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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2023

Neubau Campus Mathematik und Informatik an der WWU MĂŒnster

Lageplan

Lageplan

3. Preis

Preisgeld: 35.000 EUR

ATELIER 30 Architekten GmbH

Architektur

GTL Landschaftsarchitektur Triebswetter, Mauer, Bruns Partner mbB

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext

Neubau Campus Mathematik und Informatik an der WWU MĂŒnster

StÀdtebauliches Konzept
Durch die vorgeschlagenen RĂŒcksprĂŒnge der stĂ€dtebaulichen Figur des Neubaus entlang der Einsteinstraße werden der Hauptzugang ins GebĂ€ude und der Zugang zum Campus definiert. An der stĂ€dtebaulich prĂ€genden Ecke OrlĂ©ans-Ring/Einsteinstraße entwickelt das vorgeschlagene Baukörperensemble einen markanten Hochpunkt (siehe Typo 1). Auf dem begrĂŒnten GebĂ€udesockel in welchem die publikumsintensiven Nutzungen wie HörsĂ€le, Seminarbereiche und Bibliothek platziert sind, sind ab dem 3.OG die einzelnen Institutsbaukörper aufgesetzt. Hierdurch wird das GebĂ€udeensemble klar gegliedert und nimmt mit seiner Körnigkeit die MaßstĂ€blichkeit des Ortes auf (siehe Typo 2).

Der zentrale Campusplatz und seine Durchwegung
Durch die vorgeschlagene stĂ€dtebauliche Anordnung der Neubebauung entsteht ein gefasster, zentraler Campus mit stabilen Kanten (siehe Typo 3). Angedacht ist, dass die FlĂ€chen des Campusplatzes aus langlebigen Natursteinbelag aus grau-beigen Granitplatten (z.B. FlossenbĂŒrger Granit) in abgestuften GrĂ¶ĂŸen bestehen. Durch die Zonierung der GrĂŒnflĂ€chen des Campusplatz entsteht neben den attraktiven FreiflĂ€chen z.B. fĂŒr das CafĂ© auch eine logische diagonale Durchquerung des Campus hin zur Bibliothek bzw. zur Einsteinstraße (siehe Typo 4). Zudem werden die Ein- und ZugĂ€nge betont.

GrĂŒner Campus und Institutsgarten
Neben der vorgeschlagenen straßenbegleitenden Bepflanzung aus Feldahorn bildet der gestaltete Freiraum des Campusplatzes ein zentrales Element der Freianlagen. GrĂŒne Inseln mit einer schattenspendenden Bepflanzung aus klimaresistenten BlauglockenbĂ€umen und japanischen SchnurbĂ€umen in Gruppen mit integrierten SitzbĂ€nken setzen den zentralen Campusplatzes in Szene. (siehe Typo 5) DarĂŒber hinaus bildet das Plateau des Institutsgartens im 3.OG einen fĂŒr die Nutzer begehbaren grĂŒnen Freibereich mit hoher AufenthaltsqualitĂ€t. Durch eine fußlĂ€ufige Durchwegung in Verbindung mit einer BegrĂŒnung aus Kleingehölzen, StrĂ€uchern, Hecken und GrĂ€sern entsteht in diesem Bereich eine zusĂ€tzliche, rĂ€umliche Vernetzung der Seminarbereiche, welche den einzelnen Instituten zugeordnet sind.

Erschließung und rĂ€umliche Organisation
Die Haupterschließung des Neubaus fĂŒr Mathematik und Informatik erfolgt ĂŒber den markanten Haupteingang mit einem galerieartigen Foyer an der Einsteinstraße. Dieses „Herz“ des GebĂ€udes bietet vielfĂ€ltige Kommunikationsbereiche und verknĂŒpft die Hörsaalbereiche nebst CafĂ© im EG mit den Seminarbereichen im 1.OG und 2.OG. Im 1.OG bindet die Bibliothek direkt an die innere Erschließung an. ZusĂ€tzlich erhĂ€lt diese einen weiteren Eingang im EG, der zum Campusplatz hin orientiert ist.
Im 3.OG wechselt die Organisation. Hier befinden sich vorwiegend Seminarbereiche welche den einzelnen Instituten zugeordnet sind. Diese beherbergen die flexiblen BĂŒro- und Studienlandschaften der unterschiedlichen Institute und der Verwaltung. Im 3.OG verbindet der grĂŒne Institutsgarten die einzelnen Bereiche und lĂ€dt zum wissenschaftlichen GesprĂ€ch ein (siehe Typo 7).
 
