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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2023

Entwicklung Sparkassenquartier in Kempten

Perspektive Ecke Königstraße/Horchlerstraße

Perspektive Ecke Königstraße/Horchlerstraße

1. Preis

Preisgeld: 35.000 EUR

KBNK Architekten GmbH

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Sparkassen-Quartier Kempten
In der 1. Phase wurde die Fortführung der historischen Stadtstruktur konzeptionell aufgezeigt um die Identität Kemptens an dieser Stelle wieder zu stärken. Eine grundlegende Entscheidung dafür ist der Abriss der Königstraße 18-20. Der Rückbau versteht sich als „Reparatur“ des Stadtbildes an dieser Stelle und bietet die Chance auf eine Stadtmorphologie, die historische Stadtstruktur und Neubauten in einer harmonischen Koexistenz verbindet.
Es gilt abzuwägen durch nachhaltigen Bestandserhalt graue Energie zu nutzen und durch eine Umgestaltung zukunftsfähige Häuser zu schaffen. Dem gegenüber stehen Themen wie Erfüllung von heutigen Regularien (Schallschutz, Brandschutz, energetische Anforderungen, etc.), zu geringe Geschosshöhen für eine flexible Nutzbarkeit für Gewerbe/ Wohnen und Schaffung eines Mehrwertes für die Stadt durch mehr Angebote an Öffentlichkeit. Der Rückbau des Gebäudes Königstraße 18-20 muss nachhaltig durchgeführt werden, d.h. selektiv und schonend für die Nachbarschaften. Das Abbruchmaterial wird als wertvoller Rohstoff wiedereingesetzt, dessen Nutzen hilft auch Ressourcen zu schonen. Nach einem DGNB zertifiziertem Rückbau können nahezu alle Materialien wieder in den Kreislauf gebracht werden.
Mit der Entscheidung für einen Abriss wird die Chance ergriffen an diesem Ort ein stadtbildprägendes Ensemble zu schaffen, welches Denkmalfürsorge, Stadtkörnung und zukunftsfähige Gebäude vereint.

Horchlerstraße und Promenadenstraße - „alte Schale-neuer Kern“

Der substantiell geschützter Ensemblebestand wird weitestgehend entkernt und mit neuem „Innenleben“ ausgebaut. Hierbei kann der eingestellte Holzbau die energetischen, statischen, brandschutz- und schallschutztechnischen Erfordernisse erfüllen. Neu eingestellte Treppenhäuser und die baulichen Ergänzungen an der Horchlerstraße 1+3 schaffen einzigartigen vielfältigen Wohnraum hinter alten Fassaden. Von großzügige Maissonettwohnungen bis hin zu 2-Zimmer Kompaktwohnungen – die alten „Gemäuer“ lassen spannende Lebensräume entstehen. Auf aufwendige Sicherheitstreppenräume wird verzichtet,- die Feuerwehr kann alle Wohnungen von der Horchler,- oder Promenadenstraße aus erreichen. Im Erdgeschoß werden kleinere Gewerbeflächen angeboten, die sicherlich zur Belebung des Quartieres beitragen werden. Die neuen Bausteine an der Horchlerstraße 3 und die südliche Ergänzung der Horchlerstraße 1 nehmen in ihrer Fassadenausbildung die historischen Typologien auf und entwickeln diese zeitgemäß und auch nutzungsspezifisch weiter.
Promenadestraße 5 - „alte Schale/alter Kern- neues Leben“

Das Gebäude mit Hinterhaus stellt ein Einzeldenkmal mit geschützten Hüllen und Binnengefügen dar. Ob überhaupt und welches System der Innendämmung auf Grundlage des denkmalpflegerischen und bauphysikalischen Gesamtkonzeptes in Frage kommt hängt von den Anforderungen von Denkmalschutz und Bauphysik ab. Wie erhaltenswerte Raumausstattungen, Fensterkonstruktionen und -laibungen im Hinblick auf energetischen Anforderungen ertüchtigt werden können sind zu prüfen.
Das Bestandsgebäude erhält zur Erschließung der Wohnungen einen Minimaleingriff im Bereich des Treppenhauses. Auch ist denkbar die Zwischendecke im Hinterhofgebäude zugunsten eines hohen Raumes für die gastronomische Nutzung anzubieten.
Königstraße - „Stadtreparatur zwischen Stadtpark und historischer Innenstadt“

Die vorgeschlagene Körnung der neuen Bebauung bezieht sich auf die historische Stadtstruktur und bietet in der Fortschreibung der Stadtmorphologie eine harmonische Koexistenz mit den denkmalgeschützten Gebäuden.
Die 4 Häuser an der Königstraße werden bewusst in einem Duktus entworfen und nehmen so auch Bezug auf die Maßstäblichkeit des Stadtparks und der räumlich eingrenzenden Bebauung.
Die subtile Drehung der Parzellierung entspricht dem Straßenverlauf der Königstrasse.
Das Ensemble erhält einen zusammenhängenden Sockel aus eingefärbten Recyclingbeton. Die Arkaden bieten Aufenthaltsqualitäten und mehr Raum für Passanten. Einzelhandel und Gewerbe erhalten eine Adresslage, fließende Übergänge können wettergeschützt genutzt werden.
Die Grundrissentwicklung orientiert sich an die formulierten Erfordernisse. Vielfältige Wohnungen, flexible Gewerbestrukturen und anpassungsfähige Einzelhandelsflächen ermöglichen zukunftsfähige Lösungen. Der Sparkassensaal befindet sich im Dachgeschoß des Eckgebäudes und bietet ein großartiges Raumerlebnis.
Im Erdgeschoß ist eine „Markthalle“ angedacht. Ob ein Mieter eine zusammenhängende Fläche benötigt, oder kleinere Einheiten angeboten werden- unterschiedlichste Unterteilungen mit Aussenraumbezügen können umgesetzt werden.
Wiederbelebung des Innenhofes

