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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2023

Denkmalgerechte Sanierung und städtebauliche Aufwertung der Alten Brücke in Saarbrücken

Blick vom Schloss

Blick vom Schloss

3. Preis

Preisgeld: 15.000 EUR

Bergmeister

Tragwerksplanung

BEM : Burkhardt | Engelmayer | Mendel Landschaftsarchitekten Stadtplaner Partnerschaft mbB

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

karlundp

Architektur

MULFINGER 3D VISUALISIERUNG

Visualisierung

Erläuterungstext

Entwurfskonzept
Die „Alte Brücke“ ist ein wichtiges Einzeldenkmal im Ensemble der Stadt Saarbrücken. Sie verbindet als Fuß- und Radverbindung zwischen den Stadtteilen Alt-Saarbrücken und St. Johann die Schlossanlage mit der historischen Altstadt. Daher ist die denkmalgerechte Sanierung und die städtebauliche Aufwertung der „Alten Brücke“ von der Idee geprägt, die ursprüngliche Spannweite, Fernwirkung und Proportion der Brücke wiederherzustellen und zu stärken.
Die Konstruktion und Dynamik des neuen Stegs nehmen dabei die Formensprache der historischen Brücke auf und interpretieren diese neu und schließen sichtbar und harmonisch an das alte Bauwerk an.
Das Weiterführen der Brückenbreite und das weitgehend geschlossene Geländer binden Alt und Neu zusammen und schaffen eine gestalterische und funktionelle Einheit. Um die Brücke gänzlich in ihrer historischen Spannweite erleben zu können, ist ein Hervorheben der verschütteten Brückenpfeiler und Bögen auf östlicher Uferseite unabdingbar. Durch den Rückbau der bestehenden Anbauten (Treppenanlage) am Theaterplatz und zum Finanzministerium, sowie der Neumodellierung mit leichtem Abgraben des Geländes auf der Seite des Theaterplatzes wird die Brücke optisch verlängert und der ursprüngliche Brückenkopf wieder mehr als solcher wahrgenommen. Um die historischen Proportionen der Brücke und die verschütteten Bögen sichtbar zu machen, wird die freigelegte Rampe mit grafisch gestaltetem, durchbrochenem Cortenstahl verkleidet und so die historische Anmutung der Brücke dargestellt.
Zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität in der direkten Umgebung der Brücke, wird in zwei Bögen die Möglichkeit für die Unterbringung eines Kiosks mit Bestuhlung geschaffen. Der neuentstandene Platz südlich der Brücke kann auch als Freilichtbühne oder als Außenbereich für Events des Staatstheaters genutzt werden. Mit Blick auf die Saar und das Schloss entsteht so ein neuer attraktiver Ort für die Bewohner:innen und Besucher:innen Saarbrückens. An der Rampe zwischen Finanzamt und Brücke sollen die zahlreichen historischen Veränderungen der Alten Brücke in den ehemaligen Bögen durch eine spezielle Oberflächenbehandlung der Cortenstahlverkleidung integriert werden.

Beleuchtung
Die Beleuchtung des Brückenbauwerks erfolgt über LED-Einbauleisten im Handlauf des Geländers, die zur vollen blendfreien Ausleuchtung der gesamten Brückenbreite für die Nutzer:innen beidseitig installiert werden. Durch die transparente Gestaltung des gelochten Cortenstahls im Bereich der Pfeiler dringt ein Lichtschimmer nach außen, der die vertikale Gliederung der Brücke durch die historischen Pfeiler andeutet und den langgestreckten Brüstungsverlauf gliedert.
Die Bögen der Brücke werden in ihrer Tiefe von unten beidseitig so ausgeleuchtet, dass die Lichtkegel am Scheitel der Brückenbögen zusammentreffen. Die verschütteten Brückenpfeiler werden, soweit sie aus dem Gelände herausragen, durch Licht hinter dem gelochten Cortenstahl angedeutet. Die Brückenpfeiler werden durch das gelochte Cortenstahlelement oberhalb der Pfeiler referenziert und die Brüstung so fein gegliedert.
Das Brückenbauwerk soll durch die zurückhaltende Beleuchtung in der Nacht geheimnisvoll schimmern und dadurch eine ruhige Atmosphäre erzeugen. So liegt die Brücke in der Nacht als sanfter und ruhiger Bogen über dem Fluss.
An Land werden die Straßen- und Platzflächen mit Mastleuchten ausgeleuchtet, die als ein- und mehrarmige Kandelaber die Räume bespielen.
Eine Lichtqualität von 2.200 Kelvin schafft eine warme Anmutung. Die notwendigen Entblendungen werden insbesondere für den Schifffahrtverkehr eingehalten. KI-gesteuerte Regelsysteme können die Ausleuchtung und den Energiebedarf fallweise absenken oder auch intensivieren.

