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1. Rang 2 / 2

Mehrfachbeauftragung | 07/2023

Neue Ortsmitte Auenstein

Blick von der Hauptstraße

Blick von der Hauptstraße

2. Rang

Krummlauf Teske Happold Architekten BDA

Stadtplanung / Städtebau

knoll landschaftsarchitekten bdla

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAU
Leitmotiv für die städtebauliche Neuordnung der Ortsmitte Auensteins ist neben der klimagerechten Transformation die Bildung einer Platzfolge mit klar gefassten Räumen und vielfältigen Aufenthaltsqualitäten, die ihren Dreh- und Angelpunkt in dem städtebaulich bedeutenden Baustein der Jakobuskirche finden. Durch die Ausbildung eines angemessen proportionierten Kirchplatzes vor der Giebelfassade der Kirche erhält das Gebäude ein repräsentatives Vorfeld, kann seine prägnante Ausstrahlung entfalten und dem Ort Relevanz verleihen. Der Sakralbau wird auf ein Plateau gestellt, um dem Gebäude innerhalb der Hangsituation einen sicheren Stand zu geben und es freizustellen. Die Platzfolge wird aus drei städtebaulichen Räumen gebildet, die sich von Süden nach Norden entlang der Giebelfassade der Jakobuskirche nach oben entwickeln und barrierefrei bzw. barrierearm verknüpft sind. Der südliche Auftakt der Platzfolge wird vom Rathaus kommend durch den Kelterplatz gebildet, der sich zwischen dem Gasthaus Krone und der Volksbank aufspannt. Mit einladender Geste verweist er auf die Kirche und lenkt den Blick auf eine großzügige Freitreppe zum Kirchplatz hoch. Darüber hinaus nimmt er einen evtl. gastronomisch nutzbaren Vorbereich für das Gasthaus Krone und einen Eingangsvorplatz für die Bankfiliale mit drei Stellplätzen auf. Der Platz wird lediglich für die Zufahrt zur Hanggarage und die Anlieferung des Gasthauses beschränkt befahren. Auf der Nordseite der „Krone“ wird unter einer neu gepflanzten Reihe von Kastanienbäumen der etablierte Biergarten weitergeführt. Er bekommt eine Erweiterung auf einem höher gelegenen Niveau, welches sich zum Kirchplatz orientiert und somit auf diesen ausstrahlt. Der Kirchplatz bezieht sich unmittelbar auf die Kirche und wird von Norden durch das neue ev. Gemeindehaus und von Westen durch eine ausgeprägte Baumkante und eine Schallschutzhecke gefasst. Er fügt sich flach in den Hang ein und ermöglicht somit neben seiner Bedeutung als identitätsstiftender, zentraler Verknüpfungspunkt im Ort vielfältige Bespielungen wie Konzertveranstaltungen, Märkte, Kirchengemeindeveranstaltungen oder einer Maibaumhocketse. Die öffentlichen Nutzungen in der Ortsmitte schaffen Raum für Begegnung, Kommunikation und Treff und lassen ein lebendiges und attraktives Ortszentrum mit hoher Aufenthaltsqualität für alle Generationen entstehen. Das neue ev. Gemeindehaus fasst einerseits den Kirchplatz ein und bildet andererseits das Rückgrat des Ensembles aus. Der Kirchgasse wird damit eine klare Führung verliehen, die mit der Kante des neuen Kirchgartens nördlich der Jakobuskirche fortgeführt wird. In diesem Bereich geht der zentral angelegte Kirchplatz fließend in den Grünraum des Friedhofs über. Ein in die Landschaftsstufen eingebetteter und von baumreihen flankierter Rampenweg führt von der Kirche barrierearm zur Aussegnungshalle, ohne die Grundstruktur des Friedhofs in Frage zu stellen. Es entsteht eine würdevolle und angemessene Anbindung der Aussegnungshalle. Dabei bleibt genügend Spielraum für eine bauliche Weiterentwicklung der Aussegnungshalle. Dieser intensiv begrünte Bereich nimmt mit seinen ansteigenden Landschaftsstufen naheliegende Nutzungen wie Sitzstufen für einen Gottesdienst im Grünen und einen Spielplatz mit Wasserelemente auf. Die Gebäudefigur des ev. Gemeindehauses nimmt die verschiedenen Richtungen der Achsen und der Kirche auf und übersetzt sie in eine polygonale Figur, die eine klassische Reihung von giebelständigen Häusern als Platzkante zitiert und sich somit trotz wesentlich geringerer Bauhöhe gegenüber der Kirche behauptet. Die Dachform gibt dem Gebäude eine klare Ausrichtung Richtung Kirchplatz.
ERSCHLIESSUNG
Ein wesentlicher Aspekt für eine hochwertige Aufenthaltsqualität in öffentlichen Aufenthaltsbereichen im Freien ist die Reduzierung des Verkehrs. Mit der Beschränkung der Kirchgasse auf Anliegerverkehr und der Sperrung des Kirchplatzes für den Verkehr werden zentrale Empfehlungen aus dem Verkehrsgutachten umgesetzt. Sie werden in Verbindung mit der Zusammenlegung der öffentlichen Stellplätze in einer zentralen Tiefgarage mit 21 Stellplätzen erreicht, die von der Hauptstraße aus angebunden ist. Zu Fuß gelangt man entweder über einen Fußweg entlang der Einfahrt oder über ein halböffentliches Treppenhaus mit Aufzug im Gemeindehaus von der Tiefgaragenebene auf den Kirchplatz. Ab dem Erdgeschoss ist es durch eine Türe dem internen Gebrauch vorbehalten. Beim Aufzug kann dies durch eine elektr. Steuerung erfolgen. Die Bewegungsachsen aus den umliegenden Bereichen werden so verbunden, dass sich auf dem Kirchplatz ein zentraler Verknüpfungspunkt der vorhandenen Fuß- und Radwege herausbildet. Überall, wo Treppen zur Niveauverbindung eingesetzt werden, stehen auch barrierefreie Alternativen zur Verfügung. So wird die Treppenanlage zum Kirchplatz hoch um eine 2,50m breite, auch für den Radverkehr sehr gut befahrbare Rampe ergänzt.

