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Einladungswettbewerb | 10/2023

Neugestaltung Wohn- und Gewerbegebiet in der Messestadt Riem in München

Nordansicht

Nordansicht

2. Preis

Preisgeld: 11.000 EUR

DROM

Architektur

LAND Germany

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Haus der Interaktion - Gebäude als Katalysator - Schaffung nachhaltiger Synergien im Raum Riem WA4

Leitbild
Das kompakte, nach allen Seiten offene Grundstück im Gebiet Riem WA 4 bietet eine ungewöhnliche Gelegenheit, ein Wahrzeichen zu schaffen, das derzeit in diesem Teil des Städtebaus fehlt.
Wir sind der Meinung, dass es bei einem echten Wahrzeichen nicht nur um eine einprägsame Form geht, sondern auch um die Art und Weise, wie ein Gebäude qualitative Verbindungen und Synergien zwischen Räumen, Ökosystemen und Menschen schafft, welche für die Förderung einer nachhaltigen Gemeinschaft wichtig sind.
Potenziale und Grenzen
Riem ist ein Stadtteil mit positiven Eigenschaften und Herausforderungen, der in den letzten Jahrzehnten durch seine städtebauliche Entwicklung bekannt geworden ist.
Der nördliche Teil des Riemer WA 4-Geländes verfügt über einen städtischen Platz und ist mit dem Knotenpunkt des öffentlichen Nahverkehrs sowie mit den wichtigsten Einrichtungen der Nachbarschaft wie Supermarkt und Bibliothek verbunden. Der südliche Rand des Geländes grenzt an einen Taschenpark, der den Abschluss des „grünen Korridors“ bildet. Die Ost- und Westseite dienen als Übergänge, wobei die Ostseite einen eher öffentlichen Charakter hat.
Die Nachbarschaft hat ein sehr repetitives und monotones Erscheinungsbild mit geringer Dichte und programmatischer sozialer Mischung. Gleichzeitig weist es eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, große Grünflächen und öffentliche Einrichtungen auf. Wir sehen den Standort Riem WA4 als ein Gebiet mit ungenutztem Potenzial, in dem Grünflächen zu einem wichtigen Motor zur Stärkung der Gemeinschaft werden könnten.
Für uns ist das Projekt eine Gelegenheit, ein Gebäude als Katalysator zu schaffen, das die unmittelbare Umgebung aktiviert und integriert sowie nachhaltige Lösungen auf der Grundlage wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Faktoren vorstellt - Ein Gebäude, das Synergien schafft.
Werkzeuge der Interaktion
Gemeinschaftliche und private Außenbereiche, wie das „offene Foyer“, Balkone, Loggien, französische Balkone und der gemeinschaftliche Dachgarten setzen wir als „Werkzeuge der Interaktion“ ein. Diese werden strategisch angewendet, um die Interaktion auf verschiedenen Ebenen und Gegebenheiten des Gebäudes zu erleichtern und zu fördern. Des Weiteren werden strategische Lösungen für die drei Säulen der Nachhaltigkeit umgesetzt: Wirtschaftlichkeit, Umwelt und Soziales.
Wirtschaftlichkeit
Wir streben danach, mit minimalen Mitteln ein maximales Ergebnis zu erzielen und setzen Ressourcen geschickt ein, um ein ausgewogenes Projekt zu erreichen.
Dafür haben wir das Verhältnis der Formfaktoren optimiert, um ein kompakteres Gebäude zu schaffen, dessen Nord- und Südfassaden parallel zur Michael-Ende-Straße ausgerichtet sind. Die vom Bebauungsplan vorgeschlagene starke Gebäudeform haben wir beibehalten und mit einem akzentuierten Volumen, das zur U-Bahn-Station Messestadt Ost hin ausgerichtet ist, ergänzt. Somit schaffen wir ein mittelgroßes Gebäude mit einer optimierten Grundfläche und denselben erforderlichen Quadratmetern.
Wir haben das Volumen optimiert, indem wir die Gebäudehülle vereinfacht und die Auskragung entfernt haben, was ein komplexes Detail darstellt und die thermische Leistung der Gebäudehülle beeinträchtigt.
Die Fassade ist ein einfaches Raster aus maximaler Wiederholung von Fenstern mit strategisch platzierten Akzenten. Sie ist verputzt und nutzt einfache Details.
Ein rationeller Grundriss mit ausgerichteten Nasszonen ermöglicht in Kombination mit der einfachen Tragstruktur eine flexible Aufteilung und Organisation der Wohnungseingänge sowie eine wirtschaftlichere Wartung. Ein experimentelles Wohnmodell mit getrennten Eingängen für Arbeiten und Wohnen kann als Möglichkeit für andere Wohnungen dienen und die Mikroökonomie fördern.