Freianlagen
ZWEI STADTTEILE FINDEN ZUSAMMEN
Die Verbindung zwischen den Stadtteilen St. Johann und Alt-Saarbrücken über die Saar wird mit der Sanierung der Alten Brücke und Ergänzung des neuen Teils über die Autobahn wieder in ihrer ehemaligen Bedeutung hervorgehoben. Die Wahrnehmung der Brücke selbst und das Erlebnis der Stadt von der Brücke aus wird für alle zu einem prägenden Erlebnis.
Schlossplatz und Theaterplatz liegen an den Enden der Brücke und bilden einen großen Auftakt. Deshalb sollen die Blickbeziehungen, die Topografie der Wege, die Haptik der Beläge, Licht und Schatten die Dramaturgie des Betretens, Verweilens und Verlassens der Brücke zu einem zusammengehörigen Erlebnis werden.
DAS SCHLOSSUFER
Der Brückenneubau trifft auf eine Platzsituation, die den Blick auf die Schlossmauer, aber auch die Treppe zur Schlosskirche und dem Aufgang zum Schloss leitet.
Der Schlossplatz selbst wird zum Ankunftsort und leitet von der Brücke über zum Aufgang des Schlosses. Ein Brunnen, schattenspendende Bäume und kleine Grünflächen laden zum Verweilen ein. Die Plätze für die parkenden Autos werden aufgelöst. Die Durchfahrt bleibt für Notfall-, Ver- und Entsorgungsfahrzeuge sowie Taxis bestehen.
Der bestehende Pflasterbelag wird zugunsten von Grünflächen zum Teil entsiegelt und für die großräumige Platzgestaltung über die Franz-Josef-Röder-Straße hinweg wieder eingebaut. Der Platz wird höhengleich angelegt, die Verkehrsteilnehmer werden intuitiv geführt, so zum Beispiel über das Gefälle der Pflasterrinnen, die Stellung der Bäume und die Beleuchtung.
Um auf Seiten der Schlossmauer mehr Platz zu gewinnen, wird der schmale Gehweg der Franz-Josef-Röder-Straße an der Brüstung zu Autobahn der anderen Seite zugeschlagen. Dadurch können im „Normalfall“, ohne Hochwasser der motorisierte Verkehr auf zwei Fahrspuren in einer Breite von insgesamt 5,5 Metern geführt, abschnittsweise Senkrechtparker angeordnet und für die ein- und aussteigenden Passagiere aus Reisebussen mehr Platz angeboten werden. Einzelne Bäume werden ergänzt, der Blick auf die Schlossmauer bleibt dabei frei.
Die Fahrtgeschwindigkeit auf der Franz-Josef-Röder-Straße wird auf 30 km/h beziehungsweise Schrittgeschwindigkeit begrenzt. Der Ausbau erfolgt im Bereich des Schlossplatzes höhengleich. Die Ampel am Beginn der Brücke entfällt. Im Hochwasserfall wird der Raum für vier Fahrspuren in einer Breite von insgesamt 11 Metern freigegeben. Im zweispurigen Verkehr bildet die der Entwässerung dienende Pflasterrinne die äußere Fahrbahnbegrenzung, im vierspurigen Verkehr ist sie die orientierungsgebende Mittellinie.
Die Höhensituation auf dem Schlossplatz und der Franz-Josef-Röder-Straße wird größtenteils beibehalten. Die befestigten Flächen entwässern in die Grünflächen.
AM STADTGRABEN IN ST. JOHANN
Die Alte Brücke führt direkt auf den Platz „Am Stadtgraben“ und weiter in die Altstadt hinein.
Das historische Profil der Brücke wird wiederhergestellt und somit die seitlich angefügten Treppen und Blumentröge abgetragen. Die „Alte Brücke“ wird in ihrer gesamten Länge wieder klar erkennbar, die seitlich an die Brücke angrenzenden Räume und Flächen unterstützen das sinnhafte Erleben der Brücke und werden zu eigenständigen attraktiven Räumen.
So wird der Weg zum Fluss zwischen Finanzministerium und Alter Brücke künftig zu einem attraktiven Erlebnis. Die Erschließung des Ministeriums per Auto findet künftig ausschließlich von der nördlichen Zufahrt statt, wodurch ein verkehrsberuhigter Bereich an der Brücke entstehen kann. Seitlich an der Brücke werden Informationen zur deren Geschichte angebracht, weiter zum Fluss hin geht man an einem gastronomischen Angebot und einem Kiosk vorbei, welche in zweien der Brückenbögen integriert sind oder bewegt sich frei durch einen der offenen Bögen.
Durch die Auflösung eines Teils der Maueranlage zwischen Flussebene und Theaterplatz und die Abflachung des Geländes in Richtung Saarufer wird der Verlauf der Brücke von Süden her wieder sichtbar. Es entstehen annähernd barrierefreie Wege aus der Stadt heraus zum Fluss und auf die Brücke. Der Uferweg und die Wege im Bereich des Kinderspielplatzes sowie die Rampe zwischen Finanzamt und Brücke werden höhenmäßig nicht verändert.
Der Theaterplatz wird in seinem vorderen Bereich leicht abgesenkt, sodass er vom Stadtgraben her höhengleich, zur Saar hin über eine großzügige Treppenanlage erreicht werden kann. Sitzstufen in der Rasenböschung führen auf die Brücke zu und bieten Aufenthaltsbereiche mit Blick auf das Bauwerk. Vor den Brückenbögen in unmittelbarer Nähe zum Saarufer befindet sich ein kleiner Freibereich für das Café oder den Kiosk unterhalb der zwei Brückenbögen, welcher zu einer kleinen Pause einlädt.
Der Spielplatz wird etwas nach Süden verlagert. Er bleibt aber in Nähe des zentralen Wegs aus der Stadt zum Saarufer und so weiterhin ein belebter Treffpunkt an der Alten Brücke.
Ergänzende Baumpflanzungen an der Straße „Am Stadtgraben“ und in der Grünfläche vor der Brücke ergänzen den erhaltenen Baumbestand. Die befestigten Flächen entwässern in die Grünflächen.

