modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Kooperatives Verfahren | 11/2022

Revitalisierung Hotel am Schlossgarten in Stuttgart

Anerkennung

Preisgeld: 5.000 EUR

merz merz

Architektur

TOPOTEK 1

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext

Behutsame Überschreibung - Behutsame Reparatur
 
Das Tradierte wird Ă€hnlich einem Palimpsest behutsam ergĂ€nzt und ĂŒberschrieben. Struktur, Tektonik und der architektonische Charakter des Hotels bleiben erhalten. Die „Überschreibung“ durch minimale additive Elemente, schafft einen neuen, jetzt wahrnehmbaren Auftritt und harmonisiert das Gleichgewicht zwischen Alt und Neu im Stadtraum.  
 
 
Fortschreibung des freirÀumlichen Kontexts

Das landschaftsarchitektonische Konzept zur Revitalisierung des Hotels am Schlossgarten schreibt die Bestandssituation am Arnulf-Klett-Platz respektvoll fort und schafft fĂŒr die freirĂ€umlichen Bereiche um das Hotel und den Eingang zum Park eine charakteristisch prĂ€gende und vereinheitlichende Gestaltung.

Der Entwurf sieht eine durchgĂ€ngige Pflasterung des Areals mit eher kleinformatigen Steinfliesen vor. Dazwischen sind rechteckige und quadratische grĂŒne und blaue ‚Inseln’ in unterschiedlichen Formaten wie verschieden große Pixel ĂŒber die gesamte FlĂ€che verteilt platziert. Diese sind begrĂŒnt und mit passenden, den örtlichen Bestand ergĂ€nzenden BĂ€umen - Tilia cordata oder Gleditsia triacanthos - bepflanzt oder als WasserflĂ€chen gestaltet. Die grĂŒnen und blauen Bereiche gliedern den Freiraum in kleinere Teilzonen und transformieren ihn zu einer identitĂ€tsstiftenden, semi-grĂŒnen Übergangszone zum sĂŒdlich angrenzenden Schlossgarten. Die Zone fĂŒr den Drop-off-Verkehr wird gestalterisch nahtlos in die FlĂ€che des Eingangsplatzes integriert. Unterschiedliche, an den grĂŒnen und blauen Inseln platzierte Sitzmöbel bieten - zum Teil unter schattenspendenden BĂ€umen - Platz zum Verweilen vor dem Hotel und erhöhen die AufenthaltsqualitĂ€ten auf dessen Vorplatz und um das GebĂ€ude.

Die Terrasse auf der SĂŒdseite des BestandsgebĂ€udes in Richtung des Schlossgartens wird leicht vergrĂ¶ĂŸert, um ihre Nutzung als Außenbereich des Restaurants zu optimieren. Von hier aus bietet sich ein schöner Blick in den benachbarten Park. Die bestehenden Stufen in Richtung des sĂŒdlich gelegenen denkmalgeschĂŒtzten Bereichs werden entsprechend leicht modifiziert. Eine neue fußlĂ€ufige Verbindung sĂŒdlich der Tiefgaragenzufahrt bindet das Wegesystem des Parks hier an den Straßenraum an.

 
Architektonische AusprÀgung

Der Auftritt als SolitĂ€r mit einer Plinthe und einem aufgehenden Zimmertrakt wird erhalten, lediglich bei beiden Varianten unterschiedlich ergĂ€nzt. Metastasen, die die Klarheit der Plinthe stören, werden rĂŒckgebaut, der langestreckte Körper wirkt reduzierter, schlichter, eindeutiger.
 
Leichte Modifikationen bei der Fassadenkonzeption/-gestaltung durch andere OberflĂ€chen, Materialien ĂŒberschreiben, Ă€hnlich einem Palimpsest, das GebĂ€ude mit einer neuzeitlichen Fassung. Reduktion, Leichtigkeit und Nachhaltigkeit dienen als Parameter fĂŒr die Gestaltung.
Alle RĂ€ume erhalten eine vollflĂ€chige bodentiefe Verglasung mit regelbaren Jaluosien als Sonnen- und Sichtschutz integriert in einer Dreifachverglasung.  Diese neue individuell steuerbare Haut eint den Altbau, es entsteht eine selbstverstĂ€ndliche Symbiose von Alt und Neu. 
 
  
Konstruktion / Materialien
 
Die massiven Fassadenbereiche werden an Stelle der Natursteinplatten mit glÀsernen Photovoltaikelementen mit dezenter Bedruckung verkleidet. Fassadengestaltung nimmt die alte Struktur auf, interpretiert sie durch die ErgÀnzung mit horizontalen Elementen.

Die Fassadenkonstruktion steht unter der PrĂ€misse, dass praktisch keine Lasterhöhung entlang des RandtrĂ€gers und nur eine Minimale Lasterhöhung an den SchottwĂ€nden möglich ist. Daher soll die Summe der Lasten der entfernten Bauteile in etwa der Summe der neuen Bauteile entsprechen. Wesentlich ist daher der Abbruch der Stahlbeton/Ytong Fassaden im Bereich der Zimmer. Diese werden ersetzt durch schlanke und brandgeschĂŒtzte Stahlbetonverbund- oder Stb-FertigteilstĂŒtzen, wodurch eine freie Fassadenöffnung annĂ€hernd in Zimmerbreite möglich wird.