ARCHITEKTUR
Die verschiedenen Richtungen der Wegeachsen, Geländekanten und Gebäudefluchten werden in der Kubatur des neuen Gemeindehauses aufgegriffen und in eine polygonale Figur übersetzt. Um den Bezug des Gebäudes zum Kirchplatz herzustellen, orientiert sich das Gebäude mit einem Giebel zum Platz. Das in Holzbauweise errichtete Gebäude steht am Übergang des Friedhofparks zum zentralen Dorfplatz, der an den Platzrändern üppig begrünt ist. Mit einer umlaufend vertikalen Holzlamellenfassade fügt sich das Gebäude in seiner Materialität harmonisch in diesen Grünraum ein und verleiht dem Kirchplatz einen angemessenen Charakter. Verglasungen stehen im spannungsvollen Kontrast zur geschlossen wirkenden Lamellenfläche und korrespondieren mit der klaren Formensprache der Freiflächengestaltung. Vor der raumhohen Glasfassade des Gemeindesaals sorgen im oberen Bereich offene Holzlamellen für eine Teilverschattung. Dadurch bleibt in der Innenwirkung ein intensiver Bezug zum Kirchplatz erhalten und gleichzeitig nimmt sich das Gemeindehaus in der Außenwirkung dieser Glasfassade in Bezug auf die Kirche bescheiden zurück.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf ordnet die Situation durch einen länglichen Baukörper für das Gemeindehaus im nördlichen Bereich des Wettbewerbsgebiets. So werden zwei eindeutig unterschiedliche Stadträume gebildet: Zum einen wird nach Norden die Kirchgasse maßstäblich angemessen definiert und fortgeführt. Darüber hinaus entsteht nach Süden eine große zusammenhängende Freifläche mit Kirchplatz und Biergarten der Gaststätte „Krone“.

