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Einladungswettbewerb | 05/2023

Neugestaltung Fuß- und Radwegbrücke über den Leitenbach in Gundelsheim

Perspektive von Westen

Perspektive von Westen

3. Preis

Preisgeld: 7.000 EUR

Schlicht Lamprecht Kern Architekten

Architektur

TRAGRAUM Ingenieure PartmbB

Tragwerksplanung

DE BUHR LA

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Brücke, ein Teil des Ganzen

Der Leitenbach prägt den Ort Gundelsheim in Ost-West-Richtung mit seinem fließenden, klaren Wasser und sattgrünen, mit Gehölzen zum Teil üppig bewachsenen Uferböschungen, atmosphärisch und ökologisch. Ausgehend von dieser großartigen Qualität wird der vegetativ ausgedünnte, bisweilen spannungslose Bachlauf im Bearbeitungsbereich durch bewusst gesetzte Gehölzpflanzungen neu gestärkt. So schärfen sich Blickbeziehungen auf die angrenzenden öffentlichen Orte und ortsbildprägenden Gebäude. Die neue Brücke wird hierbei als integraler Teil des Ufers verstanden und nicht als baulicher Solist. Dichte und Weite der Interventionen bestimmen die Kulisse. Je nach Standort öffnen sich Blicke zu Kirche, Bücherei oder Dorfplatz, bzw. enden Blicke an Baumgruppen, statt an den Giebelseiten von Privatgebäuden. Von der Brückenmitte aus sind alle öffentlichen Orte einsehbar.

Die bestehende Sitzstufenanlage wird in einem Teilbereich um ein vorgelagertes Holzdeck ergänzt, das bis an den Rand des Leitenbaches führt. Dieses erhöht den Aufenthaltscharakter und dient als zusätzlich Liege- und Sitzfläche, vielleicht nur, um die Füße ins Wasser baumeln zu lassen.

Ufer und Bachbett werden zudem durch kleinere niederschwellige Interventionen (schmale Trittkanten) beidseits der Brücke aktiviert, so dass ein Aufenthalt direkt am Wasser und Interaktion am Ort ohne größere bauliche Eingriffe ermöglicht wird. Es bleibt dem Bürger und Besucher überlassen, bestehende und neue Möglichkeiten zu nutzen, den Uferbereich verschiedenartig zu erleben, den Bach zu queren oder lediglich auf den Ufersteinen zu Verweilen und die Blicke schweifen zu lassen.

Auf der Seite der Bachstraße wird dieses neue Gestaltungsprinzip am Uferbereich ebenfalls aufgegriffen. Wie schon am Dorfplatz laden hier, unter anderem aus der Oberfläche heraustretende, Ufersteine zum Verweilen ein.

Der neue Steg über den Leitenbach verbindet beide Uferbereiche. Eine Wegeverbindung, die bereits an dieser Stelle im Urkataster vorhanden war. Aus der Siedlung über den Dorfplatz kommend, nimmt der Steg die Lage der Fuß- und Radwegewegeverbindung in Richtung Schule, Kindergarten und weiterer Infrastruktureinrichtungen auf. Von der Südseite des Baches kommend, endet der Steg am vor einigen Jahren neu gestalteten Dorfplatz. Ebenfalls prägend für das Dorf bereits von Weitem die Blickbeziehung zur Kirche am Ende des neuen Steges in „alter“ Lage.

Am Bach angekommen wird der Fußgänger und Radfahrer von sich öffnenden Geländern in Empfang genommen. Die verschiedenen Wegerichtungen beiderseits des Leitenbaches werden durch die geschwungen auslaufende Kontur der Brückengeländer verstärkt. Die vertikalen Geländerstäbe aus zwei miteinander verbundenen Holzschalen umhüllen einen tragenden Flachstab. Die Verbindung erlaubt jederzeit einen Austausch der Holzstäbe, sofern dies notwendig wäre. Das Geländer verzichtet gänzlich auf abgesetzte Tragpfosten und verleiht der Umwehrung beidseitig Transparenz und Homogenität. Die Farbigkeit der Holzstäbe greift das prägende und satte Grün des gesamten Bachraumes auf und wird so zum Teil der Intervention. Über die im Sockel der Brückenkonstruktion integrierten, senkrechten Lichtleisten wird die Brücke gleichmäßig blendfrei beleuchtet. Die Vertikale Richtung der Lichtleisten wird in der senkrechten Geländerkonstruktion fortgeschrieben.