Nachhaltigkeitsaspekte

Konstruktion, Materialwahl, Fassade
Die Konstruktion der Neubauten ist in Hybridbauweise geplant.
Dabei sind sowohl das Untergeschoss, die Treppenhauskerne, die punktgehaltenen Decken und brandschutzrelevanten Bauteile als Beton- Massivkonstruktion vorgesehen. Die GebĂ€udeaussteifung erfolgt ĂŒber die Erschließungs- und Technikkerne. Die hochgedĂ€mmten Fassadenelemente und die AusbauwĂ€nde sind in Holzbauweise vorgesehen.

Mit der Abbildung von RetentionsflĂ€chen auf den DĂ€chern und dem Institutsgarten im 3.OG wird der ökologische GebĂ€udeanspruch nach außen sichtbar. Das Ausbauraster ist mit 1,5m geplant. Das Konstruktionsraster ist entsprechend in einem Raster von 4,5m, 6,0m und 9,0m geplant. Weitgespannte Deckenkonstruktionen z.B. im Bereich der HörsĂ€le werden mittels UnterzĂŒgen unterstĂŒtzt.

Die Gliederung der Fassade ist aus dem Ausbauraster abgeleitet und bietet flexible Anschlussmöglichkeiten fĂŒr die RaumtrennwĂ€nde. FĂŒr die Fassade wird zudem die Integration von grĂŒn-changierenden PV-Elementen vorgeschlagen, die entsprechend der Fassadenseite zur Sonne ausgerichtet sind.
Im Inneren sind die RĂ€ume durch einen Materialwechsel aus hell gefassten WandflĂ€chen, hell lasierten HolzflĂ€chen und Glas geprĂ€gt. Im Zusammenspiel mit hellen BodenbelĂ€gen und einem abgestimmten Farb-Materialkonzept entstehen lichtdurchflutete RĂ€ume, die sowohl offen fĂŒr das Arbeiten und Forschen in Gruppen, aber auch abgeschirmt fĂŒr konzentrierte Einzelarbeit konzeptioniert sind und einen angenehmen Ort fĂŒr die Arbeit und Forschung am Campus der WWU MĂŒnster schaffen. Ein- und Ausblicke in verschiedene Funktionsbereiche schaffen Transparenz und Identifikation und unterstĂŒtzen die fachĂŒbergreifende Kommunikation.

Alle GlasflĂ€chen, inkl. des Oberlichtes des Foyers erhalten einen außenliegenden Sonnenschutz.
FĂŒr die Raumakustik werden in den RĂ€umen Baffel-Deckensegmente geplant, somit kann die Speichermasse der Betondecken aktiviert werden. Im Bereich der zentralen Erschließung werden zur SchalldĂ€mpfung Lignotrend-OberflĂ€chen vorgeschlagen die mit hell lasierten HolzoberflĂ€chen diesen Bereich prĂ€gen.

GrundsĂ€tzlich sollen Materialien dort eingesetzt werden, wo es sinnvoll/wirtschaftlich ist (Vorteile Massivbau – bei konstruktiven Spannweiten, konstruktivem Brandschutz, Bauteilaktivierung / Vorteile Holzbau – hoher Vorfertigungsgrad, gute DĂ€mmeigenschaften, nachwachsender Rohstoff etc.).
Zur Verwendung kommen schadstofffreie Materialien, die am Ende des Lebenszyklus sortenrein trennbar sind. Dabei werden die Materialien in die Kategorien – kompostierbar, wiederverwendbar, weiterverwendbar, energetische Verwertung – deklariert.

