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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2023

Neubau Bürger- und Vereinshaus in Hunderdorf

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Anerkennung

Preisgeld: 2.500 EUR

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Architektur

fischer heumann landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Ingenieurbüro Hausladen GmbH

TGA-Fachplanung

STUDIO ROSAROT

Visualisierung

Erläuterungstext

Direkt am westlichen Ortseingang entsteht das neue Gemeinschaftshaus der Gemeinde Hunderdorf. Der prägnante Baukörper steht giebelseitig zur Hauptstraße und bildet mit dem gegenüberliegenden Turm der ortsansässigen Schreinerei einen markanten Auftakt mit direkter Blickbeziehung zum höhergelegenen Ortskern. Das Gebäude dient als gemeinsam genutzter Bürgertreff: für Vereine, die Jugend, bei Festen und Veranstaltungen und auch als Anlaufstelle für Radtouristen.
Der ruhige Baukörper liegt mittig auf dem Grundstück des ehemaligen Supermarktes und formt so vier unterschiedliche Außenbereiche. Der Vorplatz ist der zentrale Verteiler. Von hier aus werden der Festsaal, das Vereinsheim und der Jugendtreff erreicht. Außerdem dient er als Auftakt zum benachbarten Kindergarten. Gleichzeitig fungiert der Platz als Erweiterung des großen Saals und bildet einen passenden Rahmen bei Ortsfesten oder Freiluftveranstaltungen. Die lebendige Pufferzone entlang der Hauptstraße wird durch den Kiosk bespielt. Ähnlich einem Vorgarten findet hier die Kommunikation zwischen Verweilenden und Passanten statt. Hier ist der Treffpunkt für ortsansässige und der Zwischenstopp für Radler. Auf der anderen Seite des Gebäudes ist der Freibereich des Jugendtreffs mit Blickbeziehung zum Umland und zum Oberdorf. Östlich des Gebäudes wird das Grundstück wieder großflächig entsiegelt und bepflanzt. Bäume und Hecken sind wertvolle Ergänzung am Übergang zum landwirtschaftlich geprägten Ortsrand.
Man betritt das Gebäude über das zentrale Foyer vom Vorplatz. Hier sind alle dienenden Funktionen wie Garderobe, WCs und die Cateringküche mit Ausgabe verortet. Das Highlight ist der multifunktionale Saal mit Bühne. Der zweigeschossige Veranstaltungsraum bietet einen angemessenen Rahmen für Aufführungen jeder Art. Theaterabende, Musikveranstaltungen, Ausstellungen, Konzerte und Feiern können wahlweise im Innenraum aber auch in Kombination mit den umliegenden Freiflächen stattfinden. Die transparenten Fassaden können vollständig geöffnet werden um den Außenraum als Teil der Veranstaltungsfläche mit einzubeziehen. Im zweiten OG sind drei unterschiedlich große Vereinsräume angeordnet. Im Proberaum können Musikgruppen üben während in den Gruppenräumen diverse Seminare, Versammlungen, Kurse und die Vereinstreffen stattfinden. Durch die mobile Trennwand kann hier bei Bedarf ein großer Raum entstehen. Teeküche, Sanitär- und Lagerräume ergänzen das Raumangebot mit separatem Zugang im Dachgeschoß. Im Erdgeschoss bietet der Jugendraum einen passenden Rahmen für regelmäßige Treffen und die Jugendarbeit. Den Jugendlichen steht hier ein autarker Bereich mit zugehöriger Außenfläche zur Verfügung. So kann sichergestellt werden, dass allen Beteiligten eine altersgerechte Nutzung ohne gegenseitige Beeinträchtigung möglich ist. Direkt an der Hauptstraße ist der Kiosk platziert. Durch das große Klapptor ist schon von weitem erkennbar, dass er gerade in Betrieb ist. Neben der Fernwirkung bietet die Klappe ausreichenden Wetterschutz vor dem Ausgabetresen. Direkt davor wird der bestehende Lintacher Graben wieder freigelegt. So entsteht ein attraktiver Ort entlang der Hauptstraße der für kurze Treffen, nachbarschaftlichen Austausch, eine Brotzeit oder die obligatorische Radlermaß auf dem Weg zwischen Donau und Regen einlädt. Backstage, Lager- und Sanitärträume sind direkt von außen zugänglich, die Lüftungszentrale befindet sich über dem erhöhten Bühnenbereich.

