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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2023

Neubau der Hochschule für Gestaltung HfG Offenbach

Rendering Innanansicht

Rendering Innanansicht

4. Preis

Preisgeld: 40.000 EUR

HENN

Architektur

Keller Damm Kollegen GmbH Landschaftsarchitekten Stadtplaner

Landschaftsarchitektur

Kaupa Ingenieure

Brandschutzplanung

Werner Sobek AG

Tragwerksplanung, TGA-Fachplanung, Bauphysik

Uniola AG

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Auf einem ehemaligen Hafengelände in Offenbach entsteht ein neuer Campus für die Hochschule für Gestaltung Offenbach (HfG). Der Wettbewerbsentwurf von HENN sieht drei Neubauten und den Erhalt von Bestandsgebäuden vor, welche durch eine zentrale Achse verbunden sind. Mit einer
modularen Architektur schlägt HENN ein flexibel nutzbares Gebäudeensemble vor, das auf künftige, sich ständig verändernde Anforderungen der Hochschule reagieren kann.

Auf dem Grundstück, das direkt am Mainufer liegt, sind alle Bauten entlang der zentralen Magistrale angeordnet. Sie ist zusammen mit dem Hochschulplatz, der sich zwischen den zwei öffentlich zugänglichen Neubauten befindet, kommunikativer Treffpunkt des Campus.

Das Lehr- und Werkstattgebäude bildet das Herz des neuen Campus. Der modulare Holzhybridbau gliedert sich in drei Zonen: Im mittleren Gebäudeteil – entlang der Magistrale – verbinden drei aufeinanderfolgende Atrien alle Geschosse visuell und räumlich miteinander. In den beiden sich nach außen anschließenden Gebäudeflügeln sind die Lehr- und Werkstattbereiche untergebracht. Sie bestehen aus insgesamt sechs Modulen, die in einem schachbrettartigen System versetzt zueinander angeordnet sind.

Das zentrale Gebäude wird im Westen von einem zweiten öffentlich zugänglichen Bau, der Verwaltung, Mensa und Hörsäle aufnimmt, und im Osten vom Studentenwohnheim eingerahmt. Das öffentliche Gebäude, ein Holzhybridbau, besteht aus acht gleich großen, quadratischen Elementen, die um ein Atrium angeordnet sind. Die Kubatur stuft sich zum Mainufer hin ab – die dabei entstehenden Terrassen werden zu grünen Dachgärten, welche als Biodiversitätsdächer konzipiert sind. Das Studentenwohnheim schließt den Campus nach Osten hin ab. Es bildet einen fließenden Übergang zur angrenzenden Wohnbebauung.

Ein Bestandsgebäude auf dem Hochschulplatz, die Alte Hafenmeisterei, wird erhalten und kernsaniert. Indem bei den Neubauten Holz und Holzbaustoffe verwendet werden, können die CO2-Emissionen im Vergleich zu einer herkömmlichen Bauweise um 40 Prozent reduziert werden. Photovoltaik-Module auf den Dächern decken den Strombedarf der Hochschule.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entwurfsverfasser*innen fügen die zukünftige Hochschule für Gestaltung städtebaulich sehr glaubwürdig in das ehemalige Hafen- und Industriequartier ein. Sowohl durch die Belegung der Baufelder mit den modular gestaffelten Gebäuden als auch durch den vorgeschlagenen Materialbezug der Architektur gelingt ein maßstäblich äußerst angemessener und authentischer Entwurf. Die Staffelung der Gebäudekubatur mit den eingeschnittenen Innenhöfen des Gebäudeteils auf Baufeld B führt dabei die angrenzende Bebauung weiter, die Abstaffelung des Gebäudeteils Baufeld A nach Norden setzt einen zusätzlichen Impuls zum Hafenbecken hin. Dabei fällt auf, dass das Bestandsgebäude der ehemaligen Hafenmeisterei auf dem verbindenden öffentlichen Raum einen deutlichen Beitrag bildet, der die gelungene städtebauliche Setzung zusätzlich aufwertet und eine Gelenkfunktion zum Nordend Offenbachs übernimmt. So erfolgt eine gute Verzahnung zwischen Stadtraum, Hochschule und öffentlichem Zugang zum Hafen. Aber die Symbolik dieser Maßnahme mit Blick auf die Differenzierung des Gebäudeensembles wird kontrovers diskutiert, die Nutzung und Weiterentwicklung dieses Gebäudes muss ohnehin aufgrund der Besitzverhältnisse weiter untersucht werden.

