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Einstufiger, nicht offener, regional begrenzter Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren | 02/2023

Grünes Viertel Stephansstift in Hannover

Visualisierung

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1. Preis / Baufeld 1

N2M Architektur & Stadtplanung GmbH BDA

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

nsp landschaftsarchitekten stadtplaner PartGmbB schonhoff schadzek depenbrock

Landschaftsarchitektur

shl ingenieure GmbH

Tragwerksplanung

MACINA digital film

Visualisierung

Erläuterungstext

Städtebau. Auf dem Baufeld 1 des neuen Wohnquartiers Grünes Viertel Stephansstift in Hannover-Kleefeld entsteht, gebildet durch eine perforierte Blockrandbebauung, ein für das gesamte Quartier zugänglicher und nutzbarer Wohnhof mit insgesamt 112 barrierefreien Wohnungen für Bewohnerinnen und Bewohner aller Alters- und Einkommensgruppen.

Freiräume. Die Freianlagen bilden mit der organischen Formensprache im Inneren einen spannenden Kontrast zur Kubatur und erzeugen ein facettenreiches Raumgefüge, welches den vielfältigen Nutzungsansprüchen gerecht wird. Durch offene Heckenstrukturen und artenreiche Gräser- und Staudensäume entstehen klare Differenzierungen zwischen gemeinschaftlichen, halb-privaten und privaten Flächen.

Charakteristisch ist die Ausbildung des zentralen Abenteuerspielplatzes; eine Vielzahl von gemeinschaftlichen Nutzungen für unterschiedliche Funktionen und Zielgruppen werden in den Außenanlagen vorgesehen. Heimische Sträucher und Gehölze sowie bienenfreundliche Blühwiesen schaffen einen abwechslungsreichen Freiraumcharakter und eine besonders angenehme Situation an heißen Tagen.

In den Hauptdurchwegungen bildet ein homogener „Teppich“ aus Betonwerkstein eine klar strukturierte Erschließung. Durch die Gliederung in thematische Inseln wie Spiel und gemeinschaftliches Gärtnern erhält der innere Hof eine facettenreiche Spiel- und Wohnlandschaft.

Das Außenraumkonzept ermöglicht große zusammenhängende Grünflächen mit hoher ökologischer Qualität. Der lokale Wasserhaushalt im Quartier wird an natürlichen Kreislaufsystemen orientiert. Regenwasser (von Dächern und nicht befahrenen Wegen) wird gesammelt und über die Grünflächen versickert. Durch die systematische Nutzung von Regenwasser im Freiraum wird eine Verbesserung des lokalen Mikroklimas erwartet.

Die Raumfolgen reagieren auf die zeitgenössischen Ansprüche urbanen Wohnens und lassen einen Ort mit hoher Identifikation entstehen.

Verkehrskonzept. Mit Ausnahme der rollstuhlgerechten Stellplätze werden alle nachzuweisenden Einstellplätze in der geplanten Tiefgarage bzw. dem geplanten Systemparkhaus auf dem Baufeld 3 angeordnet. Die rollstuhlgerechten Stellplätze werden wohnungsnah auf dem zur Karl-Wiechert-Allee orientierten und dem Baufeld 1 zugehörigen Grundstücksstreifen in den Außenraum eingebettet.

Die Fahrradstellplätze im Außenraum werden an den Eingängen zum Wohnhof und den Hauseingängen dezentral vorgehalten. Zudem verfügt jedes Haus über Fahrradkeller.

Fassadenkonzept. Das Blockrand-Ensemble aus sieben Häusern folgt einer Architektursprache. Ein farblich leicht changierender roter Stein (z.B. Hebrok Aestas) mit einer rauen Oberfläche und einer rötlichen Fuge fügt das gesamte perforierte Ensemble zu einer kompakten Figur zusammen. Die Farbe des gewählten Steins richtet sich nach dem in der Auslobung geforderten Farbraum. Stein- und Fugenfarbe unterscheiden sich nur gering.

Die gewählte Architektursprache des Ensembles orientiert sich an der Materialität und der Proportion der historischen Umgebungsbebauung. Statt jedoch die klassische Lochfassade zu zitieren, schafft ein Wechselspiel aus bodentiefen Fenstern und Wandscheiben eine eigenständige Fassadenstruktur. Horizontal verlaufende Lisenen gliedern und verbinden die Baukörper und bilden die Basis für das Wechselspiel der Fenster und Wandscheiben.