Die RettungswegefĂŒhrung ist ĂŒber je zwei bauliche Rettungswege sichergestellt. Im Rahmen des vorbeugenden Brandschutzes wird eine flĂ€chendeckende Brandmeldeanlage vorgeschlagen. Brand- und Rauchabschnitte werden, konzeptabhĂ€ngig, ĂŒber Verglasungen und optional BrandschutzvorhĂ€nge abgeschlossen. Löschmitteleinheiten werden dezentral zur VerfĂŒgung gestellt.
 
Ökologisch-energetisches Konzept
Analog zum GebÀudekonstruktionskonzept, bei dem die Materialien dort eingesetzt werden, wo es sinnvoll/wirtschaftlich ist und sowohl die Vorteile des Massivbaus als auch die des Holzbaus genutzt und miteinander kombiniert werden, basiert auch das Haustechnikkonzept darauf, bei minimiertem Einsatz technischer Systeme eine hohe Gesamteffizienz zu erreichen (Low-Tech vor High-Tech).

Das GebÀude ist so konzipiert, dass es CO2-neutral betrieben und mit lokalen, bzw. regionalen erneuerbaren Energien vorsorgt wird. Auf der Basis - Verwendung kreislauffÀhiger Materialien und Baustoffe, Energieeffizienz und Low-Tech kann ein nahezu klimaneutrales GebÀude realisiert werden, welches einen vorbildlichen Beitrag zum Klimaschutz leistet.

Folgende Parameter sind zugrunde gelegt

‱ Hybrid-Konstruktion mit hohem Vorfertigungsgrad
‱ Verwendung recyclingfĂ€higer und natĂŒrlicher Baustoffe
‱ sehr gut gedĂ€mmte GebĂ€udehĂŒlle
‱ robuste und nachhaltige FassadenoberflĂ€chen
‱ begrĂŒnte Fassaden- und DachflĂ€chen
‱ gute und gleichmĂ€ĂŸige Tagesbelichtung mit der Möglichkeit zur NachtauskĂŒhlung
‱ optimierter sommerlicher WĂ€rmeschutz durch Außenjalousien und zusĂ€tzliche bauliche Verschattungen
‱ Nutzung des Regenwassers zur BewĂ€sserung der PflanzflĂ€chen
‱ BegrĂŒnung der Dach- und FassadenflĂ€chen unter den Aspekten der BiodiversitĂ€t und UnterstĂŒtzung des Mikroklimas
‱ Gute DurchlĂŒftung des GebĂ€udeensembles aufgrund der Anordnung der Baukörper
‱ Grundlastabdeckung bei der WĂ€rmeerzeugung mittels WĂ€rmepumpen mit ErdwĂ€rmesonden und Nutzung der AbwĂ€rme des auf dem GelĂ€nde vorhandenen Rechenzentrums
‱ Spitzenlastabdeckung mittels FernwĂ€rme des HKW
‱ Einsatz von Photovoltaik (Dach und Fassade) und optional Solarthermie
‱ Einsatz effizienter Anlagenkomponenten mit WĂ€rmerĂŒckgewinnung
‱ optional NachtauskĂŒhlung / Nutzung der Massivbauteile als Speichermasse
‱ weitgehend offen gefĂŒhrte Installationen ermöglichen eine einfache ReversibilitĂ€t/FlexibilitĂ€t
‱ Das vorgeschlagene Energiekonzept lĂ€sst eine Unterschreitung der BEG 40-Grenzwerte um ca. 20% erwarten. Der Gesamt-Endenergiebedarf des GebĂ€udes wird (im Abgleich mit Referenzbeispielen) mit ca. 15,00 kWh/(mÂČ∙a) eingeschĂ€tzt.

Die Herstellung des GebĂ€udes mit einem hohen Vorfertigungsgrad lĂ€sst eine wirtschaftliche Errichtung des Bauwerks erwarten. Die vorgesehene Zertifizierung gem. BNB in „Silber“ und das ErfĂŒllen des BEG 40-Standards dokumentieren den Nachhaltigkeitsanspruch an die Neubauten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Wie eine Perlenkette fĂŒgen sich drei Neubauten zu einem neuen GebĂ€udeensemble entlang der Einsteinstraße, welche in der Sockelzone – und durch ein durchgehendes 3. OG mit Dachgarten - miteinander verbunden sind. Dem Entwurf gelingt es dabei alle geforderten Nutzungen in diesen drei Bausteinen zu konzentrieren.

