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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2023

Nidda - Stadt am Fluss / Städtebauliche und freiraumplanerische Gebietsentwicklung

1. Preis

Preisgeld: 12.000 EUR

TREIBHAUS Landschaftsarchitektur Berlin/Hamburg

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

NIDDA AN DIE NIDDA! STADTGESCHICHTEN UND FLUSSERLEBNISSE

Die Stadt Nidda zeichnet sich durch ihre besondere geografische Lage aus. Gelegen im Naturraum Unterer Vogelsberg vereinen sich hier die deutsche Fachwerk- und die deutsche Alleenstraße mit der hessischen Apfelweinroute. Auffallend für Niddas Stadtkern ist eine kleinteilige Bebauung mit mittelalterlichen Fachwerkhäusern. Die Stadt hat das große Potenzial, den gleichnamigen Fluss im Stadtgebiet für seine Bürger*innen und Besucher*innen erlebbar zu machen und Nidda endlich wieder an die Nidda zu holen!

FUNKTIONALE GESTALTUNG DER GRÜN- UND FREIFLÄCHEN / UFERGESTALTUNG

Die Besonderheit Niddas liegt in dem abwechslungsreichen Gegenüber beider Flussufer und den unterschiedlichen Gestalträumen entlang des Flusses. Beginnend im Süden bildet ein größzügiger und renaturierter Flussbereich den Auftakt zum Johanniterpark. Müde Wandersleute oder Radfahrende können sich in der Kneippanlage stärken und nur wenige Meter weiter, im Café im Trafoturm, Rast einlegen. Für Erwachsene und ältere Menschen bietet der angrenzende Flussentdecker-Fitness-Bereich Raum zum Balancieren und Auspowern. Direkt neben dem Café im Trafoturm befindet sich der Kinderspielplatz „Niddapiraten“. Die kleinen Seeräuber können das Piratenschiff kapern, während die Eltern bei einer Tasse Kaffee den Blick über die Nidda schweifen lassen. Um die Funktion als grünes Bindeglied des Johanniterparks zu stärken, erfolgt die Fortführung schattenspendender Bäume entlang des Steinwegs bis zur Brücke der Neuen Straße. Anschließend an die Brücke führt ein Steg Fußgänger*innen zur neuen Mühlterrasse mit dem Mühlenpanorama. Durch den Abriss weniger erhaltenswerter Gebäude und eine neue städtebauliche Ordnung entsteht ein lebendiger, öffentlicher Ort in Niddas Zentrum. Eine großzügigen Sitzstufenanlage lädt zum Verweilen am Ufer der Nidda ein. Die Beine können im Wasser baumeln und der Blick wird auf die alte und historisch wertvolle Mühle samt Mühlrad gelenkt. Hier lässt sich Niddas Geschichte erleben! Der Platzbereich am Mühlenpanorama bietet Aufenthaltsmöglichkeiten für Besucher*innen des neuen Mühlencafés und stellt gleichzeitig einen grünen, urbanen Rückzugsort dar. Die Platzfläche ist mit hochstämmigen Bäumen, die ein schattiges Dach über dem Platz bilden, versehen. Üppig unterpflanzte Bauminseln bilden Sitzkanten aus, lassen anfallendes Niederschlagswasser langsam versickern und sorgen so für ein angenehmes Mikroklima auf dem Mühlplatz. Dieses Prinzip wird beim Platz „Am Wehr“ fortgeführt. Hier wird die bestehende Eiche in Szene gesetzt und von jeglichen verkehrlichen Nutzungen freigeräumt. Die Platzfläche des Mühlplatzes ist, wie auch die Wege- und Verkehrsflächen, mit Basalt- Kleinsteinpflaster ausgebildet. Die Materialwahl stellt somit eine Reminszenz an die bestehenden Pflasterflächen der Innenstadt da und zitiert die lange Tradition des Basaltabbaus in der Region. Die Platz- und Wegeflächen sind barrierefrei mit geschnittenem Basalt-Kleinsteinpflaster ausgebildet. Die Intarsie am Mühlplatz stellt eine Wassergebundene Wegedecke dar, passt sich dem Charakter der Kleinstadt an und ist versickerungsfähig. Der Platz „Am Wehr“ bildet den Auftakt zur neuen Uferpromenade entlang der Straße „Am Wehr“. Hier befinden sich in regelmäßigen Abständen Balkone, die, mit Hilfe ihrer 426089 2 jeweiligen Ausrichtung, die Blicke auf die Sehenswürdigkeiten im Gebiet lenken sollen. So lässt sich beispielsweise auf dem „Mühlwehrbalkon“ das Rauschen des Wehrs genießen, während der Blick in Richtung Mühle und Mühlbrücke schweifen kann. Zudem bieten die Balkone gerade älteren Personen die Möglichkeit, regelmäßig eine Rast einzulegen, während sie an der Nidda entlang spazieren. Die Promenade wird von einer Baumreihe aus Amberbäumen (Liquidamber styraciflua) gesäumt werden. Diese haben nicht nur eine imposante, rote Herbstfärbung, sondern eignen sich zudem sehr gut als Klimabaum und spenden genügend Schatten an heißen Sommertagen. Einen weiteren Höhepunkt erreicht man auf etwa der Hälfte der Promenade. Hier spannt sich eine durchgrünte Landschaftsbrücke über den Fluss und verbindet den Jahnweg auf der nördlichen Uferseite mit der Parkfläche am Bürgerhaus. Die Landschaftsbrücke lädt mit ihrer großzügigen Sitzskulptur zum Verweilen unter einem grünen Blätterdach ein lässt den Blick sowohl flussauf- als auch abwärts schweifen. Die filigrane Pergola spannt sich als Stahlkonstruktion über die gesamte Länge der Holzbrücke und wird mit standortgerechten und mit, durch besondere Blatt- und Blütenfarben akzentuierende, Rankpflanzen (bspw. Weinrebe Vitis vinifera und Waldrebe Clematis tangutica) bepflanzt. Die Landschaftsbrücke besitzt eine bedeutsame Ausstrahlung und stellt ein Highlight für die Landesgartenschau dar. Auf der südlichen Uferseite ist der Landschaftsbrücke ein Auftaktplatz vorgelagert. Hier können Fahrräder abgestellt werden, um die Stadt weiterhin zu Fuß zu erkunden. Weiterhin gibt es Vorrichtungen zum Laden von E-Bike-Akkus. Auf dem Vorplatz befindet sich wiederum eine zur Sitzkante ausgebildete Baumeinfassung mit üppiger Begrünung. Nördlich der Landschaftsbrücke führt die Promenade weiter bis zur Krötenburgstraße, wo sie dann endet. Südlich der Brücke leitet ein Fußgängerweg entlang der Nidda zum nördlichen und landschaftlich geprägten Uferbereich oder führt, in entgegengesetzter Richtung, wieder in Richtung Altstadt. Der nördliche Uferbereich ist, ähnlich wie beim südlichen Auftakt zum Johanniterpark, sehr naturnah gestaltet und lädt zum Verweilen am Ufer der Nidda ein.

