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Award / Auszeichnung | 07/2023

Regionaler Holzbaupreis der Bayerischen Staatsregierung 2023

Luftbild

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„Diepoldeum“ – Aula Markgraf-Diepold-Grundschule, Waldsassen

DE-95652 Waldsassen, Schulstraße 1

PreistrÀger Oberpfalz

Kuchenreuther Architekten / Stadtplaner

Architektur

Stadt Waldsassen

Bauherren

Projektdaten

  • GebĂ€udetyp:

    Schulen

  • ProjektgrĂ¶ĂŸe:

    574mÂČ (geschĂ€tzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 02/2020
    Fertigstellung: 11/2021

Projektbeschreibung

Dass der Zentralbau, der als Aula der Markgraf-Diepold-Grundschule in Waldsassen dient, einen sakralen Charakter habe, nun ja, wer wollte ihm das verdenken? In einer Landschaft, die „Stiftland“ genannt wird, in einer Stadt, die wie wenige andere in Deutschland von einer mĂ€chtigen Barockbasilika und einem ebenso (wirkungs-)mĂ€chtigen Kloster geprĂ€gt wurde? Ältere Zeitgenossen dĂŒrften sich an die 60er-, 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts erinnern, also an die Zeit der Babyboomer, als man dachte, den wachsenden Bedarf an Seelsorge mit runden Zeltkirchen und anderen temporĂ€ren Bauten zufriedenstellen zu mĂŒssen: Eines dieser GebĂ€ude könnte vielleicht als Modell der in den 80er-Jahren fertiggestellten, sich ĂŒber einem achteckigen Grundriss erhebenden Aula in Waldsassen gedient haben. Doch eigentlich, so erzĂ€hlt man sich wenigstens, sei das Vorbild des Pavillons mit dem Pyramidendach eine ganz profane AutobahnraststĂ€tte gewesen – die an der A9 in der Holledau nahe MĂŒnchen. Aber auch hier könnte man spekulieren und an die fast sakrale Verehrung vieler Automobilisten fĂŒr ihr „Heilig‘s Blechle“ denken. Jedenfalls, und das ganz unabhĂ€ngig von Form und Vorbild, war der Versammlungsraum der Markgraf-Diepold-Grundschule, ehrlich gesagt, wenig bis gar nicht zu benutzen. Zu klein, zu große akustische Probleme (nur schallharte OberflĂ€chen) und: Die Pfosten-Riegel-Glas-Fassade mit unzureichender Isolierung, ungenĂŒgenden Verschattungsmöglichkeiten und unbefriedigender EntlĂŒftung bescherte im Sommer Saunatemperaturen, stickige Luft und infolgedessen blitzschnell nachlassende Konzentration bei denen, die sich versammelten.
Eine 2018 beschlossene Förderoffensive von insgesamt mehr als acht Millionen Euro fĂŒr den Landkreis Tirschenreuth machte den Weg frei, unter zahlreichen Moder­nisierungsprojekten auch die Aula der Waldsassener Grundschule zu sanieren und zu erweitern. Das Konzept dazu legte Peter Kuchenreuther vor. Nach einem knappen Jahr Bauzeit – eine „ganz harmonische Geschichte“, so Stadtbaumeister Hubert Siller – wurde die generalsanierte und erweiterte Aula im Juli 2022 eingeweiht. Karin Gleißner, die Schulleiterin, Ă€ußerste sich laut Frankenpost bei der Feier höchst zufrieden: „Entstanden ist ein Ort der Mitte, der höchsten An­sprĂŒchen an eine zeitgemĂ€ĂŸe Schule genĂŒgt und keine WĂŒnsche sowohl von Kindern als auch Lehrern offenlĂ€sst.“ Die Metamorphose des GebĂ€udes beschrieb die Rektorin mit folgenden Worten: „Von der beengten Waldsassener Sauna zur großzĂŒgigen Wellness-Lernlandschaft.“ Aus einem Versammlungsort mit Platzmangel sei ein multifunktionaler Raum zum Lernen, Spielen und WohlfĂŒhlen geworden. AnlĂ€sslich der Erweiterung benannte die Schule die neue Aula in Anlehnung an den Namensgeber der Schule, Markgraf Diepold, in „Diepoldeum“ um.

