modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 10/2023

Neubau Grundschule mit Förderstufe in Gießen-Kleinlinden

Anerkennung

v-architekten GmbH

Architektur

Knüvener Architekturlandschaft

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitidee I Konzept
„Schule im Park“
Eine einfache pavillonartige Holzstruktur setzt sich als selbstverständliche Kubatur in das vorhandene grüne Schulgrundstück. Durch die kompakte Anordnung entstehen großzügige gut proportionierte Freiräume, die den parkartigen Bestand fortschreiben.
Das neue zweigeschossige Schulgebäude gliedert sich in offene, flexible Jahrgangscluster an den Seiten und eine zentrale Mitte. Dieses Herz der Schule vereint im Erdgeschoss die gemeinsame Veranstaltungsfläche, Bibliothek, Musik und Küche. Zwei Eingänge für die unterschiedlichen Altersstufen und die vorgelagerten Garderoben an den Cluster-Eingängen setzen das pädagogische Konzept auf einfache und übersichtliche Weise um.
Die Lage des Gebäudes gliedert das Schulgrundstück in einen vorgelagerten Eingangsbereich und einen großzügigen, abwechslungsreichen Pausenbereich, der sich in die parkähnliche Umgebung der bestehenden Sport- und Schulanlagen einfügt. Die klare Gliederung ermöglicht den teilweisen Erhalt von vorhandenen Außenanlagen und eine sehr wirtschaftliche Bauweise des Gebäudes als Holzkonstruktion.

Erschließung und architektonisches Konzept
Entlang der Lützellindener Straße werden die Erschließungsflächen mit dem bestehenden Lehrerparkplatz, einem zentralen Vorplatz und den Fahrradstellplätzen dem Neubau vorgelagert. Die zu diesem Bereich orientierten Unterrichtsräume erhalten einen geschützten, bepflanzten Vorbereich. Über den zentralen, überdachten Eingangsbereich erreicht man über zwei Eingänge das zentrale Herz der Schule mit Versammlungsraum. Die vorgelagerte Bibliothek bietet einen einladenden Filter zum Vorplatz, die Musikräume mit angrenzender Küche akzentuieren den Übergang zum Pausenhof.
Die seitlichen Treppen in das Obergeschoss und die dahinter liegenden kompakten Garderoben ermöglichen eine sehr effiziente und übersichtliche Erschließung der Jahrgangscluster. Sie bilden eine klare Adresse für die einzelnen Lernbereiche aus und bieten den jungen SuS eine gute Orientierung und Identifikation.
Die zentrale Versammlungsstätte mit umlaufender Galerie und Oberlicht bietet vielfältige Nutzungsmöglichkeiten für die Schulgemeinschaft. Der angrenzende Musikraum kann mit einer mobilen Wand als Bühne hinzu geschaltet werden. Die auch von Externen nutzbare Bibliothek bereichert die Eingangssituation.
In den Jahrgangsclustern entstehen attraktive, variabel bespielbare Flächen, die durch die Einteilung nach dem 2+3-Prinzip und die günstige Lage der Treppen ohne brandschutztechnische Einschränkungen als vollwertige Aufenthalts- und Unterrichtsflächen genutzt werden können.

Umsetzung pädagogisches Konzept
Die innenräumliche Gestaltung folgt dem pädagogischen Konzept. Die Lerncluster sind als Indoor-Schuhbereich konzipiert. Im Zugangsbereich sind daher großzügige mit Sitzbänken und Spindschränken ausgestattete Garderoben angeordnet. Die Flächen der Gemeinsamen Mitte werden durch den verglasten Innenhof und den Multifunktionsraum in überschaubare Bereiche gegliedert, die vielfältige Aufenthalts-, Ruhe- und Kommunikationsbereiche bieten. Offene Lernbereiche mit unterschiedlichen Möblierungs- und Nutzungs-angeboten sind flexibel nutzbar und ermöglichen differenzierte Unterrichtsformen.
Um Störungen zu vermeiden, werden diese Bereiche mit sehr hochwertigen Akustikelementen im Deckenbereich ausgestattet. Die Trennwände zwischen den Klassenräumen und der gemeinsamen Mitte erhalten einen Wechsel aus transparenten Glasanteilen und opak gestalteten Präsentationsflächen. Die Fenster ermöglichen Blickbeziehungen für die Aufsicht durch die Lehrkräfte und ermöglichen gleichzeitig von den innen liegenden Lernbereichen die Wahrnehmung der grünen Umgebung.
Jedem Cluster ist mit dem zentralen Innenhof und der in diesem Hof angeordneten Loggia ein Außenbereich zugeordnet, der auch gerade in den Sommermonaten als zusätzliche Lernumgebung genutzt werden kann. Durch die befestigte Oberfläche ist die Nutzung aus dem Indoor-Schuhbereich heraus unproblematisch möglich.
Der Multifunktionsraum wird in die gemeinsame Mitte zur Strukturierung der Lernbereiche integriert. Er ist flexibel abtrennbar und nutzbar für z.B. Differenzierung, Eltern- und Schülergespräche oder als Rückzugsbereich.

