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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2022

Landesgartenschau 2027 Neustadt an der Weinstraße

4. Preis

Preisgeld: 17.000 EUR

hutterreimann Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

SAUERZAPFE ARCHITEKTEN GmbH

Architektur

Leon Giseke

Visualisierung

Erläuterungstext

Mit der neuen Parklandschaft im Neustädter Osten werden spannende neue Verbindungen und Erholungsräume geschaffen. Diese nehmen bestehende Grünstrukturen durch die Innenstadt auf, die im Westen bis an den Pfälzerwald anknüpfen. Im Osten wird wiederum über die Wege entlang Reh- und Speyerbach der nahe Ordenswald und die dahinterliegende Rheinebene angebunden. Gleichzeitig wird die Erholungsqualität für die unmittelbar angrenzenden Stadtteile stark gesteigert.

Das Entwurfskonzept führt die Gliederung der Parklandschaft in die zwei übergeordneten Parkteile Auenpark und den Berg- und Sportpark fort. Dabei spielt der Entwurf mit der Erlebbarkeit der Gegensätzlichkeit und der Landschaft. Während der Auenpark als wilde Naturlandschaft entwickelt wird, zeigen Sport- und Bergpark eine künstliche, menschengemachte landschaftliche Ordnung, die mit der Neustadtkrone ihren sprichwörtlichen Höhepunkt findet.
Verbunden werden die beiden Parkräume neben den renaturierten Bachläufen vor allem durch das neue, zentrale Bindeglied - das Parkforum. Diese ehemalige Gewerbefläche wird mit Wein- und Sommergarten, sowie Spiel- und Ausstellungsflächen zu einem Ort der Öffentlichkeit im Grünen.

Das Wegesystem der neuen Parklandschaft setzt den Fokus auf Verbindung und Erlebnis.
Neben den übergeordneten Verbindungen durch Speyerbachpromenade und Rehbachwegerl gibt es zwei introvertierte Wegesysteme. Der Naturlehrpfad erlaubt spannende Einblicke in die Teilbereiche des Auenparks, wohingegen die Bergschleifen den Aufstieg auf den Deponiehügel inszenieren.
Darüber hinaus ergänzen weitere Wege das Netz und schaffen neue Eingänge aus den angrenzenden Stadtteilen.

Während im Berg- und Sportpark kleine Aufenthalte entlang der Wegeschleifen, sowie die strahlende Neustadtkrone großzüge Ausblicke in die Weite des Parks und die umliegende Landschaft inszenieren, liegt der Fokus im Auenpark auf ruhigem, kontemplativem Landschaftsgenuss. Hier werden über die Natur-Scouts (Naturbeobachtungsstationen) und die Aufenthaltsmöglichkeiten entlang der Bachräume ganz kleinmaßstäblich Orte beleuchtet und Einblicke in die verschiedenen Biotope des Parks geschaffen.

