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Offener Wettbewerb | 09/2023

Neukonzeption Bahnhofsareal Wiener Neustadt (AT)

Bahnhofsareal Wiener Neustadt

Bahnhofsareal Wiener Neustadt

3. Preis

Pichler & Traupmann Architekten

Architektur

Lindle+Bukor / atelier für landschaft / studio for landscape

Landschaftsarchitektur

Design & Function - Harald Schmidt

Modellbau

The Digital Bunch

Visualisierung

Erläuterungstext

Konzept

Scheinbar lose zusammengestellte kleinteilige Volumina unterschiedlicher Zuschnitte auf einem Stadtsockel bilden ein luftiges Ensemble für das Bahnhofsareal Wiener Neustadt.
So sehr die Kanten und Ausrichtungen willkürlich wirken, so wenig sind sie das tatsächlich.
Vielmehr folgen sie unterschiedlichen Logiken als Antworten auf Anforderungen der städtebaulichen und funktionalen Parameter, wie auch der Matrix des Kontextes.
Zunächst sind es mathematisch, geometrisch entwickelte Volumina per se, die sich aus den anzuwendenden Regeln der ABSTÄNDE UND BELICHTUNGEN generieren. Die teils schräg verlaufenden Zuschnitte folgen den in Bezug zur Höhe dreidimensional eingesetzten Lichteinfallswinkeln zur wechselseitigen Vermeidung von beschatteten Zonen.
Ein zweiter wichtiger Faktor ist der AUSBLICK, der von allen Fassaden aus gegeben sein soll. Das Gegeneinander-Verschieben der Objekte ermöglicht jeweils das Vorbeischauen an den Volumina zur Erzeugung einer Blicktiefe in den Raum. Vor allem die Bezugnahme zu dem - dem Areal gegenüberliegenden - Park ist praktisch aus allen Baukörpern heraus möglich. Ebenso wird ein Binnenbezug der Volumina mithilfe der Ausblicke hergestellt.

Positionierung der Baukörper

Einige wesentliche, aufragende KANTEN der Volumina sind insbesondere an markanten Stellen gesetzt und markieren dort räumliche ÜBERGANGS- bzw. TORSITUATIONEN, sei es am südlichen „Spitz“ des Areals oder – noch wichtiger – an der Ein- und Ausmündung des „Grünen Boulevard“, der zum Stadtpark führt. Für das Entrée zum Bahnhofsvorplatz wird ebenso ein markanter Baukörper zur Definition eines Platzraumes gesetzt, wie auch hier der Beginn der Durchwegung in das Areal bis hin zum Parkplatz bzw. zur Hochgarage eingeleitet wird. Zwei kleinere Volumina im Innenbereich flankieren den davor liegenden Parkplatz und geben damit auch der Parkplatzfläche neben der Hochgaragenfassade raumbildende Elemente.
Ein wesentlicher Aspekt ist der „Anbau“ an das Bestandsensemble im Norden. Hier wurde bewusst die Typologie der Blockrandbebauung gewählt, freilich unter Einhaltung der geforderten Abstände zu den Grundgrenzen hin, um hier den Hofcharakter zu stärken. Die Ausbildung dieser Bebauung hält sich streng an die Maßstäblichkeit des Vorhandenen. Einzig am Übergang vom Ferdinand-Porsche-Ring zum „Grünen Boulevard“ wird ein kleiner Hochpunkt gesetzt.
Von dieser Blockrandbebauung ausgehend staffeln sich die Volumina in gradueller Ausformung zu den Randzonen „südlicher Spitz“ und „Hochhaus Entrée Bahnhofsvorplatz“ auf. Der längsgerichtete Trakt der Blockrandbebauung folgt der Vorgabe von max. 14 m, während der „kleine Hochpunkt“ zum Ferdinand-Porsche-Ring eine Höhe von 27 m aufweist. Die beiden Hochpunkte des Postareals sind mit 35 m angelegt und mit einem Fluchtwegniveau unterhalb 32 m im Hinblick auf Brandschutzbestimmungen wirtschaftlich angelegt. Die beiden Außenflanken des OEBB-Areals sind mit den 50 m gemäß Vorgabe beschränkt. Die beiden Innenvolumina sind mit einem Fluchtwegniveau unterhalb 22 m ausgelegt und fallen damit nicht mehr in die Hochhausbestimmungen.
Festgestellt werden kann, dass jeder Bauplatz damit auf dem zusammenhängenden Baufeld zwei Hochpunkte auf einem Sockel aufweist.

