutzung, klarer und robuster ausgestaltet werden. Insgesamt gesehen bietet das Konzept fĂŒr die FreirĂ€ume die Chance, im Hinblick auf deren ĂŒbergeordnete Funktion fĂŒr die Vernetzung der angrenzenden StadtrĂ€ume, als verbindendes und prĂ€gendes Element zu wirken.

Insgesamt stellt die Arbeit einen sehr wertvollen Beitrag dar. Die außergewöhnliche Umsetzung des Bildungscampus Gallus hat das Potenzial, ein Magnet im Umfeld und darĂŒber hinaus zu werden. FĂŒr die aufgeworfenen Fragestellungen sollten Lösungen entwickelt werden, um dem selbst gesetzten Anspruch gerecht zu werden.
Lageplan

Lageplan

Nutzungsdiagramm

Nutzungsdiagramm

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

1. Obergeschoss

1. Obergeschoss

Souterrain

Souterrain

Obergeschosse

Obergeschosse

Bauabschnitte

Bauabschnitte

Schnitte

Schnitte

Ansichte

Ansichte

Modellfoto

Modellfoto