modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Studienauftrag | 03/2022

Wohnungsneubau in St. Gallen (CH)

Engere Wahl

Demuth Hagenmüller & Lamprecht Architekten

Architektur

Mettler Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

studio durable - Planung und Beratung GmbH

Nachhaltigkeitskonzept

Neukom Engineering AG

TGA-Fachplanung

Synaxis AG

Tragwerksplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau/Architektur
Mit dem vielsagenden und auch zum Schmunzeln anregenden Zitat «St. Fiden beginnt, wo die Spitäler aufhören und nochmals Stadt behauptet wird», eröffnet das Planerteam seinen Beitrag. Dem zugrunde liegt eine profunde Analyse weit über die üblichen Themen der Stadtgeschichte hinaus. Dies zeigt die Recherche auch durch Zitate aus der Welt der Kunst- oder Industriegeschichte. An diese lange historische Vorgeschichte knüpft der Beitrag an und schliesst den bestehenden Blockrand zu einer zusammenhängenden Figur, mit der Absicht, vier eigenständig erschlossene Gebäudeteile zu konfigurieren. Sowohl städtebaulich als auch räumlich-strukturell, orientiert sich der Neubau dabei an den prominenten und qualitätsvollen Eigenheiten der denkmalgeschützten Häuser an der Grossacker- und Rorschacher Strasse. Dieser dynamische Fluss des neuen Stadtkörpers, der exakt an den westlichen Bestand anknüpft, zusammen mit der Idee der hofseitigen Rundung sowie der mächtig ausgebildeten Flanke an der kurzen Seite, verspricht andersartige Potentiale, als beim Ansatz mit tradierteren Morphologien/Typologien.
Zwei Adressen von den übergeordneten Strassen, führen über eine kleine Eingangshalle zur hofseitig platzierten Treppe, wobei dazu nördlich ein feiner Splitlevel mit Durchladerlift nötig sind. Die anderen beiden Zugänge erfolgen aus dem trichterförmigen Hofzugang und bedienen speziell ausformulierte Treppenkerne. Die Tiefgaragenzufahrt ist gegen Süden, direkt an das benachbarte Gebäude angrenzend, angeordnet. Als Folge der besonderen Stadtfigur, ergeben sich spezielle Wohnungstypen. Dabei stechen diejenigen besonders heraus, welche radial ausgerichtete Wände aufweisen. Einer Vielzahl von Wohnprodukten von exklusivem Zuschnitt, die sich alle auszeichnen durch gute Eingangsbereiche, Vorzonen zu den privateren Räumen, eine stabile Tag-Nacht-Trennung, vielversprechende Koch-Ess-Wohn-Bereiche oder spezielle Geometrien, stehen Einheiten gegenüber, die weniger überzeugen. Um den Wohnungsmix zu erreichen, wurde zudem – etwas getrickst – auf weitgehend identischer Fläche aus 3.5 Zimmerwohnungen 2.5 Zimmerwohnungen gemacht. Diese Idee entschärft die Lärmthematik. Eine etwas zu enge Tiefgarage, kombiniert mit Kellerräumen auf einem Geschoss, bilden eine erste Idee, der Untergeschossaufgabe auf einem Niveau gerecht zu werden.
Der architektonisch-atmosphärische Ausdruck in den Fassaden wird durch eine Palette von Massnahmen gesucht; markante Ecksituationen, elegant rhythmisierende vertikale Fensterverbunde und Erker, ein ausgezeichneter Sockel sowie das Schrägdach mit schmalen, giebelbesetzten Gauben, sollen den Beitrag auszeichnen und selbstbewusst sowie gut ausbalanciert im Geviert verorten. An der städtebaulich urbansten Ecke Rorschacher-/Neptunstrasse, schmückt ein prächtiger Giebel über der Traufe den Block und verleiht zusätzliche Eleganz und einen Schwerpunkt. Die vorhandenen Attribute des Blockrands werden aufgenommen und etablieren die städtebaulichen Gestaltungsmassnahmen des Neubaus: Im Wesentlichen sind dies der grosszügig geöffnete, publikumswirksame Sockelbereich, die vertikal gegliederten, fein bewegten Erker und Loggien an den Kreuzungen und vor den Wohnräumen, regelmässige und in den Brüstungen ornamentierte Fensterachsen, das Schrägdach mit schmalem Gaubenbestand und schliesslich die geschwungene, verbindende innere Laube, die mittels Stützenpaaren und zonierenden Lufträumen vertikal gegliedert ist. Insgesamt führt dieses reichhaltige Sortiment an Ideen zu einer stimmigen, selbstbewussten und zeitgenössischen Lösung.

Freiraum
Der Innenhof ist mit seiner durchgängigen Kiesfläche und den amorphen grünen Inseln grosszügig gestaltet. Die Begrünung beschränkt sich auf die Gehölze in den modellierten Bereichen, Fassadenbegrünung und aufkommende Spontanvegetation. Diese Lösung ist vorstellbar, schafft aber eher ein karges, urbanes Bild als die gewünschte Gartenatmosphäre. Unklar bleibt bei aller Offenheit, wo das gemeinschaftliche Leben stattfinden soll. Zugleich ist die Privatsphäre der Erdgeschossnutzungen in der offenen Situation zu wenig geschützt. Auf Dachgeschossebene sind ergänzend zu den Rankhilfen an der Fassade vertikale Rankhilfen vorgesehen. Ob sich in dieser Höhe der geplante grüne Baldachin aus den im Boden wurzelnden Kletterpflanzen entwickeln kann, ist fraglich. Die Vorgartengestaltung an der Falkensteinstrasse ist angemessen gelöst.

Fazit
Der Beitrag bemüht sich hochengagiert und ehrlich, den komplexen Programmanforderungen gerecht zu werden. Die spürbare Schaffensfreude ist dabei erfrischend und beeindruckt. Würde es hier um einen Wettbewerb gehen, wäre das der hochverdiente 2. Rang.