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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2022

Neubau einer Kindertagesstätte in Neuhausen auf den Fildern

Perspektive Aussenraum

Perspektive Aussenraum

Anerkennung

Preisgeld: 7.000 EUR

schaudt architekten bda

Architektur

w+p Landschaften

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebau
Kinder-, Eltern- und Erzieher*innenherzen höherschlagen lassen – das soll der Neubau der Kindertagesstätte in Neuhausen! Umgeben von Wiesen und Flussaue fügt sich der langgestreckte, ruhige Holzbau behutsam in die bestehende Umgebung ein. Die klare Trennung zwischen dem öffentlichen Fußweg im Süden und den Freibereichen des Kindergartens findet durch den Baukörper selbst statt. Hierdurch entsteht ein baulicher Schallschutz zwischen belebtem Kindergarten und ruhigem Friedhofsgelände. Ein Grünpuffer der Bestandsbäume entlang des im Süden verlaufenden Wegs schafft eine zusätzliche Abschirmung der beiden Nutzungen. Der neue Kindergarten tritt in Dialog zum bestehenden Kindergarten St. Vinzenz: Beide Kindergärten richten ihre Spielbereiche zum Garten aus, welche sich wiederum zur dazwischenliegenden Aue und zum Flussufer der Binsach orientieren. Der großzügig gepflasterte sowie begrünte Vorplatz empfängt Eltern, Kinder und Erzieher und leitet sie ins Gebäude herein. Die funktionalen Anforderungen wie Parkplätze und Anlieferung werden wie selbstverständlich im Vorbereich bedient. Zum Haupteingang eröffnet der Belagsteppich mit der Sitzbank dem schattenbildenden Blätterhain eine einladende Geste.

Freiraumplanung
Die Waagenbachaue bietet einen naturnah geprägten Landschaftsraum, der in seiner topgraphischen Ausformung im Außenbereich der neuen Kita harmonisch weitergeführt wird. Hierbei entstehen in einer modellierten Auenlandschaft Spielbereiche mit vielfältigen Möglichkeiten. Durch die uferbegleitenden Gehölze, die Streuobstwiese und die ergänzende Neupflanzung entsteht ein Kleinod für die zahlreichen Singvögel unserer Region. Dieser wertvolle Lebensraum bildet den Rahmen für den Außenbereich der Kita.
Für die Kleinen entfacht die weich modellierte Spiellandschaft mit Sandinseln, Tipi Dorf, Wasserlauf und Experimentierwäldchen eine eigene Welt zum Entdecken. Die Blumenwiese und der Früchtegarten zeigen den Verlauf der Jahreszeiten und die immerwährende Fruchtbarkeit der Natur - Spielfreude und Gaumenfreude verbinden sich.
Die Oberflächenbeläge am Vorplatz sind primär mit durchlässigen Grünfugen angelegt bzw. leiten das anfallende Regenwasser in die angrenzenden Vegetationsflächen. Überschüssiges Dachwasser wird in Zisternen zur Bewässerung der Freianlagen zurückgehalten. Insgesamt entsteht durch diese neue Kita in Neuhausen ein behutsam angelegter Ort mit harmonischer Gestaltung im Einklang innerhalb der umgebenden schützenden Natur.

