Nichtoffener Wettbewerb | 02/2023
Neue Quartiersmitte Klettham-Nord in Erding
©Wolfram Gothe
Quartiersplatz
1. Preis / Zuschlag
Preisgeld: 22.000 EUR
Lex Kerfers_Landschaftsarchitekten und Stadtplaner GbR
Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau
-
Verfasser:
-
Mitarbeitende:
Erläuterungstext
Vom Verkehrsplatz zum Verweilplatz
Um aus einem beiläufig entstandenen Freiraum eine echte Quartiersmitte zu entwickeln bedarf es einer Neuordnung des Verkehrs, einer prägnanten Gestaltung mit Wiedererkennungswert und einer Verdichtung der Publikums-relevanten Einrichtungen bzw. deren stärkere Präsenz im öffentlichen Raum.
Hierzu werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen:
Zentrale Anordnung der Bushaltestellen und der Mobilitätsstation in Verbindung mit dem Quartiersmanagement, Laubengang als geschützter aber öffentlicher Aufenhaltsbereich, optional Eisdiele im EG Friedrichstraße Nr. 15, Installierung Bürgertreff im AWO-Gebäude. Die Erlöserkirche mit Gemeindezentrum prägt mit ihrem ikonischen Gebäude weiterhin die neue Mitte.
Alle Bäume werden erhalten bzw. verpflanzt. Mit den neuen Grünstrukturen erfolgt eine Präzisierung der Räume, eine klare Definition von Platz- und Grünräumen. Baumpflanzungen erfolgen so, dass die wichtigen Blickbeziehungen zur Kirche offen bleiben. Straßenbegleitend wirken Baumreihen als grüne Leitlinien, die die „neue Mitte“ auch räumlich in Szene setzen. Ein Hain aus Zierkirschen gibt dem Platz ein eigenes Gepräge ohne ihn zu verstellen. Hier ist auch das Denkmal und die Informationstafel dazu verortet. Der Laubengang als räumliches Rückgrat des Platzes ist vielfältig nutzbar:
als Ruhebereich aber auch für kleinere Stände bei Veranstaltungen oder Märkten. Das offene Platzfeld dient auch als Aktionsfeld. Das Wasserbecken mit interaktiven Sprudlern und Sitzmöglichkeiten schließt das Platzfeld zur Fahrbahn hin ab.
Der offene Platz erhält ein grünes, schattiges vis à vis. Die Grünfläche an der Karlstraße wird als „Klimahain“ entwickelt; Die Ränder werden mit Stauden- und Gräserbändern bepflanzt. Es entsteht ein geschützter Binnenbereich zur freien Aneignung. Eine leichte Absenkung außerhalb der Bestandsbäume fördert die Nutzung als Sicker- und Verdunstungsfläche.
Den Zugang im Norden und Süden markieren plastisch ausgeformte Holzdecks. Die Plätze vor der Kirche und dem Bürgertreff sowie am Quartiersbüro erhalten bepflanzte Grüninseln mit Sitzgelegenheiten als Treffpunkte. Alle Wohngebäude erhalten bepflanzte Vorzonen mit Radstellplätzen und Sitzgelegenheiten.
Es wird ein einheitlicher Belag aus Pflasterplatten vorgeschlagen, in nicht befahrenen Bereichen ungebunden verlegt. Die Fahrbahnen sind lediglich durch seitliche Gerinne mit 2cm Abstich markiert. Stellplätze sind mit Rasenfuge vorgesehen. Am Bürgertreff und Hauptplatz werden Felder mit wassergebundener Decke vorgeschlagen.
Die Entwässerung erfolgt wo möglich in die Grünflächen bzw. Baumscheiben. Baumpflanzungen im Straßenbereich erfolgen nach dem Stockholmer Baumpflanzsystem. Die Grünfläche an der Karlstraße kann teilweise als Retentionsfläche genutzt werden.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der Beitrag überzeugt durch die klare gestalterische und funktionale Ordnung des Gesamtareals. Innerhalb eines einheitlichen Pflasterbelags werden sehr differenzierte und qualitätvolle (Teil-)Räume als Angebote geschaffen. Das denkmalgeschützte Kirchenareal bleibt im Entwurf gut sichtbar. Der Grünstreifen an der Außenmauer wird weitestgehend erhalten. Von der leichten Verschwenkung der Friedrichsstraße Richtung Süden profitiert das Vorfeld der Kirche. An der Südseite der Hofmauern könnten anstelle der Fahrradstellplätze Sitz- und Aufenthaltsmöglichkeiten eine Verbesserung darstellen. Der Straßenraum ist überzeugend neugestaltet und profitiert vom Pflasterbelag und dem niveaugleichen
Ausbau.
Die Bushaltestellen sind überzeugend platziert. Der Quartiersplatz wird durch die durchlässige Pergola nach Norden und die Setzung der Kirschbäume, zur Karlstraße hin, klar gefasst. Das Häuschen für die Bushaltestelle ist hier sehr gut angeordnet. Der langgezogene Brunnen bildet zugleich Sitzmöbel, Wasserspiel und Abgrenzung zum Verkehrsraum. Der so geschaffene Platz bietet ein hohes Maß an Nutzbarkeit und Flexibilität. Einigermaßen schattige Aufenthaltsbereiche werden jedoch nur in den Randbereichen angeboten. Im Gegensatz dazu bietet die Gestaltung des baumüberstandenen Grünraums an der Karlstraße attraktive Aufenthaltsmöglichkeiten im Schatten des durch zahlreiche Neupflanzungen ergänzten Blätterdachs. Gleichzeitig werden Versickerungsmöglichkeiten überzeugend in die Fläche integriert. Der Bereich ist angenehm zurückhaltend mit Holzdecks ausgestattet und die Verkehrssituation wird durch die einheitliche Oberflächengestaltung und die Zonierung des Straßenraums als verkehrsberuhigt wahrgenommen.
Generell sind die Vorbereiche der Hauseingänge funktional und gestalterisch gut gelöst und bieten ausreichend Distanz zwischen öffentlichem Weg und privater Wohnnutzung. Im Bereich vor dem Quartiersmanagement werden öffentliche Angebote und Funktionen gelungen integriert. Die Pkw-Stellplätze sind an drei geeigneten Standorten innerhalb des Wettbewerbsgebiets kompakt untergebracht, ebenso weitere Funktionen wie E-Bike, etc. Der Bereichwestlich vor dem Haupteingang zur Kirche und dem Bürgerhaus St. Prosper wird durch die Gestaltung als kleiner Platz wahrnehmbar und deutlich aufgewertet. Der im Norden angrenzende öffentliche Raum wird auf subtile Weise verbessert.
Der mit dem Entwurf verbundene wirtschaftliche Aufwand ist der Entwurfsaufgabe und Nutzung angemessen. Der Aufwand für Unterhalt der Holzpodeste und Pergolen scheint für den Gewinn an Aufenthaltsqualität auch in Hinblick auf sommerliche Hitze angemessen.
Insgesamt ein gelungener, überzeugender und differenzierter Wettbewerbsbeitrag, der durch die Vielfältigkeit der Freiraumangebote beste Voraussetzungen für eine lebenswerte und lebendige Quartiersmitte für Klettham schafft.
©Wolfram Gothe
Karlstraße
©Rita Lex-Kerfers
Lageplan M 1:200
©Rita Lex-Kerfers
Lageplan M 1:500
©Rita Lex-Kerfers
Draufsicht/Schnitt Quartiersplatz
©Rita Lex-Kerfers
Draufsicht/Schnitt Karlstraße