Fassade
ZusĂ€tzlich zu den Maßnahmen im Tragwerk werden alle sekundĂ€ren Bauteile wie Fenster und Blechverkleidungen werden entfernt. Die freigewordenen Lastreserven werden fĂŒr eine hochdĂ€mmende Dreifachverglasung als CCF (Closed Cavity Facade) genutzt. Der Raffstore fĂŒr den Sonnenschutz ist in das Fassadenpaket windgeschĂŒtzt integriert. Die Festvergalsung und motorische Aussstattung ermöglichen maximalen Komfort und Bedienungssicherheit fĂŒr die Nutzer. Gleizeitig haben die Fassadenelemente einen hohen Vorfertigungsgrad verbunden mit zĂŒgiger Montage und hoher FertigungsqualitĂ€t. Durch ihren kompakten Aufbau wird die zu VerfĂŒgungstehende NutzflĂ€che nicht eingeschrĂ€nkt.
 
Die Natursteinverkleidungen der opaken Fassaden werden durch PV-Elemente ersetzt. Da der Hotelturm unverbaubar ist, kann damit langfristig trotz nicht ganz optimaler Ausrichtung eine gute Energieausbeute erzielt werden.
 

Energieeffizienz / Nachhaltigkeit


Die DĂ€cher erhalten eine extensive BegrĂŒnung in Kombination mit PV, z.B. SinCo. Ebenfalls mit Solarpaneelen (z.B. Solaxess White Photovoltaic Safety Glass) werden die opaken Fassaden als Ersatz fĂŒr den Naturstein versehen. Die nicht fĂŒr die Energiegewinnung nutzbaren FlĂ€chen der geschlossenen Fassadenteile werden mit mit demselben Material / OberflĂ€che wie die Solarpaneele verkleidet.

Klimatisierung der Zimmer, Die Zimmer erhalten eine Fussbodenheizung um die Fensterfront, wodurch der Ausblick ungestört bleibt. Umlaufend integrierter Sonnenschutz, individuell steuerbar. Die FensterflÀchen der Sockelgeschosse sind konventionell 3-fach verglast, die Hotelgeschosse sind mit der CCF 3-fach verglast.

Notwendige Fluchtwege werden eingehalten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit 2002 setzt sich selbstbewusst mit dem Bestand auseinander, in dem sie die Kubatur und Fassade des GebĂ€udes â€žĂŒberschreibt“ und neu interpretiert. Das Erdgeschoss wird weitgehend am Bestand orientiert umorganisiert und durch eine neue Freitreppe im Lobbybereich mit dem Obergeschoss verbunden. Die TerrassenflĂ€che öffnet sich stĂ€rker als heute zum vorgelagerten Schlossgarten, der vom denkmalgepflegten Bestand ausgehend kaum verĂ€ndert wird.

Die konsequente Orientierung am Denkmal Park verdient Respekt. Allerdings bewirkt dies lediglich eine minimale direkte Innen/Außen-Beziehung auf dem Niveau des Restaurants mit der Konsequenz einer sehr schmalen Terrasse.

Ob der Wert des Denkmals derart ist, dass eine formale, „verpixelte“ FortfĂŒhrung zum Vorfeld des Hotels gerechtfertigt ist, wird kontrovers diskutiert.

Das Obergeschoss wird in seiner strukturellen Lagerhaftigkeit betont und als Sockel (Plinthe) fĂŒr den aufgehenden Hotelturm die Horizontale betonend und geschlossen gestaltet. Hier verliert der Entwurf nach EinschĂ€tzung der Jury an PrĂ€gnanz und Lebendigkeit.

Die Fassade wird erneuert, indem die bestehende Struktur weitgehend entfernt und mit einer Stahlbetonstruktur neu aufgebaut wird. Diese lĂ€sst grĂ¶ĂŸere Öffnungen als bisher zu, die mit dreifach verglasten Systemfenstern, in denen der Sonnenschutz gefĂŒhrt wird, vollflĂ€chig versehen werden. Der hohe GlasflĂ€chenanteil verĂ€ndert den Charakter des GebĂ€udes erheblich und wirft Fragen der ressourcenvertrĂ€glichen Herstellung und der betrieblichen Nachhaltigkeit auf.

Anstelle der bisher vorgehÀngten Marmorfassade wird ein opakes Photovoltaik-System vorgesehen. Der konsequente Einsatz dieser in die Fassade gestalterisch integrierten Lösung und auf den Flachdachbereichen aufgesetzten PV-Anlage wird positiv hervorgehoben. Auch die zu erwartende Energieausbeute ist plausibel nachgewiesen.

Positiv zu erwÀhnen ist die Auseinandersetzung mit der MaterialitÀt und der Versuch, die Anmutung des GebÀudes mit Photovoltaik in den Fassaden neu zu interpretieren. Kritisch gesehen wird der hohe Glasanteil der Hotelzimmer und die damit einhergehenden Anforderungen an den Sonnenschutz. Dies wurde durch die Integration des Sonnenschutzes im Glasverbund gelöst. Neben den Kosten wird die Wartung und Instandhaltung kritisch gesehen (ggf. könnte auch das Gewicht ein Problem sein).

Die angebotenen Fassadendetails und Schnitte lassen Fragen unbeantwortet (ÖffnungsflĂŒgel, DeckenanschlĂŒsse).

Insgesamt stellt die Arbeit einen gut nachvollziehbaren und eigenstĂ€ndigen Vorschlag des Weiterbaus dar, der allerdings fĂŒr die gesamte Fassade einen weitgehenden Ersatzbau der heutigen Situation darstellt.