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Einladungswettbewerb | 04/2021

Energiezentrale Unterfeld (CH)

WALTER

2. Rang / 2. Preis

Preisgeld: 18.000 CHF

EM2N

Architektur

Balliana Schubert Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Schnetzer Puskas Ingenieure AG

Bauingenieurwesen

LEHMAG

Bauunternehmen

Stadt Raum Verkehr Birchler und Wicki

Stadtplanung / Städtebau

PONNIE Images

Visualisierung

Beurteilung durch das Preisgericht

Bei der Betrachtung des sehr sorgfältig aufgebauten Gipsmodells wird der sensibel entwickelte Bezug zwischen der baulichen Intervention und der landschaftlichen Interpretation ablesbar. Die landschaftlichen Elemente werden durch die feingliedrig aufgebaute bauliche Struktur als sensible Spuren einer menschlichen Intervention zur Entwässerung der Lorze-ebene lesbar gemacht und gewissermaßen zu neuem Leben erweckt. Die kulissenartigen, längs gerichteten Wände erinnern in ihren Proportionen und in ihrem Grundrhythmus an Fragmente römischer Aquädukte, die – wie von den Verfassern mit ihrem Vorschlag beabsichtigt – als abstrakt wirkende Artefakte ausserhalb ehemaliger römischer Städte anzutreffen sind. Obwohl von beschränkter Länge werden die Wände als Teile einer unbegrenzt sich fortsetzenden Struktur wahrgenommen. Dadurch wird sowohl die durch feintexturierte Fassade gefasste funktionale Füllung der Energiezentrale als auch die Bildung der hofartigen endständigen Freiräume zwischen den Wänden als Teil eines offenen, atmenden räumlichen Systems verstanden.

Die Freiraumgestaltung ist mehr als die Erfüllung ihres Zwecks. Holz und Lehm definieren das Gebäude wie ein Stück Landschaft. Die Verfasser verstehen den Eingriff als dialogisches Konzept an der Nahtstelle zwischen Landschaft und dem Stadtkörper. Der Landschaftsraum wird präzis definiert durch eine strukturreiche Bachvegetation, drei grosse Einzelbäume und einem artifiziellen Baumgeviert als drittes Volumen. Das Projekt bietet spezielle Lebensräume für Flora und Fauna. Die Eingliederung und der Umgang mit der gestellten Aufgabe beurteilt die Jury als sehr gelungen.

Der architektonisch konstruktive Aufbau der gegliederten Wände ist in sehr einfacher, ja eleganter Art und Weise strukturiert und proportioniert. Dies gilt auch für die sekundären, inneren Fassadenteile. Die Naturbelassenheit, die haptische Qualität und die farbliche Erscheinung der verwendeten natürlichen Materialien unterstützt die selbstverständliche und stimmungsvolle Einbindung in den landschaftlichen Kontext. Die klare, rhythmisierte Grunddisposition der baulichen Massnahmen erlaubt im Grundsatz einen flexiblen Umgang mit den Teilen der rückwärtigen technischen Gebäudeteile. Dies gilt insbesondere auch für die Integration der Installationen im Dachbereich. Die PV- Anlagen, aber auch die Speichertürme und die Kamine, die über den Dachhorizont vorstehen, wirken wie kleine, charmante Lebenszeichen des technischen Betriebs und wirken zwanglos integriert.

Ob der konstruktive Aufbau in Holz und Lehm in der dargestellten Form die angestrebte Robustheit auf dem Hintergrund der wetterexponierten Lage und der beschriebenen statischen Funktionen als Randauflager für die Technikräume wahrnehmen könnte, muss aufgrund der ausgesprochen knappen Dimensionierung mit Fragezeichen versehen werden. Da die Lehmelemente auch Tragfunktion übernehmen sollen und die sehr schlank dargestellten Holzplanken und Holzleisten kaum tragend sein können, ist nicht nachgewiesen, wie die im Raumprogramm geforderten, jederzeit nachträglich zu gewährleistenden Öffnungen z.B. für Zuluftöffnungen realisiert werden könnten. Auch wurde hinterfragt, in welcher Form die Windkräfte im Bereich der vorspringenden Wandflügel und die Schlagregenerosion auf den innenliegenden Wandflächen bewältigt werden könnte. Es wurde hinterfragt, ob trotz des in Ostwestrichtung beschränkten Anordnungsspielraums nicht eine stärkere konzeptionelle, resp. technische Trennung der Bauteile der Gebäudehülle und der technischen Gebäudeteile angestrebt werden müsste.

Durch den im Grundsatz einfachen Aufbau der neuen Bauteile der Gebäudehülle und die mit Ausnahme der erwähnten technischen Fragestellungen zwanglose Beziehung zu der Struktur der technischen Anlageteile könnte eine ökonomische Umsetzung des Projektes erreicht werden.

Das Projekt «Walter» überzeugt durch seine umfassende, die kulturelle Entwicklungsgeschichte der landschaftlichen Situation und der technischen Intervention ganzheitlich erfassende Herangehensweise. Das Projekt stellt einen vielschichtigen, stimmungsvollen, ja poetischen Lösungsvorschlag dar. Auf der Ebene der technischen Machbarkeit wurde die Frage gestellt, ob die zu erwartenden laufenden Anpassungsprozesse auf der betriebstechnischen Ebene und ihre nicht zu vernachlässigenden Abhängigkeiten zur archaisch aufgebauten Gebäudehülle auf lange Sicht wirklich zu einem dauerhaften, in allen Aspekten überzeugenden Vorschlag weiterentwickelt werden könnten.