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Offener Wettbewerb | 10/2023

Neubauten von Kurgarten- und Casinobrücke in Bad Neuenahr-Ahrweiler

Perspektive Kurgartenbrücke 01

Perspektive Kurgartenbrücke 01

2. Preis

Preisgeld: 30.000 EUR

STERLING PRESSER ARCHITECTS+ENGINEERS

Architektur

RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Werner Sobek AG

Tragwerksplanung

Doser Kempen Krause Ingenieure GmbH

sonstige Fachplanung

Architekturmodelle Boris Degen Modellbau

Modellbau

Erläuterungstext

01- Städtebauliche und landschaftliche Einbindung
Kurpromenade
Mit der Kurpromenade rückt das Zentrum Bad Neuenahrs an die Ahr heran. Die sich zwischen Wolfgang-Müller-Straße und Jülichstraße erstreckende Promenade bindet zum einen die aus der Innenstadt kommenden Verbindungsachsen an (Insbesondere Telegrafen- und Poststraße), integriert gestalterisch einen effektiven Hochwasserschutz und führt zum Wasser heran. Im Querschnitt ist die Promenade in einen Shared Space für den Rad- und KFZ-Verkehr, die angrenzende obere Promenade (teils erhöht als Hochwasserschutzbauwerk) mit Aufenthaltsinseln unter einem lichten Blätterdach neugepflanzter Linden, sowie die direkt am Wasser verlaufende Ahrterrasse aufgeteilt.
Alle drei Ebenen sind in regelmäßigen Abständen mit Treppenanlagen und barrierefreien Rampen verbunden. Die untere Promenade führt an ihrem Start- und Endpunkt als barrierefreie Rampe auf das obere Promenadenniveau zurück, eine zusätzliche Rampe führt, eingelassen in eine urbane Treppenanlage, vom Kirchvorplatz herunter. Angrenzend weitet sich die Ahrterrasse auf und bietet unter anderem einen direkten Zugang zum Wasser sowie ein gastronomisches Angebot. Das Café wird dabei in die Hochwasserschutzmauer integriert.
Im weiteren Verlauf wandelt sich der Charakter der Promenade von urban zu grün, eine großzügige grüne Böschung tritt anstelle der Hochwasserschutzmauer. Eine abfangende Sitzkante verleiht ihr eine große Aufenthaltsqualität, Naturstaudenpflanzungen verbessern die ökologische Qualität.
Kirchvorplatz
Vor der Martin-Luther-Kirche entsteht ein neuer Identifikationsort mit hoher Aufenthaltsqualität. Zentrales Element ist eine bogenförmige Stufenanlage mit Sitzauflagen vor der Kirche, die zum einen repräsentativen Charakter besitzt, zum anderen einen geborgenen Kommunikationsraum schafft. Drei Solitärbäume (Parrotia persica) rahmen den Bereich und sorgen für eine spektakuläre Herbstfärbung. Die Treppenanlage vermittelt zudem den Höhenunterschied zwischen Brücke und Innenstadt. Der Straßenraum führt als barrierefreie Rampe von Innenstadt zum Brückenkopf. In den Einmündungen zur Telegrafen- bzw. Poststraße fangen kleine Treppen bzw. Mauern den Höhenunterschied ab. Ausgehend von der Kirche öffnet sich eine Sichtachse zur Kurgartenbrücke. Beidseitig schließen großzügige Stufenanlagen mit Sitzauflagen den Platz zur Ahr hin ab.
Kurgartenstraße
Die Kurgartenstraße wird als breite Promenade bzw. „Shared Space“ mit Aufenthaltsmöglichkeiten und begleitender Lindenallee gestaltet. Wie im restlichen Areal wird sie durchgehend mit hochwertigem Natursteinpflaster ausgestattet.
Casinovorplatz
Der Casinovorplatz wird weitreichend entsiegelt. Statt eines repräsentativen Auftakts entsteht ein eingegrünter, ökologischer Bereich mit Naturstaudenpflanzungen.
Ahrterrassen
Die Ahrterrassen bieten direkten Zugang zum Wasser und bieten ein gastronomisches Angebot an. Das Café wird dabei in die Hochwasserschutzmauer integriert.

