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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2023

Neubau Kindertagesstätte Etzenrot in Waldbronn

2. Rundgang

archis Architekten + Ingenieure GmbH

Architektur

Erläuterungstext

LEITIDEE UND STÄDTEBAULICHE KONZEPTION
Das zu überplanende Hanggrundstück in der Kirchstraße von Etzenrot liegt in direkter Waldrandnähe und fällt von Nord nach Süd in Richtung Naturschutzgebiet ab. Durch den Rückbau des bestehenden Gesellschaftshauses kann man davon ausgehen, dass auf dem Planungsgebiet ein erheblicher Höhenversprung zwischen Erschließungsstraße und nutzbarem Baugrund entsteht. Die Entwurfsidee nimmt diese Gegebenheit auf und positioniert das planerisch notwendige Bauvolumen so, dass durch einen sehr kompakten neuen Baukörper weiterhin ein Höchstmaß an privaten Freiraumflächen zur Verfügung steht. Der neue Baukörper setzt einen akzentuierten Abschluss der Bebauungsstruktur von Etzenrot am Waldrand und markiert mit seiner repräsentablen Eingangsfassade die Neue Adresse in der Kirchstraße. Durch seine L-förmige Ausrichtung ist das Erschließungssystem im Zentrum des Gebäudes leicht auffindbar und gleichzeitig das Bindeglied aller Nutzungen. Die Bauform wirkt wie eine umarmende Gesamtgeste von Landschaft und Gebäude für den natürlich eingefassten Spielbereich der Kinder im Freien. Der Baukörper fügt sich konsequent und zugleich weich zwischen Erschließung, Waldrand und Naturschutzgebiet ein und reagiert selbstverständlich auf die geografischen Gegebenheiten. Die Grundidee ist es, das neu entstehende Bauvolumen möglichst klein zu halten und mit der Topografie zu planen, statt dagegen. Im ersten Schritt ist der Neubau in zwei Geschossen parallel zur Straße platziert, dabei ist das untere Geschoss komplett rückseitig im Hang eingebettet, sodass nur ein Geschoss von der Kirchstraße aus ersichtlich ist. Dieses Vorgehen ermöglicht eine zurückhaltende Geste, die den umliegenden Wald wertschätzt. Da der Blick Richtung Süden unverbaubar auf das Naturschutzgebiet mündet, wird im zweiten Schritt der Orientierungsidee vervollständigt, indem der obere Baukörper orthogonal rotiert zum Unteren neu platziert wird. Das ermöglicht zum Einen einen wunderbaren Ausblick aus den maximal zusammenschaltbaren und großräumigen Veranstaltungs-/Mehrzweckflächen, zum Anderen wird damit ein klarer Endpunkt für die Bebauungsstruktur Richtung Waldgrenze gesetzt. Der obere Baukörper ist klar ersichtlich von der Erschließungsstraße. Durch das Rotieren des oberen Volumens entsteht außerdem eine definierte Vorplatzsituation, die das Ankommen für Kinder und Erwachsene sicher von der Straße ermöglicht. Im Ergebnis werden alle Kindergartenflächen mit maximalen Außenflächenbezügen hergestellt. Die Verpflegung erfolgt über eine optimale Küchenbeziehung zum Kinderbistro und der unabhängigen Ver- und Entsorgungserschließung. In Phasen von Krankheitswellen können über die Freitreppen und Außenzugänge, gleichzeitig viele unabhängige Gruppenzugänglichkeiten ohne Aufwand aktiviert werden. Der Erzieherbereich ist hochwertig und durchdacht organisiert um motivierte Mitwirkende zu akquirieren und langfristig zu behalten. Ein Besprechungsraum zum Vorplatz ist unkompliziert erreichbar und schafft ein offenes Angebot zum Gespräch bei gleichzeitigem Ausdruck einer transparenten Erziehungshaltung.

NUTZUNG / TRENNUNG – ZUSCHALTBARKEIT VEREIN + KiTA
Neben der Kindergartennutzung ist am Standort eine zusätzlich unabhängig Vereinsnutzung vorgesehen. Beide Einheiten sind separat voneinander nutzbar und barrierefrei erschlossen. Der Kindergarten wird unmittelbar und direkt vom Vorplatz erschlossen, um eine konfliktfreie Bring- und Abholsituation zu schaffen. Die Vereinsräumlichkeiten erhalten auf der gegenüberliegenden Seite im Nord-Westen einen eigenen unabhängigen Außenzugang, der über eine barrierefreie Außenrampe zum wettergeschützten Eingangsbereich führt. Die dem eigentlichen Verein andienenden und notwendigen Räume sind an die innenliegende, über Dachflächenfenster belichtete, Erschließungszone angedockt, die in einem großzügigen und lichtdurchfluteten Vereinsraum endet. Der von Süden belichtete Vereinsraum kann mit dem Öffnen verschiebbarer Raumtrennwände um den kompletten geplanten Mehrzweckraum der Kindergartennutzung erweitert werden, dass im natürlich gleichermaßen auch als Vergrößerung des Mehrzweckraums des Kindergartens gilt. Beide Nutzungseinheiten, bzw. Räumlichkeiten können zusammengeschaltete genutzt werden und sind jeweils mit den Erschließungszonen der Nutzungseinheiten abschließbar. Somit wird ein zusätzliches Flächenpotenzial mit enormen Mehrwert aktiviert, bei gleichbleibenden Betriebs- und Baukosten. Der aufgelöste und vergrößerte Mehrzweck-Vereinsraum, mit einer Raumhöhe von über 3m öffnet sich in einem überdachten Loggiabereich Richtung Naturschutzgebiet und lässt einen in Richtung Süden gerichteten Weitblick zu.