Wegeführungen und Raumfolgen

Während die Hochpunkte einerseits der Fernwirkung, andererseits aber auch den unmittelbaren Markierungspositionen verpflichtet sind, bleibt der Sockel direkt auf den Kontext des Ortes bezogen.

Der Sockel selbst ist ein poröses Gebilde und steuert mit seinen Zuschnitten den Publikumsfluss auf Nutzerebene des Wegenetzes. Eine diesbezüglich besondere Rolle kommt dem Sockel in Korrespondenz mit der gegenüberliegenden Blockrandbebauung im Norden zu. Hier erzeugt er die trichterförmige Durchwegung des so zu bezeichnenden „GRÜNEN BOULEVARD“ zwischen dem Entrée zum Bahnhofsvorplatz und dem auf der anderen Straßenseite liegenden Stadtpark. Damit ist eine besonders starke Verknüpfung des Bahnhofvorbereichs mit dem Stadtpark gegeben.
Gekennzeichnet ist der Sockel mit mehreren Ausschnitten in Hof-Form, die die Sockel-Innenfunktionen mit weitläufigen Fassadenflächen und somit mit ausreichend Tageslicht versorgen. Der Sockel ist auch zum Ferdinand-Porsche-Ring hin mit einer Arkadierung versehen, sodass ausreichend Abstand und Navigationsfläche zwischen der aufsteigenden Straßenrampe und den Sockelfunktionen besteht. Auch vom Zugang des Entrées zum Bahnhofsvorplatz her gelangt man in einen Hof, der wiederum weiterleitet in den Durchgang zum Parkplatz und zur Hochgarage. An diesem Scheide-Punkt der Wegführungen klappt sich die Platzfläche partiell in Form einer Freitreppenanlage hoch, sodass der Zugang auf das Dach des Sockels, wie auch von den beiden anderen Höfen, ermöglicht wird. Das Dach wird damit zum semi-öffentlichen Raum, das den Benutzern des Bahnhofareals in unterschiedlichen Formen zur Verfügung stehen soll. Insbesondere sollen hier Flächen zum Verweilen und zum Spielen (Kinderspielplätze und Kindergartenfreibereiche) untergebracht werden, aber auch sonstige Freizeitaktivitäten werden hier verortet. Die horizontalen Einschnitte im Übergang zu den Hochpunkten deuten eine Gemeinschaftsprogrammierung an, denen dann die Dachterrasse des Sockels als Freibereich vorgelagert ist. Ein zweites Wegenetz verbindet dieses Niveau optional mittels einer neuen Fußgängerbrücke direkt mit dem Stadtpark. Auf dem dem Sockel gegenüberliegenden Dach der Blockrandbebauung im Norden befinden sich Flächen für das „Urban Gardening“.

Verkehrserschließung

Die Verkehrserschließung folgt dem Entwurf des Büro ROSINAK. Die Ein- und Ausfahrten werden allerdings in die Gebäudekubatur integriert, sodass keine unangenehmen offenen Rampenräume entstehen. Für die Anlieferung werden die Durchwegungen gemäß diesem Straßenkonzept bzw. die Ladebuchten in der Tiefgarage herangezogen.

Lärmschutz

Bezüglich Lärmschutzes wird den Ansätzen der Vorstudie gefolgt. Der Stadtsockel gibt eine Abschirmung zu den verschiedenen Lärmquellen ab. Die Funktionen auf dem Dach werden durch zusätzliche Maßnahmen wie Lärmschutzwände oder Brüstungen aus Glas geschützt. Wenige dem Gleisareal zugewandte Aufenthaltsräume werden mit schalldämmenden Loggien versehen.

Weiterentwicklung Urbanistik

Der Sockel wurde vereinfacht und ist nun ausschließlich zweigeschoßig ausgeführt. Er bildet somit eine durchgängige, begrünte Ebene, die optional mit einer Fußgängerbrücke direkt mit dem Stadtpark verbunden werden kann. Die sechs Hochpunkte docken jeweils mit halböffentlichen Zonen an dieses Niveau an, wie zum Beispiel mit den Gemeinschaftsräumen der Wohnhäuser, dem Kindergarten oder dem Frühstücksbereich des Hotels. Die drei Höfe sind klarer artikuliert und mit jeweils einer Freitreppe mit der oberen Ebene verbunden. Auf der Erdgeschoßebene wurde das Wegenetz um eine zusätzliche, nach Süden verlaufende Verbindung ergänzt, die nun auch die beiden westlichen Höfe mit dem „Grünen Boulevard“ verbindet. Die Handelsflächen sind nun ausschließlich im Erdgeschoß im nördlichen Bereich situiert und gut von den Besucherströmen umflossen. Der Bahnhofsvorplatz wurde nun in das Gesamtkonzept miteinbezogen.