Auf die Ausprägung der Technikgeschosse wird hingewiesen, die zwar geschickt in die Kubatur integriert sind, dennoch ist das baurechtlich zulässige Maß der zulässigen Höhe zu überprüfen, vor allem da deren Größe als sehr gering erscheint.

Die Nutzungsverteilung auf den Baufeldern entspricht den Vorgaben und die Organisation wird schlüssig aus der Interpretation der HfG als Gestaltungsraum mit Werkstattcharakter entwickelt. Insbesondere die breite Magistrale als mehrgeschossiger Raum mit großen Oberlichtern und seitlichen Werkhöfen verknüpft die angehängten Cluster und bildet so das Herzstück der HfG aus. Eine wichtige Maßnahme, um der Vereinzelung, schlimmstenfalls „Inselbildung“ der Einzelbereiche vorzubeugen. Dennoch wird von den Nutzervertreter*innen deutlich darauf hingewiesen, dass die Unterteilung innerhalb der Cluster in einzelne Gebäudeabschnitte kritisch gesehen wird. Und dass die Nutzung der Innenhöfe, insbesondere zur lärmbelasteten Hafenallee hin, nur sehr eingeschränkt möglich sein wird.

Räumlich schafft die Magistrale eine gute Verbindung von Baufeld A bis zum Studierendenwohnheim, sie überbrückt fließend die Außen- und Innenräume und bildet großzügige Zugänge aus. Das Motiv des zentralen, von oben belichteten Atriums wird in Baufeld A weitergeführt, darum sind die Nutzungen nachvollziehbar verteilt. Allerdings ist die Platzierung und Anordnung der Mensa wenig überzeugend, sie wäre dem Campusplatz zuzuordnen und benötigte eine interne Treppenverbindung zum Untergeschoss, deren Anlieferung und die fehlende Stellfläche eines LKWs sowie die Zufahrt zur Tiefgarage sind kritikwürdig. Weiterhin wird der hohe Brandschutzaufwand durch die zentralen Räume in beiden Baufeldern und auch die rückwärtseinfahrende Anlieferung in Baufeld B von der Hafenallee kritisch betrachtet.

Die weiterführende Verbindung des Eingangsplatzes / der Durchsicht sollte zum Main hin stärker ausgebildet werden. Die Freiraummitte mit Spielangeboten zu besetzen erscheint nicht die richtige Lösung. Angeregt wird auch, den Außenbereich der Mensa um die Ecke auf den Hauptplatz zu ziehen. Die Baumpakete sollten sowohl im Eingangsbereich klarer raumbildend gesetzt werden (z.B. nur auf der wassergebundenen Wegedecke) und auch die Durchsicht frei lassen.

Die vorgeschlagene Erweiterung wirkt schlüssig und entwickelt den Baukörper auf Baufeld B selbstverständlich weiter, nachträglich würde so der Ausblick aus dem Studierendenwohnheim leider deutlich eingeschränkt. Überhaupt ist das Wohnheim zwar nachvollziehbar platziert, wird aber grundsätzlich hinterfragt. Vor allem die umlaufende Laubengangerschließung führt durch mögliche Einblicke zu einer Verringerung der Wohnqualität. Darüber hinaus bilden sie kostenintensiv zu sichernde Bereiche (Pflege und Wartung z.B. bei entsprechender Witterung) und aufwendige Zugangstüren. Eine Änderung der Typologie könnte bestenfalls einen Impuls geben für die Annäherung an den architektonischen Ausdruck der Hauptnutzungen.

Der Fassadenausdruck wird dem entsprechend in den drei Gebäudeabschnitten Baufeld A, B und Studierendenwohnheim sichtbar differenziert, was insbesondere beim Studierendenwohnheim hinterfragt wird. Die Ausprägung des Baufeld B erscheint im Vergleich zum Baufeld A unmaßstäblicher. Die Materialwahl aus Stahlbetontragwerk mit ergänzenden Holzbauelementen ist nachvollziehbar.