02- Entwurfsidee
Das gesamte Projekt und die Gestaltung der beiden neuen Brücken zielen darauf ab, den natürlichen Flussverlauf wiederherzustellen und eine Verbindung zur umgebenden Landschaft herzustellen. Bei der Planung wurden grundlegende Fragen zur Sicherheit, gestalterischen Integrität und Kontinuität der Landschaft berücksichtigt, die aufgrund der Vergangenheit und jüngsten Ereignisse von großer Bedeutung sind. Obwohl eine neue Überschwemmung und ihre Auswirkungen unvermeidbar sind, soll der Entwurf - in all seinen Aspekten - eine teilweise oder vollständige Zerstörung der zivilen Strukturen verhindern.
Dies wird durch die Einhaltung der vorgeschlagenen Grundfläche und Höhe erreicht. Die fließenden Formen der Brücken ermöglichen eine nahtlose Integration in den Flussverlauf. Die Brücken sollten keine Hindernisse oder Blockaden für den Fluss darstellen. Gleichzeitig wird auf städtebauliche Qualität und ein Gefühl des Zusammenhangs mit der Landschaft geachtet.
Insbesondere wird die Achse mit der Kirche betont und ist Teil des Gesamtkonzepts der Kurgartenbrücke. Die Sichtbarkeit der Kirche wurde berücksichtigt und der relative Höhenunterschied von etwa 1,00 m beibehalten, um Fußgängern eine visuelle Kontinuität und Verbindung zu ermöglichen. Diese Verbindung bildet eine wichtige städtebauliche Sequenz mit der Brücke und ist ein weiterer Bestandteil des städtischen Masterplans.
Die beiden neuen Brücken fügen sich als Brückenpaar harmonisch in die neu gestaltete Uferpromenade ein. Die „weißen Brücken“ schaffen einen akzentuierten Übergang zwischen dem historischen Stadtkern und dem Kurgelände. Die Position der neuen Kurgartenbrücke ist als Verlängerung der Sichtachse zur Martin-Luther-Kirche geplant. Die Kurgartenbrücke dient als Boulevard und lädt mit seiner hochwertigen Pflasteroberfläche und den eleganten Geländern und Beleuchtungsmasten zum Flanieren ein.
Die qualitativ hochwertigen, hellen Betonoberflächen nehmen Bezug auf die historischen, weißen Kurgebäude am Südufer. Durch eine bewährte Kombination von eingefärbtem Beton und speziellen Schalungsmaterialen werden nahezu weißen Betonoberflächen ohne nennenswerte Mehrkosten erreicht.
Die beiden Brückenkörper strahlen durch ihre moderne und gleichzeitig zurückhaltende Formgebung eine stille Eleganz aus, die einen ganz besonderen Blickfang von den Ahrterrassen bieten.

03- Tragwerk / Konstruktion
Kurgartenbrücke
Die Kurgartenbrücke besitzt eine lichte Weite von 34 m und damit genau 5 m mehr als die ehemalige Brücke. Die Breite zwischen den Geländern beträgt 13,8 m. Der Brückenüberbau wird in Spannbetonbauweise ausgeführt und integral in die Widerlager eingespannt. Das so entstehende Gesamttragwerk ist äußerst robust und zeichnet sich gleichzeitig durch eine an den Kräfteverlauf angepasste Formgebung aus. Der Fluss erhält den Raum, den er benötigt. Der Überbau besitzt in Brückenmitte eine Konstruktionshöhe von 1,07 m. Durch die geschickte Wahl von Quer- und Längsgefälle auf dem Bauwerk, liegt die maximale Konstruktionshöhe dort, wo sie statisch benötigt wird.
Casinobrücke
Die Casinobrücke orientiert sich stark an der Kurgartenbrücke. Der ausgerundete einfeldrige Spannbetonüberbau geht in eleganten Schwüngen direkt in die beidseitigen Widerlager über. Die Casinobrücke besitzt eine lichte Weite von 33 m und eine Breite zwischen den Geländern von 4,0 m. Aufgrund der höherliegenden Gradiente und der geringeren Überbauhöhe von nur 80 cm in Brückenmitte liegt die Unterkante des Überbaus ca. 40 cm höher als bei der Kurgartenbrücke.

