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Einstufiger, nicht offener, regional begrenzter Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren | 02/2023

Grünes Viertel Stephansstift in Hannover

Hofsituation

Hofsituation

Anerkennung / Baufeld 4

Baumschlager Eberle Architekten

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Planstatt Senner

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ausschnitt WB-Abgabe

Städtebau und Außenraum
Das neue Stadtquartier entsteht in einer voll erschlossenen Umgebung, in seiner direkten Nähe befinden sich der Annateich und die Eilenriede. Gleichzeitig ist eine städtische Infrastruktur mit Straßenbahnanbindung, S-Bahn, Krankenhaus, Schulen, etc. verfügbar. An das Quartier grenzen die historischen Gebäude des Stephansstifts im Süden und des Annastifts im Osten. Typisch für dieses Stadtgebiet von Hannover ist die interessante Mischung von lockerer Wohnbebauung und einzelnen öffentlichen Institutionen als städtebauliche Merkpunkte. Das fünfeckige Areal mit seinen fünf Baufeldern ist ein in sich wirkendes Gelände mit klaren Straßenfronten, das durch seine Erschließung mit der Umgebung kommuniziert. Das Herzstück bildet ein zentraler Quartiersplatz am Schnittpunkt der Durchwegungen im Inneren, während eine großzügige „grüne Ecke“ samt Spielplatz im Südwesten den Bezug zur Umgebung intensiviert.
Unmittelbar daran anschließend findet sich das Baufeld 4 mit den beiden zu bearbeitenden Gebäuden, im folgenden Text funktionsbezogen als Haus Sporthalle und Haus Mensa bezeichnet. Der zentrale Quartiersplatz bildet das städtebauliche Gelenk zwischen den beiden Häusern, deren Schmalseiten mit ihren ausgewogenen Proportionen den Platz rahmen. Die Längsseiten der Gebäude umfassen das Diakonie-Kolleg Hannover, das Haus Mensa ragt über die Flucht des Kollegs hinaus, sodass auf diese Weise ein baulicher Abschluss für die „grüne Ecke“ und den Spielplatz entsteht, während die Kante des Hauses die Rückseite der historischen Villa begleitet. Der Städtebau für das Baufeld 4 zeichnet sich durch ein hohes Maß an Zurückhaltung aus. Es werden keine großen Gesten gesetzt. Viel wichtiger ist die dezente Begleitung des Bestandes und die Schärfung der neuen urbanistischen Disposition. Die beiden Häuser sind grundsätzlich als spürbare Paravents für das Leben im Innen- wie auch im Außenraum zu verstehen.
Die Beziehung zwischen Dinge, wie Adolf Loos einmal den Raum definiert hat, ergibt sich hier in Hannover aus dem Zusammenspiel von Gebäuden und Freiflächen. Ein Netz der kurzen Wege kennzeichnet das Quartier, um in den straßenübergreifenden Quartiersplatz mit seiner markanten Linde zu münden. Kennzeichnend und verbindend für den Dialog zwischen Häusern und Grünflächen ist das pulsierende Prinzip: Die begrünten Flächen als Inseln um die Objekte angelegt, werden an den Eingängen zurückgenommen, um dann wieder mehr Platz für sich zu beanspruchen. Die abgerundeten Formen verstärken den Eindruck des Biomorphen. Baumreihen begleiten Wege und rhythmisieren die Außengrenzen des Baufeldes zur Umgebung hin. Aufgespannt ist die Erlebniswelt im Grünen zwischen zwei Polen – den naturnahen Spielplätzen im Westen und der grün-urbanen Quartiersmitte. Mit diesem differenzierten Grünraumangebot eröffnen sich auch vielfältige Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten. Vom ungehinderten „Ausleben“ (Klettern, Verstecken, Spielen…) bis hin zu gemeinsamen Feiern oder Café trinken am Quartiersplatz reicht das großzügige Spektrum.
Das Gebäude der Sporthalle erhält grünen Rahmen samt Privatheit der Gruppenräume und bodengebundener Fassadenbegrünung. Die Terrasse der Jugend- und Obdachlosenhilfe verfügt über einen „grünem Filter“ mit privateren Bereichen und gemeinschaftlichem Garten.
Grünraum erhält in Zeiten des Klimawandels eine neue und wichtige Aufgabe: die Regenwasserrückhaltung. für Pflanzungen wird verfügbar gemacht. Naturnahe Mulden dienen eben dieser Rückhaltung, während die Verdunstung zur Abkühlung des Mikroklimas beiträgt. Grün ist heute nicht mehr Dekoration, sondern Notwendigkeit.

Architektur
Die Integration beider Häuser erfolgt weithin sichtbar mit der Aufnahme des stilprägenden Giebels, wie er im „Stiftungsviertel“ maßgebend vorhanden ist. Das Annastift, das Leibnizhaus oder das ehemaligen Gildenhaus, beide in Hannover beheimatet, sind Beispiele, wie hoch der Wiedererkennungswert des Giebels in dem Quartier, in Hannover und Niedersachsen ist.
Die Giebel im Baufeld 4 zeichnen sich durch ihre Besonderheit aus: Sie sind nämlich hochgezogen und die Dächer dahinter abgesenkt. Auf diese Weise vermitteln die Gebäude ihre signifikante Botschaft: Jedes einzelne Haus wird zum Gefäß der jeweiligen Nutzungen. Wie gesagt beziehen sich die Häuser in Form und Material auf die öffentlichen Bauten der Umgebung. Dennoch wird mit der Architektur kein „Remake-Spiel“ betrieben und die Gegenwart mit ins Boot geholt. So werden im Haus Mensa im Bereich der großzügigen Gemeinschaftsräume die Giebel im Studentenwohnheim eingeschnitten und die wichtigen gesellschaftlichen Freiräume der Nutzenden mit ausreichend Tageslicht bedient.
Das Material Klinker erlaubt ebenso mit Finessen zu arbeiten, wie sie hier zur Anwendung kommen: Innerhalb der Gesimsbänder springt jede zweite Reihe Klinker wenige Zentimeter vor, sodass Rhythmus und Plastik als Themen der Architektur subtil akzentuiert werden.
Im Bereich des Hauses Turnhalle ist der Sockel überhoch ausgebildet. Als Lichtkrone im Inneren der Sporthalle finden sich die Standardfenster der Fassade. Das Gebäude schafft den Spagat die Turnhalle zu integrieren, ohne diese unmittelbar ablesbar zu machen. Auf diese Weise wird im Detail jene Homogenität in der Gesamterscheinung des Ensembles fortgeschrieben, die in Architektur und Stadtplanungen begründet sind.



Lageplan 1:1.500

Lageplan 1:1.500

Lageplan 1:200

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