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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2023

Entwicklung ehemaliges Werksgelände Ziegelei Meindl in Dorfen

Campus

Campus

1. Preis

Preisgeld: 35.000 EUR

PALAIS MAI Gesellschaft von Architekten und Stadtplanern mbH, BDA

Stadtplanung / Städtebau

die-grille selbständige Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Josef Neubauer Modellbau

Modellbau

Erläuterungstext

ORT

Südlich der Altstadt Dorfens, entlang der Bahnstrecke zwischen München und Mühldorf liegt das Gelände der ehemaligen Meindl-Ziegelei. Große industrielle Strukturen und weitläufig versiegelte Flächen, sowie eine relative Trennung von der angrenzenden Stadt prägen den Ort. In Teilen der Bestandsgebäude und auf den bestehenden versiegelten Flächen haben sich zwischenzeitlich Nutzungen angesiedelt. Diese prägen, zusammen mit der Erinnerung an die hier ehemals stattfindende Produktion und ihre verbliebenen Gebäude, die Wahrnehmung des Ortes, an dem bald ein neues urbanes Stadtquartier entstehen wird.

Weniger prägnant in der derzeitigen Wahrnehmung des Ortes, aber mit umso mehr Potential für die zukünftige Entwicklung des Geländes zu einem lebhaften Ort des Wohnens und Arbeitens, präsentiert sich der Landschaftsraum des Entwurfsgebiets. Die Insel der Produktion wird umfasst von ländlichen Strukturen. Besonders beim Blick vom Nordhang auf die Schornsteine des Meindl-Geländes und die in der Ferne liegende Altstadt Dorfens wird die hier vorgefundene räumliche Weite spürbar. Auch innerhalb des Entwurfsgebietes finden sich landschaftliche Potentiale. Insbesondere der Bestandswald am südlichen Ende der Sumpfhalle, sowie die daran anschließende bewegte Topografie erzeugen einen nahezu idyllischen Eindruck.

Der vorgefundene Ort des Entwurfs ist also ein durch vielfältige Atmosphären Aufgeladener. Das hier entstehende urbane Stadtquartiers kann davon profitieren, wenn es dem städtebaulichen Entwurf gelingt die zahlreichen wirkungsvollen Eindrücke zu erhalten, zu präzisieren und in die anspruchsvolle Aufgabe zu einzuflechten.

STRUKTUR

Der Entwurf für das neue Stadtquartier erhält daher ausgewählte, für das Erleben der vorgefundenen Atmosphären wesentliche, bauliche und naturräumliche Strukturen. Dies erscheint einerseits der Bedeutung des Meindl-Areals für die Dorfener Stadtgesellschaft angemessen. Andererseits werden so bereits eingesetzte Ressourcen und Materialien neu verwendet und ein wichtiger, ökologisch positiver Impuls gesetzt.

Von Norden nach Süden reihen sich erhaltene Bestandsgebäude aneinander und formen die ‚Reliktachse‘. Parallel zu dieser erstreckt sich auf der einen Seite die Straßen-Erschließung des Quartiers und auf der anderen Seite das ‚Grüne Band‘, das im bestehenden Wald beginnt und sich durch den ‚Sprung über die Bahn‘ in einer Fuß- und Radbrücke über das neue Quartier hinaus vernetzt. Reliktachse und Grünes Band werden durch die ‚Wasserfolge‘ gekreuzt. Sie verbindet das neue Stadtquartier in Ost-West-Richtung und nimmt, am Fuß des Hangs angeordnet, ökologische Funktionen, wie Versickerung, Retention und Verdunstung auf.

Reliktachse, Grünes Band und Wasserfolge gliedern das neue Stadtquartier in vier wesentliche Quartiersbausteine, die in ihrer jeweiligen Gestaltung auf vorgefundene Potentiale und Herausforderungen reagieren und die Atmosphäre des Ortes differenziert aufgreifen.

MEINDL KULTURPARK UND TIMBER CAMPUS

Die Produktions-Hallen der Ziegelei besitzen eine enorme räumliche Kraft. Aber sie haben ihren Zweck verloren, so erscheint es schwierig sie in ihrer Gesamtheit glaubhaft mit einer neuen Nutzung zu versehen.

