modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 10/2022

Umbau ehemalige Theaterwerkstätten zum Bürohaus für die Region Hannover

Visualisierung

Visualisierung

1. Preis

Preisgeld: 65.000 EUR

O&O Baukunst

Architektur

fd-ingenieure, Dipl.-Ing. Frank Dröse, Tragwerksplanung, Brandschutz, Thermische Bauphysik

Tragwerksplanung

HTW Hetzel, Tor-Westen und Partner Ingenieurgesellschaft mbH & Co. KG

TGA-Fachplanung

hhpberlin - Ingenieure für Brandschutz GmbH

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Neue Werkzeuge für die Theaterwerkstätten

Die Theaterwerkstatt Hannover ist ein herausragendes Beispiel des norddeutschen Backsteinexpressionismus und gleichzeitig ein Beispiel eines industriell fortschrittlichen Gebäudes dieser Zeit. In diesem Sinn geht es nicht nur um die Erhaltung der herausragenden Fassade, die denkmalgerecht saniert, gesichert und soweit möglich energetisch angepasst wird, sondern auch um den Erhalt der inneren räumlichen Zusammenhänge bis zu den einzelnen technischen Ausstattungselementen. Die einzigartige Verbindung der expressionistischen Erscheinung mit der Werkstattnutzung ist auch für die Öffentlichkeit sicht- und erlebbar zu gestalten.

Wie neue Werkzeuge oder überdimensionierte Werkbänke werden die Büroeinbauten in die ehemaligen Werkstätten gestellt. Die geschlossenen Module der Teamheimaten gliedern als eingestellte Boxen den Raum und lassen als räumlichen Bezugspunkt eine Heimat in den Werkstatträumen entstehen. Um diese Boxen herum versammeln sich die kleinteiligeren Nutzungen der Heimatmodule.

Im Bereich des erdgeschossigen Foyers werden die großen Raumzusammenhänge und Atmosphäre des Denkmales in Gänze für die BesucherInnen erlebbar. Dieser Bereich wird im Originalzustand erhalten und nicht mit baulich manifestierten Nutzungen versehen. Der Werkstattraum ist Foyer, aber auch Ausstellungs- und Veranstaltungsort.

Der Neubau fügt die zusätzlichen Funktionen eines modernen Bürogebäudes hinzu. Hier entsteht ein gemeinschaftlicher Ort für alle MitarbeiterInnen des Hauses. Eine Freitreppe umgeben von Aufenthalts- und Kommunikationsflächen führt diese zusammen. Die so wichtigen informellen Begegnungen bekommen hier einen Ort, horizontal und vertikal transparent vernetzt. Anliegend befinden sich transparent die Workshop-, Besprechungs- und Aufenthaltsräume.

Wie die Hängenden Gärten von Semiramis besteht der Anbau aus Terrassen, die auf allen Geschossen einen attraktiven Aufenthalts- und Arbeitsort im Freien anbietet. Eingefasst von geschwungenen Staudenbeeten sind sie in jedem Geschoss leicht erreichbar und ergänzen die Hallen der Theaterwerkstätten mit attraktiven Außenräumen. Das Terrassenhaus ergänzt das Denkmal mit neuen Elementen, die den Wandel vom Handwerk zum Büro sichtbar werden lassen und trotzdem die Atmosphäre des Werkstattgebäudes für die neue Nutzung erhält.

Die Farbe Grün

Die Farbe Grün der Metallfassade und den neuen Elementen des Innenausbaus verweist auf die ehemals vorhandenen Werkzeugmaschinen der Werkstätten. Die „alten Werkzeuge“ werden herausgetragen und „neue Werkzeuge“ ziehen ein. Resedagrün ist die Standardfarbe für Werkzeugmaschinen. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte sich der Farbton zeitweise als Grundanstrich für Maschinen und sonstige technische Anlagen etablieren. Das Grün wirkt 'beruhigend' auf die Augen. In unserem Projekt verweist die Farbe auf den Werkzeugcharakter der neu hinzugefügten Elemente und die ehemalige Nutzung. Da die Resede ehemals zum Färben des Grüntones benutzt wurde, fand ihr Name Eingang in die Farbbezeichnungen. Die Resede ist eine Staude mit gelb grünen Blättern, die gemeinsam mit anderen Stauden die Terrassen einfassen und die Arbeitswelt mit den Gärten verbindet. Die grüne Fassade des Terrassenhauses erinnert damit ebenfalls an ein Gartenhaus.


Wettbewerbsteam:
Morana Mazuran, Pascal Dworak, René Kobel

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit „Neue Werkzeuge für die Theaterwerkstätten“ erzählt eine überzeugende Geschichte. Die bisherige Nutzung der Werkstätten aufnehmend, werden die traditionell resedagrün eingefärbten Werkzeugmaschinen als Thema für die neue Nutzung interpretiert und auf die „neuen Werkzeuge“ der Arbeitsorte übertragen. So wird der Innenraum des denkmalgeschützten Bestandsgebäudes durch eingestellte Modulkörper zoniert und kann so den Werkstattcharakter für die Zukunft erhalten und als Narrativ fortführen.

Entsprechend erfährt die Südfassade des Gebäudes ebenfalls nur geringfügige, den Bestand wertschätzende Eingriffe, die sich in der Hauptsache auf die Ausformulierung der Haupteingänge beziehen. Diese werden auf dem Vorplatz durch die einladende Geste einer großzügigen Treppenanlage mit dem Campus der Region verbunden und schaffen so einen städtebaulichen Mehrwert. Der Umgang mit dem Lastenaufzug sollte jedoch hinterfragt werden. Sein denkmalgerechter Umgang als prägenden Bauelement wurde von der Jury bezweifelt.

