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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2023

Neubau Wahl-Lindersches Seniorenzentrum in Günzburg

2. Preis

Preisgeld: 43.000 EUR

Beer Bembé Dellinger Architekten und Stadtplaner

Architektur

BEM : Burkhardt | Engelmayer | Mendel Landschaftsarchitekten Stadtplaner Partnerschaft mbB

Landschaftsarchitektur

Projekt-HLS GmbH & Co. KG

Logistikplanung

merz kley partner

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

STÄDTEBAU
Die Wahl-Lindersche Altenstiftung beabsichtigt, zwischen Lindenallee und Bundesstraße 16 in Günzburg einen Neubau für ein Altenheim zu errichten.
Städtebaulich ist das Planungsgebiet, in dem sich das Grundstück befindet, in rechteckige Cluster unterteilt, deren Lage zueinander polygonale Plätze bilden. Im Osten und Süden wird das Grundstück durch soziale Einrichtungen wie ein Kinderhaus, die Dr. Georg-Simnacher-Stiftung oder den Malteser Hilfsdienst begrenzt, während im Westen ein Grünraum und die Bundesstraße 16 prägend sind. Die Lage an der lärmintensiven Straße fordert ein Konzept, das die Lärmbelastung für Bewohner minimiert. Hierzu wird entlang dieser Grundstückgrenze ein viergeschossiger Baukörper platziert, dessen Wohnungen hauptsächlich nach Osten, also die andere Richtung, orientiert sind und der durch seine Höhe einen optimalen Lärmschutzschirm für das dreigeschossige Seniorenzentrum, das östlich hiervon angesiedelt wird, bietet. Dieses besteht aus zwei Riegeln, die durch einen zentralen Bau verbunden
werden. Ein leichtes Versetzen der Baukörper bricht deren Länge, nutzt die Geometrie des Grundstücks aus und lässt die beiden einzelnen Häuser als ein Großes und Ganzes, trotz verschiedener Nutzungen, lesen. Die Anordnung schafft zwei introvertierte, halböffentliche Hofsituationen innerhalb des Seniorenzentrums und einen öffentlichen Raum zwischen diesem und dem ambulanten Wohnen. Von hier aus werden die beiden Baukörper erschlossen.
ORGANISATION
Auf diese Weise wird eine einfache und eindeutige Adressbildung ermöglicht und eine Organisation entlang einer Hauptachse geschaffen, an der die Eingänge, die vertikale Erschließung, die hoch frequentierten Bereiche wie Eingang zur Verwaltung, Sondernutzungen wie Friseur oder Fußpflege und die Eingänge zu Küche oder Anlieferung leicht auffindbar liegen. In den oberen Geschossen werden im Seniorenzentrum von dieser Hauptader aus die Pflegezimmer über die jeweiligen gemeinsamen Wohnbereiche erschlossen.
Eine gleiche Raumorganisation findet sich im westlichen Baukörper wieder. Hier werden über den zentralen Treppenraum die Wohnungen erschlossen. Durch diese Anordnung wird eine leichte Orientierung und Auffindbarkeit gewährleistet.

