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Mehrfachbeauftragung | 05/2023

Neugestaltung Rathausumfeld in Albershausen

2. Rang

arabzadeh.schneider.wirth architekten

Stadtplanung / Städtebau

Stefan Fromm Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebau
Die Ortsmitte von Albershausen hat nominell alles was ein Ortszentrum benötigt. Und trotzdem vermisst man Vorort die „ortsgerechte™ Mitte als das identitätsstiftende Zentrum Albershausens. Das liegt nicht zuletzt an der fehlenden Raumordnung, die dringend nötig ist, um Stadträume zu fassen und als solche wahrnehmbar zu machen und zugleich deren Nutzung und Bedeutung entsprechend zu gestalten. Ungeklärte Freiräume südlich und westlich des bestehenden Rathauses tragen wesentlich zu diesem Manko bei. Ein Rathausplatz ist heute räumlich nicht wahrnehmbar. Unser Konzept sieht mit der Rathauserweiterung und der Addition von drei einzelnen Wohnungsbauten eine maßhaltige Nachverdichtung des Ortes vor, die das Ziel verfolgt, ablesbare stadträumliche Qualitäten zu erzeugen, die ihrer Funktionalität und Orientierung sowie ihrer Bedeutung im Ortskern gerecht werden können.

Der zukünftige Rathausplatz öffnet sich großzügig und einladend zur Lindenstraße und zugleich fungiert ein Baumcarrée als attraktiver Filter zwischen dem Platz und der Straße; zwischen Aufenthaltsqualität und Straßenlärm.

Die unprätentiösen Erweiterung des Rathauses mit einem langgestreckten wie schmalen zweigeschossigen Baukörper an der westlichen Seite des Bestandes gelingt gleich zweierlei: stadträumlich bildet der Erweiterungsbau die westliche Raumkante des Rathausplatzes, die sich mit dem Haupteingang und der großzügigen Fassade des Sitzungssaals einladend zum Platz öffnet. Gleichzeitig gelingt ein einfacher wie störungsfreier Anschluss an den Bestand, der mit einem neuen Treppenhaus (mit integrierter Aufzugsanlage) als Scharnier zwischen Bestands- und Neubau die Barrierefreiheit in allen Bereichen des zukünftigen Rathauses sicherstellt.

Drei einzelne Baukörper mit ortstypischer Größe und Form schließen auf einfache Art und Weise, wie es sich im ländlichen Raum gehört, die Lücken. Dabei wurde sorgfältig darauf geachtet, wo und wie die Baukörper gesetzt werden und wie die Funktionen orientiert sind:

Ein Baukörper schließt sich integrativ an die Bebauung an der Schlierbacher Straße an und verlängert diese so in Richtung des Rathausplatzes um die westliche Raumkante des Rathausplatzes zu bilden. Der Baukörper schützt durch seine Positionierung den Kinderspielplatz vor motorisiertem Verkehr.

Zwei weitere Baukörper befinden sich im Westen und begrenzen mit dem Rathausneubau eine grüne Fuge als attraktiven Aufenthalts- und Erschließungsraum. Sämtliche Neubauten (Rathaus und Wohnungsbau) erhalten eine gemeinsame Tiefgarage, die mit einer einzigen Rampe aus der Kirchstraße erschlossen wird. 1 /2 175% Die Tiefgarage ist so geplant, dass sie sich entsprechend der Baufortschritte mit den 3 Wohnbauten in diversen Bauabschnitten realisieren lässt und ebenso in diverse Nutzungseinheiten unterteilen lässt.

Das bestehende Rathaus und die Rathauserweiterung werden, wie erwähnt, mit einem Treppenhaus wie über ein gemeinsames Scharnier miteinander verwoben. Das neue Treppenhaus mit integrierter Aufzugsanlage fungiert sowohl als Flucht- und Rettungsweg als auch zur barrierefreien Erschließung des gesamten Hauses. Gleichzeitig sichert es die Erschließung der Bibliothek im Obergeschoss außerhalb der Öffnungszeiten des Rathauses sowohl aus der Kirchstraße und als auch aus Richtung des Rathausplatzes Trafo bleibt beibehalten).

Das neue Foyer wird sowohl vom neuen Rathausplatz erschlossen als auch aus Westen aus der „grüne Fuge". Der Sitzungssaal öffnet sich mit großzügigen Glasfassaden rundherum nach Außen und sichert so die Einbindung der Innenräume zum Rathausplatz bzw. zu den umgebenden Freianlagen in Westen und Süden. Gleichzeitig lässt sich der Saal mit mobilen Wänden großzügig zum Foyer öffnen bzw. die beiden Räume zusammenkoppeln. Der Stuhllager wird, auf kurzem Wege vis avis des Saals, aus dem Foyer erschlossen.

