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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2023

Weiterentwicklung Ostendareal mit Neubau Wohn- und Gewerbeeinheiten in Stuttgart

Visualisierung

Visualisierung

2. Preis / Nach Überarbeitung

Preisgeld: 34.000 EUR

Stefan Forster GmbH

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

nsp landschaftsarchitekten stadtplaner PartGmbB schonhoff schadzek depenbrock

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebau und Architektur
Die städtebauliche Figur des Entwurfs orientiert sich an der Fortführung der umgebenden Blockrandstruktur des historisch gewachsenen Stuttgarter Ostheims, sowie der klaren räumlichen Ausformulierung des neuen gemeinsamen Quartiersplatzes und dem damit verbundenen Umgang mit der lokalen Topografie. Die bestehende Gebäudestruktur wird durch die Neubauten zu zwei Karrees komplettiert und in das bestehende Wegenetz integriert. Ein sechsgeschossiger L-förmiger Baukörper schließt an die Ostendstraße 77 sowie die Schönbühlstraße 65 an und vervollständigt die Figur zu einem Block, der dem Geländeverlauf folgt und so zwischen dem Höhenniveau des Quartiersplatzes und dem Blockinnenhof vermittelt. Als Verlängerung der Jakob-Holzinger- Gasse definiert eine Gebäudezeile den Straßenraum. Diese folgt dem abfallenden Geländeverlauf und durch eine spätere Überhöhung des Erdgeschosses. Das Ende des Straßenverlaufs definiert ein eingerückter Hochpunkt. Als Auftakt zum Quartiersplatz markiert dieser, gemeinsam mit einem zweiten Pendant auf der Südseite, die Eingänge ins Quartier. Im Süden wurde der Hochpunkt entlang der Schönbühlstraße weiterentwickelt. Das Punkthaus dockt nun als unabhängiger Stadtbaustein an die Brandwand des benachbarten Jugendzentrums an. Seine markante Kubatur macht die Eingangssituation ins Quartier kenntlich und erlaubt eine bessere Belichtung seiner Nachbarn. Der neue Vorplatz schafft einen öffentlichen „shared space“ als gemeinsames Plateau für die Wohnateliers und das Galeriecafé mit Blick auf den neuen Quartiersplatz. Der barrierefreie Zugang erfolgt über einen Aufzug, der in den gläsernen Sockel des Galeriecafés eingelassen ist, und durch den geschützten Vorraum der Fahrradgarage, unmittelbar an den Quartiersplatz anschließt.
Freiraum
Eine Vielzahl von gemeinschaftlichen Nutzungen für unterschiedliche Funktionen und Zielgruppen werden im Wohnhof und auf dem Dachgarten vorgesehen. Mit der eigenständigen Formsprache bilden die Freianlagen im Wohnhof und im Dachgarten eine spannende Ergänzung der Kubatur und erzeugen ein facettenreiches Raumgefüge und ein markantes Ensemble im Quartier. Durch die Gliederung in thematische Inseln wie Spiel und Malkreise, Kleiner Naschgarten, Treffpunkt und Rückzugsräume erhalten die Höfe und der Dachgarten eine vielfältige Spiel- und Wohnlandschaft. Gesäumt werden die grünen Wohnhöfe mit heimischen Sträuchern, Gehölzen, bienenfreundlichen Stauden und Kletterpflanzen. Begrünte Dächer und Fassaden tragen zur Abkühlung und zum erhöhten Wohlbefinden der Bewohner bei. Von der belebten Jakob-Holzinger-Gasse mit grünen Inseln und Sitzgelegenheiten, sowie einer Außengastronomie wird die vorhandene Reliefenergie durch eine gefaltete Landschaft durch Treppen und Rampen aufgefangen, die sowohl Aufenthaltsqualität als auch eine niederschwellige/barrierefreie Durchwegung gewährleisten. In die schiefe Ebene im unteren Teil der Jakob-Holzinger-Gasse werden teilweise grüne Intarsien eingelassen die den Raum spielerisch segmentieren. Durch den horizontalen Einbau entstehen Sitzaufkantungen in regelmäßigen Abständen unter lichtem Blätterdach. Die einzelnen Inseln werden in Korrespondenz zum Raumprogramm als multifunktionale Platz- und Grünflächen ausgebildet. In den Hauptdurchwegungen bildet ein homogener „Teppich“ aus changierenden Betonwerkstein eine klar strukturierte Erschließung. Charakteristisch ist die Ausbildung eines zentralen, grünen Quartierplatzes mit schützendem Blätterdach, welches für eine besonders angenehme Situation an heißen Sommertagen sorgt. Die Wasserlinse mit mobilem Mobiliar trägt zusätzlich zur zeitweiligen Abkühlung in Hitzeperioden bei und stellt eine weitere Bespielung des Quartierplatzes dar. Die Anordnung der Bäume im Raster mit den darunter befindlichen Sitzgelegenheiten ermöglichen eine flexible Nutzung des Platzes, wie beispielweise das Aufstellen von Wochenmarktständen. Das einheitliche Höhenniveau ermöglicht einen schwellenlosen Übergang zu den Bestandsbauten und den neuen öffentlichen Erdgeschossnutzungen. Als Nutzungsangebot für Jugendliche dient die Calisthenics Anlage und stellt somit eine Möglichkeit zur Integration des Jugendhauses dar. Die Stadtteilmusikschule sowie das Kinder- und Familienzentrum erhalten eine Aufwertung durch einen einladenden Vorplatz mit grünen Sitz- und Vegetationsinseln. Dezentrale Abstellmöglichkeiten für Fahr- und Lastenräder tragen zur klimaneutralen Fortbewegung im Quartier bei. Das Außenraumkonzept trägt zur Entsieglung bei und ermöglicht große zusammenhängende Grünflächen mit hoher ökologischer Qualität: Der lokale Wasserhaushalt im Quartier wird an dem natürlichen Kreislaufsystemen orientiert. Regenwasser (von Dächern und nicht befahrenen Wegen) wird gesammelt und über die Grünflächen versickert. Durch die systematische Nutzung von Regenwasser im Freiraum wird eine Verbesserung des lokalen Mikroklimas erwartet.
Typologie, Erschließung, Nutzung