04- Materialwahl und räumliche Qualitäten
Die beiden neuen Brücken wurden als eine ‚Brückenfamilie‘ in Bezug auf die Form und Typologie entworfen und schaffen neue hochwertige und repräsentative Verbindungen die sich in der Umgebung dezent jedoch imagebildend integrieren, wodurch neue ausdrucksstarke Orte entstehen. Aufgrund ihrer besonderen gestalterischen Einfachheit und Materialwahl ist die Benutzung der Brücken für die Benutzer ein besonderes Erlebnis und bietet eine hohe Aufenthaltsqualität. Die Materialwahl unterstützt die Identitätsbildung des Ortes indem es mit den hellen Betonoberflächen Bezug auf die historischen, weißen Kurgebäude am Südufer nimmt.
Aufgrund der Transparenz des Geländers in vertikaler Ansicht wird die Erlebbarkeit der Ahr auf den beiden Brücken direkt spürbar.
Die beiden Brückenkörper strahlen durch ihre moderne und gleichzeitig zurückhaltende Formgebung eine stille Eleganz aus.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Leitidee findet sich in der dominanten Uferraum- und Promenadengestaltung. Die Brücken zeigen sich geradlinig mit zurückhaltender und eleganter Gestaltung.

Als städtebauliche Idee wird eine durchgängige Einbindung des nördlichen Ufers in den aufwändig gestalteten Boulevard umgesetzt. Der unmittelbar am Gewässer verlaufende Fußweg wird über verschiedene Rampen und Treppen an die Wege auf der Böschungskrone angebunden. Eine Barrierefreiheit scheint gegeben zu sein.

Gesäumt von einer einzeiligen Baumreihe entlang der Böschungskrone wird der Kfz-genutzte Teil der Verkehrsfläche von Fuß- und Radverkehr deutlich getrennt. Im Hinblick auf die Notwendigkeit, von der Böschungskrone auf die nördliche Straßenseite zu gelangen, wäre der Höhenunterschied nochmals zu überprüfen.

Die Brücken wirken durch Eleganz und ein erkennbar günstiges Strömungsverhalten in der Gestaltung durchdacht, wobei technische Lösungen für die Ausführung des Belags noch zu finden sind. Die Form spiegelt das Tragverhalten der Brücke gut wieder und folgt einem klaren Entwurfskonzept. Die Ausformung der Brückenwiderlager als Kreissegment geben der Brücke einen zusätzlichen Gestaltungspunkt, spiegeln aber auch die durchweg hydraulisch durchdachte Form der Konstruktion wider. Geländer und Beleuchtung sind der filigran wirkenden Form der Brücke angepasst. Die Übertragung des Konstruktionsprinzips der Kurgarten- auf die Casinobrücke überzeugt aufgrund der schwierigen Einbindung des nördlichen Brückenkopfs jedoch nicht.

Gegenüber der Bestandsbebauung nimmt sich die Brückengestaltung angemessen zurück. Es handelt sich um ein robustes und der Aufgabe angemessenes Tragwerk. Als Brückenquerschnitte sind vorgespannte Vollbetonquerschnitte in Fischbauchform vorgesehen. Die Brückenträger binden Biegesteif in massive Brückenwiderlagerkonstruktionen ein und können damit in Brückenmitte verschlankt werden. Die Brückenlager Ihrerseits sind in Ihrem Grundriss Ellipsen- und dadurch stromlinienförmig gestaltet.

Die topographische Einbindung des Gesamtentwurfs überzeugt nicht an allen Stellen. So wären insbesondere die Überschwemmungslinie HQ 100 am nördlichen Ufer durchgängig zu berücksichtigen und die Höhenangaben unter Berücksichtigung möglicher Hochwasserschutzmaßnahmen zu prüfen.

Die gastronomische Nutzung im Böschungsbereich erscheint nach dem letzten Hochwasserereignis fragwürdig. Die Fläche bzw. der Querschnitt sollte vielmehr für eine Erhöhung der Durchflussmenge genutzt werden. Die einhergehende Reduzierung der Flächenversieglung würde auch die Nachhaltigkeit der Maßnahme erhöhen.

Die Kennwerte der Brückenflächen liegen im Vergleich der Arbeiten unteren Bereich.

Insgesamt handelt es sich um einen stimmigen Entwurf der einen wertvollen Beitrag zur Aufgabenstellung liefert, im Bereich der Casinobrücke jedoch schwächelt.
Perspektive Kurgartenbrücke 02

Perspektive Kurgartenbrücke 02

Perspektive Casinobrücke

Perspektive Casinobrücke

Präsentationsplan 01

Präsentationsplan 01

Präsentationsplan 02

Präsentationsplan 02

Präsentationsplan 03

Präsentationsplan 03

Präsentationspläne 04

Präsentationspläne 04