Die Bibliothek befindet sich im Obergeschoß und wird orientierungsfreundlich sowohl aus dem Foyer als auch aus dem neuen Treppenhaus erschlossen. Sie erhält einen Lesebalkon nach Westen zur grünen Mitte und partizipiert so von der attraktiven Freifläche.

Bei der Eisdiele haben wir uns für einen öffentlich besser wahrnehmbaren Standort am Kopf des Wohnbaukörpers an der Schlierbacher Straße mit Orientierung zum Platz entschieden. Hier nimmt sie eine zentralere Position am Platz ein, womit gleichzeitig eine weitere Raumkante des Platzes mit einer attraktiven Nutzung belegt wird.

Die heutige Verkehrsführung der Schlierbacher Straße wird prinzipiell beibehalten und optimiert. Der Bereich der Straße, der über den Platz verläuft, erhält zur Verkehrsberuhigung als shared space den selben Oberflächenbelag. Für die Rathauserweiterung schlagen wir eine nachhaltige Holz- bzw. Hybridkonstruktion vor, die mit der Fassadenverkleidung aus Holzlamellen ihren Charakter auch nach außen trägt.

Freiraum
Der Rathausplatz wird auf der Grundlage des städtebaulichen Konzepts neu konzipiert. Durch die umgebenden vorhandenen und neu geplanten Gebäude erhält er eine angemessene Größe und Proportion mit guter räumlicher Fassung. Der vorhandene höher liegende Bereich im Osten des Bestandsrathauses wird in die Platzgestaltung integriert und über eine neue Treppe und Rampenanlage großzügig an den neuen zentralen Platzbereich angebunden. Das Baumcarrée bildet einen grünen Filter zur stark befahrenen Lindenstraße/ B297 und stellt gleichzeitig einen prägnanten und vielfältig nutzbaren Grünbereich innerhalb des Platzes dar. Durch den vorgeschlagenen Heckenwinkel zur Lindenstraße erhält er eine räumliche Fassung und auch eine gewisse lärmschützende Abschirmung zur Lindenstraße. Dadurch entsteht eine gute Aufenthaltsqualität im Grünen, die durch das Weglassen des mittleren Baumes und das Angebot von (mobilen) Sitz- und Liegemöbeln auf einer zentralen wassergebundenen Fläche hervorgehoben wird. Flankierende Sitzelemente im Schatten der Bäume ergänzen das Angebot. Das Baumcarrée bildet auch ein Gelenk zwischen den - von uns vorgeschlagenen - linearen Baumstrukturen entlang der Lindenstraße und den fußläutigen Querbezeichnungen zur Grünfuge und zur Sparwieser Straße.

Zwischen dem Baumcarrée und dem Erweiterungsbau des Rathauses spannt sich ein räumlich gut gefasster, vielfältig nutzbarer befestigter Platzbereich auf, der mit einem bodenebenen Fontänenfeld in den warmen Jahreszeiten einen attraktiven Anziehungs- und Aufenthaltsort darstellt. Die Schlierbacher Straße verbleibt in ihrer bisherigen Führung, wird jedoch etwas verschmälert und als Shared Space (verkehrsberuhigter Bereich mit gegenseitiger Rücksichtnahme aller Verkehrsteilnehmer) über den neuen Rathausplatz geführt und in die Platzgestaltung integriert. Auf diese Weise kann die bestehende Ladennutzung im Erdgeschoß des Wohn- und Geschäftshauses an der Südseite des Platzes ihre belebende Wirkung auf den Platz besser entfalten und zugleich von der Neugestaltung des Platzes profitieren.

Vom Platzbereich Richtung Westen schließt der Grünbereich an, der eine ergänzende Aufenthalts- und Freiraumqualität im Grünen in der Ortsmitte anbietet. Hier befindet sich in geschützter Lage auch ein großzügiger Kinderspielbereich mit Angebot für Kleinkinder und ältere Kinder, von dem auch die neuer Wohngebäude in der Ortsmitte profitieren können. Im Norden werden entlang der Kirchstraße die gewünschten 6 PKW-Stellplätze mit E-Ladestation angeboten. Zusätzliche Stellplätze bieten ein oberirdisches Parkierungsangebot für Rathausbesucher und Bewohner der beiden geplanten Wohngebäude. Von der Kirchstraße aus wird auch der separate Nord-Eingang zum Rathaus und zur Bücherei im OG erschlossen. Fahrradstellplätze werden in der Nähe der Gebäudezugänge dezentral angeboten.