Bauablauf
Der Entwurf bietet diverse Möglichkeiten zur Realisierung und zur Bildung von Bauabschnitten. Entlang des orografisch linkseitigen Saarufers wird eine Baustelleneinrichtungsfläche vorgeschlagen. Von dieser BE-Fläche aus können die auf den Wasserweg angelieferten Brückenschüsse eingehoben werden im Zuge einer nächtlichen Sperrung der anliegenden Autobahn. Genauso soll nach entsprechender Vorbereitung die Bestandsbrücke in zwei Segmenten im Zuge einer Nachtsperrung ausgehoben und verschifft werden. Die Instandsetzung des Einzeldenkmales Alte Brücke kann in kleinen flexiblen Bauabschnitten erfolgen.

Ausblick
Um die Situation am Saarufer langfristig zu verbessern, wäre eine Überdeckelung der Autobahn an der Schlossseite anzustreben. Diese würde zu einer räumlich entspannteren Situation führen. Der historische Stadtgrundriss, welcher beim Bau der Autobahn abgebrochen wurde, könnte in den Oberflächenbelägen nachgebildet werden und eine großräumliche Grünfläche in Anlehnung an die ehemaligen Saarwiesen geschaffen werden. Hierdurch würde die Erscheinung der Alten Brücke, beispielsweise beim Blick vom Schloss, aufgewertet. Die vorgeschlagene Konstruktion der Brücke würde eine beidseitige Überdeckelung als eigenständige Bauwerke zulassen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Konzept schafft ein skulpturales, ganzheitlich wahrnehmbares Brückenbauwerk, das Alt und Neu zu einer Einheit verbindet. Ein geschlossenes, in Abschnitten gelochtes Brückengeländer aus Corten-Stahl wird zum gestalterischen Leitmotiv und verbindenden Element für die gesamte Brücke.