ANBINDUNG BZW. VERNETZUNG ZWISCHEN BESTEHENDEN SIEDLUNGS- UND FREIFLÄCHENSTRUKTUREN

Die grundsätzliche Strategie zur Verknüpfung bestehender Grün- und Siedlungsräume erfolgt zum einen über die Querverbindungen der Brücken, sowie über die gestalterische Korrespondenz beider Uferseiten zueinander. Als Hauptelement einer stringenten Verbindung agiert der durchgängige, barrierefrei gestaltete Uferweg, welcher sich vom Auenbereich an der Johanniterstraße durch den Johanniterpark, über den Mühlplatz und entlang der Uferpromenade erstreckt. Die neuen Freiraumstrukturen können ohne räumliche Unterbrechung erlebbar gemacht werden und reihen sich lückenlos aneinander. Weiterhin ist durch die Querverbindungen der Brücken zum einen die Verknüpfung beider Uferseiten in regelmäßigen Abständen gewährleistet und die durchgängig erlebbare Nordseite der Nidda verzahnt sich mit der historisch wertvollen Altstadtseite. Zudem inszenieren bewusst gesetzte Sitzmöglichkeiten auf beiden Seiten der Nidda das jeweilige, gegenüberliegende Pendant, wie beispielsweise am Mühlplatz.

ERSCHLIESSUNG (VERKEHRSFLÄCHEN, FUSS- UND RADWEGE)