Um Störungen im Lernhaus zu minimieren, sind je Fassadenseite 2 bzw. 3 Klassenräume angeordnet. Die Klassenräume werden mit fest eingebauten Schrankelementen und -fächern entlang der Flurtrennwand ausgestattet. Die niedrige Brüstung an der Fassade wird als Sitzbank ausgebildet und ermöglicht damit zusätzliche Nutzungsvarianten.
Der 5. Klassenraum ist am Anfang des Clusters mit separater Zugänglichkeit von außen angeordnet. Damit kann dieser Raum flexibel genutzt werden, sollte ein Cluster in einem Schuljahr nur mit vier Klassen belegt werden.
Im Teamraum sind Besprechungen sowie individuelles Arbeiten der Pädagoginnen und Pädagogen schülernah möglich. Den jeweiligen Clustern werden eigene Toilettenanlagen im Zugangsbereich zugeordnet.
Die zusätzlichen Fachräume (Kunst, Nawi) sind im 1. OG zentral um den Luftraum des Versammlungsbereiches herum angeordnet und sind damit auf sehr kurzem Weg von den Clustern aus erreichbar. Ergänzt werden diese Nutzungen durch den Bewegungsraum und einen allgemeinen Besprechungsraum.

Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung
Die Gebäude werden aufgrund der positiven Nachhaltigkeitsbilanz in Holzhybrid-Bauweise erstellt.
Das Tragsystem der Regeldecke des Schulgebäudes ist als Holzhybriddecke vorgesehen. Dabei bildet ein Holzträgersystem mit Brettschichtholzdecke und einer im Verbund aufgebrachten ca. 10 cm dünnen Stahlbetondecke ein extrem leistungsfähiges Tragsystem, dass die Spannweiten von bis zu 8 m gut erreicht. Der Vorteil der Holz-Beton-Verbunddecke liegt in den positiven Eigenschaften bezüglich der sehr guten Schwingungsdämpfung und geringen Verformungen. Die statisch mitwirkende Masse wirkt sich ebenfalls positiv auf den erforderlichen Schallschutz aus, ohne Zusatzmassen aufbringen zu müssen. Durch maximale Vorfertigung kann das Bauwerk in kurzer Bauzeit errichtet werden. Die Gründung erfolgt über Einzel- und Streifenfundament.

Die gesamte konstruktive Konzeption wird gemäß der Zielsetzung zur Umweltpositivität entwickelt. Da Betongebäude in der Erstellung eine hohe CO2-Emission zu Folge haben, wird das Tragwerk und der Innenausbau nach dem Prinzip „so viel Holz wie möglich, so wenig Beton wie nötig“ geplant. Die nichttragenden Trennwände ermöglichen eine hohe Flexibilität für zukünftige Umgestaltungen.
Die niedrige Geschossigkeit ermöglicht in der Gebäudeklasse 3 neben einer sparsamen Gründung auch eine sehr wirtschaftliche Dimensionierung des sichtbar bleibenden Holztragwerks.

Die elementierte Fassade entwickelt sich aus dem Raumraster. Fensterelemente aus Holz werden mit ca. 25 cm tiefen vorgesetzten Holzlamellen ergänzt, die die Führungsschienen für den Sonnenschutz aufnehmen, oder in engerem Raster den Wetterschutz der dezentralen Lüftungsgeräte gewährleisten. Die äußeren Holzbauteile werden mit einer speziellen ökologisch unbedenklichen und wartungsarmen mineralischen Imprägnierung vor Vergrauung geschützt.
Ein außenliegender Sonnenschutz mit schienengeführtem textilem, semitransparentem Behang bietet im Sommer einen effektiven und individuell regelbaren Blend- und Hitzeschutz. Durch die Lichtstreuung können die Räume auch in der Tiefe ausreichend mit Tageslicht versorgt werden. Der Wärmebedarf des Gebäudes wird durch den sehr guten Wärmeschutz der hochwärmedämmenden Fensterrahmen in Verbindung mit einer 3-fach-Verglasung reduziert. Die opaken Außenwände werden als vorgefertigte hochwärmegedämmte Holzrahmenelemente hergestellt und innenseitig dampfdicht an das Bauwerk angeschlossen. Eine hinterlüftete Bekleidung aus wetterfester Holzwerkstoffplatte schützt die Unterspannbahn.
Auch im Innenausbau soll vornehmlich helles Holz eingesetzt werden. Neben der angenehmen Haptik wirkt Holz mit seiner wohnlichen, lebendigen Oberfläche identitätsstiftend und beugt Vandalismus vor.