FREIANLAGEN
Die Gebäude sind jeweils auf einer Seite von öffentlichen und auf der anderen von privaten Außenbereichen umgeben. Zwischen Baukörper 1 (Seniorenzentrum) und 2 (ambulantes Wohnen) befindet sich ein öffentlicher Aktivitätsbereich, der die beiden Gebäude miteinander verknüpft und diese an den nördlichen Parkstreifen anbindet. Aktivitätsinseln beidseitig des Hauptweges laden zu sportlicher Aktivität, Spiel und Austausch ein. Der nördliche Bereich ist gleichzeitig als Vorfahrt mit Wendemöglichkeit für Krankenwägen und Müllfahrzeuge geeignet.
Die Höfe des Baukörpers 1 sind den Nutzern und Besuchern des Seniorenzentrums gewidmet. Der südliche Hof ist ein sonnenexponierter Erholungs- und Veranstaltungsraum. Die Hochbeete bieten eine duftende und sensorisch interessante Pflanzenauswahl. Der schattige, geschützte nördliche Hof dient mit seiner intensiven Bepflanzung als ruhiger Rückzugsraum. Der westliche Außenbereich des Wohnheimes bietet mit seiner vielseitigen topografischen Modellierung bestehend aus aufgeschüttetem Lärmschutzwall und bepflanzten Versickerungsmulden sowie dichten Baumpflanzungen ein ganzjährig spannendes Bild. Die Erschließung des Grundstücks durch den motorisierten Verkehr erfolgt über die nördliche Zufahrt. Entlang des Erschließungsbandes sind Besucher- und Kurzzeitparkplätze locker angeordnet und bieten kurze Wege zu den Hauseingängen. Für Fußgänger und Fahrradfahrer ist eine Erschließung von südlicher Seite vorgesehen.
Die südlich und westlich der Baukörper angeordneten Muldenflächen, der geringe Versiegelungsgrad und die begrünten Dachflächen ermöglichen die Zurückhaltung des Regenwassers auch bei Starkregenereignissen. Die Bepflanzung ist vielfältig, einheimisch und gleichzeitig klimafest.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Kammstruktur der Baukörper fügt sich in den Bestand ein. Der Haupteingang liegt mittig im Grundstück, eine Verbindung zum Quartiersplatz existiert nicht. Die innere Aufteilung der Gebäudestruktur ist logisch; die Wohnbereiche der Pflegegruppen sind gut in der Mitte der Pflegeeinrichtung angeordnet und lassen sich zusammenschalten. Die Flure werden durch Nischen vor den Zimmern entschärft.
Die klare Erschließungsstruktur erleichtert die Orientierung und spart Verkehrsfläche ein; die vertikale und horizontale Verteilung der Bewohner und Besucher funktioniert. Die Abstandsflächen werden eingehalten. Die offenen Treppenhäuser an den Gebäudeenden sind eine wirtschaftliche und funktionale Lösung. Städtebaulich fügen sich die Baukörper gut ein. Durch die kompakte Bauweise sind die Abstände der Baukörper ausreichend.
Die Arbeit greift bewusst die städtebauliche Figur im Osten auf und entwickelt diese als "Cluster" aus drei parallel angeordneten Baukörpern weiter. Dadurch entsteht ein schlüssiges Gefüge aus Gebäuden und hofartigen Freiräumen, die gut proportioniert und gegen die B16 lärmgeschützt sind. Sie versprechen Aufenthaltsqualität (Sonne, Schatten) und bieten verschiedene Nutzungen. Bedauerlich ist, dass die beiden östlich gelegenen, als Grünraum gestalteten Höfe unterbaut sind. Die westlichen Höfe dagegen außerhalb der Tiefgarage sind als Erschließungsraum stärker versiegelt. Die Gesamterschließung erfolgt von Norden, wo die Tiefgaragenzufahrt folgerichtig in der nordöstlichen Ecke des Komplexes angeordnet ist. Der mit einer Pergola überstellte Haupteingangsbereich verspricht kommunikative Qualität und leichte innere Orientierung. Es mangelt ihm jedoch an Auffindbarkeit. Die Funktion des nördlich gelegenen Platzes als Wendebereich für Anlieferung aufgrund seiner Dimension eingeschränkt.
Die Erschließung der Pkw-Stellplätze im Osten liegt außerhalb des Grundstücks und ist so nicht möglich. Nach Westen zum Lärmschutzwall und nach Süden verbleiben relativ großzügige extensive Grünbereiche, die zur Regenwasserversickerung genutzt werden sollen und ökologische Wertigkeit versprechen. Als sympathisch werden die privaten Freiräume in Form von Balkonen bewertet. Die Holzfassade ist lediglich durchschnittlich ansprechend. Die Wohnungen, Zimmer und gemeinschaftlich genutzten Bereiche sind gut durchdacht. Die Wohnqualität im ambulanten Wohnriegel ist sehr hoch.
Der Wohnriegel auf der Westseite löst den Schallschutz für das Baugebiet; die Wohnungen auf der Ostseite sind jeweils mit Balkon ausgestattet und haben dadurch eine hohe Wohnqualität. Bodentiefe Fenster erhöhen den Wohnkomfort zusätzlich. Ansprechend ist auch die natürliche Belichtung am Ende der Stichfluren. Der Entwurf zeichnet sich durch eine klare und einfache vertikale Lastableitung aus. Das Erdgeschoss vom Seniorenzentrum wird, wie das Untergeschoss, entsprechend den Anforderungen, als Massivbau ausgeführt. Die restlichen Geschosse werden mittels einfachen bzw. aus zwei auf der Baustelle zusammengefügten vorgefertigten Holzbauelementen ausgeführt. Daraus lassen sich beschleunigte und optimierte Bauabläufe auf der Baustelle erwarten.
Die nachträgliche Montage der Balkone ist aus statisch-konstruktiver und bauausführungstechnischer Sicht logisch und nachvollziehbar. Das Untergeschoss gewährleistet eine einfache und effiziente Lasteinleitung in den Baugrund, dennoch erscheint der Grundriss noch nicht optimal. Die Wirtschaftlichkeit bei der Errichtung ist gut. Durch die klare Struktur kann eine modulare Bauweise umgesetzt werden. Durch die gut überlegte Anordnung der Räume werden Verkehrsflächen gespart. Durch die Stahlbetondecke über EG kann der Grundriss der Organisationseinheiten im EG beliebig angeordnet werden. Die geforderten Technikflächen wurden im Entwurf ausreichend und gut dargestellt. Eine PV-Anlage ist fast vollflächig auf den Flachdächern vorgesehen, dies lässt einen hohen Stromertrag erwarten. Ein konkretes Energiekonzept ist als Skizze nicht ausreichend und nachvollziehbar dargestellt. Das Lüftungskonzept ist nicht zufriedenstellend, es ist mit erhöhten Energiekosten zu rechnen. Hier sind Optimierungen und wirtschaftliche Lösungen erforderlich. Es gibt keine Angaben zur Gebäudekühlung, obwohl diese gefordert war. Nur eine Kühlung in Form der begrünten Dachflächen ist vorgesehen. Dies wird fachlich als nicht ausreichend bewertet.
Die Regenwasserbewirtschaftung ist gut dargestellt, es ist eine nachhaltige Nutzung vorgesehen. Durch die klare Struktur sind optimale Pflegeabläufe und ein optimaler Personaleinsatz möglich. Das Gebäude hat eine geringe Netto-Raumfläche und lässt dadurch wirtschaftliche Erstellungskosten erwarten. Durch die kompakte Bauweise ist der Gebäudeunterhalt wirtschaftlich. Die TG ist ungünstig aufgeteilt und unwirtschaftlich; die Zufahrt bzw. Abfahrt direkt an der Nord-Ost-Ecke des Grundstücks ist dafür gut gelöst. Durch das gute Schallschutzkonzept kann auf Schallschutzfenster verzichtet werden; der Brandschutz kann auf Grund der einfachen Gebäudegeometrie ohne teure Sonderlösungen sichergestellt werden. Insgesamt erfüllt der Wettbewerbsbeitrag die Anforderungen des Auslobers sehr gut.