Zu Fuß und mit dem Fahrrad In Nidda besteht eine sehr gute Anbindung an den Bahnhof. Dieser ist aus der Altstadt auf einer Route entlang der Nidda durch den Johanniterpark sowohl zu Fuß als auch mit Fahrrad gut zu erreichen ist. Vom südlichen Ende des Johanniterparks erreicht man in ca. 5 Minuten fußläufig den Bahnhof. Dies stellt einen Anreiz für Besucher*innen und Besucher dar, mit der Bahn anzureisen. Der Entwurf entwickelt einen durchgängigen, barrierefreien Weg, welcher Fußgänger*innen und Radfahrende vom südlichen Teil des Johanniterparks entlang der Nidda bis zur Krötenburgstraße im nördlichen Bereich führt. Einheimische bekommen so die Möglichkeit, ihre täglichen Wege entlang der Nidda zu Fuß oder mit dem Rad zurückzulegen. Die Anbindung an den Hessischen Radfernweg R4 ist von Norden kommend über die Krötenburgstraße möglich, eine Anbindung an den Radfernweg von Süden aus über die Straße „Unter der Stadt“ via Johanniterpark. Eine durchgängige Erlebnisroute führt entlang der Nordseite der Nidda, auf der Südseite gelangt man über Brücken in die Altstadt. Diese kann auf einer kleinen Rundtour erkundet werden und es besteht immer wieder die Möglichkeit, an die Nordseite anzuknüpfen, wie bspw. ab Neue Straße in Richtung Markt und zum Mühlenplatz oder ab Mühlenplatz über Hinter dem Brauhaus zur Landschaftsbrücke. Am Nordufer wird der Fuß- und Radverkehr ab der Brücke Neue Straße aufgeteilt – Radfahrende nehmen, um weiter in Richtung Norden zu fahren, die Neue Straße Richtung Norden und biegen dann in die Mühlstraße ein, um entlang der neuen Promenade „Am Wehr“ weiterzufahren. Die Verkehrssignalanlage wird im Rahmen der verkehrlichen Neukonzeption weiter in Richtung Brücke vorverlegt, um die barrierefreie Querung über die Brücker Neue Straße zu gewährleisten. Für Fußgänger*innen führt Weg, vom Johanniterpark kommend, über einen Steg direkt zum neuen Mühlplatz. Von hier besteht die Möglichkeit auf der Nordseite der Nidda über die Promenade „Am Wehr“ weiter in Richtung Landschaftsbrücke zu flanieren. Die Promenade besteht, genau wie die Platzflächen, aus Basalt-Kleinstein im Passeverband. Gesägte Oberflächen für die Radspur und den Fußweg setzen sich von grobkörnigeren Verkehrsflächen und Flächen für den ruhenden Verkehr ab und stellen die Barrierefreiheit entlang der Nidda sicher. Die Landschaftsbrücke verbindet das Nordufer mit dem Südufer und lädt zum Verweilen unter einem grünem Blätterdach ein. Fußgänger*innen können sich entscheiden, ob sie am Nordufer weiter flanieren oder über die Landschaftsbrücke auf die Südseite treten möchten, um im nördlichen, landschaftlich geprägten Auenbereich auf dem Libellensteg dem Sonnenuntergang zuzuschauen. Beidseitig der Landschaftsbrücke befinden sich Radabstellmöglichkeiten, sowie Ladevorrichtungen für E-Bikes. Radfahrende können über die Krötenburgstraße wieder an den Hessischen Radfernweg anschließen. Verkehrsflächen Die Verkehrsflächen entlang der Promenade „Am Wehr“ werden als Einrichtungsverkehr für Anwohnende und Gäste/Lieferverkehr der anliegenden Geschäfte weiterhin freigegeben, allerdings soll der Durchfahrtsverkehr möglichst auf die Schillerstraße ausweichen, um den Flussraum der Nidda als einen innerstädtischen Erholungsraum zu qualifizieren. Flächen für den ruhenden Verkehr sollen möglichst von den Ufern der Nidda verschwinden, weshalb es entlang der Promenade „Am Wehr“ weiterhin keine Stellflächen mehr geben wird. Angrenzend finden sich genügend große Parkplätze, von denen die Innenstadt ebenso schnell erreicht werden kann. Laut Parkraumkonzept sind 426089 4 zudem genügend Parkplätze in der Innenstadt vorhanden, was den Entschluss bekräftigt. Eine Ausnahme stellen drei Stellflächen für Kurzzeitparken direkt an der Schneiderei am Platz „Am Wehr“ dar. Der Flussraum der Nidda soll ganz besonders für Fußgänger*innen und Radfahrende ein sicherer, verkehrsarmer Erholungsraum werden.