Energiekonzept und Gebäudetechnik
Grundsätzlich erhalten die Unterrichtsräume dezentrale, CO2-geregelte Fassaden-Lüftungsgeräte, so dass auf komplizierte Kanalführungen unter der Decke verzichtet werden kann.
Auch aufwändige Dachaufbauten für die Lüftungsgeräte entfallen. Wertvolle PV-Flächen können nahezu vollflächig auf dem Dach ausgelegt werden. Die Unterrichts-, Mehrzweck- und Teamräume können jedoch zusätzlich auch frei über einzelne Fensterflügel belüftet werden. Das schmale hohe Format der Flügel ist für einen schnellen Luftaustausch optimal geeignet. Durch eine vorgelagerte Edelstahlnetzstruktur wird die Absturzsicherung gewährleistet. Dieses hybride Lüftungssystem führt erfahrungsgemäß zu einer hohen Nutzerzufriedenheit.

Der Neubau soll nicht mehr Energieverbraucher, sondern Energieerzeuger sein!
Dazu werden die verfügbaren Flachdächer mit PV-Anlagen bestückt, so dass über den eigenen Strombedarf hinaus auch eine hohe Einspeisung ins Netz erreicht werden kann. Die extensiv begrünten Flachdachflächen sind wartungsarm und hervorragend für den Einsatz von Photovoltaik-Modulen geeignet. Das Konzept sieht vor, auf allen Dachflächen eine hocheffiziente PV-Anlage mit Batteriespeicher zu installieren, worüber sowohl die Gebäudebeheizung als auch die Warmwasserbereitung erfolgen kann, so dass die Grundschule nahezu autark versorgt werden kann. Lediglich bei einer Häufung von trüben Tagen im Winter kann es zu einer kurzzeitigen Unterversorgung kommen, wo die Stromversorgung über das öffentliche Netz erfolgen muss. Diese entnommene Strommenge wird jedoch im Sommer wieder ins öffentliche Netz eingespeist. Um diese Energiebilanz zu realisieren, wird das Gebäude mit einem Energiestandard nahe einem Passivhaus realisiert. Die Gebäudeheizung erfolgt rein elektrisch, über Infrarot- Flächenheizkörper. Diese werden so gesteuert, dass die selten notwendige Beheizung nur bei Bedarf zugeschaltet wird. Es entstehen somit keine Bereitschafts- oder Bevorratungsverluste. Die Investitions- und auch die Wartungskosten einer klassischen Gebäudeheizung fallen nicht an. Gleiches gilt auch für die Warmwasserbereitung, diese sehen wir dezentral als elektronisch geregelte Durchlauferhitzer vor, somit entstehen auch hier keine Bereitstellungverluste und keine ungewünschte Aufheizung des Gebäudes durch die Warmwasser- und Zirkulationsleitungen im Sommer.
Auf eine beherrschbare und einfache Haustechnik nach dem „Low-Tech-Ansatz“ wird großer Wert gelegt. Bei der Konzeption der technischen Gebäudeausrüstung wurde der Gedanke der Nachhaltigkeit durchgängig, auch bezüglich der Lebenserwartung der technischen Anlagen berücksichtigt.