Daher wird die nördliche Halle rückgebaut und durch lärmabschirmende, gewerblich genutzte, vier- bis fünf-geschossige Baukörper ersetzt. Von der mittleren und südlichen Halle wird die Tragstruktur in Teilen erhalten. Im Stützenwald der ehemaligen Hallen entsteht ein differenzierter Freiraum, der vorgefundene Elemente der ehemaligen Produktion wie die Ofenstraße aufgreift. Auslassungen in der Tragstruktur ermöglichen das Setzen neuer Gebäude, die in ihrer Ausrichtung der Struktur der Hallen folgen. Zugunsten der raumbildenden östlichen Giebelwand im Gegenüber zum Gelände des Tonwerks, wird hier ein Teil der Hallen in Gänze erhalten. Auf eine sinnvoll nutzbare Größe verkleinert beherbergen die verbleibenden Hallensegmente den neuen Timber Campus. Im Zusammenspiel aus Timber Campus, besonderem Freiraum, studentischen Wohnen und Arbeitsplätzen erhält Dorfen einen kleinen, aber atmosphärisch stark aufgeladenen Hochschul-Standort.

PRODUKTIVE STADT

Der nord-östliche Quartiersbaustein muss in seiner städtebaulichen Ordnung und den hier verorteten Nutzungen auf die lärmexponierte Lage entlang der Gleise reagieren. Gleichzeitig profitiert er von der großen Nähe zum neuen Bahnhof und ist Ausgangspunkt der dorthin vorgesehen Unterführung. So erscheint es naheliegend hier sowohl eine urbane Dichte der Bebauung als auch eine urbane Mischung verschiedener-Nutzungen zu verorten. Parallel zur Bahn werden auch hier lärmabschirmende gewerblich genutzte Baukörper vorgeschlagen. In zweiter Reihe werden diese um mischgenutzte Gebäude ergänzt. Im Sinne der Idee der Produktiven Stadt werden in diesen großformatige Produktionsorte und Wohnen gestapelt und durch die jeweilige Orientierung dieser, Konflikte zwischen den Nutzungen vermieden. Im Inneren des Quartiersbausteins werden solitäre, allseitige Baukörper vorgeschlagen, die in den Obergeschossen dem Wohnen vorbehalten sind. Im Erdgeschoss erlauben sie aufgrund der Ausgestaltung der angrenzenden Freiflächen eine flexible Aneignung in einer Mischung aus Wohnen und Arbeiten in Atelier-Wohnungen.

WALD WOHNEN UND WOHNEN IN DER LANDSCHAFT

Das atmosphärische Potential der beiden Quartiersbausteine südlich der Wasserfolge ist klar landschaftlich und naturräumlich geprägt. Die nach Norden abfallende Topografie erlaubt eindrückliche Blicke in die Weite, der dichte Bestandswald vermittelt eine fast zauberhafte Idylle.

