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Studienauftrag | 10/2023

Neugestaltung Ziegelei Ost in Allschwil (CH)

Teilnahme

Morger Partner Architekten AG

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Volumen des darüberliegenden 20-geschossigen Wohnhochhauses wird in der Grundfläche gegenüber dem Sockel verkleinert und durch ein Zwischengeschoss vom Sockel getrennt. Südlich in der Flucht vom ersten Hochhaus soll ein Genossenschaftsbau mit holzhybrider Bauweise entstehen. Im Erdgeschoss ist ein Quartierhub mit Büroflächen vorgesehen.

Die bestehenden Hallen 1 – 3 im nordöstlichen Bereich werden bis auf die Mauern der Aussenfassaden abgebrochen. Die vorderste, zur Binningerstrasse liegende Halle 2, wird um zwei Geschosse aufgestockt. In den neuen Geschossen werden Arbeits- und Atelierräume eingebaut. Die beiden anderen Hallen werden bis auf die Aussenfassaden abgebrochen und mit neuen Volumen ergänzt. Die Bebauung wird im südlichen Bereich durch drei 8 bis 9-geschossige Wohnhäuser ergänzt. Auftakt zum südlich gelegenen Park stellt das «Haus der Möglichkeiten» mit der bespielbaren «Zirkuswiese» dar. Je weiter südlich, desto naturnaher wird der Park.

Die Setzung der beiden Hochhäuser ist städtebaulich stimmig und deren Fussabdruck verträglich. Der Sockel des Hochhauses an der Binningerstrasse bildet eine gute Adressierung. Das Hochhaus an der Binningerstrasse steht allerdings zu nahe an der Baulinie.

Westlich der langen Promenade, die als zentraler öffentlicher Raum das Rückgrat des Areals bildet, stehen drei sehr unterschiedliche Baukörper an einer durchgehenden Bauflucht. An der Binningerstrasse überzeugt das Hochhaus durch die städtebauliche Setzung und die deutliche Gliederung in Sockel und Turm, auch wenn der Sockel zu nah an die Strasse kommt. Das Umbaukonzept für den mittleren Bau überzeugt hingegen nicht, da die prägenden Dreigelenkrahmen nicht erhalten werden; stadträumlich ermöglicht die Höhenstaffelung hingegeneine gute Vermittlung zum menschlichen Massstab, auch wenn die Gebäudelänge kritisch ist.

Im hinteren Bereich des Projekts wird die städtebauliche Setzung der drei Baukörper kritisch beurteilt. Der südlichste Baukörper dieser Reihe ist Teil einer sehr generischen und massig wirkenden Dreiergruppe, die bereits im Park zu stehen scheint. Diese Gruppe verlängert die Promenade und verkleinert den Park, beides unterstützt die jeweiligen Räume nicht: Die Promenade wirkt zu lang und der Park zu klein. Die Gebäudegruppe dominiert den Park zudem durch die grosse Volumetrie und die Gebäudehöhe. Es ist unklar, mit welchen Nutzungen die Erdgeschosse in den hintersten Wohnbauten bespielt werden sollen. Zudem fällt auf, dass viele Wohnungen nach Norden ausgerichtet sind.

Die Transformation der drei Hallenbauten führt zu einer interessanten städtebaulichen Setzung. Die nördlichste Halle wird aufgestockt und fasst zusammen mit dem Sockelbau des Hochhauses an der Binningerstrasse einen gut proportionierten Platzraum. Das Hochhaus in der zweiten Reihe wird durch den Vorplatz zur Binningerstrasse gut adressiert und kann in Zukunft mit einem Hochhaus auf dem benachbarten Grundstück ein ausgewogenes Ensemble bilden. Durch die Auflösung der zweiten Halle in ein Hochhaus und ein eingestelltes Haus entsteht ein zentraler Platzraum, welcher überraschenderweise, aber auf überzeugende Art die Adressierung der Wohnungen im Hochhaus übernimmt und das Hochhaus gut zur zentralen Promenade verbindet, so dass es Teil des Gesamtareals wird. Die südlichste Halle schliesslich wird über die ganze Länge mit einem Gebäudekörper besetzt. Der Umgang mit den Bestandsaussenmauern wird kontrovers diskutiert. Vorteile werden im Erhalt der atmosphärischen Qualität der Gassenräume gesehen, Fragen wirft der Zusammenhang mit der dahinterliegenden Architektur auf.

Die Höhenentwicklung und die Höhenstaffelungen über das ganze Areal erscheinen zufällig und überzeugen noch nicht.

Die Programmierung entlang der Promenade ist vielversprechend, in der Bespielung aber auch herausfordernd, weil im Erdgeschoss konsequent kein Wohnraum platziert wird. Die Durchwegung entlang der Promenade erfüllt den Anspruch an die Zugänglichkeit des öffentlichen Parks im südlichen Bereich.

Das Schwammstadt-Prinzip und die Durchlüftung des Areals sind landschaftsarchitektonisch und mittels Setzung der Gebäudekörper gut umgesetzt. Die Gestaltung der Landschaft und die Zwischenräume sind grosszügig angelegt. Das Vegetationskonzept ist differenziert ausgearbeitet und schafft einen robusten und atmosphärischen Baumbestand. Die sehr grossflächige Einstellhalle steht aufgrund der unterbauten Fläche in starkem Konflikt zum Aussenraum und generiert einen hohen Aufwand für die Erstellung. Der Retentions- und Versickerungsgraben sorgt für eine Zäsur in der Promenade und teilt das Areal in zwei Bereiche. Die daraus resultierenden Nachteile aus Nutzungssicht werden durch die als eher gering eingeschätzten ökologischen Vorteile nicht aufgewogen. Der terrassierte und mit Lehmmauern fein gegliederte Parkteil nimmt die Geschichte des Ortes auf und hat zusammen mit den vegetativen Elementen das Potential zu einem identitätsstiftenden und atmosphärischen Freiraum zu werden.

Das Projekt basiert auf einer sorgfältigen Zustandsanalyse und entwickelt das Areal aus der Bestandesstruktur heraus. Das Re-UseKonzept ist überzeugend in Ansatz und Umfang, könnte aber spezifischer angewendet werden. Es werden konkrete Vorschläge für die Wiederverwendung von bestehenden Ressourcen vorgeschlagen. Die wertvollen Mauern der Hallen werden als Sockelfassaden der neuen Strukturen genutzt, was teils zu sehr spannenden Zwischenräumen führt. Der Aufwand für deren Erhalt mit nur beschränktem konstruktivem Nutzen ist jedoch fragwürdig. Der Erhalt der Fassaden der Werkhallen wirkt zum Teil kulissenhaft, deren architektonische Wertigkeit wird hinterfragt. Der Aufwand für den Erhalt wird im Verhältnis zum Wert für künftige Nutzerinnen als eher unverhältnismässig eingestuft. Bei aller Wertschätzung für das Konzept bleibt ein durch die Aufgabe bedingtes Unbehagen, dass kein Bestandbau integral erhalten werden kann.

Die vorgeschlagene Verkehrslösung mit den breitangelegten Fusswegen, definierten Anlieferungswegen und Velowegen entspricht den Anforderungen.

Insgesamt schlägt das Projekt eine sehr dichte und robuste Struktur mit einer phasengerechten Offenheit in Bezug auf die architektonische Ausformulierung vor. Die sehr vielfältigen und innovativen Typologien und Freiräume bieten das Potential für eine Umgebung mit hoher Qualität.