Zwischen BestandsgebĂ€uden und Neubauten spannt sich eine neue grĂŒne Campusmitte auf.

Die GebĂ€udeorganisation besticht durch ihre Klarheit und Robustheit: Die eindeutigen Adressbildungen mit den EingĂ€ngen in den Fugen, sowie die Anordnung der Kernzonen, ermöglichen eine einfache Orientierung in und außerhalb der GebĂ€ude.

Die konsequente Ausbildung eines gemeinsamen, allseits durchlĂ€ssigen Sockels ermöglicht qualitĂ€tvolle Lehrlandschaften mit wohlproportionierten Kommunikations- und AneignungsflĂ€chen. Auch die Anordnung der Bibliothek in diesem Bereich ist schlĂŒssig und ermöglicht eine gute Vernetzung und Sichtbarkeit der höher frequentierten Nutzungen, wĂ€hrend die Institute konsequent in den ÂŽruhigenÂŽ Obergeschossen verortet sind.

Diese - von der Nutzung her betrachteten - Vorteile haben jedoch zur Konsequenz, dass der Campus eine neue Vorderseite nach SĂŒden ausbildet, wĂ€hrend der westliche Anschluss vernachlĂ€ssigt scheint. Die BestandsgebĂ€ude rĂŒcken in die zweite Reihe und sind nicht Teil dieser Vernetzung. Hierdurch entsteht eine Hierarchisierung, die vom Preisgericht kritisch bewertet wird. Das Bauvolumen entlang der Einsteinstraße erscheint zu konzentriert.

Die Erschließungskerne und Rettungswege im Hochhaus entsprechen nicht den Anforderungen des Brandschutzes in HochhĂ€usern (Sicherheitsschleusen, Vorzonen, Feuerwehraufzug etc.).

Die differenzierte Fassadenausbildung der Fassadenausbildung mit einer erdgebundenen FasssadenbegĂŒnung in der Sockelzone sowie den BiodiviersitĂ€tsdachlandschaften und InstitutsgĂ€rten, wird als qualitĂ€tvoller Beitrag zur Verbesserung des Mikroklimas und der Retention gewĂŒrdigt.

Die Konstruktion in Holzhybridbauweise wird als Ansatz positiv bewertet. Insbesondere fĂŒr das Hochhaus bleiben die AnsĂ€tze jedoch schematisch und bedĂŒrften einer umsetzungestechnischen ÜberprĂŒfung.

Landschaftsarchitektur
Die Arbeit formuliert eine gut proportionierte Campusmitte, die die Nutzungsbereiche durch eine mit Sitzmöglichkeiten gefasste Durchwegung verknĂŒpft. Wer von Norden nach SĂŒden den Campus quert, findet auch hier einen selbstverstĂ€ndlichen Weg in der Gemeinschaft mit den FußgĂ€ngern. Die getrennten ZugĂ€nge von SĂŒden, zum einen im Bereich der Bibliothek in den Hof, zum anderen als Haupteingang in das Foyer, sind von Innen wie Außen gut ablesbar.

Der begrĂŒnte Campusplatz schafft lichte und schattige Aufenthaltsbereiche. Die weiteren FreirĂ€ume als Gassen nach Osten und Westen sind wenig ausformuliert, die VorplĂ€tze bedĂŒrften noch der freiraumplanerischen Betrachtung. Die erdgebundene FassadenbegrĂŒnung an dem Sockelgeschoss unterstĂŒtzt dessen offenen, leichten Charakter.

Die wirtschaftlichen Kennzahlen liegen im mittleren Bereich.

Insgesamt stellt die Arbeit einen wichtigen Betrag fĂŒr die Frage dar, wie sich die universitĂ€ren Nutzungen zukĂŒnftig qualitĂ€tvoll vernetzten können. Die Konzentration des Campus auf den sĂŒdlichen Bereich wird jedoch negativ bewertet.
Grundrisse

Grundrisse

Ansicht+Schnitt

Ansicht+Schnitt

Fassadendetail

Fassadendetail

Modell

Modell