Der Auenpark thematisiert schwerpunktmäßig das Naturerleben. Den Rahmen dazu bilden die beiden renaturierten Bäche – der Rehbach und der Speyerbach, wo vor allem der Speyerbach durch großzügige Modellierung der Böschungen und Rückbau von Betoneinfassungen in eine naturnahe Form gebracht wird. Den Auftakt in den Auenpark bilden im Westen an der Landwehrstraße die Stadtgärten. Hier werden Flächen für Naschgärten (Essbare Stadt) und entspannten Aufenthalt für die Nachbarschaft aus den angrenzenden Quartieren geboten. Die Speyerbachpromenade als übergeordnete Rad- und Gehwegeverbindung aus Asphalt mit heller Abstreu wird barrierefrei neben dem Bachlauf unter dem Bahnviadukt durchgeführt. Sie verbindet die Altstadt mit den beiden Parkbereichen und dem östlich daran anschließenden Landschaftsraum. Die gemächlich schwingenden Wege von Speyerbachpromenade und Rehbachwegerl (wassergebundene Decke) inszenieren die renaturierten Bachläufe und den Wechsel von Offenheit und Dichte der Landschaft. Landschaftliche Sitzstufen laden zum Aufenthalt am Wasser ein. Währenddessen gibt das feine Wegenetz des Naturerlebnispfads – schmale Stege mit Naturbeobachtungsstationen - Einblicke in die Vielfalt der Natur vor Ort und schützt die sensiblen Bereiche des Auenparks vor Betreten und Übernutzung. Diese Natur-Scouts lenken die Blicke auf das Blätterdach, den Sukzessionswald, die Feuchtwiesen und den Rehbach.
Der zurückhaltende Ansatz der Parknutzung in der Aue findet sich auch in der Ausgestaltung der Spielmöglichkeiten wieder. Drei Orte für Landschaftsspiel inszenieren mit natürlichen Materialien auf eine künstlerische Art die Besonderheiten der verschiedenen Teilbereiche ohne dabei explizit Spielplatz sein zu wollen. Am Rehbachwegerl thematisiert das ‚Erdwerk‘ die Besonderheiten der Topografie der Dammlage.
Im westlichen Sukzessionswald inzeniert das Waldspiel ‚Holzdickicht‘ mit ergänzenden vertikalen Holzelementen den dichten Aufwuchs, während das Ruinenspiel im östlichen Sukzessionswald mit groben Steinblöcken die anthropogen geprägte Geschichte des Sukzessionswäldchens als Lagerfläche für Betonteile und das Überwuchern durch den Wald erzählt.

Der Bergpark und der Sportpark werden gestalterisch zu einer zusammenhängenden Landschaft verwoben. Die Wegeschleifen rahmen mit markanten Zügen den künstlich geformten Deponieberg, sowie den Innenraum der Sport- und Veranstaltungsfläche. Dem Sanierungskonzept folgend wird zusätzlicher Bodenauftrag aus dem Aushub der Speyerbachrenaturierung im Massenausgleich genutzt, um die Kubatur des neuen Erdwerks in seiner Künstlichkeit für den Besucher erfahrbar zu machen. Baumreihen zeichnen die linearen Wegestrukturen nach und akzentuieren Aufenthaltsbereiche. Während die, die Wegescheifen akzentuierenden Baumreihen auf dem Deponieberg aus Zitterpappeln (Populus tremula) bestehen, werden die strengen Baumreihen im Bereich des Sportparks durch verschiedene Klimabaumarten (Schnurbaum, Amberbaum, Gleditsien etc. …) aufgelockert. Wegebegleitende, flache Mäuerchen bestehen entlang der Bergschleifen aus regionaltypischem Trockensteinmauerwerk, während sie im Sportpark aus Betonwerkstein hergestellt werden.
Das Highlight dieses Parkbereichs bildet die Neustadtkrone, eine 360-Grad Aussichtsfläche auf dem überhöhtem Bergplateau, als lohnendes Ziel des mühsamen Aufstiegs. Ein großzügiges, umlaufendes, monolithisches Sitzelement aus Recyclingbeton und Holz akzentuiert das Haupt des Bergparks. Weithin sichtbar befindet sich im Inneren der Krone der Arkadische Garten, ein wilder und exotisch anmutender Gartenbereich mit standort- und klimagerechten Baumunikaten. Diese spenden Schatten und mit ihren wechselnden, jahreszeitlich Aspekten - den besonderen Charakter des Ortes.
Die Hangwiesen werden periodisch beweidet. Entlang der barrierefreien Wegeschleifen um den Berg werden immer wieder Aufenthaltsmöglichkeiten mit Blick in die Weite angeboten.
Auf der östlichen Flanke des Deponieberges werden Bereiche für Spiel und Sport, mit einer Sitztribünenlandschaft, in diese besondere topografische Situation eingeflochten. So finden sich hier für die kleinen Parkgäste neben einem intensiven Terrassenspielplatz ein Rodelhang und in dessen Auslaufbereich eine Sommerplansche. Der nordöstliche, untere Hangbereich wird zum Bouldern und Klettern genutzt. Östlich davon ergänzen ein weitläufige BMX-Trails und Pumptrack das Angebot an Trendsport.
Im zentralen ‚Grünen Stadion‘ des Sportparks finden sich neben Spielfeldern für Fußball und Basketball auch eine multifunktionale Fläche für Veranstaltungen und Gruppensport, sowie verschiedene kleinere Angebote wie Calisthenics, Tischtennis und Boule. Das bestehende Umkleiden-Gebäude wird weitergenutzt und mit einem kleineren Neubau für gastronomische Nutzung (Sportler-Imbiss) unter einem Dach zusammengefasst.
Unmittelbar am Speyerbach entfaltet sich ein Strandbereich mit Beachvolleyball.
Dieser ist neben dem neuen, landschaftlichen Wasserspiel ‚Bachplätschern‘ südwestlich der Haldenfläche, die zweite Möglichkeit für einen direkten Zugang und Aufenthalt am Wasser im Berg-und Sportpark.

