modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 12/2022

Areal Waidmannstraße - Neue Vielfalt für den Diebsteich

Stadiongebäude

Stadiongebäude

1. Preis

Preisgeld: 170.000 EUR

gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

WES LandschaftsArchitektur

Landschaftsarchitektur

schlaich bergermann partner - sbp SE

Tragwerksplanung

Ingenieurbüro Hausladen GmbH

TGA-Fachplanung

moka-studio GbR

Visualisierung

Erläuterungstext

Die Bauaufgabe umfasst einen von neun Teilbereichen des städtebaulich-freiraumplanerischen Rahmenplans rund um den Diebsteich. Bis 2027 soll der Fernbahnhof Altona hierhin verlegt werden, das Quartier wird einem grundlegenden Wandel unterworfen. Das 4,7 Hektar große Projektgrundstück spielt hierbei eine zentrale Rolle. Direkt gegenüber dem geplanten Bahnhof gelegen, sollen hier ein Fußball-Regionalligastadion sowie eine Musikhalle mit jeweils circa 5000 Plätzen, Büroflächen und ergänzende Nutzungen wie eine Kita, Einzelhandel und Gastronomie entstehen. Einige historische Verwaltungsgebäude von ThyssenKrupp Schulte bleiben erhalten und werden neu genutzt.

Der Entwurf von gmp besteht aus vier Bausteinen, wovon der prominenteste das neue Regionalligastadion ist. Es wird das Zuhause des Hamburger Traditionsvereins Altona 93. Mit üppig begrünten Terrassen und einem Sockel aus Backstein lässt es den Eindruck eines Spielfelds im Grünen entstehen. Alte Schiffscontainer bieten Raum für ein Museum, Gastronomie und sanitäre Anlagen. So entsteht eine industriell anmutende Atmosphäre, die viel Raum für eigene Gestaltung des Vereins und Aneignung durch die Fans ermöglicht. In einem angrenzenden Sporthaus, dessen begehbares Dach als Sportfläche genutzt werden kann, sind weitere Vereinsnutzungen und Sportangebote wie eine Kletterhalle geplant.

Den zweiten Baustein bildet die Hamburg Music Hall – ein neues Konzerthaus für Hamburg. Eine bestehende Lagerhalle wird als Konzerthalle für Rock- und Popkonzerte und andere Veranstaltungen umgenutzt. Dabei wird ein Auditorium mit circa 5000 Plätzen als eigenständiger Neubau in die bestehende Halle eingefügt. Es entsteht ein kulturelles Zentrum, das durch seine flexible Nutzbarkeit für ganz Hamburg von Bedeutung sein wird und zur Belebung des Quartiers beiträgt.

Als dritter Baustein entsteht entlang der Waidmannstrasse ein Gebäude mit Büro- und Gewerbeflächen. Es bildet als westlichster Baustein ein markantes Gegenüber zu den gläsernen Bahnhofstürmen. Eine Fassade mit Backstein schafft eine Verbindung zu den zu erhaltenden Bestandsbauten. Die gestaffelte Höhenentwicklung vermittelt zwischen Bahnhof und Nachbarschaft. Eine Freitreppe als Teil des Gebäudes öffnet sich zu einer Außenbühne der Musikhalle und kann für spontane Aktivitäten genutzt werden.

Den vierten und letzten Baustein bilden das historische Verwaltungsgebäude mit zwei Portalhäusern, die bestandsgerecht erhalten und umgenutzt werden. Das Verwaltungsgebäude bietet Raum für eine Kita mit Bewegungsschwerpunkt, in den beiden darüberliegenden Ebenen können zusätzlich Co-Working und weitere Büroflächen angeboten werden. Die zwei Portalhäuser markieren vom Bahnhof kommend das Entrée in das Quartier und bieten somit eine wichtige Orientierungshilfe. Das ehemalige Pförtnerhäuschen wird zu einer Eisdiele, das ehemalige Trafohäuschen zu einem Kiosk.