Mit drei- bis vier-geschossigen Wohngebäuden reagiert hier eine modulhafte Bebauung auf das topografisch anspruchsvolle Gelände. Die ost-west-orientierten Gebäude, welche sich dem Hang folgend abtreppen, ermöglichen eine wirtschaftliche Gebäudetiefe. Gleichzeitig erzeugt ihre Positionierung spannungsvolle landschaftliche Zwischenräume, durch die die Hanglage erfahrbar wird. Durch Vor-und Rücksprünge werden trotz ost-west-Orientierung Blickbeziehungen hangabwärts in die Weite gefördert. Typologisch wurden die Gebäude als Modulhäuser konzipiert. Sie bestehen jeweils aus einem Kopfbau und einem Mittelbau, welche an einem Erschließungsmodul angefügt werden. Durch die Konzeption der Erschließungsmodule als witterungsgeschützt, aber offen, kann auch bei vier-geschossigen Gebäuden auf eine Rettung über Fahrzeuge der Feuerwehr als zweiter Rettungsweg verzichtet werden. Eine Integration von Aufstellflächen in die anspruchsvolle Topografie ist somit nicht notwendig.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das städtebauliche Konzept zeigt durch den bewussten Umgang mit dem Bestand eine große Eigenständigkeit und Identifikation für den neuen Stadtteil Dorfens. Die Bestandsgebäude werden weitestgehend erhalten und die Struktur der alten Industriehalle wird als Bestandteil des öffentlichen Seite 5 von 10 Raums in das städtebauliche Konzept integriert und durch begleitende Gebäude ergänzt. Die bestehende Haupterschließungsstraße wird samt ihren Sparten weiter genutzt. Es entsteht ein vielfältig und differenziert gestalteter zentraler Freibereich, der Gastronomie, Kultur, Timber-Campus mit Erweiterung und Wohnen am Campus miteinander verwebt. Die Gebäude entlang der Bahnlinie ermöglichen durch die Nutzung als Gewerbeflächen einen guten Lärmschutz für das dahinterliegende Quartier. Die Anbindung zum Stadtkern über die vorgeschlagene Brücke ist gut situiert, schließt direkt am zentralen öffentlichen Raum an und schafft den Anschluss an das Ortszentrum Dorfen im Nord-Westen.
Die Unterführung im Nord-Osten wurde detailliert gestaltet, wünschenswert wäre aber auch hier der Anschluss an den zentralen Freibereich ähnlich der Brückenverbindung im Westen. Die im Süden anschließende Wohnbebauung mit den aneinandergeketteten Hausgruppen ist topographisch gut eingebettet und erreicht eine hohe Verzahnung mit der einfließenden Landschaft von Süden. Die süd-westliche Gebäudegruppe wird in Bezug auf ihre Erschließung in der Hanglage neben dem Wäldchen und angrenzend an das südliche Gewerbe kritisch betrachtet und deren Notwendigkeit wegen der hohen Gesamtwohnfläche des Entwurfs in Frage gestellt. Der innovative Ansatz der Arbeit liegt in der Integration der bestehenden Meindl-Ziegelei als Bestandteil der baulichen Anlagen und der öffentlichen Räume. Die südliche Gebäudestruktur ermöglicht vielfältige Wohn-, Arbeits- und Lebensformen. Der Vorschlag der Nutzungsbereiche, gewerbliche öffentliche Bereiche im Norden und der fließende Übergang zu den Wohnformen nach Süden ermöglicht eine vielfältige Nutzungsmischung, die dem angestrebten urbanen Gebiet entspricht.
Der Entwurf wird in der abschnittsweisen Umsetzung als wirtschaftlich betrachtet. Die intensive Durchgrünung mit unterschiedlichen Vegetationstypen wirkt sich sehr positiv auf die Aufenthaltsqualität und das Kleinklima aus und gibt dem neuen Quartier eine ausgesprochen grüne Prägung.
Das Schwammstadt-Prinzip ist gut umgesetzt, wobei offenes oder fließendes Wasser bzw. das Wassererlebnis etwas kurz kommt. Das Freiflächenkonzept ist originell und abwechslungsreich; von technisch formal (ehemalige Werkshalle) zu landschaftlich fließend (Häuser im Süden). Beim Regenwassermanagement, insbesondere im südwestlichen Bereich, bleiben Fragen offen, die in der weiteren Bearbeitung gelöst werden müssen.
Der Schallschutz ist gelöst bzw. kann gelöst werden. Es gibt kein Wohnen entlang der Bahn, allerdings einen Schalleintrag in das südliche Wohngebiet wegen der offenen Bauweise. Hier sind zusätzliche Maßnahmen notwendig. Zur Eventlocation gibt es keine heranrückende Wohnbebauung, auch der Zu- und Abgang über das benachbarte Parkhaus ist möglich.
Mobilität: Die Tiefgaragen sind zentral und nutzen wenig den Höhenunterschied im Gelände. Wünschenswert wäre hier die bauliche Sicherung des 2. Rettungswegs, um die Freiflächen feuerwehrfrei zu halten. Die Parkhäuser bieten Potential zum Rückbau, wenn zukünftig weniger Parkraum notwendig wird. Möglicherweise könnten diese Gebäude so gestaltet werden, dass sie auch für andere zukünftige Nutzungen taugen. Der Sprung über die Bahn liegt günstig im Westen, schließt aber nicht unbedingt an Orte mit attraktiver Nutzung nördlich oder südlich der Bahn an. Die Rampe nördlich der Bahnlinie ist zu kurz.
Lageplan

Lageplan

Modell

Modell

Wohnen

Wohnen

Schwarzplan

Schwarzplan