Das Erdgeschoss zeichnet sich durch eine bewusst gesetzte Offenheit aus. Die großen Raumzusammenhänge und die Atmosphäre des Werkstatt-Bestandes bleiben im neu geschaffenen Foyer ablesbar.

In nördlicher Richtung schließt dann ein im Innenhof gelegener Ergänzungsbau an, der sowohl Besprechungs- und Repräsentationsräume im Erdgeschoss, als auch Workshopbereiche in den Obergeschossen aufnimmt. Auch der Ergänzungsbau wird durch eine tragende Entwurfsidee, eben diejenige der hängenden Gärten von Semiramis, determiniert und bietet auf drei Terrassengeschossen großzügige, begrünte Außenräume für die Belegschaft. Es ist positiv zu bewerten, dass der horizontale Charakter des Bestandsbaus durch den Ergänzungsbau nicht überformt wird und weiterhin über alle Geschosse ablesbar bleibt. Auch die Positionierung der Erschließungstreppe im Ergänzungsbau befreit den Werkstattbau von der Notwendigkeit der Integration von zusätzlichen Treppenanlagen, hier werden die Bestandstreppenhäuser genutzt. Gleichwohl ist der Anteil der Verkehrsfläche im Zusammenhang mit der Treppenanlage zu untersuchen und ggf. zu optimieren. Die konkrete Ausgestaltung der Terrassen (beidseitig, einseitig, Anordnung Fluchttreppen) bzw. des Baukörpers des Ergänzungsbaus wäre im nachfolgenden Prozess erneut zu durchdenken. Auch der Erhalt und die Weiternutzung des Parkhauses / ehemaligen Ballhauses an der Stelle wird von der Jury angeregt. Es wird davon ausgegangen, dass die Abstandsflächen des Ergänzungsbaus eingehalten wurden.

Der Umgang mit der ehemaligen Brandwand auf der Nordseite des Bestandsgebäudes wird hinsichtlich seiner weiterhin bestehenden Ablesbarkeit begrüßt, die Fensterformate sowie die Begrünung der dieser Fassade sollten jedoch diskutiert werden.

Zur Belichtung des Obergeschosses wurden im östlichen Bereich zusätzliche Oberlichter gesetzt, die jedoch seitens des Denkmalschutzes als sehr kritisch eingestuft werden. Hier wären alternative Ansätze auch in Kombination mit der denkmalgerechten Integration von PV-Anlagen zu entwickeln.

Die innenräumliche Qualität zeichnet sich durch die Fortschreibung des Werkstattcharakters aus, der durch subtile Ergänzungen und filigrane Einbauten eine zeitgemäße, gestalterische Stärkung erhält.

Der Partizipationsprozess ist textlich angedacht, bleibt jedoch eher unkonkret auf der Ebene von Schlagworten und Überschriften. Auch die Möglichkeiten bzw. die Intensität der Partizipation hinsichtlich reeller Mitwirkung der Ausgestaltung der Teamheimaten scheint bei diesem sehr festgeschriebenen, innenräumlichen Entwurf eher fragwürdig. Hier sollte der
Grundriss hinsichtlich seiner Flexibilität und Variationsmöglichkeiten überdacht werden.

Als Energieversorgung wird eine Wärmepumpe mit Eisspeicher vorgesehen. Dieser liegt unter dem Gebäude und ist daher technisch in den weiteren Phasen zu prüfen. Mit dieser Technik soll neben dem Wärmebedarf auch der Kühlenergiebedarf regenerativ in Verbindung mit der PV-Anlage inkl. Batteriespeicher gedeckt werden. Die Installation von SolarLuftkollektoren ist hinsichtlich der Sinnhaftigkeit im Gesamtkonzept zu prüfen. Ebenso die Lichtkanonen für die dunklen Bereiche im Altbau.

Die Berücksichtigung der Auslobung hinsichtlich der zu erwartenden Fernwärmeanschlusspflicht müssen in der weiteren Planung berücksichtigt werden.

Die Altbaufenster sollen denkmalgerecht nachgebaut werden. Eine Innendämmung wird vorgesehen. Kernbereiche werden an Lüftungsanlagen angeschlossen. Dafür werden unter dem Neubau Technikflächen in angemessener Größe vorgesehen. Auf dem Altbaudach wird neben der PV-Anlage eine Kombination mit einer Dachbegrünung vorgesehen. Neue Dachoberlichter werden entworfen und sollen unter den Aspekten des Erfordernisses und der Gestaltung geprüft werden.

Gründächer im getreppten Neubau sorgen für eine Regenwasserrückhaltung und binden als Aufenthaltsbereiche alle Geschosse des Altbaus an. Die Fensterflächenanteile sind moderat und mit außenliegendem Sonnenschutz vorgesehen. Die Materialien werden unter den Aspekten der Trennbarkeit und des Recyclings ausgewählt (Recyclingaluminium, Holz-Hybrid Stahlkonstruktion).


Visualisierung

Visualisierung

Axonometrie

Axonometrie

EG

EG

2. OG

2. OG

3. OG

3. OG

Galeriegeschoss

Galeriegeschoss

Längsschnitt

Längsschnitt

Schnittperspektive

Schnittperspektive

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Ansicht West

Ansicht West