Weiterentwicklung Windkomfort

Mit besonderer Sorgfalt wurde das Thema „Windkomfort“ behandelt. Das 3-D-Modell des Projekts wurde einer Strömungsanalyse unterworfen und in einem iterativen Prozess ein Bündel von vielfältigen Maßnahmen und mitunter auch von kleinen Veränderungen und Verschiebungen entwickelt, sodass nun an allen kritisch zu betrachtenden Stellen ein optimaler Windkomfort erreicht werden kann. Die Maßnahmen sind im Einzelnen:
- Beginnend mit dem Übergang zum Bahnhofsvorplatz wurde für den „Grünen Boulevard“, der die logische und kürzeste Verbindung zum Stadtpark darstellt, ein System von kleinen Flugdächern und Pavillons, die als Kioske bespielt werden können, entwickelt, die als „windbreaker“ wirken.
- Einige Kanten der Hochpunkte wurden leicht verschoben, einige ragen leicht in den Luftraum des „Grünen Boulevards“, sodass mindernde Auswirkungen auf die Luftströmungen erzielt werden können.
- Der Hotel- und Büroturm „ÖBB_2B“ wurde etwas nach Süden gerückt, sodass in Richtung Bahnhofsvorplatz ein Sockel entstanden ist, der die zu befürchtenden Abwinde stoppt.
- Die zuvor genannten Maßnahmen bewirken günstiger Weise, dass keine Kanalisierung der Luftmassen an der Freitreppenanlage in der Mitte des Quartiers mehr eintritt.
- Die Auskragung des südlichen Hochpunktes wurde physisch eliminiert, ist jedoch architektonisch nach wie vor als verglaster Bereich spürbar.
- Die Fassaden wurden als ein System von sich abwechselnden Brüstungs- und Balkonplatten entwickelt, die nicht nur innerhalb der Flächen, sondern auch über Eck geschoßweise gegeneinander versetzt sind, sodass abgesehen von der Auflockerung des architektonischen Erscheinungsbilds eine die Abwinde vermindernde Rauigkeit der Gebäudeoberflächen entsteht.

Freianlagengestaltung

Dem Grünraum wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Zunächst kann festgehalten werden, dass das Areal „mit Grün durchwachsen“ ist. Der signifikanteste Entwurfsgedanke ist mit dem sog. „GRÜNEN BOULEVARD“ artikuliert. Trichterförmig und mittels hervorgehobenen Bodenbelags differenziert öffnet sich die Durchwegung vom Bahnhofsvorplatz her in Richtung Stadtpark und generiert somit eine großzügige fußläufige innerstädtische Anbindung. Schaufenster begleiten diesen Weg und geben ihm einen lebendigen Charakter von großem Öffentlichkeitswert. Dieser Boulevard soll noch betont werden in seiner Charakteristik durch eine durchgehende großkronige Baumreihe, die die Dynamik der Durchwegung unterstützt. Freilich sind in der Breite dieses Weges auch Aufenthaltsbereiche unterschiedlicher Art angedacht. Pergolen erschließen die Raummitte als Aufenthaltsort, bieten Schatten, enthalten teilweise kleine Geschäftsflächen und werden von Grünflächen gerahmt. Eine weitere wichtige Funktion der Pergolen liegt in der Reduktion der Windexponiertheit der Freiflächen.

Der stark öffentlich geprägte Bereich des „Grünen Boulevards“ wird vom neuen Quartier umschlossen. Zwischen den Gebäuden sind hier größere Grünflächen vorgesehen. Deren Form reagiert auf die angrenzenden Fassaden und vor allem Erdgeschossnutzungen, bietet bei Bedarf kleine platzartige Aufweitungen oder verringert die Wegbreite.
Erschließungswege werden im gesamten Quartier entlang der Fassaden geführt, um in der Raummitte möglichst große zusammenhänge Grünbereiche und somit Entsiegelung zu ermöglichen. Rasen, begleitet von Stauden, steht zur freien Aneignung zur Verfügung und nimmt unterschiedliche Funktionen, wie Kinderspielplätze auf.