ERSCHLIESSUNG + STELLPLÄTZE / BARRIEREFREIHEIT
Auf dem Deckel des Untergeschosses entsteht ein Vorplatz, der aufgrund seiner Überfahrbarkeit für PKWs nicht nur für Eltern und Kinder als Kiss & Ride ausgebildet wird, sondern der gleichzeitig auch für die Anlieferung durch einen Cateringservice und als Parkierung für Vereinsmitglieder und Angestellte dient. Diese Vorplatzfläche ist großzügig geplant, sodass auch Eltern, Mitarbeiter und andere Besucher, die mit dem Fahrrad unterwegs sind, eine abschließbare Abstellmöglichkeiten vorfinden. Durch den direkten und ebenen Höhenanschluss des tieferliegenden Bauvolumens an das bestehende Straßenniveau, ist nicht nur der barrierefrei Zugang in den Kindergarten gewährleistet, es besteht auch die Möglichkeit ohne Hindernis die Zufahrt auf den Vorplatz als Wendemöglichkeit für Müllfahrzeuge zu nutzen (gemäß nachträglicher statischer Berechnung). Eine Außentreppe, die vom Vorplatz direkt zum Spielbereich und den Gruppenräumen im UG führt, kann eine unproblematische Übergabe der Kinder auch im Sonderfall (bswp. Covid-19) erfolgen. Die Treppe ist sowohl unten als auch oben durch abschließbare Törchen gesichert, sodass Kinder nicht Gefahr laufen, sich unbeobachtet auf der Treppe zu bewegen und zu verletzen. Die innere Erschließung zwischen den Geschossen erfolgt durch eine große Treppe, die das Foyer über einen Luftraum mit dem UG verbindet, trotzdem aber sicherstellt, dass Kinder sich nicht unbeaufsichtigt verletzen können. Sie ist sowohl oben, als auch unten entsprechend gesichert. Die barrierefreie Zugänglichkeit wird über einen Aufzug gesichert. Die Außenspielflächen im UG sind weitestgehend ebenerdig begehbar und teilweise auch durch den darüberliegenden Baukörper überdacht, sodass ein Zugang zu den Freiflächen auch im Falle von Niederschlag trocken möglich ist.
KONSTRUKTION + TRAGWERK
Das angedachten Gesamt-Konstruktionsprinzip in Holzbauweise basiert auf der klassischen Rahmenbausystem für Außenwände und Decken, kombiniert mit Holzträgersystemen als Leimbinder um große stützenfreie Spannweiten zu erreichen die als tragende „Unterkonstruktion“ des angedachten Dachaufbaus eines Schrägdachtes dient. Die Brettschichtholz-Leimbinder kombiniert den ökologischen und natürlichen Baustoff Holz mit innenräumlich prägenden Elementen, die außergewöhnliche Innenräume, sowie eine klare und ehrliche Architektursprache unterstützt. Die Faszination für diesen Baustoff kommt vor allem aus der freien Formbarkeit der Holzbauteile und der hohen Tragfähigkeit. Die aus gehobelten, parallel verleimten Brettern hergestellten Elemente überzeugen durch hervorragende Formbeständigkeit, Wirtschaftlichkeit und Vielseitigkeit. Die Kombination gerader, gebogener und dreidimensionaler Konstruktionselemente eröffnet nahezu unbegrenzte Gestaltungsfreiheit. Diese Eigenschaften sind ausschlaggebend, um sie in der Gestaltung des neuen Kindergartens miteinzubeziehen. Die Dreigelenkrahmen aus Brettschichtholz fungieren im orthogonal zur Straße stehenden Bauvolumen als Tragsystem, das sich über beide Geschosse erstreckt. Sie stehen auf Einzel-Köcherfundamenten, die in die tragende Bodenplatte in WU-Stahlbeton einmünden. Die Zwischendecke wird über eine Balken-Trägerebene zwischen die Dreigelenkrahmen eingehängt und fungiert hier auch als Zugband zur Komplettierung des statischen Systems. Die Außenhaut mit Wänden und Dach wird vollständig in Rahmenbauweise von außen an die Tragstruktur der Dreigelenkrahmen gesetzt, sodass die Tragstruktur auch im Innenraum erlebbar und klar dargestellt wird. Die Außenwand-Scheiben der Gruppenwände im UG werden als massive Stampflehm-Außenwand in Konstruktion und Außenwirkung unterschieden. In diesem Bereich sollen sie zur Sicherstellung eines angenehmen und gesunden Innenraumklimas genutzt werden und auch optisch eine Unterscheidung zu den klaren Kanten des Holzbaus bilden. Die Stampflehmwand hat eine ausgezeichnete CO2-Bilanz, klimaneutrales und nachhaltiges Bauen stand auch hier im Vordergrund. Grundsätzlich ist das Material – einfache Erde mit einem Anteil an Tonmineralen – nahezu in allen Böden verfügbar, daher gehen wir zum derzeitigen Planungsstand davon aus, dass evtl. auch das Erdmaterial aus der herzustellenden Baugrube mit verwendet werden kann. Zusätzlich kann der Stampflehm zu 100 Prozent recycelt und wiederverwertet werden. Nur das zur Straße parallel verlaufende Bauvolumen im UG, das gegen Erdreich gegründet wird, erhält zur betonierten Bodenplatte auch eine wasserundurchlässige Stahlbetonwand, die den Bau vor Eindringen von Feuchtigkeit, bzw. evtl. auftretendem Schichtenwasser verhindert.