Der in Teilen bestehende wassergebundene und steinerne Belag des Platzes vor der Kirche setzt sich auch auf der Büchereiseite fort. Auch hier erhält der Straßenraum bis zum Ende der Bücherei einen einheitlichen Pflasterbelag. Die kleinen Platzzonen, ein bis auf die Notwendigkeit verengter Straßenraum und ein durchgängiger Gehweg auf der Bachstraßenseite, werden durch strukturierende Gestaltungselemente, wie Pflasterzeilen und Pflasterrinnen subtil definiert. Ein großer „Hofbaum“ bringt Schatten, vervollständigt das Freianlagenkonzept vor der Bücherei und greift so historische Hofstrukturen auf. Über die einheitlichen Beläge, wiederkehrende Elemente auf beiden Bachseiten, Querungen, Interaktionen und gelenkten Blickverbindungen werden die beiden Bachseiten mit den unterschiedlichen öffentlichen Einrichtungen miteinander verbunden.
Über eine Einbahnlösung oder einen Spielstraßencharakter sollte im Vorbereich der Bücherei nachgedacht werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Bestreben, den Bach durch mehrere Angebote queren, bzw. die Bachstraße mit der Hauptstraße verbinden zu können, wird positiv bewertet. So werden neben der Brücke zwei zusätzliche Querungsmöglichkeiten mittels Trittstufen angeboten. Bei der Lage des Brückenbauwerks greifen die Verfasser die bisherige Situation auf, nutzen aber nicht das gegebene funktionale Potential, um dem Neubau eine optimierte Lage zukommen zu lassen. Auch bleibt die Brücke hinsichtlich ihrer nutzbaren Breite (ca. 3 m) hinter den mit dem Wettbewerb verbundenen Erwartungen zurück.
So entspricht der gestalterisch-konstruktive Ansatz einer frei über den Leitenbach gespannten Brücke zwar den grundlegenden Anforderungen, lässt aber weitere Vorschläge zum Thema „mehr als eine Brücke“, unter anderem Aussagen zu attraktiven Verweil- und Bewegungsräumen vermissen. Die gezeigte Lösung bleibt daher, obwohl sie sich in ihrer Anmutung filigran und elegant zeigt, hinsichtlich des Innovationsgrades und den Erwartungen des Auslobers zurück.
Konstruktiv erscheint die Spannweite der Brücke zwischen den maßgeblichen Auflagepunkten eher als knapp bemessen, so dass unter Umständen bei Ausführung mit größeren Querschnitten zu Lasten einer filigranen Lösung zu rechnen wäre. Das statische Konzept, ein klares Einfeldtragwerk als Trog im Querschnitt konzipiert, verspricht gute Herstellund Baubarkeit, wobei auch hier die gezeigte Spannweite als zu kurz bemessen erscheint, was sichtbare Widerlager zur Folge hätte. Auch bei der dargestellten Gründung bleiben noch Fragen offen.
Cortenstahl ist grundsätzlich für ein Brückenbauwerk an diesem Standort vorstellbar, jedoch sind durch die Räum- und Streupflicht Probleme mit Streusalz zu erwarten. Der Vorschlag, zur Ausführung bestimmter Bauteile auf vorhandenes Material zurückzugreifen (Recycling) wird begrüßt, im Unterhalt dürften die zahlreichen Materialen und Anschlusspunkte sowie die Empfindlichkeit von Cortenstahl gegenüber Salz erhöhte Aufmerksamkeit nach sich ziehen.
Lageplan

Lageplan

Perspektive von Süden

Perspektive von Süden

Westansicht

Westansicht

Detail

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