Energiekonzept
Die Versorgung aller Bereich mit Wärme wird über eine Fußbodenheizung mit niedriger Betriebstemperatur sichergestellt. Die erforderliche Energie kann über die geplante Nahwärmeversorgung erfolgen. Alternativ könnte der Energiebedarf über eine Luft-Wärmepumpe gedeckt werden, die bei Bedarf auch zur Temperierung eingesetzt werden kann. Alle Räume sind über eine ausreichende Fensterlüftung be- und entlüftet. Einzig der Veranstaltungsraum verfügt zusätzlich über eine mechanische Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Bei Veranstaltungen wird Frischluft über dem Bühnenbereich in den Zuschauerbereich eingebracht, die verbrauchte Abluft wird an beiden Seiten wieder abgeführt. Das Dach ist so konzipiert, das die Nutzung für eine Fotovoltaikanlage möglich ist. Es stehen ausreichend Flächen zur Verfügung, um Überschüsse ins örtlich Netz einzuspeisen. Wahlweise kann der Ertrag auch für E-Bike-Ladesäulen oder die Stromtankstelle für das Dorfauto verwendet werden.


Außenanlagen
Einzelne Bäume strukturieren die Freiflächen, große Sitzringe laden alle Besucher zum Plaudern und Verweilen ein. Um den Verkehr nicht zu weit ins Grundstück zu ziehen sind alle PKW-Stellplatze eingangsnah zwischen Gemeindesaal und Kindergarten angeordnet. Im Bedarfsfall stehen auf der Ostseite zusätzliche Stellplätze bereit. Dort bilden Heckenblöcke ausreichenden Sichtschutz aus dem Veranstaltungssaal und fassen gleichzeitig einen angemessenen Freiraum für den Aufenthalt in der Veranstaltungspause. Im Norden wird die Platzfläche vom offen gelegten Lintacher Graben begrenzt. Weiche Böschungen und Sitzstufen führen zum Wasser und machen den Bach erlebbar. Es entsteht ein Bereich mit hoher Aufenthaltsqualität um den Kiosk als zentralen Attraktor. Die direkte Verbindung zum Radweg verstärkt die hohe Anziehungskraft. Lose Baumreihen definieren die Ränder und stellen gleichzeitig den Übergang zum übergeordneten Grünzug bzw. zu den Freiflächen des Kindergartens her. In Anlehnung an das Umfeld einer Scheune sind die Flächen im Norden und Osten als wasserdurchlässige Kiesflächen vorgesehen. Die barrierefreie Erschließung zu den Eingängen von Kindergarten und Bürgerhaus werden zusammen mit der Erschließung der Stellplätze als abgestreute Asphaltdecke ausgeführt. Der Übergang der Belagsflächen ist fließend und optisch kaum wahrnehmbar. Die Stellplätze im Westen sind untergeordnet in Hartrasenplatten mit hohem Rasenanteil ausgebildet.
Das Oberflächenwasser der Dachflächen wird in Rigolen zwischengespeichert und bei Starkregen in den Lintacher Graben zeitversetzt abgeführt, auf der Ostseite können die extensiven, leicht abgesenkten Stellplätze im Überflutungsfall als Retentionsfläche für das Dachwasser genutzt werden.
Konstruktion und Nachhaltigkeit
Der Einsatz nachhaltiger Materialien, hat neben wirtschaftlichen und ökologischen Vorteilen auch positive Einflüsse auf den regionalen Bausektor. Nachwachsende Rohstoffe, kurze Transportwege und lokale Handwerker gewährleisten ein hohes Maß an Wertschöpfung vor Ort und erhöhen die Identifikation mit der Bausubstanz. Um diese Faktoren zu berücksichtigen wurde das Gebäude als Holzkonstruktion konzipiert. Hochgedämmte Holzständerwände und Wandscheiben aus Brettsperrholz tragen das durchlaufende Satteldach, einzig im Saal werden Fachwerkträger auf Unterzüge gelegt um die großzügigen Fassadenöffnungen im multifunktionalen Großraum stützenfrei zu überspannen, das Tragwerk bleibt im Innenraum sichtbar. Zwei Glasschiebefassaden schaffen je nach Bedarf, maximale Transparenz oder auch großzügige Öffnungen in der Außenhülle. Große hölzerne Schiebetore schützen den Innenraum gegen zu viel direkte Sonneneinstrahlung und Überhitzen während der heißen Jahreszeit. Im Inneren dominieren helle Oberflächen aus unbehandeltem Holz, opake Außenwände sind mit hinterlüfteten Holzfassaden bekleidet, die Dachhaut wird mit gleichfarbigen PV-Modulen und Blechtafeln belegt. Die Zwischendecke im zweigeschossigen Bereich wird als vorgefertigte Holz-Beton-Verbunddecke mit einer geringen Gesamtstärke ausgeführt, die Sohle wird als Ortbetonplatte auf Streifenfundamenten gegründet.
Neben den aufgeführten Vorteilen in Bezug auf nachhaltiges Bauen, gewährleistet die gewählte Konstruktion niedrige Kosten durch geringen Bewehrungsgehalt, einen hohen Vorfertigungsgrad, optimierte Bauzeit, wenig Feuchteeintrag und sehr hohe Ausführungsqualität. Die Verwendung ökologischer Baumaterialien, heimischer Holzarten und die Verarbeitung in räumlicher Nähe lassen eine sehr gute Ökobilanz erwarten. Die kompakte, orthogonale Kubatur, die gewählten Materialien und die wartungsarme Außenhülle, sowie hoch flexible Innenräume gewähren ein Höchstmaß an Wirtschaftlichkeit in der Erstellung und im Unterhalt.
Der Neubau des Bürger- und Vereinsheims leistet somit einen wichtigen Beitrag zur ortsprägenden, nachhaltigen und zeitgemäßen Architektur. Das Gebäude wird Ort der Gemeinschaft und Identifikation in Hunderdorf.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das neue Gemeinschaftshaus im Typus eines langgestreckten, puristischen Stadelgebäudes wurde leicht gedreht mittig ins Grundstück gesetzt und definiert so zusammen mit dem gegenüberliegen-den langgestreckten Schreinereigebäude eine neue markante Eingangssituation in den Ort.