Mittels einer großen Anzahl an großkronigen Bäumen wird ein entsprechendes Mikroklima hinsichtlich Temperatur und Feuchtigkeitshaushalt (Schwammstadtprinzip!) erzielt. Sämtliche Hofbereiche, wie auch der Großteil des „GRÜNEN BOULEVARD“ sind NICHT UNTERBAUT, sondern mit dem Erdkern verbunden. Hier erfolgt auch das Regenwassermanagement in Form von örtlicher Versickerung und Speicherung.
Der Quartiersfreiraum setzt sich als Typologie der fassadengeführten Wege und großen Grünflächen auf dem Sockel fort. Darin integriert wiederum das Kinderspiel, der Kindergartenfreibereich und sonstige Freizeitaktivitäten. Den Gemeinschaftsräumen sind großzügige Terrassen angeschlossen. Eine Fußgängerbrücke verbindet auch dieses Niveau direkt mit dem Stadtpark.
Das Dach des Sockels ist ebenfalls, teilweise intensiv, begrünt. Es ist an partielle Erdschüttungen gedacht, die das Pflanzen von Bäumen ermöglicht. Damit wird auch auf dieser Ebene der Klimakomfort unterstützt. Die Bäume dienen auch als ergänzender Windschutz für die Aufenthaltsbereiche. Fassadenbegrünungen sind als das Mikroklima positiv beeinflussende Balkonbegrünungen vorgesehen.
Am Sockel wie im Erdgeschoss gliedern zusätzlich kleine Platzflächen den Freiraum. Fahrradstellplätze, großteils witterungsgeschützt unter Gebäudeauskragungen, sind über das gesamte Quartier verteilt, vor allem bei den Gebäudezugängen untergebracht.
Grundsätzlich soll abschließend nochmals erwähnt werden, dass dem Wunsch nach einer kleinteiligen, in der Granularität angepassten, Morphologie gefolgt wurde – Elemente nach Maß und Ziel, heterogen und damit zugleich lebendig im freien Spiel der kalkulierten Parameter.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Konzeption und Volumsverteilung bleiben im Wesentlichen unverändert. Als zusätzliche Idee wird eine fußläufig nutzbare Überbrückung des Ferdinand Porsche-Rings mit Anbindung an das die städtebauliche Gesamtkonzeption prägende Sockelniveau eingeführt.

Die Nutzbarkeit des ausgedehnten Sockelgeschosses und die Handelsflächen, die auch Anteil an den kleinen Höfen haben, werden als problematisch erachtet.

Die dominant ausgeprägte Grünverbindung zwischen Bahnhof und Stadtpark ist der öffentlichkeitsorientierte Grünraum. Die Grünräume sind nach wie vor fragmentiert und die Funktionalität ist durch die als Pergolen bzw. Kioske innerhalb der Freiflächen eingeschränkt. Die versiegelten Freiflächen wurden gegenüber der Wettbewerbsstufe_1 deutlich verringert. Die Vorgabe für die Anzahl der Baumpflanzungen wird eingehalten. Die Kinderspielplatzverpflichtung lt. BO NÖ erscheint ausreichend berücksichtigt.

Die angestrebte Dichte wird bestätigt, der Nutzungsmix wird eingehalten.

Die Idee einer niveaufreien Querung für den Fußverkehr wird gewürdigt, erscheint aber angesichts der attraktiveren Querung im Straßenniveau nicht schlüssig. Der Freiraum zwischen Park und Bahnhof ist durch die vorgeschlagenen baulichen Interventionen im Mittelbereich jedenfalls für den Radverkehr schlecht nutzbar. Die optionale Garagenausfahrt muss in die richtungsgebundene Ausfahrt des ÖBB-Parkdecks münden. Wind- und Sommerkomfort: Positiv sind die Begrünung des Boulevards, Maßnahmen zur Reduktion der gefühlten Temperatur auf den Freiflächen und die Windschutzmaßnahmen. Der Windkomfort auf der Treppe und der erhöhten Engstelle in der Mitte des Projektes wird voraussichtlich gering sein.

Lärm: Teilweise Abdeckung durch Gebäuderiegel zur Bahnstrecke; Richtung Ferdinand PorscheRing eine relativ große Lücke im Gebäuderiegel. Durch ein Plateau über der Parkhausausfahrt werden Emissionen aus diesem Bereich großteils abgeschirmt. Zur Einhaltung der Anforderungen für die Widmung Kerngebiet sind zusätzliche Maßnahmen (z. B. Lärmschutzwände, erhöhte Absturzsicherungen, …) erforderlich.
Bahnhofsareal Wiener Neustadt

Bahnhofsareal Wiener Neustadt

Lageplan

Lageplan

Freiraumgestaltung

Freiraumgestaltung

Freiraumkonzept

Freiraumkonzept

Wegeführung

Wegeführung

Lichteinfall

Lichteinfall

Schallschutz

Schallschutz

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Schnitt AA

Schnitt AA

Perspektive Hof

Perspektive Hof

Perspektive Sockel

Perspektive Sockel

Porösität Sockel

Porösität Sockel

Modell

Modell