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Gutachterverfahren | 05/2023

Wohnbebauung Ziegelei-Allee in Frankfurt am Main

1. Preis

Preisgeld: 15.000 EUR

schneider+schumacher

Architektur

Erläuterungstext

Auf einem 3.850 Quadratmeter großen Grundstück in der Ziegelei-Allee in Praunheim sollen bis zu 58 geförderte und freifinanzierte Wohnungen in Passivhausbauweise entstehen und das Entree zum geplanten Stadtteil der Quartiere bilden.

Der Entwurf besteht aus zwei Gebäudeteilen: Der Gebäuderiegel im nördlichen Teil hat vier Stockwerke und ein Staffelgeschoss. Indem er die Zeilen-Typologie der Laubenganghäuser an der Ludwig-Landmann-Straße fortsetzt, übernimmt er eine Vermittlerfunktion zwischen Alt und Neu an der Schnittstelle zwischen der Trabantenstadt der 30er Jahre von Ernst May und der zukünftig geplanten Stadterweiterung. Ein sieben Stockwerke hohes Gebäude an der Ecke Heerstraße/Ziegelei-Allee bildet einen kraftvollen, turmartigen Hochpunkt, der den Eingang zum geplanten „Stadtteil der Quartiere” stadträumlich markieren wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit besticht durch konzeptionelle Klarheit und Konsequenz. Städtebaulich findet die Siedlung Westhausen von Ernst May stadttypologisch aber auch inhaltlich-programmatisch eine Entsprechung: Das Raumprogramm wird in einer linear entlang der Ziegeleiallee entwickelten schlanken Struktur abgebildet, die zwei Akzentuierungen aufweist. Zum einen die aus Sicht des Preisgerichts angemessene Überhöhung an der Kreuzung zur Heerstraße und zum anderen die Fuge, die beide Häuser an der Stelle der Leitungstrasse trennt. Es entsteht ein ruhiger, liegender Baukörper, der in seiner Länge gleichmäßig in sechs Segmente unterteilt ist.

Am südlichen Kopf, dort wo von weitem sichtbar die Ecküberhöhung formuliert ist, findet sich im Erdgeschoss dadurch eine Entsprechung, indem hier der Seitenflügel an der Heerstraße um seine zwei Geschosse leicht eingerückt und die Ecke offen gelassen wird. Dieser „untergeschobene“ Sonderbaukörper nimmt folgerichtig eine besondere Nutzung auf – zwei größere Gewerbeeinheiten. Im nordwestlichen Riegel hingegen favorisieren die Architekten auch im Erdgeschoss Wohnungen, die den angebotenen rückwärtigen Gartenraum sehr gut zu nutzen vermögen. Mit großer Selbstverständlichkeit wird mit gut dimensionierten Eingängen und Adressen zur Straße und der rückwärtigen privaten Nutzung auf die sehr unterschiedlichen Seiten des Grundstückes reagiert. Dem Stadtraum ebenso dienlich ist der Vorschlag, nur eine Tiefgarage vorzusehen, die demzufolge auch nur eine Einfahrt benötigt. Zu überprüfen wäre lediglich das Angebot der recht kleinen Gewerbeeinheiten neben den Eingängen, die vermutlich besser Wohnergänzungsnutzungen aufnehmen könnten.

Der klare wohldimensionierte Baukörper und die weitgehend unter dem aufgehenden Volumen angeordnete Tiefgarage ermöglichen ein Freiflächenanteil auf dem Grundstück, dessen Bedeutung sehr hoch eingeschätzt wird. Hier können erdgebundene, großkronige Bäume gesetzt sowie intensiv bepflanzte Grünflächen mit unterschiedlichen Angeboten entstehen. Dem auf der Gartenseite fünf Geschosse aufragenden Baukörper wird damit ein Freiraum geboten, der den gelungenen Übergang zu der kleinteiligen Bebauung im Osten darstellt.

Neben den städtebaulichen Qualitäten überzeugen auch die strukturelle Gliederung, Organisation und Zonierung der Wohnungen: Um dem Verkehrslärm an der Ziegelei-Allee zu begegnen, werden ausnahmslos alle Treppenräume, Wohnräume und Küchen zum Straßenraum, alle Schlafräume zum ruhigen Garten orientiert. Zwischen den beiden Nutzungseinheiten ist eine dienende Zone mit Nebenräumen und Bädern angeordnet. Diese nachvollziehbare Struktur wird von einer modularen Längsteilung überlagert, bei der die Breite der Schlafräume konsequent den Rhythmus vorgibt. Die einfachen Zweispänner können flexibel zu 2,3 oder 4-Zimmerwohnungen – grundsätzlich durchgesteckt und zweiseitig belüftet – geschaltet werden. Dem vermeintlichen Nachteil einer mangelnden Flächeneffizienz von Zweispännern begegnen die Verfasser mit einem Vorschlag der vom Preisgericht ebenso positiv bewertet wird: Alle Treppenhäuser, die pro Haus maximal 10 Parteien dienen, werden geometrisch auf das Minimum reduziert. Bei vier Vollgeschossen benötigen und erhalten sie keinen Aufzug, der nur in dem Haus auf der Ecke angeboten wird, das sieben Geschosse aufweist. Damit werden Erschließungseffizienz und Wirtschaftlichkeit generiert, ohne bei der Anzahl der barrierefreien Wohnungen (im EG und auf der Ecke) Zugeständnisse machen zu müssen. Ein Sonderaufzug über ein Geschoss verbindet auskömmlich das Straßenniveau barrierefrei mit der Tiefgarage.
Die Grundrisstypologie findet eine konsequente und effiziente Umsetzung in der konstruktiven Struktur, die dem Ziel nach einer wirtschaftlichen aber auch nachthaltigen Umsetzung gerecht werden sollte. Alle Konstruktionsglieder gehen stimmig über alle Geschoss durch, die Spannweiten der Betondecken sind moderat und nachvollziehbar. Die Wände sind gemauert, bei der Außenwand mit einem 50cm dicken Hohlkörperziegel, der keine weitere Dämmung oder gar ein WDVS benötigt. Die saubere konstruktive Fügung findet eine schöne Entsprechung in den Fassaden mit wohlproportionierten Fensteröffnungen und hochwertigen Werkstein-Fensterbänken, die horizontal fortlaufend die Fassade ansprechend gliedern. Die hellen Putzflächen, wenige Material-Akzentuierungen an den Eingängen sowie der angebotene textile Sonnenschutz vor den Fenstern und Loggien verheißen eine hochwertige und elegante Leichtigkeit.

Lediglich ein Aspekt des vorliegenden Entwurfs wird im Preisgericht sehr kontrovers diskutiert: Kann der nur zweigeschossig um die Ecke geführte Baukörper an der Heerstraße den Lärmschutz herstellen, den man sich für die Gartenseite und die Schlafräume wünscht? Diesen Aspekt gilt es noch einmal zu überprüfen, auch wenn man zugrunde legt, dass die angestrebte Passivhausauweise ohnehin eine maschinelle Belüftung aller Räume erforderlich macht, und die Nachtruhe bei geöffneten Fenstern nicht erforderlich sein dürfte.

Insgesamt handelt es sich um einen sehr guten Betrag, der in sehr vielen Belangen überzeugt und eine gelungene Antwort auf die Aufgabenstellung gibt.