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Nichtoffener interdisziplinärer Realisierungswettbewerb | 08/2023

Um- und Neubau ehemaliges Kaufhaus zur Teilbibliothek der Universität Siegen

Kölner Straße (Einkaufszone)

Kölner Straße (Einkaufszone)

1. Preis / Zuschlag

Preisgeld: 64.800 EUR

DMSW Architekten

Architektur

MOZIA Monari + Zitelli Architekten Partnerschaft mbB

Architektur

HEG Beratende Ingenieure VBI

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Das ehemalige Kaufhaus Hettlage in der Innenstadt von Siegen wird für die neue Teilbibliothek der Universität umgebaut und durch einen Neubau ergänzt. Aufgrund seiner exponierten Lage übernimmt das Gebäude die Funktion einer Visitenkarte für die Universität. Flächen für Ausstellungen, Workshops und Vorträge ermöglichen den Austausch der Hochschule mit der Stadtbevölkerung.

Die neue Bibliothek entwickelt eine eigenständige städtebauliche Figur, die sich in die vorhandene Blockrandbebauung und die komplexe Topografie des Geländes auf dem Siegberg einfügt. Mit seinen unterschiedlichen Geschossigkeiten übernimmt das Gebäude eine wichtige Scharnierfunktion, indem es den großen Geländeversprung zwischen Unter- und Oberstadt überbrückt.

Die Herausforderung lag darin, die Universitätsbibliothek in einen dichten, innerstädtischen Kontext einzufügen. Ein abschließendes U-förmiges Geschoss mit Walmdach fügt Alt- und Neubau zu einem Volumen zusammen. Dadurch gelingt es, die komplexe städtebauliche Situation wie selbstverständlich zu fassen.

Das Kaufhausgebäude bleibt in seiner statischen Struktur erhalten, während das ehemalige Parkhaus durch den Neubau ersetzt wird. Von der Kölner Straße aus wirkt das Gebäude als neuer Anker im Umfeld der Einkaufsstraße. Das Eingangsgeschoss öffnet sich und bietet mit dem großen verglasten Schulungsraum eine einladende Schnittstelle zur Stadt. Der Haupteingang liegt im Durchgang zur Siegbergstraße und aktiviert diesen aktuell untergenutzten Bereich.

Im Inneren ist die Bibliothek klar strukturiert: Die Haupttreppe im Neubau liegt zentral mit Sichtbezug bis in das Bestandsgebäude hinein. Neben der „Kernspur“ mit Erschließung und Serviceräumen liegen die Bereiche mit Arbeitsplätzen und in einer dritten „Spur“ die Kompaktregale für die Medien.
In den Obergeschossen sorgen die räumliche Verzahnung mit dem Bestand und dessen fortgeführte Geschosshöhe für einen fließenden zusammenhängenden Raum. Zweigeschossige Lufträume sorgen für spannungsreiche Raumkonstellationen. Der in den oberen Geschossen zurückgestufte Baukörper ermöglicht Terrassen als zusätzliche Lern- und Aufenthaltsräume.

Die strukturelle Fassade und der Rhythmus der Fensteröffnungen des Bestandsgebäudes werden erhalten und mit Natursteinplatten aus Muschelkalk verkleidet. Dabei erfolgt eine feingliedrige Fassadenteilung durch Gesimsbänder und farblich abgesetzte Fensterstürze.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Aufgabe, eine Universitätsbibliothek in einen dichten, innerstädtischen Kontext einzufügen, stellt eine entwurfliche Herausforderung dar. Diese Arbeit löst dies mit einer überraschenden Selbstverständlichkeit. Mit einem U-förmigen Walmdach gelingt es, die städtebaulich komplexe Situation zu fassen, während die Fassaden sinnfällige Antworten zu den unterschiedlichen Straßen finden.

Von der Kölner Straße aus wirkt das Gebäude als neuer Anker im Umfeld der Einkaufsstraße. Das Erdgeschoß öffnet sich und bietet mit dem großen verglasten Schulungsraum eine geeignete Schnittstelle zur Stadt. Der Haupteingang liegt gegenüber im Durchgang zu Siegbergstraße und aktiviert diesen mit einem schönen Foyer mit Lounge. Der weiter nördlich liegende Campus Nord wird hier bereits angedeutet. An der Friedrichstraße erscheint die Bibliothek fast palaisartig; es ist zu prüfen, ob das Erscheinungsbild dem Universitätsalltag entspricht. Durch die Kompaktheit des Entwurfs kann der Baukörper hier leicht zurückspringen und den Straßenraum wohltunend weiten. Allerdings ist hier eine ambitioniertere Gestaltung der Vorfläche durch die Stadtplanung wünschenswert.

Im Inneren ist die Bibliothek klar strukturiert. Die Verfassenden schaffen mit der sogenannten „Kernspur“ mittig die Erschließung und Serviceräume, während zur Friedrichstraße hin überwiegende die Arbeitsplätze und in der dritten „Spur“ die Kompaktregale stehen. Komplexität erhält der Raum durch die verschiedenen Lufträume. Ein gute Orientierung und eine flexible Bespielung der Grundrisse ist möglich. Die „Kernspur“ sollte insofern weiterentwickelt werden, dass sie möglichst weniger Trennwirkung zwischen den beiden anderen Spuren erzeugt. Überprüft werden sollte die große Anzahl sehr gleichartiger Arbeitsplätz im Dachgeschoß. Sehr qualitätvoll erscheint dagegen die Dachterrasse im Geschoß E2.

Das Tragwerk aus Massivholzdecken und vorgespannten Hohlkörperdecken reagiert auf die unterschiedlichen Ansprüche, um eine wirtschaftliche und ökologische Lösung zu finden. Dies muss in Hinblick auf die Bauphysik (Schallschutz, thermischer Speicher) überprüft werden.

Der Entwurf schafft eine überzeugende Lösung „aus einem Guss“ für diesen wichtigen Baustein in Siegen - er verkörpert geradezu die Idee, die Universität als belebenden, integrativen und identitätsstiftenden Baustein in die Stadt zu bringen.

Durch den angemessenen Fensterflächenanteil und den kompakten Baukörper verfügt die Arbeit im Vergleich zum Wettbewerbsfeld über einen geringen Energiebedarf. In Kombination mit der potenziellen Dachfläche für die Eigenstromproduktion werden günstige Energiekosten erreicht. Die Arbeits- und Lesebereiche werden durch die Anordnung an den Fassaden ausreichend mit Tageslicht versorgt. Das fehlende Sonnenschutzkonzept wirkt sich jedoch ungünstig auf den sommerlichen Wärmeschutz bzw. der Überhitzung aus. Die Ausbildung von opaken Fassadenelementen gewährleistet eine natürliche Belüftung und begünstigt die Nachtluftkühlung, wobei eine Querlüftung durch die mittlere Versorgungsund Erschließungszone eingeschränkt wird.
Friedrichstraße

Friedrichstraße

Siegbergstraße

Siegbergstraße

Lageplan

Lageplan

Grundriss E0 Eingangsgeschoss

Grundriss E0 Eingangsgeschoss

Grundriss E1

Grundriss E1

Grundriss U3

Grundriss U3

Schnitt mit Geländeversprung

Schnitt mit Geländeversprung

Ansicht Kölner Straße

Ansicht Kölner Straße

Ansicht Friedrichstraße

Ansicht Friedrichstraße

Ansicht Siegbergstraße

Ansicht Siegbergstraße

Fassadenschnitte (links: Bestandsgebäude / rechts: Neubau)

Fassadenschnitte (links: Bestandsgebäude / rechts: Neubau)