Umwelt
Unser Ziel ist es, ein vorbildliches, leistungsfähiges Gebäude zu schaffen, das auch als Bindeglied und Vermittler in der komplexen städtischen Umgebung dient.
Das Gebäude verbindet die soziale und kulturelle Infrastruktur mit den Grünflächen in Form eines vertikalen Gartens, der die Natur durch das Gebäude auf die Balkone und den Dachgarten bringt und eine grüne Verbindung zwischen Tieren und Menschen schafft.
Die öffentliche Parklandschaft im Süden ist im Gegensatz zu der harten Oberfläche des Platzes im Norden mit durchlässigen Oberflächen gestaltet. Der Garten dient als Wasserfilter und bildet einen Trockenfluss, der das Ökosystem stärkt.
Zur Optimierung der thermischen Leistung des Gebäudes werden tiefe Fenster und Balkone als Sonnenschutz für die nach Süden ausgerichtete Fassade eingesetzt. Im Winter wird passiv geheizt. Das Sonnenlicht wird in den Kinderzimmern durch Loggien in der Ost- und Westfassade maximiert. Die erforderliche Anzahl von Sonnenkollektoren ist auf dem begrünten Dach des achten Stockwerks untergebracht.
Die biologische Vielfalt steht im Mittelpunkt des Landschaftskonzepts und kann als Vorbild für andere öffentliche Räume in Riem dienen. Die versiegelten Oberflächen sind auf ein Minimum reduziert, um den Wärmeinseleffekt zu verringern. In Anlehnung an das Olympische Dorf in München werden Pflanzkübel in die Details der Balkone integriert.
Das Mobilitätskonzept konzentriert sich auf die gemeinsame Nutzung von Kraftfahrzeugen, die Fahrradinfrastruktur und eine auf den öffentlichen Nahverkehr ausgerichtete Nachbarschaft. Es sind 67 Fahrradabstellplätze für die Bewohner vorgesehen, davon 47 im gesicherten Fahrradparkhaus und 20 separat im Außenbereich. Für die kommerziellen Angebote sind Fahrradabstellplätze entlang der Nordfassade des Cafés und entlang der diagonalen Rand des Taschenparks vorgesehen. Zugewiesene Gemeinschaftsparkplätze sind ebenso mit eingeplant.

Soziales
Jede Seite des Gebäudes reagiert entsprechend ihrer unmittelbaren Umgebung, um die Möglichkeit einer Interaktion zu maximieren. Auf der Nordseite schlagen wir vor, die Verbindung zum Platz zu stärken, indem wir ein offenes Foyer als Einschnitt in der Fassade schaffen. Auf diese Weise entsteht ein halbprivater Raum zwischen der öffentlichen Straße und der internen Erschließung des Gebäudes. Eine einfache, aber wirkungsvolle Geste, die den Bewohnern des Gebäudes auch eine durchgehende Verbindung zum Garten auf der Südseite bietet und als Puffer für Privatsphäre dient.
Als Antwort auf die städtebaulichen Anforderungen haben wir die Balkone auf der Nordseite zur U-Bahn-Station ausgerichtet. Auf der Südseite schlagen wir Balkone auf ersten drei Wohngeschossen vor, die den Garten „umarmen“ und den Bewohnern erlauben auf den spektakulären Park mit Spielplätzen und auf den „Grünen Korridor“ dahinter zu schauen.
Die vertikale Erschließung verbindet den Platz und das Gemeindezentrum mit dem angrenzenden gemeinschaftlichen Dachgarten im dritten Stock. Öffentlich orientierte Angebote wie Café und Friseursalon beleben den Platz im Norden.
Eine kleine Eisdiele und die gemeinschaftlichen Räume für Fahrräder und Müllcontainer sowie der Nebeneingang zum Hof bilden die südliche Fassade im Erdgeschoss zum Garten hin. Eine To-Go Kaffeestation belebt die diagonale Verbindung zur U-Bahn-Station.
Zugeteilte Wohnungen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität können die Dachterrasse von ihrer Etage aus betreten,so dass sie direkten Zugang haben. Der Dachgarten dient als gemeinschaftlicher Entwicklungsraum und als Erweiterung des Gemeinschaftsraums. Von dort aus kann man nach Süden auf den darunter liegenden Garten blicken.