Das Parkforum verbindet – als Ort der Zusammenkunft und Kommunikation - die beiden großen Parkteile von Auenpark- und Berg-und Sportpark über die Adolph-Kolping-Straße hinweg. Hier laufen wichtige Wegeverbindungen zusammen und führen die Besucher:innen zum Wein- und Sommergarten. Im Schatten eines strengen, gemischten Klimabaumhains kann man hier neben einer Stärkung vor dem Aufstieg auf den Deponieberg oder vor dem Erkunden des wilden Auenparks auch Ausstellungen und kleinere Veranstaltungen genießen. Die Halle aus dem Gewerbebestand wird hierfür weitergenutzt. Es entsteht ein öffentlicher Ort der im Sinne der grünen Konversion für die Neustädter:innen zu einem weiteren Symbol für Nachhaltigkeit und zu einem verbindenden Treffpunkt im Grünen wird.

Das Thema Nachhaltigkeit und die Prinzipien des Cradle to Cradle sind mit dem Entwurf auf mehreren Ebenen verflochten. Durch die Neucodierung als Parklandschaft im Sinne des Reduce, Reuse, Recycle, werden die Flächen durch Berücksichtigung und Wiederbelebung des Vorgefundenen und Materialrecycling zurückhaltend neu formuliert.
Der Entwurf sieht vor, möglichst viele Materialien, die vor Ort gefunden werden oder abgebrochen werden auch lokal wieder in unterschiedlichster Weise weiter zu nutzen. Abgebrochene Flächenbefestigungen können so als RC-Tragschicht weiterverwendet werden. Notwendige Baumfällungen, können zur Strukturanreicherung in der Renaturierung der Bäche, oder aber als weiche Wegebeläge in Form von Hackschnitzeln genutzt werden.
Vor Ort durch die Renaturierungs-Maßnahmen ausgebauter Boden wird möglichst vollständig für Modellierung und Erdauftrag an anderer Stelle im Parkgelände vorgesehen.
Außerdem sollen neu eingebrachte Ressourcen aus RC-Materialien oder mit möglichst hohem Wiederverwendbarkeitswert zum Einsatz kommen.



Beurteilung durch das Preisgericht

Das Entwurfskonzept beruht auf der Einteilung des gesamten Geländes in zwei gegensätzlich gestaltete Parkteile: der naturnah geprägte Auenpark und der artifiziell charakterisierte Bergund Sportpark, mit einer »Neustadtkrone« als Hochpunkt. Beide Parkteile werden an der Adolf- Kolping-Straße durch das sogenannte »Parkforum« verbunden, das, als Wein- und Sommergarten gestaltet, als Spiel und Ausstellungsfläche für öffentliche Veranstaltungen genutzt werden soll. Ein Areal mit Spiel-, Sport- und Ausstellungsflächen und einer Reihe von Neubauten ist am östlichen Fuß des Müllberges geplant.