Regenwasserbewirtschaftung
im Plangebiet soll so viel Niederschlagswasser wie möglich versickern und so im natürlichen Wasserkreislauf verbleiben Schwammstadtprinzip). So soll durch eine entsprechende Gefälleplanung das Niederschlagswasser von den Platzflächen in die Grünfläche des Baumcarrées eingeleitet werden und dort den Bäumen und der Hecke zu Gute kommen. Auch im Grünzug ist eine vollständige Versickerung bzw. Retention des Niederschlagswassers in den Grünflächen vorgesehen. Das saubere überschüssige Dachwasser von At- und Neubau wird in zwei entsprechend angeordnete Zisternen eingeleitet und kann zum Wässer der Pflanzen und Grünflächen genutzt werden.

Beleuchtung
Durch die Beleuchtungskonzeption soll der neue Rathausplatz mit dem erweiterten Rathaus als zentraler Platzbereich in Albershausen hervorgehoben und als Ortsmitte wahrnehmbar inszeniert werden. Dazu gehört eine dezente Beleuchtung der dem Platz zugewandten Gebäudefassaden, eine geometrische Anordnung von Lichtstelen zur Platzbeleuchtung sowie eine sparsame atmosphärische Beleuchtung der Bäume im Baumcarrée. Die flankierenden Bereiche wie Schlierbacher Staße, Kirchstraße und auch der Grünzug werden überwiegend nach funktionalen Kriterien verkehrssicher beleuchtet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf für das neue Rathausumfeld besticht zuerst einmal durch eine klare städtebau- liche Setzung. Die Verfasser entscheiden sich für einen nordwestlich an das bestehende Rathaus angefügten Erweiterungsbau und schaffen die Adresse für das Rathaus über den neuen vorgelagerten Rathausplatz. Bewusst zeigt sich der Platzraum zur Straße und grenzt sich lediglich durch einen grünen Baumfilter räumlich ab.
Während sich der zweigeschossige Erweiterungsbau mit Flachdach in seiner Typologie dem bestehenden Rathausgebäude zuordnet, fügen sich die neuen Wohngebäude in Volumen und Dachform wie selbstverständlich in die bestehende dörfliche Umgebung ein. Der neue Baukörper für die Rathauserweiterung schafft mit seiner präzisen Setzung einen gut proportionierten Platzbereich, welcher sich über ein großes Baumcaree zur Bundesstraße räumlich abgrenzt. Das Grün kann allerdings nur optischen Lärmschutz bieten. Des- halb werden die Attraktivität und Aufenthaltsqualität des Platzes für die Bürger in der Jury sehr kontrovers diskutiert.
Am Sockel des bestehenden Rathauses wird eine neue barrierefreie Rampe und eine Treppe Richtung Platz vorgeschlagen. Da direkt am Rathauseingang 2 Stufen ins Rathaus führen wäre zu überlegen, ob anstelle der Rampe nur eine Mauerkante die Höhendifferenz aufnehmen kann und sich der barrierefreie Zugang am Haupteingang befindet.
Im Gegensatz zu den sehr passend dimensionierten Wohnbauten und dem an die Brandwand angebauten Haus mit der Eisdiele ist das Volumen für die Rathauserweiterung deutlich überdimensioniert. Teils zu groß dimensionierte Flächen und großzügige Lufträume lassen für das gewünschte Raumprogramm hohe Baukosten erwarten. Die Tiefgaragen für Rathaus und Wohngebäude sind von der Kirchstraße an der richtigen Stelle erschlossen und sind wirtschaftlich strukturiert. Die Platzierung der Eisdiele im Gebäude am südlichen Platzrand, in direkter Nachbarschaft zum Spielbereich ist schlüssig und trägt positiv zur Belebung des Platzes bei.
Die fußläufige durchgrünte Fußwege Verbindung mit dem integrierten Kleinkinderspielbe- reich lässt eine hohe Qualität mit unterschiedlichen Aufenthaltsthemen erwarten und ge- währleistet für die beiden angrenzenden Wohngebäuden gleichzeitig ausreichend Abstand zum Platzbereich. Der grüne Raum ist weitestgehend von Unterbauung freigehalten und kann somit erdgebundenen Bäumen einen guten Beitrag für das Kleinklima im Quartier leisten. Leider mündet diese Verbindung nur über einen Wegeknick auf den Platz und wird dadurch im örtlichen Wegenetz weniger wahrgenommen.
Die Einmündung der Schlierbacher Straße wird vom Platzbereich nur über eine Pollerreihe abgegrenzt, so ist auch der KFZ Verkehr an der Südseite des Platzes präsent. Insgesamt vermag der Entwurf einen in sich schlüssigen Beitrag für das Rathausumfeld von Albershausen zu leisten, jedoch ist die Rathauserweiterung in ihrem Volumen deutlich zu groß und der Wunsch nach einem lärmgeschützten Platz kann nicht erfüllt werden.