In seiner Lagesituierung fügt es sich angenehm in die vorhandenen Strukturen ein und bildet zusammen mit den Kindergartengebäuden einen gefassten Platzbereich. Diese als „Bürgerplatz“ bezeichnete Erschließungszone für das Gebäude wird in ihrem Nutzungs- und Erlebniswert leider durch die Parkierungsanlagen und die Verkehrsflächen zum Kindergarten hin eingeschränkt.

Die Arbeit definiert durch die Setzung des Gebäudes eine gute freiräumliche Zonierung. Mit dem Verschwenken des Baukörpers in Bezug auf das Kinderhaus entsteht ein gemeinsamer gut proportionierter Platzbereich. Die Aufteilung in, dem Kinderhaus zugeordnete Stellplätze im Südwesten und den, dem Bürgerhaus zugeordneten im Nordosten, erscheint zunächst aufwändig, macht unter Beachtung der Zuordnung zu den jeweiligen Nutzungen jedoch Sinn und entlastet die wertvollen Freibereiche. Die Freilegung des Lintacher Grabens ist eine charmante Idee und würde die wichtige orts-orientierte Freifläche weiter aufwerten, die Realisierung erscheint jedoch aufgrund der geringen Wassermengen als fraglich bzw. müsste technisch unterstützt werden. Auf die möglichst landschafts-verträgliche Gestaltung der nordöstlichen Stellplätze und der Freifläche in diesem Bereich ist großer Wert zu legen, um den wichtigen Sichtbezug Richtung Windberg und die Saalorientierung nicht zu entwerten und ggf. auch eine hochwertigere freiräumliche Nutzung zu ermöglichen.

Der vorgesehene Baukörper besticht durch seine Klarheit und Einfachheit. Die Öffnungen in den Gebäudefassaden konzentrieren sich auf die Hauptfunktion Saal und Eingangsbereich sowie den Jugendraum. Die Räume im Dachgeschoss (Probenraum und Vereinsräume) werden, obwohl über die Giebelseite eine attraktive Befensterung möglich wäre, leider nur über Dachliegeöffnungen belichtet. Dies schmälert die Aufenthaltsqualität dieser Räume und führt auch zu Problemen beim Nachweis des 2. Rettungsweges.

Zudem werden Räume im Dachgeschoss durch die niedrigeren Kniestockhöhen erheblich in ihrer Nutzbarkeit in den Randbereichen eingeschränkt. Es erscheint unverständlich, dass für das Dachgeschoss keine großzügigeren und attraktiveren Lösungen angeboten wurden.

Das durchgesteckte Foyer sowie der sich nach beiden Längsseiten öffnende Bürgersaal überzeugen. Es bieten sich dadurch interessante Möglichkeiten der Einbeziehung der davor liegenden Freiflächenbereiche. Die Erreichbarkeit der WC-Anlagen von den sonstigen Funktionsräumen und dem Kiosk aus setzt immer ein geöffnetes Foyer voraus. Der Kiosk liegt richtig, gut sichtbar zum Radweg und überzeugt mit der vorgeschlagenen, interessanten Öffnungslösung mit der hochklappbaren Fassade.

Der Baukörper hat den geringsten „Fußabdruck“ aller Arbeiten. Durch seine kompakte Bauweise und seine nachgewiesenen Flächenwerte sind die Wirtschaftlichkeit und die Energieeffizienz des Gebäudes im mittleren bis günstigen Bereich zu erwarten. Durch die weitgehende Holzbauweise sind auch zum Thema Nachhaltigkeit positive Aspekte gesichert. Die Arbeit stellt in ihrer Schlichtheit und Eleganz einen positiven Beitrag zur Lösung der Aufgabe dar.