Die vorgeschlagene Planung hat als Teil der Altstadt einen hohen Identifikationswert mit Denkmalbezug. Der Binnenhof fungiert dabei als bindendes Glied und spielt mit seiner Öffnung dabei eine große Rolle im Stadtgefüge. Zwischen Promenadenstraße und Königstraße gewinnen die Zwischenräume im Sinne der Denkmalfürsorge in ihrer Kleinteiligkeit und Nutzungsvielfalt an Attraktivität. Der Raum als Durchwegungsfläche verliert den „Hinterhofcharakter“ und entwickelt sich zu einem innerstädtischen Raumkontinuum in dem die Nutzer Geborgenheit finden. Die Adresslage für die Wohnnutzung vom Hof aus, gastronomische Angebote und Durchwegungen mit Aufenthaltsqualitäten fördern die Belebung.
Nachhaltigkeit des Quartiers

Dem Entwurf liegt die Idee des „urban mining“ und der Kreislaufwirtschaft zu Grunde. Kreislaufgerechtes Bauen bedeutet neben dem Wiederverwenden von bereits einmal gebrauchtem Material (Recyclingbeton des Abbruchs Königstrasse 18-20) auch die Konstruktion auf lösbare Verbindungen hin zu konzipieren, um einen qualitätsvollen Recyclingprozesses zu ermöglichen. Ein Beispiel hierzu sind eine Holz-Fassaden mit geschraubten, gesteckten oder geklemmten Verbindungen, Holz -Fenster, im Innenbereich Ständerwände aus Holz oder Metall, schwimmend verlegtes Parkett oder Dielenboden auf Lagerhölzern. Diese Art der Fügung bietet zu dem im Sinne eines robusten Gebäudes den Vorteil Reparaturen und Modernisierungen leichter vornehmen zu können.
Die Dachflächen der neuen Baukörper sehen die Energiegewinnung über Photovoltaikpaneele vor.
Das Konzept sieht die Einsparung von grauer Energie vor: Der Energiebedarf ist baulich so optimiert, dass die aktive Deckung mittels technischer Ausrüstung auf ein Minimum reduziert werden kann. Dabei müssen soziale, sowie wirtschaftliche Belange gleichermaßen Beachtung finden. Hierzu zählen auf der einen Seite die Tageslichtversorgung, die Raumluftqualität, der Schutz vor Außenlärm und die Raumakustik, auf der anderen stehen effizienter Betrieb, Wartungsarmut, einfache Reinigungsbedingungen und die Langlebigkeit aller baulichen und technischen Komponenten stehen im Fokus.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf fügt sich insgesamt in Höhe und Kubatur harmonisch in das bestehende städtebauliche Gefüge an der Nahtstelle zwischen Reichstadt und Stiftsstadt ein. Die im Kommunalen Denkmalkonzept empfohlene Reduzierung der baulichen Dichte, Großbaukörper an der Königstraße ist im Entwurf ablesbar.
Die Denkmalstruktur in der Promenadestraße und Horchlerstraße wurde durch das Planungsteam gewürdigt, die Vermittlung von neuen Gebäuden und bestehender ensemblegeschätzter Fassaden ist richtig gewählt. Im Grundriss sind in der Neuplanung weiterhin die bestehenden Gebäude ablesbar und mit denkmalgerechten Nutzungen versehen.
Die Neubebauung an der Königstraße ist in vier Baukörper gegliedert, die je mit einem Satteldach giebelständig zur Königstraße stehen. Die Nutzungen hier variieren zwischen unterschiedlicher großen Wohnnutzungen, Büronutzung und Praxisnutzung und dem Sparkassensaal an der Ecke Horchlerstraße/Königstraße im Dachgeschoss. Eine detaillierter ausgearbeitete Fassadengliederung zwischen Sockelgeschoss und Obergeschossen wäre im Neubaubereich wünschenswert. Der Übergang zwischen Neubau an der Königstraße und dem Bestand in der Horchlerstraße weist im Dachbereich einen deutlichen Höhensprung auf.
Die Verbindung zur ZUM entlang der Königstraße wird aufrechterhalten. Jeder der Neubauten erhält einen Erschließungskern. Die unterschiedliche Lage der Erschließungskerne führen zu unterschiedlicher Adressbildungen (Königstraße und Innenhof), dies könnte zu schwieriger Auffindbarkeit von Zugängen führen. Auch ergibt sich durch den Lagewechsel der Erschließungen innerhalb der Gebäude eine Unterbrechung in der im Erdgeschoss liegenden Markthalle. Auch bedarf das Konzept der Handelsflächen einer detaillierten Untersuchung .
Die Wettbewerbsunterlagen zeigen Rahmenbedingungen welche „low-tech“ Lösungen im Bereich Belüftung, Energiegewinnung und Regenwassermanagement aufzeigen (bspw. Querlüftung in Wohnbereichen, Ausrichtung der Dächer). Der vorgelegte Entwurf lässt sich in Fokus der Wirtschaftlichkeit eine positive Entwicklung erwarten. Insgesamt ein städtebaulich und bauplastisch betrachtet spannender Entwurf, der auf die Diskussionen in der Stadt Kempten um angemessenes und kontextuelles Einfügen von neuen Bausteinen innerhalb der Kernstadt eine gute Antwort angeboten hat.

Lageplan

Lageplan

Bauliche Maßnahmen

Bauliche Maßnahmen

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Perspektive Innenhof - Zugang Süd

Perspektive Innenhof - Zugang Süd