Der Entwurf schafft einen ganzheitlichen, zukunftsfähigen Stadtraum mit hoher Nutzungsvielfalt, Aufenthaltsqualität und Biodiversität. Grünflächen umfassen die groß gewachsenen Bestandsbäume, wie Intarsien eingelegt in einen Belag aus wiederverwendetem Kopfsteinpflaster. Die Planung für das gesamte Quartier verfolgt einen ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatz. Dabei bilden Fassaden- und Dachbegrünung, Regenwasserbewirtschaftung und ressourcenschonender Materialeinsatz drei besondere Schwerpunkte. Dies wird durch die Integration von erneuerbaren Energien, robuste Gebäudestrukturen sowie einen maßvollen Umgang mit technischen Anlagen ergänzt. Die Jury lobte den Entwurf von gmp als ein in sich schlüssiges Ensemble mit jeweils eigener Architektursprache. Das Projekt leistet einen Beitrag zur langfristigen Veränderung des Stadtteils Altona-Nord und bietet ein großes Entwicklungspotenzial, das für das gesamte Hamburger Stadtgefüge von Bedeutung ist.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Setzung der einzelnen Bausteine bildet zu den umgebenden Straßen eine klare raumbildende Kante, die eine erforderliche Abschirmung von Lärmemissionen gegen die benachbarte Wohnbebauung bietet, die sich aber auch an den richtigen Stellen öffnet, um die gewünschte Durchwegung des Areals zu erzielen.

Die Maßstäblichkeit der Bebauung, insbesondere der Höhen, wird durch eine geschickte Verteilung der Volumina angenehm moderat gehalten, mit Ausnahme vielleicht der Höhenstaffelung des Bürogebäudes an der nord-westlichen Ecke, die noch einmal überprüft werden sollte.

Die identitätsstiftende Architektur der bestehenden Portalhäuschen, des gründerzeitlichen ehem. Verwaltungsgebäudes mit seiner Umnutzung zur Kita und großer Ansichtsflächen der Bestandhalle wird gut sichtbar und erfahrbar gelassen. Jeder der drei neuen Bausteine - Stadion mit Mantelbebauung, Erweiterung Hamburg Music-Hall und Bürogebäude - soll analog zu seiner jeweiligen Nutzung auch eine eigene Architektur bekommen, was den Gebäuden eine individuelle Lesbarkeit und dem Quartier eine willkommene Vielfalt verleiht. Eine Realteilung und eine Errichtung in Bauabschnitten sind gut möglich. Sämtliche Gebäude, alte wie neue, verbindet wiederum der Einsatz von rotem Klinker atmosphärisch zu einer Einheit, in wahrnehmbarer Tradition der vergangenen industriellen Architektur des Geländes.

Das neue Bürogebäude bietet im EG eine innere, leicht auffindbare Fläche für das Fahrradparken, umgeben von gut vermarktbaren und den Straßenraum belebenden Flächen für Einzelhandel, Gastronomie und Dienstleistung. Die dazwischenliegenden Zugänge zu den aufgehenden Bürogeschossen sind für eine gute Adressbildung hier zwar gut positioniert, sollten aber etwas großzügiger dimensioniert werden. Die aufgehenden Geschosse erscheinen mit ca. 18 m recht tief. Die massive Gebäudeproportion, die tiefen Grundrisse und die von Teilen der Jury als etwas unentschieden (horizontale oder vertikale Fassadengliederung) bemängelte Fassade sollten optimiert werden. Sehr gut ist die hufeisenförmig umschlossene begrünte Plattform, eigentlich das Dach über dem Fahrradparken, erschlossen durch eine breite Sitzstufenanlage mit Blick auf eine Außenbühne, die seitlich an die Music-Hall angedockt ist. Dies ist ein sehr gelungener und belebender Baustein und ein Angebot an die Altonaer Nachbarschaft für spontane Konzerte, der als freier Ort mit hoher Aufenthaltsqualität zum entspannten Verweilen einlädt.

Die Musikhalle bleibt in ihrer industriellen Anmutung weitgehend sichtbar, ist in Gänze unterbaut und erhält innen ein neues Tragwerk. Durch die Anordnung von Garderoben, Lagerräumen, Technik usw. im UG sind die Grundrisse der aufgehenden Geschosse klar und übersichtlich. Die Proportion des Bühnenturmgebäudes nördlich der Halle wird hierdurch ebenfalls angenehm moderat gehalten. Seine regalartige Gestalt bietet Potential für eine prägnantere architektonische Ausgestaltung der Fassaden. Unklar ist die Anlieferung durch LKW im Norden, die im Betriebsablauf der Music-Hall sehr schnell und effizient erfolgen muss. Fraglich ist auch, ob die erforderlichen Besucher*innenzahlen tatsächlich untergebracht werden könnten.

