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Einladungswettbewerb | 09/2023

Ersatzneubau Hinteralmhaus (AT)

Ansicht Südost

Ansicht Südost

1. Preis

Dietrich | Untertrifaller Architekten ZT GmbH

Architektur

merz kley partner

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Das Hinteralmhaus ist etwas Besonderes und wird sogar als wichtigste Hütte im Naturpark Mürzer Oberland bezeichnet. Daran knüpft unser architektonisches Konzept der neuen Hinteralm nahtlos an. Der Baukörper bereinigt die bestehende Kubatur, ohne die Ausrichtung und Proportion der prägnanten Giebelfassade wesentlich zu verändern. Das Hinteralmhaus steht als einziges Gebäude quer zu den restlichen Hütten auf der Alm. Auf diese markante Drehung geht auch der Ersatzbau ein und reagiert mit seiner Lage auf die bestehende Topografie.

Material & Design
Sockel, Fuge und Giebel strukturieren den Baukörper. Im Sockelbereich wird ein neu aufgebautes Natursteinmauerwerk aus vorhandenen Materialien gesetzt, in Anlehnung an die alte Hütte und den Kontext der benachbarten Bauten. Darüber bildet das zurückweichende Erdgeschoß eine witterungsgeschützte Fuge. Abschließend folgt die auskragende, dunkel gehaltene Dachkubatur.
Die Giebelflächen sind mit vertikaler Bretterschalung aus karbonisiertem Fichtenholz verkleidet. Eine rautenförmig angeordnete, vorgelagerte Holzstruktur fasst die Giebelfassade als Zitat der traditionellen Heuböden und als identitätsstiftendes Alleinstellungsmerkmal des Hinteralmhauses. Farblich bilden PV-Dach, Giebel- und Dachflächenfenster sowie Giebelfassade eine dunkle, zurückhaltende Einheit – das sichere Dach über dem Kopf.

Tragwerk & Konstruktion
Der Holzbau steht über dem Untergeschoss und der teilweise auskragenden Decke bzw. Bodenplatte aus Ortbeton. Die vertikale Lastabtragung erfolgt über die beiden Längswände und die Mittelwand unter dem First, die als großer, wandartiger Träger viele Durchbrüche zur Ausgestaltung von Kojen im Dachraum aufweist. Auf diese Wand aus Brettsperrholz aufgelegt bzw. aufgehängt werden die beiden Geschoßdecken, ebenfalls auch Brettsperrholz. Dem Vorteil der Holzrahmenbauweise geschuldet, stellen konstruktive Elemente gleichzeitig sichtbare Fertigoberflächen dar. Unbehandeltes Fichtenholz wird großzügig auch bei Innenwänden, Möbeln und Fenstern eingesetzt.

Recycling
Die Außenwände haben eine tragende Schicht aus 8 cm starken Brettsperrholzplatten. Darauf ist ein nichttragender Rahmen mit der Dämmung aufgebracht. Dank dieser Holzrahmenbauweise kann aufbereitetes Holz aus dem Bestand für die Rahmenhölzer und die äußere Schalung verwendet werden. So wird mit einem hohem Vorfertigungsgrad und der Wiederverwertung vorhandener Materialien aus dem Abbruch ein einfaches, ökologisches und ökonomisches Konstruktionsprinzip sichergestellt. 

Beurteilung durch das Preisgericht

Der vorgestellte Entwurf geht auf die bestehende Hütte formal ein. Er formt die hervortretenden Merkmale – Dach, Balkon, Körper – nach, während er konstruktiv und in der Organisation einen klar strukturierten und gut durchdachten Vorschlag macht. Die Position bleibt wie im Bestand quer zum Hang erhalten und soll dem Hinteralmhaus weiterhin die besondere Stellung in der Alm geben. Das Erdgeschoß wird über eine Treppe sowie barrierefrei über das Gelände erschlossen. Es ist über zwei Achsen organisiert: Eine Besucherachse (Windfang, Ankunft, Kamin, Toiletten, Gastraum mit gr. Fenstern) und eine funktionale Betriebsachse (Anlieferung von Hinterseite, Trockenlager, Küche direkte Verbindung mit UG). Im OG wird eine Flurerschließung vorgeschlagen, ein getrennter Pächterbereich sowie die Zimmer mit zwei Waschräumen. Die Zimmer bieten durch eine Kojenorganisation viel Privatsphäre, und schaffen es, das Volumen bis in den Giebel gut zu nützen. Auch das KG ist den Anforderungen bezüglich Technik und Gastro gut überlegt. Das statische System besteht aus einem einfachen Tragesystem über die Außenwände und eine Mittelwand mit eingelegten Decken. Die Materialvorschläge sind durchwegs plausibel (mit Ausnahme der Giebelverkleidung), der Versuch Altmaterial in den Ersatzbau einzubinden wird sehr gewürdigt – wenn auch auf beiden Seiten bewusst ist, dass es sich hier nicht um Konstruktionsmaterial handelt. Die Präsentation verdeutlicht noch einmal das Ziel nach einem stringenten Konzept und Entwurf, die vor allem mit der Vorgabe nach kleinstmöglichem Aufwand und Kostensicherheit argumentiert werden.

Sowohl die kompakten Grundrisse (die im Wettbewerb geringste Kubatur) als auch die umlaufenden, weniger wetterabhängige und zum Teil windgeschützten Sitzbereiche im Freibereich überzeugen. Sehr positiv bewertet werden auch die durchdachte Konstruktion, die Zimmer mit Kojen im OG/Dach, sowie Energie- und Lüftungskonzept. Kritisch wird die Belichtung im Dachvolumen diskutiert. Hier sind die präsentierten Alternativen – Dachfenster vs. Gauben – zu prüfen und auf die Machbarkeit im Gebirge und unter Berücksichtigung der Benützung durch Gäste zu prüfen und auszuarbeiten. Die Anregung, Energiegemeinschaften innerhalb der Alm einzugehen um die Spitzenlasten weiterzugeben, wird positiv angenommen.

Die Kostenschätzung liegt etwas über dem genannten Rahmen, ist allerdings schon detailliert ausgearbeitet und es wird auch auf Rückfrage betont, dass diese Kosten realistisch umsetzbar sein werden.

In der Diskussion wird intensiv über die Form und Organisation klärende sowie reizvolle Entwurfsentscheidung, aber dennoch massive Erscheinung des voluminösen Dachs diskutiert. Überzeugend sind die Anlehnungen an den Bestand durch die Traufhöhe, die Dachneigung sowie die Material- und Farbwahl. Auch das Spiel mit der bekannten, an den Bestand anlehnenden Gebäudeform wird anfänglich kontrovers besprochen. Letztlich überzeugt aber – gemäß der Ausschreibung – an der Formgebung gerade, dass sie den funktionalen Anforderungen bei gleichzeitiger Zurückhaltung mit Witz und Präzision am engsten folgt. Hinzu kommt das Zusammenspiel von Konstruktion, Gestalt und Organisation, das die bekannte Form in ihrer stringenten Ausformulierung neu übersetzt.
Schnitte, Ansicht Nordost

Schnitte, Ansicht Nordost

Ansicht Südwest, Plan E-1, E0, E1

Ansicht Südwest, Plan E-1, E0, E1

Lage

Lage

Modell

Modell