Durch den Einsatz von drei unterschiedlichen Fensterformaten, die immer in der gleichen Kombination geschossweise pro Fassadenzug eingesetzt werden, werden die Fassaden der Blockrandbebauung zusätzlich gegliedert.

Optimierte, nachhaltige Konstruktion. Die gewählte Hybridkonstruktion aus Brettsperrholzdecken und einem konstruktiven monolithischen Mauerwerk mit einem massivem Verblendziegel verzichtet weitgehend auf Betonbauteile und schafft somit eine deutlich verbesserte CO2-Bilanz gegenüber einer reinen Massivbauweise. Zudem werden schadstofffreie Materialien eingesetzt, und es wird auf Verbundbaustoffe weitestgehend verzichtet.

Das gewählte Konstruktionsraster vermeidet zudem Spannweiten über fünf Meter und sorgt so für eine wirtschaftliche Dimensionierung der Bauteile. Gebäudetechnik kommt nur im notwendigen Maße zum Einsatz (Lowtech vor Hightech).

Sommerlicher Wärmeschutz. Das Verhältnis der Fensterflächen zur Raumgröße ist so gewählt, dass der sommerliche Wärmeschutz grundsätzlich ohne zusätzlichen baulichen Sonnenschutz gewährleistet ist. Die Ermittlung basiert auf Erfahrungswerten. Sollte ein rechnerischer Nachweis kritische Räume ergeben, kann für diese planerisch aufgrund des editierbaren Fassadensystems durch Anpassung der Fenstergröße oder technisch durch den Einsatz einer Sonnschutzverglasung der sommerliche Wärmeschutz ohne Verschattungselemente sichergestellt werden.

Wohnungsmix. Die Besonderheit des Wohnhofs auf dem Baufeld 1 stellt der Wohnungsmix mit einem hohen Anteil an förderfähigen Wohnungen dar, der hier konsequent in den sieben Häusern umgesetzt ist (förderfähige Wohnungen sind in den Grundrissen durch eine eigene Schraffur gut ablesbar). Alle Grundrisse basieren auf einem gemeinsamen modularen Ordnungsprinzip. Somit kann innerhalb der vorgegebenen städtebaulichen Figur der Wohnungsmix nach Bedarf angepasst werden.

Erschließungskerne. Durch eine kompakte Organisation der Grundrisse und eine optimale Verteilung der unterschiedlichen Wohnungstypen konnten die Erschließungskerne gegenüber der vorliegenden Funktionsplanung von neun auf insgesamt auf sieben Kerne reduziert werden.

Im Erdgeschoss öffnet sich der großzügige verglaste und bis in den Wohnhof durchgesteckte Eingangsbereich über zwei Geschosse und ist somit ausreichend natürlich belichtet. Neben der Briefkastenanlage sind hier in der Nähe der Zugänge räumlich getrennte Abstellbereiche für Kinderwagen angeordnet.

Funktionsbereiche. Grundsätzlich verfolgen alle Grundrisstypen einen Organisationsansatz, der die Wohnungen in zwei Funktionsbereiche gliedert: einen zentralen, offenen Wohn- und Koch-/Essbereich und einen hiervon getrennten, mehr introvertierten Zimmerbereich mit dazugehörigem Duschbad und WC. Alle 4-Zimmer-Wohnungen sind mit einem zusätzlichen WC im Eingangsbereich ausgestattet.

Homeoffice. Alle Zimmer sind so strukturiert, dass ein Arbeitsplatz angeordnet werden kann. Dies ermöglicht ein konzentriertes Arbeiten außerhalb der belebten Wohnzonen. Die Grundrisse zeigen exemplarisch unterschiedliche Möblierungsoptionen.

Abstellflächen. Jede Wohnung verfügt über eine Garderobenzone im Eingangsbereich (Tiefe: 0,60 m) und über einen Abstellraum innerhalb der Wohnfläche sowie über zusätzliche Abstellflächen in den Untergeschossen.

Balkone. Jede Wohnung besitzt einen privaten Freiraum, der je nach Lage und Wohnungsgröße unterschiedlich dimensioniert und gestaltet ist.

Die kleineren, nicht zum Innenhof orientierten Wohnungen, erhalten kompakte, filigran geplante Balkone (siehe Fassadenschnitt). Diese Balkone überschreiten und unterschreiten die Baulinie jeweils um 0,60 m und entsprechen so den Vorgaben des Bebauungsplans. Den Wohnbereichen der betreffenden Wohnungen werden somit 1,20 m tiefe Balkone aus Stahl zugeordnet, die sich als 0,60 m tiefes Relief unaufdringlich in die zum öffentlichen Raum orientierten Fassaden einfügen.