Architektur
Im städtischen Maßstab funktioniert die Fassadengestaltung in Synergie mit anderen Gebäuden, die dem Platz zugewandt sind, und schafft somit ein städtisches Ensemble. Die farblichen Akzente der Fassade tragen dazu bei, dass sich das Gebäude von der monotonen Umgebung abhebt, ohne einnehmend zu wirken. Zudem bringen feine Details an der Fassade eine neue Sensibilität.
Wohnprinzipien
Wir schlagen vor, eine größere soziale Durchmischung zu fördern und zu unterstützen, indem wir eine Vielzahl von Wohnungen für verschiedene Haushalte einführen, die die folgenden Aspekte beinhalten:
- Klare Zonierung von öffentlich und privat innerhalb der Wohnungen
- Kinderzimmer, die nach Osten, Westen und Süden ausgerichtet sind, um das Sonnenlicht zu nutzen
- Abstellräume für jede Einheit innerhalb der Wohnung
- Qualitativ hochwertige und abwechslungsreiche Außenbereiche, die den Lebensraum erweitern
- Vielfältige Wohnungstypen:
  • Große Familienwohnungen im Erdgeschoss, die mit öffentlichen Außenbereichen und Spielplätzen verbunden sind
  • Kleinere Einheiten in den oberen Etagen mit weitem Blick.
  • Erhöhte Dachgeschosswohnungen, die es ermöglichen, in Zukunft ein informelles Zwischengeschoss in Leichtbauweise zu schaffen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit präsentiert einen eigenständigen und selbstbewussten Ansatz für die gestellte Aufgabe. Der solitäre Baukörper wird durch eine adressbildende Fuge in Richtung Castonier-Platz so ausformuliert, dass die Anmutung zweier Gebäude am Platz entsteht: Ein achtgeschossiger Hochpunkt samt 4- geschossigem Nebenbau. Dieser Ansatz wird im Preisgericht anerkannt, jedoch gleichzeitig kontrovers diskutiert. Der Verzicht auf eine aufwändige Überkragung des Baukörpers wird positiv bewertet. Hinsichtlich der Wohnadressbildung über die bauliche Fuge kann grundsätzlich eine Qualität erkannt werden, diese müsste jedoch präziser ausformuliert werden. Durch die gewählte Tiefe der Fuge droht diese einen gegebenenfalls schluchtartigen Charakter zu entwickeln.
Die Ausgestaltung des Baukörpers hinsichtlich architektonischen Ausdrucks und der Haltung, sowohl nach Norden zur Platzsituation, als auch nach Süden zum Taschenpark wird anerkannt und erweckt viel Sympathie. Die Ausbildung/Überhöhung der Attika wird als besonders gelungen anerkannt. Lediglich die etwas rigide Anmutung der West- und Ostfassaden wird kritisch gesehen.

Die Organisation des Erdgeschossgrundrisses wird durch die Ausbildung der TG-Zufahrt als Rampe stark kompromittiert. Hier geht viel wertvolle Fläche für eine aktive EG-Nutzung (Gewerbe) verloren. Die Aufteilung sowie Orientierung der Wohneinheiten gelingt plausibel. Reine Nordwohnungen können vermieden werden. Die Offenheit und durchwegs gute Belichtung wird als positiv bewertet. Grundsätzlich müssten die Grundrisse hinsichtlich ihrer Möblierbarkeit nochmals geprüft werden.
Die angebotenen Balkone werden gestalterisch anerkannt, hinsichtlich ihrer Nutzbarkeit allerdings in Frage gestellt. Hier müsste die Tiefe teilweise entsprechend erhöht werden. Die Flächeneffizienz des Gebäudes müsste deutlich erhöht werden.
Hier belegt die Arbeit im Vergleich des gesamten Teilnehmerfelds den letzten Rang.
Der Anschluss an die unterschiedlichen räumlichen Kontexte (Taschenpark, Platz) wird plausibel und funktional dargestellt. Die barrierefreie Erreichbarkeit der gemeinschaftlichen Dachterrasse ist durch die dortige kleine Treppenlage recht kompliziert geraten bzw. nicht verständlich dargestellt.

Hinsichtlich der Belange des Klimaschutzes liefert der Entwurf einen Ansatz zur Fassadenbegrünung über in die Balkone integrierte Pflanztröge. Die Dächer sind begrünt und mit ausreichend Überdeckung ausgebildet. Durch die nötige umlaufende FW-Zufahrt ist im Freiraum ein hoher Versiegelungsgrad notwendig, was negativ bewertet wird.

Insgesamt liefert der Entwurf eine ansprechende, ausdrucksstarke sowie eigenständige architektonische Lösung mit guter Wohnqualität und somit einen wertvollen Beitrag. Insbesondere hinsichtlich seiner Flächenwerte sowie der Aufteilung des EG-Grundrisses (TG-Zufahrt) weist er allerdings Schwächen auf
Südansicht

Südansicht

Lageplan

Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss Alternative Typologien Wohnen & Arbeiten

Grundriss 1. Obergeschoss Alternative Typologien Wohnen & Arbeiten

Grundriss 4. Obergeschoss

Grundriss 4. Obergeschoss

Grundriss 5. Obergeschoss

Grundriss 5. Obergeschoss

Längsschnitt

Längsschnitt

Querschnitt

Querschnitt

Ansicht Nord

Ansicht Nord

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Ansicht West

Ansicht West

Detailansicht, Fassadenausschnitt und Plan

Detailansicht, Fassadenausschnitt und Plan