Der Hauptzugang für Besucher*innen ins Foyer liegt strategisch sehr gut nach Westen orientiert, so dass diese „abgefangen“ werden, bevor eine Vermengung mit den Besucher*innen des Fußballstadions erfolgen kann. Letztere werden so an der Music-Hall vorbei direkt zur Haupttreppe des Stadions geleitet, die allerdings nicht direkt im Blickfeld, sondern „um die Ecke“ des Bestandsgebäudes zu liegen scheint. Die Anordnung/ Orientierung der Treppenlage sollte überprüft werden.

Das Stadion ist vierseitig umbaut, im Norden und Süden mit terrassierten Büroriegeln, nach Osten durch ein transparentes Gebäude für den AFC samt Ärztehaus mit spektakulärer Bespielung der Dachfläche, nach Westen mit einem Pergolendach. Diese räumliche Konstellation lässt eine dichte und spannende Spielatmosphäre erwarten.

Im UG ist die effizient ausgelegte TG mit einigen Nebenräumen platziert. Durch die Abfahrt von Norden werden die Rampen entsprechend lang. In der Peripherie des EG werden - wichtig für die Finanzierung des Projektes - großflächig vermietbare Gewerbeeinheiten und ein Vereinslokal positioniert, im Inneren liegen der Anlieferbereich und das Fahrradparken mit vorgelagerter Fahrradwerkstatt, gut für die Belebung der schmalen Gasse.

In allen vier Ecken des Stadions führen angemessen dimensionierte Treppen auf die Plaza- und Umlaufebene, die in allen Bereichen mit den erforderlichen Einbauten gut funktioniert.
Als sehr interessant werden auch die Terrassen der Bürogeschosse beurteilt. Sie lassen viel Licht aufs Spielfeld, integrieren Grün in die Architektur und ermöglichen die Zugänglichkeit von der Terrasse auch zu kleinen Mieteinheiten, falls gewünscht.

Die tatsächliche Anzahl der Stadionbesucher*innen wie auch die Sichtlinien der Tribünen auf das Feld müssen überprüft werden.

Insgesamt wird das Stadiongebäude als funktional und architektonisch sehr gut gelungen beurteilt.

Die Freianlagen binden das Quartier über einen ruhigen einheitlich wirkenden Pflasterbelag zusammen. Die fließende Pflasterfläche ist im Bereich der Bestandsbäume unterbrochen und durch locker bepflanzte Flächen im Kronenbereich ergänzt.

Der Pflasterteppich als Grundlage der verschiedenen Baukörper und die Leitidee eines offenen Stadtraumes mit Baumgruppen werden positiv bewertet. Die Öffnung des Quartiers in Richtung neuem Bahnhof könnte größer ausfallen, um den zu erwartenden Besucherströmen gerecht zu werden.

Die nördliche und östliche Anlieferungssituation der Music-Hall wirken noch unfertig. Da evtl. die Haupterschließungstreppe für das Stadion von Westen kommend verbreitert oder weiter nach Norden verschoben werden soll, ist zu prüfen, ob die Durchfahrt der Trucks hier noch im Süden gelingen kann.

Insgesamt überzeugt der Freiraum mit seiner unaufgeregten robusten Ausformulierung für diesen Ort und lässt nach der Realisierung eine hohe Aufenthaltsqualität erwarten.
Dachbegrünung kombiniert mit PV-Anlagen ist ausreichend vorhanden. Auch das Entwässerungs- und Retentionsmanagement ist gut geplant. Die Fassadenbegrünung sollte im Hinblick auf die Einhaltung der Vorgaben überprüft werden.

Unbedingt geprüft werden muss der Einsatz nachhaltiger Baustoffe, der nicht ausreichend eingeplant zu sein scheint.

Die Barrierefreiheit ist insgesamt gegeben.
Vogelperspektive

Vogelperspektive

Lageplan

Lageplan

Musikhalle

Musikhalle

Bürogebäude

Bürogebäude

Ansicht Süd

Ansicht Süd