Innenraum und Architektur
Im Sinne der Flächeneffizienz wird die Kindertagesstätte zweigeschossig errichtet. Der ökologische Fußabdruck wird somit auf ein angemessenes Maß reduziert und eine größtmögliche Freifläche geschaffen.
Durch den großzügigen überdachten Haupteingang gelangt man in das lichtdurchflutete, teils überhöhte Foyer, an welches der Mehrzweckraum angegliedert ist. Die beiden Räume lassen sich über eine mobile Trennwand flexibel zuschalten, wodurch eine größtmögliche Fläche entsteht – hier wird gemeinsam getobt, gelacht, gespielt, gelernt und gegessen. Durch diese Zusammenschaltbarkeit der Räume im Erdgeschoss sowie die großzügigen Fassadenöffnungen zum privaten Freibereich hin, steht dem nächsten Kindergartenfest nichts mehr im Wege. Direkt am Hauptzugang gelegen befindet sich der Kinderwagenabstellraum, sowie das Büro der Leitung mit direktem Blick auf den zentralen Eingang der Einrichtung. Das Foyer fungiert als Verteiler: Von hier aus erstrecken sich die Spielflure entlang des Holzbaus, welche sich immer wieder zu Räumen unterschiedlicher Nutzung weiten. Durch großflächige Fassadenöffnungen an Nord sowie Südfassade wird das Gebäude, insbesondere der Spielflur, beidseitig belichtet. Die daran angegliederten Gruppenräume sollen mit einem abwechslungsreichen Angebot an Lern-, Spiel- und Aufenthaltsmöglichkeiten die Rolle des „dritten Erziehers“ einnehmen. Sowohl der Gemeinschaftsbereich, der Gruppenbereich für die über Dreijährigen im Erdgeschoss, als auch der Bereich der unter Dreijährigen orientiert sich zum Garten; dieser ist im Obergeschoss über eine gedeckte Außenterrasse erreichbar. Die überdachten Bereiche vor den Gruppenräumen ermöglichen so ein witterungsgeschütztes Spielen und schaffen gleichzeitig eine natürliche Verschattung der dahinterliegenden Aufenthaltsräume. Trotz der horizontalen Unterteilung dieser Bereiche bleibt die KiTa dennoch durch vielfältige Kommunikations- und Begegnungsflächen als ein Haus erlebbar. Das sich vertikal mit einem großzügigen Luftraum erstreckende Foyer schafft Begegnungszonen für die Kinder und Eltern.
Alles in Allem soll mit dem Neubau ein einladender Ort geschaffen werden, der die Beziehungen zwischen Eltern und Kinderhaus, der Kinder untereinander, von Kindern zu pädagogischem Personal und dem Personal untereinander stärkt und fördert.

Materialität
Der klare und in seiner Form stimmige zurückhaltende Baukörper fügt sich in die umgebende Bebauung optimal ein und vereint in seinem äußeren Erscheinungsbild die Faktoren der Wirtschaftlichkeit, Kompaktheit und Nachhaltigkeit in einer zeitgemäßen Architektursprache. Großflächig eingeschnittene Fensterelemente bestimmen das einladende Erscheinungsbild der KiTa – durch die Brüstungshöhe der Fenster von 40cm entstehen in den Fenster Sitznischen mit Blickbezügen zum Außenraum. Im Inneren dominieren hell pigmentierte Böden, Wandflächen Decken und Türen aus Holz von heimischen, regional verfügbaren Baumarten. Vereinzelt platzierte Farbakzente an Wänden und Decken sorgen für eine platzierte Belebung der Räume, dienen den Kindern als Orientierung und sollen die Kreativität anregen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf für den Neubau der Kindertagesstätte in Neuhausen formuliert einen selbstbewussten klaren, städtebaulichen Baukörper mit einem schlanken, gestreckten, rechteckigen Grundriss. Der 2-geschossige Neubau wird gekonnt auf dem zur Verfügung stehenden Gelände situiert und in die vorhandene topografische Situation eingebettet. Die KITA sucht durch ihre Ausrichtung auf dem Gelände die Nähe zur südlich gelegenen evangelischen Kirchengemeinde und der parallel verlaufenden Dietrich-Bonhöfer-Straße. Ein Vorplatz im Osten, der leider deutlich überdimensioniert erscheint, verstärkt diesen Ansatz. Hier wäre eine Verkleinerung zu Gunsten der Freianlagen wünschenswert. Positiv wird hingegen die damit einhergehende Freistellung des Landschaftsbezuges in Richtung Norden, hin zur Bachaue, bewertet. Die Adressbildung des Neubaus erfährt hierdurch eine deutliche Stärkung.

Die neu geschaffene Zugangssituation erfolgt konsequenterweise von Osten her. Sie ist funktional und schafft ausreichend Platz vor dem Gebäude, was die Bring- und Abholsituation erleichtert. Vom Platz aus gelangt man über den gut gelegenen Haupteingang in die neue Kindertagesstätte. Der Windfang mit dem angrenzenden Kinderwagenbereich erscheint in seiner Lage sinnvoll. Auch die Verortung von Leitung und Verteilerküche nahe dem Eingang sind optimal gelöst.

Ein großzügiges und funktional gut gelegenes Foyer verknüpft die gewünschten Funktionsbereiche miteinander. Die Wege sind kurz und übersichtlich. Mehrzweckraum / Bewegungsraum und Essbereiche können direkt vom Foyer aus erreicht werden und sogar räumlich mit ihm verknüpft werden. Größe und Geometrie entsprechen den vielfältigen Nutzungsanforderungen. Der Ü3 Bereich liegt auf gleicher Ebene auf der Westseite des Neubaus und ist als Einheit, räumlich separiert, ohne abgetrennt zu sein. Dies gewährleistet eine optimale Betreuungssituation. Die Raumfolge und ihre funktionalen Verflechtungen sind trotz der Weglänge in die Tiefe, gut gelöst. Der Flurbereich wird auf räumlich angenehme Art und Weise geweitet, erhält zusätzliches Tageslicht von Süden und schafft so gut proportionierte Aufenthaltszonen. Ein direkter Ausgang über eine Schmutzschleuse ermöglicht die direkte Anbindung des Außenraums. Auch die zum Landschaftsraum orientierten Gruppenräume können mit dem vorgelagerten Holzumgang verbunden werden und ermöglichen so einen differenzierten Übergang in den Naturraum.