Der nördliche Bereich mit Kirchgasse und den anschließenden Grünflächen wird positiv gesehen. Die Vorschläge für einen Kirchgarten, Gottesdienst im Freien und Spielplatz sind nachvollziehbar und dem Kontext angemessen. Die geforderte Wendefläche für das Müllfahrzeug wird problemlos nachgewiesen.

Der südliche Bereich zwischen Gemeindehaus und Gaststätte Krone ist zwar funktional gut gelöst, wird jedoch in mehrfacher Hinsicht als problematisch angesehen: Der Kirchplatz über der Tiefgarage wird im dörflichen Umfeld in seiner Proportion und Gestaltung als unangemessen beurteilt. Die flexible Nutzung des Platzes für Feste ist zwar sehr gut möglich, jedoch scheint der Platz in seiner Gestaltung und Ausstattung für seine alltägliche Nutzung nicht attraktiv. Die vorgeschlagenen vier Bäume und einige Bänke im Randbereich erscheinen hierfür nicht als ausreichend, zumal die Brandwand des westlich angrenzenden Wohngebäudes sehr präsent bleibt und der Platz an dieser Seite nicht ausreichend gefasst wird.

Darüber hinaus wird vor allem der Vorschlag für die Erschließung des Platzes von Süden problematisch gesehen: Tiefgaragenzufahrt, Freitreppe und die Rampe für Fahrradfahrer sind zwar rein funktional gelöst, die Garagenzufahrt mit zugehörigen Stützwänden dominiert jedoch den Zugang zur neuen Ortsmitte und beeinträchtigt damit die Aufenthaltsqualität. Darüber hinaus wird der Treppenzugang auf den Kirchplatz an den Rand und zu dicht an die südwestliche Ecke der Kirche gedrängt. Der Außenbereich der „Krone“ wirkt zwar auf den ersten Blick sehr großzügig, die massive Abgrenzung mittels einer „schweren Hecke“ ist jedoch wenig attraktiv, genauso wie die vorgeschlagene erweiterte Nutzung auf dem Dach der Garagenzufahrt.

Die grundsätzliche Setzung und Grundrissorganisation des Gemeindehauses werden positiv beurteilt. Das durchgesteckte Foyer gliedert den Baukörper in einen Bereich für den Gemeindesaal und einen Bereich für die untergeordneten Räume. Die Erschließung und Orientierung sind klar und übersichtlich. Treppenhaus und Aufzug sind geschickt platziert, sodass sowohl eine Nutzung für das Gemeindehaus, als auch davon unabhängig für die Tiefgarage möglich ist. Die komplexe Ausformulierung des Baukörpers und der Fassaden erscheint im vorhandenen dörflichen Kontext etwas überzogen, wäre jedoch im Rahmen einer Überarbeitung gut zu verbessern.

Insgesamt stellt die Arbeit einen durchaus interessanten Beitrag zur gestellten Aufgabe dar, insbesondere was das Gemeindehaus und den Bereich um die Kirchgasse anbelangt. Größe und Ausgestaltung des Kirchplatzes werden jedoch als teilweise problematisch und nicht angemessen für die neue Ortsmitte von Auenstein angesehen.
Vogelperspektive

Vogelperspektive

Lageplan Übersicht

Lageplan Übersicht

Raumkanten

Raumkanten

Lageplan Detail

Lageplan Detail

Platzgrundriss

Platzgrundriss

Schnitt Gemeindehaus

Schnitt Gemeindehaus

Blick von Westen

Blick von Westen

Nachtplan

Nachtplan

Brunnen am Kirchplatz

Brunnen am Kirchplatz

Kirchgarten

Kirchgarten

"Schwere Hecke"

"Schwere Hecke"

Ansicht Süden Gemeindehaus

Ansicht Süden Gemeindehaus

Ansicht Osten/Westen

Ansicht Osten/Westen

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