Der Einsatz von Holzhybriddecken ist aus brandschutztechnischer Sicht kein Problem, stellt aber formal eine Abweichung zur Hessischen Bauordnung dar, wonach im Sonderbau – Gebäudeklasse 5 die tragenden und raumabschließenden Bauteile feuerbeständig sein müssen. Hier werden tragende und aussteifende Teile aus nichtbrennbaren Baustoffen vorgeschrieben (§ 29 HBO). Für das Studierendenwohnheim ist eine Holz-Hybridbauweise benannt, sodass hier ebenfalls mit Abweichungen von der HBO zu rechnen ist. Die Kombination aus offenem Gang zur Sicherstellung der Rettungswege (Laubengang), einer Fassadenbegrünung und einem Holztragwerk im Studierendenwohnheim ist aus brandschutztechnischer Sicht schwierig und müssen im Genehmigungsverfahren eng mit der zuständigen Behörde (Bauaufsicht und Feuerwehr) abgestimmt werden.

Notwendige Treppen müssen mindestens feuerhemmend (F30-A) ausgeführt werden (§ 37 (4) HBO). Der Einsatz von ungeschützten Stahltreppenläufen mit Brandschutzbeschichtung gemäß Erläuterungsbericht wird kritisch bewertet. Es wird eine flächendeckende Löschanlage im Werkstatt- und Verwaltungsgebäude zur Kompensation der offenen Geschossverbindung geplant.

Die hessischen Anforderungen zur Erreichung des Niedrigstenergie-Standards können mit dem vorliegenden Entwurf erfüllt werden. Dennoch lässt der hohe Glasflächenanteil in der Fassade den Rückschluss zu, dass die Gebäudeflächen trotz des guten sommerlichen Wärmeschutzes zumindest teilweise technisch konditioniert werden müssen.

Der Wärmebedarf soll ergänzend zum Fernwärmeanschluss durch Geothermie und der Wärmegewinnung aus Flusswasser gedeckt werden. Dieses Konzept erscheint redundant und wirft Fragen zur Wirtschaftlichkeit auf.

Der Strombedarf soll ergänzend zum Netzanschluss durch eine Fotovoltaikanlage gedeckt werden.

Insgesamt werden das Energiekonzept und der geplante Einsatz von erneuerbaren Energien positiv bewertet. Dennoch erscheinen die vorliegenden Potenziale noch nicht vollständig ausgeschöpft.

Der Entwurf zeichnet sich in Konstruktion und Materialwahl durch ein erkennbares Nachhaltigkeitskonzept aus. So werden für die Hauptkonstruktion eine Mischlösung aus Stahlbetonskelett und Holzhybriddecken vorgeschlagen. Für das Studierendenwohnheim wird die gleiche Konstruktionsweise, mit einem erhöhten Holzanteil gewählt.

Zur Verringerung der Energiegehalte in den Baustoffen werden dezidierte Vorschläge zur Verwendung von recycelten Materialen gemacht. Ebenso bezüglich der Verwendung von Holz.

Insgesamt erscheint das Nachhaltigkeitskonzept plausibel und gibt eine Aussicht auf weitere Potenziale.

Die Wirtschaftlichkeit des Entwurfs liegt bezogen auf den vorgegebenen Kostenrahmen in der vergleichenden Kostenbetrachtung unter dem Durchschnitt aller Wettbewerbsbeiträge und über den Vorgaben aus dem Null-Projekt. Eine mögliche Bauabschnittsbildung (Sollbruchstellen) im Baufeld B wird nicht ausreichend dargestellt.

Insgesamt ein städtebaulich angemessener Entwurf mit einer klaren Setzung der Gebäude und einer hohen Durchlässigkeit durch die Baufelder. Der Ausdruck für die zukünftige Hochschule für Gestaltung entspricht mehr noch dem Hafenquartier als der tatsächlichen Nutzung, die eine hallenartige Werkstattatmosphäre eher nostalgisch betrachtet.
Rendering Außenansicht

Rendering Außenansicht

Rendering Außenansicht

Rendering Außenansicht

Axonometrie

Axonometrie

Diagramm

Diagramm

Lageplan

Lageplan