ENERGETISCHER STANDARD / NACHHALTIGKEIT / HAUSTECHNIKKONZEPT
Um das Gebäude zukunftsfähig zu machen, ist der Neubau als KfW-Effizienzhaus-40 NH/ EE gem. Bundesenergiegesetz konzipiert. Die eingesetzten Dämmwerte entsprechen annähernd in allen Teilen den Passivhausrichtlinien. Die konstruktive feststehende Verschattung durch das überkragende Erdgeschoss über die Gruppenräume im UG verhindert die sommerliche Überhitzung konsequent, gleichzeitig schafft es eine temperaturspezifische Pufferzone in den Wintermonaten und witterungsgeschützte Sockelbereiche. Die aus der Fassade hervorstehenden Bauteile, wie die Rahmen um die Fensterlaibungen und die überdachten Loggienbereiche schützen ebenfalls konstruktiv vor Überhitzung und Blendung im Innenraum. Ein einfaches Erdregister ermöglicht in den maschinell raumlufttechnisch berücksichtigten Flächen eine natürliche Vorkonditionierung der angesaugten Frischluft im Winter- wie im Sommerfall. Hierdurch reduzieren wir die Startenergie zur erforderlichen Temperatur im Heizungsfall und kühlen passiv im Sommer durch die vorhandenen Erdspeicher. Die wirtschaftlichste Gründung des Objektes mittels einer Bodenplatte, aufgrund angenommener Baugrundverhältnisse mit entsprechend tragfähigen, die auf einer zusätzlichen unbewehrten Magerbetonfläche von ca. 35cm Mächtigkeit liegt, bildet einen monovalenten Massivwärme- bzw. Kältespeicher aus, der um ein Vielfaches effizienter ist als ein Wasserspeicher und ohne großen technischen Aufwand installiert werden kann. Die darin verlegten weitmaschigen Soleleitungen, bilden durch das System mit einer Luft- oder Sole-Wärmepumpe in Kombination mit höchsteffizienten Hybridmodulen aus PV- und Solarthermie, auf den südwestorientierten Dachflächen, die zentrale Heizungs- und Brauchwasserlösung für das gesamte Objekt. Für einen angenehmen Raumkomfort wurden die Strahlungsflächen für Heizung und Kühlung in den Fußbodenflächen integriert. Sofern an den heißesten Tagen erforderlich, kann durch die Wärmepumpe über die Zuluft zugekühlt werden. Die Lüftungsleitungen der kontrollierten Raumlüftung werden in den raumakustisch wirksamen Abhangdeckenbereichen unsichtbar verbleibend integriert. Wo erforderlich erhalten die Räume einen innenliegenden Blendschutz bzw. eine Verdunkelungsmöglichkeit über ein Vorhangsystem.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entscheidung, den Hauptbaukörper quer zum Hang zu setzen ist eine denkbare Reaktion des Neubaus auf Ort und die Richtung, aus der die Nutzer sich dem Gebäude nähern. Die damit erkauften Nachteile sind schwerwiegend in Bezug auf die erforderlichen Erdbewegungen und die Topografie. Die äußere Anmutung ist nur schwer mit der Nutzung einer KITA in Einklang zu bringen. Die über Rampen organisierte Zugänglichkeit der Vereinsräume von hinten wird kritisch gesehen.
Visualisierung Kirchstraße

Visualisierung Kirchstraße

Plan 01

Plan 01

Plan 02

Plan 02

Plan 03

Plan 03

Visualisierung Bibliothek

Visualisierung Bibliothek

Visualisierung Foyer

Visualisierung Foyer