Umbauen, Anpassen, Wiederverwenden – die Bundesarchitektenkammer hat im Sommer 2021 diese Strategien unter der Formel „Umbaukultur – Entwurf fĂŒr eine Baukultur der Verantwortung“ zusammengefasst. Der Umbau der Aula zum Diepoldeum ist dafĂŒr ein gutes Beispiel. Peter Kuchenreuther und sein Team erhielten den oktagonförmigen Grundriss des GebĂ€udes einschließlich der Tragstruktur und der Dachkonstruktion. Das Dach wurde isoliert, bekam eine Metalleindeckung und im Dachspitz ein Oberlicht. Bei diesem steht nicht die Belichtung, sondern die BelĂŒftung im Vordergrund: Die Kuppel besteht aus acht dreieckigen Fenstern, die man ĂŒber einen Motor öffnen kann, sie sorgt gemeinsam mit den Oberlichtern der Fassade fĂŒr einen Kamineffekt und so – etwa nachts – fĂŒr die natĂŒrliche AuskĂŒhlung des GebĂ€udes. Die GrundflĂ€che der Aula erweiterte Kuchenreuther mit einem ebenfalls acht­eckigen Ring. Mit einem System aus verschiedenfarbigen VorhĂ€ngen kann man insgesamt fĂŒnf Teilsegmente dieses Rings abtrennen und als kleinere Einheiten – als Backstage-Bereich etwa, fĂŒr eine kleinere Lern- oder Spielgruppen – benutzen. Damit der kĂŒhlende Luftstrom ungehindert zirkulieren kann, werden die Stoffbahnen etwa 20 Zentimeter unter der Decke abgehĂ€ngt. In einem weiteren, geschlossenen Segment befinden sich SanitĂ€r- und GarderobenrĂ€ume, in einem anderen, ebenfalls geschlossen, das Stuhllager und eine TeekĂŒche. Letztere dient auch als Kiosk wĂ€hrend der Schulpausen. Im achten Segment befindet sich der Übergang zur Schule.

Die Erweiterung, also dieser Ring ist als Holzbau, genauer HolzstĂ€nderbau mit innenliegender WĂ€rmedĂ€mmung ausgefĂŒhrt und steht auf einem Sichtbetonsockel. Dieser kann auch als Sitzbank dienen. Wieder wurde eine Pfosten-Riegel-Fassade verwendet, allerdings mit Dreifach-Isolierglasscheiben, als Verschattung dient eine vertikale Lattung aus naturbelassenem LĂ€rchenholz, die ĂŒberdies optisch ausgezeichnet zu den Holzfenstern des SchulgebĂ€udes passt. Das Flachdach der Erweiterung ist begrĂŒnt und von den Klassenzimmern zu sehen. Neu an den Decken – sowohl der ursprĂŒnglichen Aula als auch der Erweiterung – sind farblich abgestimmte Schallschutzpanelle, deren Wirkung durch die VorhĂ€nge verstĂ€rkt wird. Trotz des neuen Bodenbelags aus OberpfĂ€lzer, genauer FlossenbĂŒrger Granit sind die akustischen Eigenschaften des Dipoldeums hervorragend. Ohne Erweiterung kann
die „neue“ Aula etwa 240 SitzplĂ€tze aufweisen. Bei grĂ¶ĂŸeren Schulveranstaltungen kann in der ringförmigen Erweiterung die Bestuhlung auf rund 420 erhöht werden. Wobei diese Veranstaltungen dank aller Verbesserungen nun auch im Sommer stattfinden können. Das Dipoldeum ist gleichsam „sommerfest“ geworden. Dass jetzt gemutmaßt wird, das Vorbild der Aula-Erweiterung sei der Umgang der nahen Dreifaltigkeitskirche Kappl gewesen, nun ja, das liegt wahrscheinlich an den eingangs beschriebenen Waldsassener VerhĂ€ltnissen.

Beurteilung durch das Preisgericht

ie Erweiterung des Diepoldeums zeigt anschaulich, dass die ErgÀnzung bestehender GebÀude durch einen Holzbau nicht als ein Nebeneinander, sondern als selbstverstÀndliche Verbindung von Neu und Alt möglich ist.

Der Aula-Anbau der Markgraf-Diepold-Grundschule in Waldsassen war fĂŒr eine zweckmĂ€ĂŸige Nutzung nicht mehr ausreichend groß. In einem sensiblen Umgang mit dem Bestand wurde der achteckige Altbau durch einen umlaufenden Holzrahmenbau erweitert. So können die SchĂŒler nun eine grĂ¶ĂŸere VeranstaltungsflĂ€che bespielen, und die benötigten NebenrĂ€ume fĂŒgen sich wie selbstverstĂ€ndlich in die Aula ein.

WÜRDIGUNG DER JURY

Aus Sicht des Preisgerichtes ĂŒberzeugt der Beitrag, da er sich bewusst mit dem Bestand auseinandersetzt, ohne hierbei aus der Mode gekommene Architekturelemente zu eleminieren. Stattdessen nimmt er Bezug auf diese; das Neue und das Alte werden fast nahtlos miteinander vereint und nach außen hin mit einer modernen Haut versehen. Diese QualitĂ€t verdient aus Sicht des Preisgerichtes besondere Anerkennung und sollte unter dem Hintergrund der wachsenden Bauaufgabe der Bestandserhaltung, gefördert werden.
Eingangsbereich

Eingangsbereich

Detailansicht Lichtkuppel

Detailansicht Lichtkuppel

Bestand

Bestand

Innenbereich

Innenbereich

Abtrennbarer Innenbereich

Abtrennbarer Innenbereich

Außenansicht

Außenansicht