Alle zum Innenhof orientierten Wohnungen sind mit bis zu 2,00 m tiefen, kräftig gestalteten Balkonen unterschiedlicher Breite ausgestattet, die das Wohnen von Innen nach Außen übertragen und den angrenzenden Wohnhof somit beleben. Diese Balkone sind als Auskragungen der Brettsperrholzdecken geplant.

Beide Balkonmotive sind aufgrund der gewählten Hybridkonstruktion aus Brettsperrholzdecken und einem konstruktiven monolithischen Mauerwerk mit einem massivem Verblendziegel ohne bauphysikalische Schwachstellen (Wärmebrücken) kostenoptimiert realisierbar.

Dächer. Die Dachlandschaft basiert auf Satteldächern mit einer Neigung von 45°. Die Dachräume sind vollflächig ausgebaut und schaffen unter Berücksichtigung der 2/3-Regel für Vollgeschosse insgesamt 20 zusätzliche Wohnungen. Darüber hinaus steht eine Restfläche als nicht ausgebauter Dachraum zur Verfügung, der Platz für eine weitere 2-Zimmer-Wohnung bietet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das viergeschossige Gebäudeensemble mit ausgebautem Dachgeschoss lehnt sich in seiner äußeren Erscheinung erkennbar an den historischen Gebäudebestand im Umfeld an. Die auf den ersten Blick historisierend und ein wenig konservativ erscheinende Fassade wird durch die, die großzügigen zweigeschossigen Eingangsbereiche mit den vorgesetzten Wandscheiben und ihren steilen Giebeln auf angenehme Art und Weise in das Hier und Heute überführt. Auch die regelmäßig angeordneten bodentiefen, zum Teil als Loggien konzipierten Fenster und die die Fassade mit den horizontalen Bändern vermitteln einen hochwertigen Eindruck. Dennoch bleibt die historisierende Erscheinung der Fassade etwas zu überzogen. Der Unterschnitt im Zwerchhaus führt zu einer störenden Asymmetrie, zudem haben die Fensterschlitze des Zwerchhauses eine unangemessene Größe für die dahinterliegende Nutzung.
Im wohltuenden Kontrast mit der beinah strengen Erscheinung zum öffentlichen Raum steht die Gestaltung des Hauses zum Gartenhof. Vorgelagerte Terrassen im barrierefrei zu erreichenden Hof und luftige Balkone in den Obergeschossen schaffen private, aber dennoch jede Abschottung vermeidende Räume. Gleichzeitig wird durch die sorgsam ausformulierten Übergänge vom privaten zum (halb-)öffentlichen Bereich, der für alle Bewohner*innen vielfältig nutzbare Angebote bereithält, das soziale Miteinander gefördert. Dabei ist der Gartenhof nicht nur Spiel- und Aufenthaltsfläche in großzügiger und überzeugender Gestaltung, sondern bietet auch eine Versickerungszone für Regenwasser.
Die Gebäude selbst werden als Hybridkonstruktion mit geringen Betonanteilen und als „Lowtech- Bauten“ ausgeführt, was die CO2-Bilanz positiv beeinflussen wird. Ein Mix aus geförderten und frei finanzierten Wohnungen – davon 14 rollstuhlgerecht – kann die gewünschte Durchmischung der Bewohnerschaft erreichen. Im Allgemeinen sind die Grundrisse gut strukturiert, außerdem sind die Innenliegenden Treppenhäuser zwar ökonomisch konzipiert, sollten aber eine Tageslicht-Belichtung über Dachöffnungen erhalten. Das umwelt- und klimafreundliche Mobilitätsangebot wird neben der optimalen Anbindung an den ÖPNV durch zahlreiche Fahrradabstellplätze im Außenbereich und im Fahrradkeller ergänzt. Hier wäre aber eine komfortablere und leichter zugängliche Verortung und Ausführung dringend erforderlich, wie zum Beispiel über eine separate Fahrradrampe.
Insgesamt stellt der Entwurf einen wertvollen Beitrag zur Planung des Baufeldes 1 dar.
Lageplan

Lageplan

Blatt 1

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Grundriss

Grundriss

Blatt 2

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Blatt 3

Blatt 3

Blatt 4

Blatt 4