Die Jury schätzt den gut nachvollziehbaren, klar gegliederten Aufbau der gesamten Anlage. Mit den Hausgärten und Themengärten am westlichen Zugang zum Wettbewerbsareal erfolgt ein sinnvoller Auftakt, der von intensiver Nutzung in den naturnah gestalteten Auenwald überleitet, aber in den Wegebeziehungen nach Westen nicht korrekt angebunden ist. Die Umgestaltung des Speyerbaches und seiner Uferzonen wird als gestalterisch gelungen erachtet, bietet dem Bach jedoch für eine optimale Renaturierung zu wenig Raum. In der Perspektive werden die Umgestaltungen ansprechend vermittelt. Der beabsichtigte behutsame Eingriff wird positiv gesehen, auch wenn sich bei näherer Betrachtung zeigt, dass der Auenwald von einer Vielzahl kleiner Wege und Pfade durchzogen wird, an denen während der Gartenschau punktuelle Ausstellungen gezeigt werden sollen. Auch durch raumgreifendere Interventionen, wie den Spielbereichen »Ruinenspiel», »Holzdickicht« und »Kunst-Lichtung», wird in den Auenwald intensiver eingegriffen, als es zunächst laut Aussage des Verfassers bzw. der Verfasserin beabsichtigt wird. Dieser Aspekt wird in der Jury kontrovers diskutiert, weil das Bemühen um möglichst wenige Eingriffe nicht konsequent umgesetzt wird, was zu einer starken Umgestaltung des Auenbereiches führt.

Positiv beurteilt die Jury die Planung des »Parkforums« an der Adolf-Kolping-Straße, weil hier ein attraktiver, landschaftsarchitektonisch gestalteter Übergang mit hohem Wiedererkennungsund Nutzwert zwischen den beiden Parkteilen hergestellt wird. Dieser eher städtische Platz ist im Gesamtkonzept an der Schlüsselstelle in der Parklandschaft gut positioniert, öffentlich sehr gut zugänglich und schafft eine klaren Trennung der Adolf-Kolping-Straße in einen südlichen und einen nördlichen Abschnitt, was der gewünschten Verkehrsberuhigung in diesem Bereich zugute kommt. Dass die Blumenhalle in der Daueranlage nicht mehr enthalten ist, wird skeptisch angemerkt. Der Abriss der Halle wird von der Jury als nicht zwingend erachtet, und der Erhalt des Bauwerkes könnte langfristig der Gewährleistung der Nutzungsvielfalt des Außenbereiches entgegenkommen. Der »cradle-to cradle« Ansatz wird in der Arbeit nicht eigens hervorgehoben.

Die landschaftsarchitektonische Qualität des Berg- und Sportpark wird in der Jury kritisch diskutiert. Die zweiseitige barrierefreie Wegeführung zum Gipfel des Berges wird positiv beurteilt, auch die Pflanzung orientierender Baumreihen an den Flanken des Deponieberges. Die Anlage der Aktivitätsflächen am südöstlichen Bergfuß wird begrüßt, die Dimensionierung der Sportanlagen erscheint jedoch eher etwas zu gering. Die Gestaltung des Aussichtspunktes als »Neustadtkrone « mit arkadischem Garten und Baumunikaten kann die Jury nicht überzeugen. Die relativ kleine und eher konventionell gestaltete Bauminsel mit umlaufender Betonsitzbank wirkt austauschbar und entfaltet nicht die erwünschte Stahlkraft als Landmarke. Hinsichtlich der geschätzten Kosten bewegt sich der Entwurf im vorgegebenen Rahmen.

Insgesamt schätzt die Jury die Klarheit des Entwurfes und die sensible Ausarbeitung von einigen wichtigen Schlüsselstellen in der Parklandschaft, vor allem das »Parkforum», erachtet den Entwurf allerdings in Gänze als nicht ausdrucksstark genug.