STÄDTEBAULICHE STRUKTUR (BAUKÖRPER, RAUMKANTEN)

Der durchgängige Uferweg entlang dem Nordufer der Nidda schafft eine stringente Raumkante als Gegenüber zur Südseite. Räumlich antwortet er auf die gegenüberliegende und größtenteils bebaute Seite des Flusses. Im Bereich der Landschaftsbrücke korrespondieren die beiden Uferseiten als rein freiraumplanerische Raumkanten miteinander. Im Bereich des Mühlplatzes wird durch städtebauliche Neuordnung eine neue, attraktive Platzfläche geschaffen, die dem bedeutenden Gegenüber der Mühle gerecht wird. Mittels der großzügigen Sitzstufenanlage wird hier die Raumkante als freiraumplanerisches Element fortgeführt. Die neuen Baukörper umsäumen den Platz im Westen und Norden und sollen durch angemessen gestaltete Fassaden die Aufenthaltsqualität steigern und der Mühle ein angemessenes Gegenüber bieten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der durchgängige und barrierefreie Uferweg auf der Nordseite wird ebenso wie die Erlebnispunkte am Wasser als positiv hervorgehoben; die Nidda wird als Erlebnisbereich umgesetzt und im Sinne eines Identitätsmerkmals begriffen. Die unterschiedlichen Varianten der Zugänge zum Niddaufer ermöglichen vielfältige Erlebnisse am Wasser und bieten neue Blickpunkte von und zur Nidda. Besonders hervorzuheben sind die abwechslungsreichen Nutzungsangebote für unterschiedliche Nutzergruppen: Im südlichen Bereich stellen eine Kneippanlage und eine Fitnessanlage (bei entsprechender Geräteauswahl) attraktive Angebote vor allem auch für ältere Menschen und insbesondere auch für Frauen dar. Sitzbereiche, wie das Café am Trafoturm, die Platzgestaltung am Wehr mit der Sitzstufenanlage „Mühlenterrasse“ sowie die Landschaftsbrücke und der Park mit Libellensteg besitzen hohe Aufenthaltsqualitäten in sehr unterschiedlichen Kontexten und Atmosphären: sie sind als urbane Treffpunkte für Jung und Alt oder auch als ruhige Plätze, Rückzugsorte am Fluss und in der Natur, erlebbar. Im Johanniterpark bietet der Spielplatz „Niddapiraten“ Spielmöglichkeiten für Kinder. Für die Grünfläche auf der südlichen Uferseite/Bereich Anschluss Berufsschule fehlen inhaltliche Aussagen zu einer möglichen Nutzung (z. B. Lernen, Chillen etc.).
Der Park mit Libellensteg an der nördlichen Seite könnte als naturnaher Aufenthaltsbereich abwechslungsreicher gestaltet werden. Zudem sollte eine Anbindung nach Norden erfolgen (nördlich Brücke Krötenburgstraße). Als besonders gelungen wird die gestalterische Umsetzung bewertet. Das Preisgericht findet in diesem Kontext vor allem für die Landschaftsbrücke mit begrünter Pergola und die Sitzstufen am Wasser gegenüber der historischen Mühle lobende Worte. Anzumerken sei jedoch, dass die Sitzstufen am Wasser gegenüber der historischen Mühle allerdings auch etwas überdimensioniert im Verhältnis zur Blickachse (Richtung Mühlenrad) wirken. Auch die überörtliche Radroutenanbindung R4 über die Krötenburgstraße sowie die barrierefreie Gestaltung der Brücke Neue Straße werden ebenfalls positiv bewertet; ebenso die beidseitig am Ufer befindlichen Radabstellmöglichkeiten sowie die Ladevorrichtungen für E-Bikes.
Die Einbeziehung des Quartiers 19 in den Entwurf mit seiner städtebaulichen Neuordnung erfordert den Abriss der Bestandsgebäude. Aufgrund der schwierigen Eigentumsverhältnisse ist die Umsetzung jedoch fraglich, der Entwurf sollte auch ohne diesen Abschnitt seine Qualitäten nicht verlieren, denn es stellt eine der Hauptattraktionen dar. Die Platzgestaltung am Wehr (Sitzanlage am Ufer) sollte daher auch ohne die Umgestaltung des städtebaulichen Quartiers 19 umsetzbar sein. Die Reduktion der Parkplätze am Wehr und die Verkehrsberuhigung in der Straße Am Wehr sind positiv zu sehen. Die Verbindungen zur Stadt sind gegeben, könnten aber noch expliziter thematisiert sein. Das Preisgericht bewertet den Erhalt des Baumbestands als positiv, wobei der Grünanteil quantitativ noch mehr entwickelt, sprich: eine höhere Anzahl an Baumpflanzungen, sein könnte. Das Preisgericht empfiehlt, die Standards für Kneippanlage und Fitnessgeräte und deren richtige Verortung im renaturierten Uferbereich zu überprüfen.
Die Leitbilder der Stadt werden in dem Entwurf in hohem Maß umgesetzt, so dass mit der Realisierung des Entwurfs nicht nur ein attraktiver Grünzug für die Bürger und Bürgerinnen sowie für Touristen entstünde, sondern die Nidda auch ein besonderes Charakteristikum und Identitätsmerkmal darstellen würde.