Ein schlichter Steg über die Stadtautobahn sowie die Verkleidung des östlichen Brückenkopfes am Tbilisser Platz, beides ebenfalls aus Corten-Stahl, ergänzen die historische Brücke an ihren Brückenköpfen und rahmen sie neu. Die Verkleidung des östlichen freigestellten Brückenkopfes leitet sich zwar aus dem Konzept ab, verdeckt leider jedoch wertvolle historische Elemente und wird daher kontrovers diskutiert. Das vorgeschlagene Café in den Brückenbögen ist aus hochwassertechnischen Gründen nicht realisierbar. Das Material Corten-Stahl und die Formensprache interpretieren zwar den Farb- und Formkanon der historischen Sandsteinbrücke, schaffen aber einen deutlichen, in der Fernwirkung massiven Kontrast zur Alten Brücke. Diese starke Überformung und die neu entstehende langgestreckte Bandstruktur - deutlich länger als die ursprüngliche Brücke- wird kontrovers diskutiert. Die harten Kontraste erscheinen schwer vermittelbar und in Anbetracht der historischen Bedeutung der Alten Brücke nicht zeitlos genug. Im Bereich des neuen Steges wird die Dauerhaftigkeit des Corten-Stahls unter Tausalzbelastung in Frage gestellt, ebenso die Positionierung von geschlossenen Räumen unter den Brückenbögen am östlichen Ufer wegen Hochwassereinwirkung.

Die Anbindung der Brücke an den Saarufer Radweg erfolgt aus gestalterischer Sicht wohltuend zurückhaltend. Außer einem Aufzug, der sich zwar optisch zurücknimmt, sich aber nur eingeschränkt als schneller und selbstverständlicher Zugang zum Ufer eignet, wird kein direkter Abgang zum Saaruferradweg vorgeschlagen. Ein Vorschlag für eine alltagstaugliche Anbindung zusätzlich zum Aufzug wird vermisst.

Der Schlosskirchplatz wird vom ruhenden Verkehr befreit. In den Randbereichen und auf dem Platz selbst werden ein Brunnen und neue Grünbereiche angelegt, die zur Entsiegelung und Steigerung der Aufenthaltsqualität des Platzes beitragen. Ihre organische Formensprache wirkt jedoch an diesem historischen Ort etwas gewollt. Die Verkehrssituation an der Franz-Josef Röder-Straße ist gut gelöst und berücksichtigt die notwendige Umfahrung im Hochwasserfall.

Die Freiraumgestaltung auf St. Johanner Seite nimmt sich stark zurück. Zwar wird eine grüne Fuge als Erweiterung der Saarwiesen angelegt, die Freiraumgestaltung erscheint jedoch für diesen besonderen Ort wenig prägnant. Sitzgelegenheiten und die neue Stufenanlage am Tbilisser Platz sind einseitig nach Nordwesten in Richtung Alte Brücke ausgerichtet; die Chance einer konsequenten Neuausrichtung des Stadtraumes zum Ufer der Saar wird nicht genutzt.

Der Beitrag verzichtet auf Rampen und Treppen und beschränkt sich auf den geforderten Aufzug. In der Folge gelingt eine umfassende Freistellung der gesamten Brücke.

Die Brückengradiente ist zu überarbeiten, um den Knick zwischen alter Brücke und neuem Steg auszugleichen. Die Brüstungsbreite ist mit 60 cm nicht ausreichend, die relativ breite Vorfläche außerhalb der Brüstung wird im Hinblick auf ein ungewolltes Betreten kritisch gesehen. Die Gründung des neuen Steges auf der bestehenden Abstützkonstruktion ist nachzuweisen.

Insgesamt würdigt die Jury den mutigen ganzheitlichen Ansatz, der zwar formal überzeugt, jedoch den verschiedenen historischen Zeitschichten des Brückenbauwerks nur eingeschränkt gerecht wird und die Alte Brücke zu stark überformt.
Gesamtansicht

Gesamtansicht

Lageplan gesamt

Lageplan gesamt

Brückenquerschnitte

Brückenquerschnitte

Unterer Schlossplatz

Unterer Schlossplatz

Lageplan

Lageplan