Nutzerkomfort
Der Neubau soll nicht nur nachhaltig, sondern umweltpositiv ausgebildet werden!
Durch den Neubau soll der Schulstandort und das ausgedehnte Außengelände die Umwelteigenschaften des gesamten Grundstücks in einer Gesamtbilanz gegenüber heute in Qualität und Nutzung deutlich verbessern. CO2 soll durch den Neubau und die Freianlage gebunden und im besten Fall sogar der Atmosphäre entzogen werden (z.B. durch Einsatz von Pflanzenkohle etc.). Der geplante Umgang mit Regenwasser soll nicht nur bei Starkregenereignissen einen schadlosen Abfluss garantieren, sondern durch Puffern und Speichern von Wasser das Mikroklima verbessern, neue Lebensräume ermöglichen und durch Verdunstung im Sommer zur Bildung von Kaltluftinseln beitragen. Neue artgerechte Lebensräume für Pflanzen und Tiere werden durch die naturnahe Freianlagengestaltung entstehen, die Biodiversität wird erhöht. Das Regenwasser wird auf den Dachflächen gespeichert und der Dachbegrünung in Trockenphasen zur Verfügung gestellt, bzw. mit natürlichem Gefälle den Spülkästen zur Befüllung zugeführt. Grauwasser von Handwaschbecken wird durch die Verwendung von biologischem Handwaschmittel getrennt geführt und der Pflanzenbewässerung zugeführt. Die Regenentwässerungsleitungen und die Grundleitungen werden deutlich reduziert, was Investitionen spart und Ressourcen schont. Die Nutzung von Regenwasser für die Bewässerung und z.B. die WC-Spülung als auch für eine eventuelle adiabate Abluftkühlung ergänzt hier den nachhaltigen Ansatz des Konzepts.
In den Klassenräumen werden die Waschtische ausschließlich mit Kaltwasser versorgt. Dies reduziert den notwendigen Energieeinsatz sowie auch die Investitionskosten.
Durch die Verwendung von robusten, reparaturfreundlichen und gesundheitlich unbedenklichen Materialien wird das gesamte Gebäude nachhaltig und reparaturfreundlich ausgestattet. In der Planung werden die Prinzipien einer durchgängigen Kreislaufwirtschaft („Cradle-to-Cradle“) beachtet. Um eventuelle schädliche Emissionen von Baustoffen zu verhindern, werden Materialien möglichst naturbelassen und mit entsprechender Zertifizierung eingesetzt. Schraubverbindungen werden gegenüber Klebeverbindungen bevorzugt. Die verbleibenden Betonbauteile sollen nach Möglichkeit R-Betone mit Zuschlagsstoffen aus regional verfügbaren Recyclingbetrieben eingesetzt werden.


Freianlagen
Freiraumkonzept
Durch die Setzung des neuen Baukörpers zur Lützellinder Straße hin erhält die Brüder-Grimm-Schule eine deutliche Adresse im Stadtteil. Die heutige Durchlässigkeit des Schulgeländes ist eine große Qualität und wird daher neu interpretiert um eine Nutzung der Anlage auch außerhalb der Schulzeiten zu ermöglichen. Absicht des Entwurfes ist es mit dem vorhandenen Bestand – Bäumen, Bauteilen, Materialressourcen – zu arbeiten und diese in ein neues Ganzes zu integrieren. Es entsteht eine Schule im Park.

Der Vorplatz empfängt die Ankommenden und leitet sie auf den „doppelten“ Eingang des Neubaus hin. In diesen Platz ist eine grüne Insel mit Bestandsbäumen und dem vorhandenen Trafo, der mit einer begrünten Fassade integriert wird, eingebettet. Westlich davon schließt sich der reorganisierte Stellplatz, östlich der Bereich für die Fahrräder an. Ein Baumdach leitet über zur Verbindung zum Pausenhof, der Sporthalle (Haus D) und dem Kleinspielfeld.

Der Pausenhof spannt sich zwischen Neubau und der „Pergola“ auf. Diese ist das auf die Tragstruktur zurückgebaute nördliche Bauteil von Haus A. Das Dach wird mit Einschnitten perforiert und begrünt. Als „grünes“ Fragment wird es Teil des Freiraums, durchbrochen von Öffnungen für Bäume und vielseitig berankt. Die „Pergola“ wird zu einem interessanten Blickpunkt im Schulpark und dient als überdachter Pausenbereich sowie mit eingestellten Boxen für die verschiedenen Lagerflächen.

Der Hof gliedert sich in einen befestigten Bereich aus leicht zu einander verschobenen Feldern, die einen Diagonale zum nördlichen Weg zur Mensa bildet. Zu den bestehenden Sportanlagen nach Osten hin liegt eine Spiellandschaft mit Hügeln, einzelnen Spielgeräten und einem erhaltenen Treppenhaus von Haus A, welches als Kletterturm umgenutzt wird. Nach Westen wird der vorhandene Teich und der schöne Baumbestand erhalten und ergänzt. Hier finden sich die grünen Klassenzimmer für die einzelnen Cluster. Erweitert wird das ökologische Angebot durch Steinschüttungen und Totholzhaufen sowie einem Schulgarten mit Obsthain.

Durch den kompakten Baukörper können die meisten Bäume erhalten werden. Zusätzlich werden ca. 30 neue Bäume gepflanzt. Vorgesehen sind überwiegend heimische, klimaresiliente Arten: Acer campestre entlang des Weges zum Kindergarten, im Bereich des Pausenhofes Großbäume mit hoher Alterserwartung wie Quercus petraea, Tilia cordata und Fagus sylvatica; der Obsthain enthält alte Sorten wie Malus domestica 'Topaz', und Prunus domestica 'Hauszwetschge'. Der Vorplatz setzt einen Akzent mit den Tupelobäumen (Nyssa sylvatica) mit schönem Laub und einer besonderen Herbstfärbung.