Über das zentrale Foyer gelangt man störungsfrei für die Ü3 Gruppenbereiche von der Eingangsebene in das Obergeschoss. Hier sind alle U3 Bereiche räumlich kompakt zusammengefasst. Die Gruppenräume sind direkt und funktional richtig, über einen Balkon mit Außentreppe, an den Garten angebunden. Auch ihre Verknüpfungen untereinander entsprechen den inneren Abläufen. Alle Nebenräume wurden folgerichtig kompakt mit den Gruppenräumen verknüpft. Einzig die nur über den Flur erreichbaren Wickelräume werden aus funktionaler Sicht hinterfragt, war doch eine direkte Anbindung an die Gruppenräume gewünscht. Der Elterngesprächsraum am Ende des Flurs unterstützt das pädagogische Konzept der kurzen Wege. Sämtliche Gemeinschaftsfunktionen werden räumlich überzeugend im Kopfbereich (Ostseite), analog zum Erdgeschoß, organisiert. Der Luftraum im zentralen Foyerbereich sorgt hier für eine gute räumliche Verknüpfung der Ebenen untereinander.

Die konstruktive Lösung in Holz und die Materialität der Innenräume erscheinen angemessen. Die klare, ruhige Fassadengliederung weiß nicht in allen Teilen zu überzeugen. Sie ist konsequent aus den Innenräumen abgeleitet. Die plastisch-räumliche Ausbildung des Fluchtbalkons im Bereich der Obergeschoßebene und der zurückgesetzten Fassadengestaltung auf Gartenebene ist nachvollziehbar und weiß zu überzeugen. Die äußeren Holzverkleidungen entsprechen dem Gesamtduktus des Hauses. Einzig die Dachfaltung wird kontrovers diskutiert. Ist sie doch nachvollziehbar, bezogen auf die städtebaulichen Aspekte der Umgebung, jedoch nicht wirklich überzeugend bezogen auf die innere Ordnung.

Der Entwurf bewegt sich in einem wirtschaftlichen Bereich, wenn man seine Kenndaten betrachtet. Sowohl die Kubatur als auch die notwendigen Hüllflächen sind auf ein Minimum reduziert, ohne dabei räumlich, gestalterische Qualitäten opfern zu müssen. Die architektonische Gestalt wirkt der Aufgabe gegenüber angemessen, besonders in Bezug auf die städtebauliche Setzung. Es handelt sich hier um eine insgesamt gute Arbeit mit überzeugenden innen- und außenräumlichen Qualitäten. Besonders überzeugend erscheint der zentrale Raum des „gemeinsamen Foyers“ als zukünftiger, funktionaler Schnittpunkt für ein lebendiges Gemeinschaftsleben, aber auch die großen, zusammenhängenden Außenbereiche können überzeugen, wenngleich hier etwas weniger Gestaltungswille mehr gewesen wäre.

Das Motiv des „sicheren Ankommens“ über einen von der Dietrich-Bonhoeffer-Straße abgesetzten Vorplatz mit Umfahrt wird grundsätzlich gewürdigt, jedoch ist der Platz in seiner Ausdehnung und dem Maß an befestigter Fläche deutlich zu groß geraten. Hier entsteht kaum die gewünschte Aufenthaltsqualität. Die nördlich und östlich angelagerten Stellplätze gehen zu Lasten des wertvollen Landschaftsraums und hätten ohne Weiteres auch auf dem Platz untergebracht werden können. Die vorhandene Baumreihe im Süden wird in einen durchgängigen Grünstreifen gesetzt und damit schlüssig in das Gesamtkonzept integriert.

Die nördlich angelagerten Außenspielflächen sind gut gegliedert und gestalterisch und funktional gut gelöst, jedoch wäre eine weniger formale, „einfachere“ Lösung dem landschaftlichen Kontext entlang der Waagenbachaue angemessener gewesen.
Perspektive Innenraum

Perspektive Innenraum

Lageplan

Lageplan

Ansicht Nord

Ansicht Nord

Modellfoto

Modellfoto