Der Entwurf gliedert sich nun in insgesamt neun anstatt acht Häuser mit eigener Erschließung. Die Erdgeschosszone ist den öffentlichen Nutzungen vorbehalten. Entlang der Jakob-Holzinger-Gasse befinden sich Büro- und Gewerbeflächen, die Tagespflege, sowie die Quartierswerkstatt. Die Räumlichkeiten der Tagespflege wurden neu verortet, sodass diese nun früher und schwellenlos vom Quartiersplatz und dem rückwärtigen Hof erschlossen werden können. Entlang des neuen Quartiersplatzes sammeln sich quartiersbezogene Nutzungen wie die Stadtteilbibliothek, deren Volumen sich in die bestehende Topografie einbettet und deren Räumlichkeiten durch Oberlichter und einen eingeschnittenen Patio belichtet und belüftet werden. Der Patio wurde in der Überarbeitung vergrößert und in seiner Funktion erweitert. Er schafft nun als begehbarer Lesegarten einen stillen Rückzugsort im Freien für die Mitarbeiter und Besucher der Bibliothek. Entlang des Quartiersplatzes wurden die Räume der Bibliothek neu organisiert. Die Lernstudios und Gruppenräume gruppieren sich entlang der Platzfassade und können, durch das einheitliche Geländeniveau des Außenraums, schwellenlos mit dem Stadtraum verbunden und durch mobiles Mobiliar nach außen erweitert werden. In den beiden Sockelgeschossen der Hochpunkte befinden sich gastronomische Nutzungen. Im Norden teilen sich das Quartierscafé und die Quartiersküche die Flächen. Im Süden nutzt ein Nachbarschaftscafé mit Galerie, die Höhendifferenz des Geländes zwischen Quartiersplatz und Schönbuhlstraße als überhöhten Ausstellungs- und Veranstaltungsraum. Ab dem ersten Obergeschoss beginnen die unterschiedlichen Formen der Wohnnutzung. Im Norden, fernab von unangenehmen Lärmquellen und oberhalb der Tagespflege, befindet sich das pflegenahe Wohnen, welches in barrierefreien 1-2-Zimmerwohnungen organisiert ist. Hier wurde die Grundrisstypologie überarbeitet. Unmittelbar an die beiden Treppenhäuser grenzen nun offene Gruppenräume mit Loggien an, welche den Bewohnern im Vorbeigehen einen Einblick auf die gemeinschaftlichen Räumlichkeiten gewähren und die Erschließungsflächen belichten. Die Eingangsbereiche vor den Wohnungen wurden aufgeweitet und durch Sitzmöglichkeiten ergänzt. Alle Wohnungen sind nach den Vorgaben für förderfähige Sozialmietwohnungen geplant und verfügen über eine eigene Loggia. Die privaten Außenräume sind immer hofseitig oder nach Süden und Westen orientiert und an die Wohn- und Essbereiche der Wohnungen angeschlossen. Durchgesteckte Treppenhäuser ermöglichen allen Bewohnern einen direkten Zugang zum gemeinschaftlich nutzbaren Innenhof.
Feuerwehr, Anlieferung und Entsorgung
Um den Quartiersplatz frei von Feuerwehraufstellflächen zu halten, müssen lediglich die nördlich und südlich gelegenen Hochpunkte angeleitert werden. Alle anderen Häuser werden verfügen über einen zweiten baulichen Rettungsweg auf der Hofseite mit Ausnahme des Eckhauses Haus 05, welches über ein Sicherheitstreppenhaus erschlossen wird. Die Abfallentsorgung erfolgt über einen zentralen Müllraum im Untergeschoss für die Bewohner des Quartiers. Die Entsorgung erfolgt oberirdisch über die Tiefgarageneinfahrt an der Schönbühlstraße. Die Anlieferung des Rewe-Supermarktes wird zur Lärmreduktion eingehaust und begrünt.
Konstruktion und Material
Der Entwurf setzt auf eine sortenreine Konstruktionstrennung, sodass sich das Gebäude in ein Kreislaufkonzept der Wiederverwertung recyclen lässt. Der massive städtische Sockel wird als Stahlbetonkonstruktion mit Klinkermauerwerk geplant und orientiert sich in seiner Materialität an seinen Nachbargebäuden. Bei den beiden Hochpunkten und den Eckgebäuden des Gebäudeblocks, führt sich das Klinkermauerwerk in der Fassade der oberen Geschosse fort und betont dadurch die räumlichen Kanten des Quartiersplatzes. Die restlichen Wohngeschosse werden als Holzbau ausgeführt mit massiven Holzdecken und einer Rahmenbaukonstruktion mit Nut-und-Federschalung, alternativ als vorgefertigte Holzmodule. Der Holzbau trägt zur CO2-Senkung bei, während die massive Konstruktion des Sockels den Anforderungen an die lokale Topografie entspricht. Die Hofinnenseiten werden mit Rankhilfen begrünt. Die Neubebauung kann in einem Bauabschnitt realisiert werden.
Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit
Die Organisation der Häuser und der Grundrisse setzt auf einen hohen Wiederholungsfaktor mit modularen, identischen Grundrissen, um den Planungs- und Bauablauf zu vereinfachen. Die Erschließungsflächen sind minimiert, tragende Wände und Versorgungsschächte sind übereinander liegend, ohne Versprünge, geplant. Die Holzbauweise reduziert die CO2- Emissionen. Die Dachflächen der Gebäude werden größtmöglich begrünt. Der lokale Wasserhaushalt im Quartier wird in ideeller Weise an den natürlichen Kreislauf orientiert. Regenwasser von Dächern und Freiflächen wird gesammelt und über die versickerungsfähigen Bodenbeläge abgeführt. Die Maßnahmen zum Regenwassermanagement verbessern das Mikroklima und erhöhen sowohl Biodiversität als auch die Qualität der Aufenthalts- und Erholungsflächen. Im Sinne des Schwammstadtprinzips wird Regenwasser zurückgehalten, zwischengespeichert, verdunstet und versickert. Dazu dienen versickerungsoffene Beläge und Filterschichten in Form von Bepflanzungen und Retentionsflächen. Energiekonzept Der Strom für die Gebäude wird direkt über eine großzügige Nutzung von Photovoltaikmodulen auf den vorhandenen Dachflächen erzeugt. Zusätzlich können durch den Einsatz von Stromspeichern die Differenzen zwischen Stromertrag und Strombedarf ausgeglichen und damit der Autarkiegrad positiv beeinflusst werden. Die Wohnungen werden natürlich belüftet durch Fensterlüftung und Fensterfalz. Die Abluft wird über einen innenliegenden Sanitär- und Technikkern abgeführt. Auf mechanische Lüftung wird verzichtet. Geheizt wird über eine Fußbodenheizung. Mittels Geothermie (Sole-Wasser-Wärmepumpe) wird Wasser erwärmt und im Pufferspeicher gespeichert, um dann für Heizung und Warmwasser verwendet zu werden. Bei hoher Auslastung ist ein Anschluss an Fernwärmenetz für die Abdeckung der Grundlast vorgesehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Überarbeitung der „Weiterentwicklung Ostendareal“ nimmt die Kritik der Jury bezüglich der Position Torhaus zur Schönbühlstraße auf und entscheiden sich das sieben-geschossigen Haus an den Bestandsbau im Osten anzufügen um einen luftigeren Durchgang herzustellen. Leider wird durch diese Anfügung der bestehende Baukörper verschattet, das Jugendhaus erhält eine Einschränkung hinsichtlich der Belichtungs- Und Lärmsituation und es entsteht eine Konfliktsituation bezüglich zwischen Wohnen und Jugendhaus.

An dieser Eingangssituation reagieren die Verfasser*innen leider nicht auf den Hinweis einen Zugang für „Alle zu schaffen“ und der Zugang mittels Treppe und Aufzug überzeugt nicht. Auch der Anschluss an die Topographie am südlichen Baustein wirft Fragen auf und gelingt nicht.

Bezüglich der grundrisslichen Belange verbessert sich die Situation bei den betreuten Wohnungen in den Kommunikationsbereichen und gelingt. Die Anregung die Bibliothek umzustrukturieren und sichtbarer in der Öffentlichkeit zu machen führt nicht in Gänze zum Erfolg.

Insgesamt führt die städtebauliche Überarbeitung nur in Teilen zu einer Verbesserung und die Antwort auf einen Zugang für alle in das neue Quartier bleibt offen.

Das freiräumliche Konzept, den neuen Platzraum und die Jakob-Holzinger-Gasse massiv mit Großgehölzen zu besetzen findet großen Anklang. Das starke Baumraster auf der neuen Platzfläche scheint aber noch sehr dicht und in dieser Form schwer umsetzbar. Die Abwicklung der Geländehöhen kann nicht vollständig überzeugen - insbesondere die Treppenanlage zur Schönbühlstraße bildet eine Barriere, die so nicht akzeptabel ist.
Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG